TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/20 W235 2203750-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
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Entscheidungsdatum

20.05.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2203752-1/6E

W235 2203753-1/6E

W235 2203750-1/6E

W235 2203751-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.

XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. mj. XXXX , geb. XXXX und

4. mj. XXXX , geb. XXXX , 3. und 4. gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2018, Zl. 1194432807-180536169 (ad 1.), Zl. 1194432905-180536177 (ad 2.), Zl. 1194432600-180536193 (ad 3.) und Zl. 1194432502-180536185 (ad 4.) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern des minderjährigen Dritt- und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin. Alle vier Beschwerdeführer sind georgische Staatsangehörige und reisten unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 09.06.2018 stellten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils für sich und als gesetzliche Vertreter auch für die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Eurodac-Abfragen ergaben, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils am XXXX .09.2017 in Deutschland und am XXXX .12.2017 in Tschechien Asylanträge stellten.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angaben, an keinen Krankheiten zu leiden und abgesehen von den mitgereisten Angehörigen über keine (weiteren) Familienangehörigen im österreichischen Bundesgebiet oder im Gebiet der Europäischen Union zu verfügen. Die Zweitbeschwerdeführerin gab darüber hinaus an, dass sie nicht schwanger sei. Übereinstimmend gaben beide Beschwerdeführer an, dass sie gemeinsam mit dem Dritt- und der Viertbeschwerdeführerin ihren Wohnort im September 2017 verlassen hätten. Danach hätten sie sich einen Monat in Deutschland und sechs Monate in Tschechien aufgehalten. Sowohl in Deutschland als auch in Tschechien hätten sie Asylanträge gestellt, die in beiden Ländern abgelehnt worden seien. Darüber hinaus könnten sie nichts über den Aufenthalt in diesen Ländern angeben. Der Erstbeschwerdeführer brachte ergänzend vor, dass er nicht nach Tschechien zurückwolle. Er wolle in Österreich bleiben, da er nicht wisse, wo er hin solle. Ebenso gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie in Österreich bleiben wolle. Sie wolle weder nach Deutschland noch nach Tschechien zurück.

Dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurde weiters am 09.06.2018 jeweils eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihnen zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Deutschland und Tschechien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde beiden Beschwerdeführern am selben Tag übergeben und von ihnen unterfertigt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 15.06.2018 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmegesuche an Deutschland.

Mit Schreiben vom 21.06.2018 stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme aller vier Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 22.06.2018 wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Anträge auf internationalen Schutz aller vier Beschwerdeführer zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Bundesrepublik Deutschland angenommen wird.

1.4. Einer im Akt der Zweitbeschwerdeführerin befindlichen E-Mail Korrespondenz ist zu entnehmen, dass die Zweitbeschwerdeführerin am XXXX .07.2018 stationär in die gynäkologischen Ambulanz eines Landeskrankenhauses aufgenommen wurde (vgl. AS 121 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin).

1.5. Am 18.07.2018 fanden Einvernahmen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie unter Beziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Georgisch statt, im Zuge derer beide Beschwerdeführer zunächst angaben, dass sie sich körperlich und geistig in der Lage fühlen würden, die Befragung zu absolvieren.

In seiner eigenen Einvernahme gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er gesund sei. Auch der Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin seien gesund. Außer seinen mitgereisten Angehörigen habe er in Österreich keine Verwandten. Den ersten Asylantrag hätten sie in Deutschland gestellt und dort einen Monat verbracht. Dann hätten sie auch in Tschechien einen Asylantrag gestellt. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, gegen die Beschwerdeführer die Anordnung zur Außerlandesbringung auszusprechen, gab der Erstbeschwerdeführer an, er wolle nicht nach Deutschland, da sie in Deutschland auf der Straße wohnen müssten. Während ihres Aufenthalts in Deutschland seien die Beschwerdeführer in einer staatlichen Unterkunft untergebracht und versorgt worden. Er glaube, dass sie bei einer Rückkehr nicht mehr versorgt werden würden, da sie in einem Monat zwei negative Entscheidungen bekommen hätten. Zwei Wochen nach Antragstellung hätten sie eine negative Entscheidung bekommen und hätten dagegen Beschwerde erhoben. Zwei weitere Wochen später hätten sie wieder eine negative Entscheidung bekommen. Darin sei gestanden, dass sie das Land verlassen müssten. Es sei daher sicher, dass Deutschland sie nach Georgien zurückschicken werde. Der Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin hätten keine eigenen Gründe, die gegen eine Überstellung nach Deutschland sprächen. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er diese nicht übersetzen und daher nicht verstehen habe können.

