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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Juli 1996, Zl. UVS-07/A/06/00273/96, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: I S in W, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fichtegasse 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Am 22. August 1995 erstattete das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien gegen die mitbeteiligte Partei Anzeige wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, weil an diesem Tage gegen 12.30 Uhr zwei polnische Staatsangehörige von Organen des Arbeitsinspektorates in Anwesenheit zweier Polizeibeamter im Atelier der mitbeteiligten Partei in Wien IX, Servitengasse 14 beim Streichen eines Handlaufes beim Lokaleingang sowie beim Befestigen von Abdeckfolien am Parkettboden, d.h. bei Arbeiten im Zuge der Renovierung des Ateliers angetroffen, vorläufig festgenommen worden seien. Nach dem Inhalt der der Anzeige beigeschlossenen Sachverhaltsdarstellung der begleitenden Polizeibeamten habe der polnische Staatsbürger S.B. angegeben, am 16. August 1995 gegen 22.00 Uhr im PKW seiner Schwester über den Grenzposten Drasenhofen in das Bundesgebiet eingereist und unentgeltlich bei der Renovierung des Ateliers geholfen zu haben. W.S. habe keine Angaben zu seiner Rechtfertigung gemacht.
In ihrer Stellungnahme hatte die mitbeteiligte Partei diese Angaben grundsätzlich bestätigt, aber darauf verwiesen, daß die beiden polnischen Staatsangehörigen in der Wohnung des in Österreich wohnhaften Bruders des S.B. genächtigt hätten. Am nächsten Tag habe sich S.B. mit der mitbeteiligten Partei in Verbindung gesetzt, mit der er seit vielen Jahren gut bekannt sei, da diese ihn und seine Familie bereits in den Achtzigerjahren tatkräftig durch Zusendung von dringend benötigten Lebensmitteln unterstützt habe. Am 18. August 1995 hätten beide Polen die mitbeteiligte Partei in ihrem Atelier aufgesucht, wo man zunächst gefrühstückt habe. Die mitbeteiligte Partei sei gerade dabei gewesen, ihr (27m großes) Atelier zu renovieren. W.S. habe sich erbötig gemacht, sie dabei gemeinsam mit S.B. zu unterstützen, und zwar - im Hinblick auf das freundschaftliche Verhältnis - selbstverständlich unentgeltlich und mit dem Willen, sich für die seinerzeit dem Freund erwiesene Unterstützung erkenntlich zu zeigen. Kurz darauf sei die Festnahme erfolgt. Die beiden Polen seien, mit hinreichenden finanziellen Mitteln versehen, für die Dauer von 3 Tagen nach Österreich gekommen, um eine Verwandte abzuholen, die hier ihren Urlaub verbracht habe. Daß die beiden Genannten unter diesen Umständen weder sozial- noch krankenversichert gewesen seien, liege auf der Hand, ebenso, daß sie in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen seien. Es sei auch evident, daß es sich um unentgeltliche Freundschaftsdienste gehandelt habe, die von vornherein höchstens ein paar Stunden hätten dauern sollen. Eine Beschäftigung im Sinn des § 2 AuslBG habe daher nicht vorgelegen.
Nach Einvernahme der von der mitbeteiligten Partei namhaft gemachten Zeugen F. (der Schwester des S.B.) erließ die Behörde erster Instanz ihren Bescheid vom 25. April 1996, mit dem sie das gegen die mitbeteiligte Partei eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellte.
