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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §58Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der G in M, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Brixner Straße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 26. November 2018, Zl. LVwG-2017/13/2882-3, betreffend Übertretungen der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3. November 2017, mit dem der Revisionswerberin eine Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO sowie des § 4 Abs. 5 StVO zur Last gelegt wurde, als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
2 Unter dem Punkt "IV. Rechtliche Beurteilung" führte das Verwaltungsgericht aus, es stehe "zweifelsfrei fest", dass der Revisionswerberin "sehr wohl Umstände zu Bewusstsein gekommen sind bzw kommen mussten", aufgrund derer sie die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls hätte erkennen können. Trotz des Hinweises der "gegnerischen Lenkerin" Dagmar B. an der Unfallstelle, dass die Revisionswerberin dieser "ins Fahrzeug gefahren" sei und deshalb die Daten ausgetauscht werden müssten, sei die Revisionswerberin weitergefahren und habe die Unfallstelle verlassen. Ein Datenaustausch der Unfallbeteiligten sei nicht erfolgt und die Revisionswerberin habe die nächste Polizeistelle vom gegenständlichen Verkehrsunfall auch nicht verständigt. Sie habe daher gegen die im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde genannten Gesetzesbestimmungen in objektiver sowie subjektiver Hinsicht verstoßen. Aufgrund dieser Ausführungen und der Beweiswürdigung habe auf die von der Revisionswerberin beantragte Einholung eines Kfz-technischen Gutachtens verzichtet werden können.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision macht die Revisionswerberin zunächst eine Verletzung der Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen geltend.
7 Die Begründungspflicht nach § 29 Abs. 1 VwGVG hat grundsätzlich jenen Anforderungen zu entsprechen, die in der hg. Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Auch in Verwaltungsstrafsachen ist gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG die Begründungspflicht iSd § 58 AVG von Bedeutung (VwGH 19.5.2017, Ra 2017/03/0044, mwN).
8 Der Revisionswerberin ist zwar zuzustimmen, dass die "Feststellungen" des angefochtenen Erkenntnisses den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht deutlich zum Ausdruck bringen, sondern den in der Revision aufgezeigten Mangel (überwiegende Verwendung des Konjunktivs) aufweisen (vgl. dazu abermals VwGH 19.5.2017, Ra 2017/03/0044).
9 Das Verwaltungsgericht hat jedoch disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung festgestellt, dass sich die Revisionswerberin von der Unfallstelle entfernt und nicht die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall verständigt habe. Somit ist noch ausreichend erkennbar, welchen Sachverhalt das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, sodass nicht gesehen werden kann, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wäre (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/03/0089).
10 Da diese Vorwürfe in der Revision nicht bestritten werden, ist dem Verwaltungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es einerseits die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO (vgl. dazu VwGH 20.10.1999, 99/03/0252, mwN) und andererseits die Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO (vgl. dazu VwGH 28.10.1992, 91/03/0351) als verletzt betrachtet. 11 In ihrer Zulässigkeitsbegründung wirft die Revisionswerberin dem Verwaltungsgericht zudem ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer antizipierenden Beweiswürdigung vor, ohne jedoch auf eine einzige hg. Entscheidung Bezug zu nehmen. Das Verwaltungsgericht habe ohne "Aufnahme" eines Kfz-technischen Sachverständigengutachtens zu Unrecht unterstellt, dass an dem von der Zeugin B. gelenkten Fahrzeug ein Schaden entstanden sei.
12 Damit behauptet die Revisionswerberin bloß allgemein, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll. Insofern wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen (VwGH 9.3.2018, Ra 2017/03/0054, mwN).
13 Im Übrigen unterliegt es nach der ständigen hg. Rechtsprechung der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (VwGH 28.4.2015, Ra 2015/02/0064, mwN).
14 Das Verwaltungsgericht hat schlüssig dargelegt, dass auf die Einholung eines Kfz-technischen Sachverständigengutachtens verzichtet werden könne. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Beurteilung unvertretbar wäre.
15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 7. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020012.L00Im RIS seit
30.09.2019Zuletzt aktualisiert am
30.09.2019