Ergänzend brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass ihr in Österreich eine Zyste operativ entfernt worden sei. Medikamente nehme sie nicht. Sie habe einen Kontrolltermin am XXXX .07.2018. Darüber hinaus habe sie Magenbeschwerden; diesbezüglich seien auch Untersuchungen geplant. Auch der Drittbeschwerdeführer habe einen ärztlichen Termin. Unter schweren Krankheiten leide jedoch weder die Zweitbeschwerdeführerin noch der Dritt- oder die Viertbeschwerdeführerin. Allerdings glaube sie nicht, dass die Krankheiten auch in Deutschland behandelt werden könnten. Der Drittbeschwerdeführer habe in Deutschland 40° Fieber gehabt und habe man ihn im Krankenhaus nicht untersucht, sondern nur Medikamente verschrieben. Er sei nach zweieinhalb Stunden entlassen worden und hätten die Beschwerdeführer selbstständig in die Unterkunft zurückfahren müssen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sehr schlechte Erfahrungen mit der medizinischen Betreuung in Deutschland gemacht und glaube nicht, dass sie in Deutschland medizinische Betreuung bekämen, wenn sie diese benötigen sollten. In Österreich lebe ein Cousin zweiten oder dritten Grades von ihr. Zu diesem habe sie jedoch kein besonderes Verhältnis. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, gegen die Beschwerdeführer die Anordnung zur Außerlandesbringung auszusprechen, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie sei sich sicher, dass Deutschland sie abschieben werde. Sonst gebe es keine Gründe, die einer Rückkehr nach Deutschland entgegenstünden. Sie hätten eine negative Entscheidung bekommen und diese angefochten. Gegen die zweite negative Entscheidung hätten sie kein Rechtsmittel mehr ergreifen können und hätten dann einen Brief bekommen, dass sie das Land verlassen müssten. Eine Rechtsberatung wie in Österreich habe es in Deutschland nicht gegeben. Zu den Länderfeststellungen brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass sie leider nicht wisse, was drinnen stehe. Nach Rückübersetzung brachte sie vor, in Tschechien sei sie schwanger gewesen und sei der Embryo im Mutterleib verstorben. Daher sei im Krankenhaus eine Kürettage durchgeführt worden. Die Zweitbeschwerdeführerin glaube, dass die Zyste, die ihr in Österreich entfernt worden sei, daher stamme. Derzeit habe sie leichte Schmerzen. In Österreich habe sie nur noch einen Kontrolltermin.

Im Zuge dieser Einvernahme wurden nachstehende Unterlagen vorgelegt:

* aktuelles chirurgisches Konsil eines Landeskrankenhauses vom XXXX .06.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin mit der Zuweisungsdiagnose Oberbauchschmerzen samt Vorbefund;

* Entlassungsschein eines Landeskrankenhauses vom XXXX .07.2018, dem zu entnehmen ist, dass die Zweitbeschwerdeführerin von XXXX .07.2018 bis. XXXX .07.2018 in der dortigen gynäkologischen Station aufhältig war samt Entlassungsinformation;

* Terminwunsch der Zweitbeschwerdeführerin für einen Ultraschall des Abdomen für den XXXX .06.2018;

* Klientenkarte des ORS-Service der Zweitbeschwerdeführerin mit den handschriftlichen Anmerkungen vom XXXX .07.2018 "Seit ca. 2 Mon Erhebung am Oberbauch" "Seit 2 Wochen Schmerzen";

* Terminhinweis eines Landeskrankenhauses betreffend eine ambulante Kontrolle in der allgemeinen Gynäkologie am XXXX .07.[2018];

* Entlassungsbrief eines Landeskrankenhauses vom XXXX .07.2018, dem zu entnehmen ist, dass bei der Zweitbeschwerdeführerin im Zuge ihres stationären Aufenthalts von XXXX .07.2018 bis XXXX .07.2018 eine laparoskopische Zystenausschälung vorgenommen wurde mit dem Hinweis auf eine Kontrolle in vier bis sechs Wochen;

* Klientenkarte betreffend den Drittbeschwerdeführer mit dem handschriftlichen Ersuchen um Kontrolle wegen eines geschwollenen linken Brustteils und dem Termin XXXX .07.2018 und

* Terminhinweis einer Kinderärztin für den XXXX .07.[2018]

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Deutschland zulässig ist.