Gegen diesen Bescheid erhob das zuständige Arbeitsinspektorat Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid der Behörde erster Instanz. Nach ausführlicher Darlegung des Inhaltes der Berufung und Wiedergabe der Beweisergebnisse der von der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie der von ihr in Anwendung gebrachten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, das Beweisverfahren habe ergeben, daß eine für ein Dienstverhältnis oder eine dienstnehmerähnliche Tätigkeit typische Unterordnung bzw. organisatorische Eingliederung in den Geschäftsbetrieb bzw. wirtschaftliche Abhängigkeit der mithelfenden beiden polnischen Staatsangehörigen zum Einzelunternehmen der mitbeteiligten Partei nicht einwandfrei habe festgestellt werden können. Auch ad personam sei ein Beschäftigungsverhältnis zur mitbeteiligten Partei nicht zu unterstellen gewesen. Für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit sei Entgeltlichkeit und wirtschaftliche Abhängigkeit gewichtige Voraussetzungen, für deren Vorliegen das umfangreiche Beweisverfahren mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Bestimmtheit nichts ergeben habe. Dieser Beweis sei nicht einmal in Ansätzen gelungen, zumal angesichts des von vornherein nur für die Zeit von 16. bis 20. August 1995 (der 21. August sei bereits wieder Arbeitsbeginn in Polen ) vorgesehenen Besuchsaufenthaltes in Wien schon aus Zeitgründen eine sinnvolle entgeltliche Dienstverwendung neben dem dichten Besuchsprogramm eher nicht zu erwarten gewesen sei. Arbeiten und Wohnen stünden entgegen der vom Arbeitsinspektorat vertretenen Rechtsansicht grundsätzlich nicht in einem synallagmatischen Verhältnis. So sei auch die Absichtserklärung, den 14-jährigen Sohnes des S.B. zu einem Ferienaufenthalt nach Wien einzuladen, zu sehen. Auch die Lebensmittelpakete der Achtzigerjahre stünden als karitative Aktionen nicht in einem Austauschverhältnis zur späteren freiwilligen Arbeitsleistung, zumal es an der organischen Einheit im Sinne eines Vertragsverhältnisses (z.B. Zeitstreckenvertrag) mangle. Außerdem sei die Wienreise des S.B. zum Besuch der in Wien lebenden Schwester und gleichzeitig auch zur Zurückbringung seiner auf Ferienaufenthalt in Polen gewesenen, damals zehnjährigen Nichte M genutzt worden. In diesem Zusammenhang sei auch die mitbeteiligte Partei besucht worden. Da W.S. als Fahrzeuglenker des polnischen PKW und der deutschen Sprache nicht mächtig lediglich mitgekommen sei und den S.B. in Wien begleitet habe, sei verständlich. Die Einladung zu einer Pizza im Vorfeld einer späteren Hilfeleistung sei nicht als Sachbezug oder "Materialentlohnung", sondern als gastfreundliche Bewirtung zu verstehen. Die von den polnischen Staatsangehörigen verrichteten Tätigkeiten seien streng nach der Einzelfallbetrachtung aus dem Gesamtzusammenhang aller im Beweisverfahren zutage getretenen Nebenumstände und Fakten als Freundschaftsdienste einzustufen. Diese Freundschaftsdienste würden auch keinem Fremdvergleich in bezug auf ein Aushilfsdienstverhältnis standhalten. Für die belangte Behörde sei daher im erstinstanzlichen Bescheid keine Rechtswidrigkeit zu erkennen gewesen. Die in der Berufung gerügten "Divergenzen" der einzelnen niederschriftlichen Angaben seien deshalb nicht glattweg unglaubwürdig, weil Erklärungsunschärfen juristisch ungeschulter Personen, Erinnerungslücken durch Zeitablauf und der glaubwürdige Eindruck in der mündlichen Verhandlung in die Gesamtbeurteilung miteinzubeziehen seien. Selbst Aussagedivergenzen könnten unter Umständen Ausdruck des Bemühens um die Wahrheitsliebe der Parteien darstellen. Bezüglich der Bewirtung von Gästen sei auch die Gepflogenheit von Landsleuten und Freunden im Ausland im Rahmen des Kulturkreises zu beachten. Dies vor allem deshalb, weil auch eine Gewährung von Essen und Trinken vor der gegenständlichen Zeit der Mithilfe von der mitbeteiligten Partei glaubwürdig dargelegt worden sei. Diese sei zwar nicht polnischer Abstammung, aber doch mit Polen im In- und Ausland befreundet und auch künstlerisch verbunden. Dieser Bewirtung sei daher ein Entgeltcharakter im Sinne eines Sachbezuges nicht zu unterstellen gewesen. Die essenzielle Frage eines Entgelts oder Sachbezuges und auch die Rechtsnatur bezüglich einer Tätigkeit im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sei absolut nicht beweisbar gewesen. Die ausgeübte Tätigkeit sei daher mit ziemlicher Sicherheit als Freundschaftsdienst und Handreichung auf rein freiwilliger Basis unter befreundeten, sich gegenseitig seit rund einem Jahrzehnt (Lebensmittelpakete in den Achtzigerjahren nach Polen und Mithilfe bei Ausstellungen in Polen im Austausch) unterstützenden Personen zu werten. Es seien auch nach Durchführung aller Beweise und trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft der mitbeteiligten Partei verblieben, so daß nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" ein Freispruch (Einstellung) zu erfolgen gehabt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der beschwerdeführende Bundesminister hält den angefochtenen Bescheid - im wesentlichen und zusammengefaßt - deswegen für inhaltlich rechtswidrig, weil der erste Satz des § 2 Abs. 4 AuslBG bei der Abgrenzung zwischen legaler und illegaler Ausländerbeschäftigung immer dann heranzuziehen sei, wenn eine Differenz zwischen dem bei einer Kontrolle festgestellten äußeren Sachverhalt bezüglich einer Arbeitsleistung und den ausdrücklichen Erklärungen der betroffenen Personen bestünde. Wie aus dem zweiten Satz dieser Gesetzesbestimmung hervorgehe, sei der Ansatzpunkt für diese Prüfung die bloße Erbringung einer Arbeitsleistung, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werde. Auf Grund eines Größenschlusses ergebe sich, daß eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG um so mehr vorliege, wenn Personen, denen nicht einmal die Stellung eines Gesellschafters zum Arbeitgeber zukomme, Arbeitsleistungen erbrächten, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden. Im Beschwerdefall hätten die beiden polnischen Staatsangehörigen Arbeiten verrichtet, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus Freundschaft, sondern im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgten. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Abs. 4 "zwinge" zur Überlegung, daß eine Entgeltlichkeit dieser Tätigkeiten tatsächlich gewollt worden sei. Der beschwerdeführende Bundesminister fährt sodann fort:
"Ebenso entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Ausländer aus dem ehemaligen Ostblock Arbeiten nicht unentgeltlich erbringen".
