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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der X Y, vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 2019, I420 2154156-2/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Nigerias, stellte am 18. November 2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Zu den Gründen ihrer Flucht gab sie an, sie habe ihre Heimat verlassen, weil sie dort arm gewesen sei und nun auf ein besseres Leben hoffe. Eine "Eurodac-Treffermeldung" ergab eine erkennungsdienstliche Behandlung der Revisionswerberin in Italien am 25. Oktober 2016.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies mit Bescheid vom 8. April 2017 den Antrag der Revisionswerberin als unzulässig zurück und sprach aus, dass Italien für die Prüfung des Antrags zuständig sei. Es ordnete die Außerlandesbringung der Revisionswerberin an und stellte fest, dass "demzufolge" deren Abschiebung nach Italien zulässig sei. Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 16. Mai 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ab.
3 Am 28. November 2018 stellte die Revisionswerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete sie damit, dass ihr Onkel sie zwangsverheiraten habe wollen, außerdem sei sie homosexuell.
4 Mit Bescheid vom 7. Februar 2019 wies das BFA diesen Antrag der Revisionswerberin sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ohne Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, dass trotz substantiierten gegenläufigen Vorbringens keine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumt worden sei. Weiters wendet sich die Revisionswerberin gegen die Beweiswürdigung und die nach § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung. Die Revisionswerberin sei in Österreich integriert, habe weitere Deutschkurse besucht und eine Anstellung als Frisörin in Aussicht.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0289, mwN).
11 Soweit die Revision einen Verstoß des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Verhandlungspflicht geltend macht, gelingt es mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht, darzulegen, dass das Bundesverwaltungsgericht von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes, warum gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen werden darf, abgewichen wäre (siehe dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
12 Insofern sich die Revisionswerberin gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.4.2019, Ra 2019/01/0106, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht aufgezeigt. 13 Zur Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist festzuhalten, dass diese nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 18.2.2019, Ra 2019/14/0032, mwN). Dass dies hier nicht gegeben wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. 14 Soweit in der Revision erstmals behauptet wird, dass die Revisionswerberin weitere Deutschkurse absolviert und eine Anstellung als Frisörin in Aussicht habe, verstößt dieses Vorbringen gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot und kann bereits aus diesem Grund keine Beachtung finden (vgl. etwa VwGH 27.3.2019, Ra 2019/14/0067, mwN).
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140300.L00Im RIS seit
12.11.2019Zuletzt aktualisiert am
12.11.2019