Die grundsätzliche Bedeutung der richtigen Auslegung des § 2 Abs. 2 und § 2 Abs. 4 AuslBG ergebe sich auch aus der Überlegung, daß andernfalls mit der Behauptung, es handle sich um eine unentgeltliche Gefälligkeit und nicht um eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG, eine Umgehung der Strafbestimmungen möglich wäre. Auch in der Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. § 1152 ABGB, wonach ein angemessenes Entgelt als bedungen gelte, sei für Verträge ohne gültige Entgeltlichkeitsvereinbarung bzw. für Verträge mit unvollständiger Entgeltabrede anzuwenden. Anwendungsvoraussetzung sei eine gültige Vereinbarung über die zu leistende Arbeit, wozu genüge, daß diese mit Wissen und Willen des anderen Teiles geleistet werde. Im Beschwerdefall könne dem Akteninhalt nicht entnommen werden, daß ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit vereinbart worden sei. Der angefochtene Bescheid beschäftige sich im Gegenteil nur mit der Frage, ob erwiesene Gegenleistungen als Entgelt zu werten seien. Dabei sei die Tatsache nicht berücksichtigt worden, daß die beiden polnischen Staatsbürger in ihren niederschriftlichen Aussagen nichts von einer unentgeltlichen Erbringung ihrer Arbeitsleistungen erwähnt hätten. Es komme aber nicht darauf an, ob Entgelt geleistet worden sei, sondern lediglich, ob Entgeltlichkeit im Sinne eines Entgeltanspruches vorliege. Weiters stehe auch die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht zum Naturallohn im Hinblick auf Gebrauchsüberlassung von Wohnraum mit der Rechtslage in Widerspruch, da Naturallohn begrifflich alles sei, was nicht Geldlohn sei, aber Geldeswert darstelle. Daher stünden Arbeiten und Wohnen grundsätzlich sehr wohl in einem synallagmatischen Verhältnis. Dabei sei übersehen worden, daß auch die Einladung zu einem Ferienaufenthalt über die Einräumung einer Wohnmöglichkeit hinausgehe
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der beschwerdeführende Bundesminister im wesentlichen die mangelnde Feststellung eines freundschaftlichen Verhältnisses der Mitbeteiligten auch zu dem Polen W.S., was durch den Hinweis, dieser sei lediglich der Begleiter von S.B. gewesen, nicht substituiert werden könne. Auch die im Vorfeld erbrachte Leistung (Einladung zum Essen und Trinken) sei eine Gegenleistung für die "Mithilfe" gewesen, damit liege aber zumindest schlüssig vereinbartes Entgelt vor. Zu einer weiteren Bewirtung sei es nur durch die Amtshandlung nicht gekommen. Im übrigen seien die niederschriftlichen Aussagen der genannten Ausländer unberücksichtigt geblieben.
Der beschwerdeführende Bundesminister beantragte daher die Aufhebung des Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am
verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, gilt als Beschäftigung, soweit dies im Beschwerdefall von Bedeutung ist, die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis und b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.
Gemäß § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG sind den Arbeitgebern in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen gleichzuhalten, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.
Zunächst ist dem beschwerdeführenden Bundesminister zu erwidern, daß sich aus der Formulierung des zweiten Satzes des § 2 Abs. 4 AuslBG keineswegs die Zulässigkeit eines Größenschlusses in der Richtung einer Beweisregel dahingehend ergibt, daß eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. um so mehr vorliege, wenn Personen, denen "nicht einmal" die Stellung eines Gesellschafters zum Arbeitgeber zukomme, Arbeitsleistungen erbringen, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Die Verwendung der Worte "insbesondere auch" im zweiten Satz des § 2 Abs. 4 AuslBG dient lediglich der - als Reaktion auf derartige Umgehungsversuche zu verstehende - Abgrenzung legaler von gesetzlich verpönten gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen in Hinblick darauf, daß grundsätzlich Personengesellschafter sowie Mehrheitsgesellschafter einer GesmbH als selbständig erwerbstätig gelten, sofern sie nicht gleichzeitig auch Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sind. Unzulässig ist der Schluß, jeder nicht in einem Gesellschaftsverhältnis zum angeblichen Arbeitgeber stehende Ausländer unterfalle mit jedweder Tätigkeit für diesen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Vielmehr sieht das VStG das Rechtsinstitut der Einstellung auch für Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG uneingeschränkt - wie für jedes andere Verwaltungsstrafverfahren, von Sondernormen abgesehen - vor. Im Sinne des ersten Satzes des § 2 Abs. 4 AuslBG ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt, in jedem Einzelfall ausgehend von den spezifischen Umständen dieses Falles, auszugehen. Der sich in den Beschwerdeausführungen an die oben behandelten Argumente anschließende, oben wörtlich wiedergegebene Gedankengang des beschwerdeführenden Bundesministers kann nur als Mißgriff verstanden werden, da der Verwaltungsgerichtshof nicht davon ausgeht, daß der beschwerdeführende Bundesminister eine allgemeine Lebenserfahrung ins Treffen führen kann, nach der Arbeiten wie jene, bei denen die in Rede stehenden Ausländer im Beschwerdefall betreten worden waren (nämlich das Streichen eines Handlaufes sowie das Verkleben von Abdeckfolien am Parkettboden), nicht auch "aus Freundschaft" erbracht werden könnten, bzw. daß "Ausländer aus dem ehemaligen Ostblock Arbeiten dieser Art" grundsätzlich nicht unentgeltlich erbrächten. Eine derartige allgemeine Lebenserfahrung steht dem Verwaltungsgerichtshof jedenfalls nicht zur Verfügung, so daß die sich darauf beziehenden Argumente nicht stichhaltig erscheinen. Das bedeutet weiter, daß mit der generellen Negierung von Ausnahmefällen, wie es z.B. das Leisten von "Freundschaftsdiensten" wäre, eine schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht mit Erfolg beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann.
Das von der belangten Behörde abgeführte Beweisverfahren hat eindeutig ergeben, daß der familiäre, freundschaftliche Kontakt der Familie des S.B. einerseits und der Mitbeteiligten andererseits an die zehn Jahre währt und bereits gegenseitige Hilfeleistungen, sei es durch Übersendung lebensnotwendiger Pakete, sei es durch Förderung künstlerischer Zusammenarbeit, eine inhaltliche Ausgestaltung erfahren hat, die zwar zweiseitig, aber dennoch nicht von vornherein entgeltlich war. Es spricht auch nicht gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, daß auch jener Ausländer, der lediglich mit dem anderen Ausländer befreundet war, nicht aber mit der Mitbeteiligten, dieser mit seinem Freund gemeinsam einen Besuch abstattete und anläßlich dieses Besuches auch zum Mittagessen eingeladen wurde. Es wäre um die Gastfreundschaft und das menschliche Zusammenleben im allgemeinen schlecht bestellt, wenn Einladungen zum Mittagessen - auch von bloßen Begleitpersonen - generell den Charakter einer Gegenleistung, damit aber Entgeltlichkeit beinhalten würden.
Der beschwerdeführende Bundesminister gesteht in seiner Beschwerde zu, daß Ansatzpunkt der Prüfung, ob ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt, die Erbringung einer Arbeitsleistung ist, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird. Die belangte Behörde hat bereits zutreffend darauf verwiesen, daß von einem typischen Arbeitsverhältnis allein schon auf Grund der - in diesem Punkte unbestritten gebliebenen - Absicht der betretenen Ausländer, lediglich vom 16. bis zum 20. August 1995, (d.h. also lediglich für 3 volle Tage) in Wien anwesend zu sein, nicht die Rede sein kann. Des weiteren wurde festgestellt, daß beide Ausländer in Polen regulären Berufen nachgehen.
Insoweit der beschwerdeführende Bundesminister unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die erstinstanzlichen Angaben der Ausländer enthielten keine Hinweise auf die beabsichtigte Unentgeltlichkeit ihrer Arbeitsleistung, so geht gerade aus diesen Niederschriften auch nicht hervor, daß sie diesbezüglich gefragt worden wären. Vielmehr wird bereits in diesen Niederschriften die lange Jahre währende Freundschaft der Familie des S.B. zur Mitbeteiligten hervorgehoben, was dem Sinn nach nichts anderes hätte bedeuten können.
Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996090286.X00Im RIS seit
20.11.2000