Begründend wurde betreffend alle vier Beschwerdeführer festgestellt, dass diese an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden würden. Der Abgleich der Fingerabdrücke des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin habe ergeben, dass diese in Deutschland und zuletzt auch in Tschechien jeweils Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten. Am 21.06.2018 hätten sich die deutschen Behörden gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Übernahme der in Österreich gestellten Asylanträge aller vier Beschwerdeführer für zuständig erklärt. Abgesehen von den mitgereisten Familienangehörigen hätten die Beschwerdeführer keine Personen in Österreich, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Die Beschwerdeführer hätten keine sozialen Kontakte, die sie an Österreich binden würden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt zunächst betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin aus, dass das Vorliegen von lebensbedrohlichen Erkrankungen weder behauptet worden noch aus der Aktenlage ersichtlich sei. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wurde darauf verwiesen, dass diese angegeben habe, dass ihr in Österreich erfolgreich eine Zyste entnommen worden sei und sie keine Medikamente benötige. Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen seien keine schweren Erkrankungen ersichtlich. Für den Drittbeschwerdeführer seien eine Klientenkarte und eine Terminvereinbarung bei einem Kinderarzt vorgelegt worden. Es sei ersichtlich, dass der Drittbeschwerdeführer eine Schwellung am linken Brustteil gehabt habe und lediglich um eine Kontrolle gebeten worden sei. Weiterführende Untersuchungen oder Behandlungen hätten die gesetzlichen Vertreter nicht angegeben. Die Feststellungen zu den Konsultationsverfahren sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Aufgrund der Eurodac-Treffer und der expliziten Zustimmung Deutschlandes stehe für das Bundesamt fest, dass Deutschland für die in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten glaubhaft und widerspruchsfrei vorgebracht, dass sie abseits der mitgereisten Familienmitglieder keine familiären oder privaten Bindungen in Österreich hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin habe lediglich angeführt, hier einen Cousin zweiten oder dritten Grades zu haben, zu dem sie jedoch keine besondere Beziehung habe. Die Feststellungen zu Deutschland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Zum Vorbringen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sei anzuführen, dass im Fall einer Überstellung nach Deutschland die dortigen Behörden verpflichtet seien, die Beschwerdeführer in einem geeigneten Quartier unterzubringen und die Anträge auf internationalen Schutz zu bearbeiten. Es sei keinesfalls daran zu zweifeln, dass sich die deutschen Behörden gesetzeskonform verhalten und die Beschwerdeführer ihre Verfahren dort fortführen könnten. Der relevante Sachverhalt stehe aufgrund der expliziten Zustimmung Deutschlands fest. Im Ergebnis könne festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Deutschland keiner unmenschlichen Behandlung oder Verfolgung ausgesetzt seien. Für den Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin sei kein eigenes Vorbringen erstattet worden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erfüllt sei. Da die Beschwerdeführer als Familie gemeinsam nach Deutschland überstellt würden, liege kein im Sinne von Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben in Österreich vor, weshalb die Ausweisung keinen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer darstelle. Im Rahmen einer Interessensabwägung sei festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und einem geordneten Zuzug den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidungen daher unter diesen Aspekten zulässig seien. Deutschland sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen, ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Deutschland aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Deutschland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu den jeweiligen Spruchpunkten II. der angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständlichen Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden seien. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Mit Schreiben vom 08.08.2018 gab das Bundesamt den deutschen Behörden bekannt, dass die Überstellungen vorübergehend ausgesetzt werden müssen und sich die Überstellungsfrist in den vorliegenden Fällen auf 18 Monate verlängert hat, da die Beschwerdeführer flüchtig sind.

4. Gegen diese Bescheide erhoben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und als gesetzlicher Vertreter für die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer im Wege ihrer nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde und stellte Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die Würdigung der Behörde, die Beschwerdeführer seien in Deutschland keiner unmenschlichen Behandlung oder Verfolgung ausgesetzt, stimme, aber hätte die Behörde berücksichtigen müssen, dass den Beschwerdeführern eine Kettenabschiebung in ihr Heimatland drohe. Daher würden die Beschwerdeführer durch die Vornahme der Außerlandesbringung nach Deutschland in ihrem Recht nach Art. 3 EMRK verletzt werden. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin habe das Bundesamt lediglich festgestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide. Es sei der Entscheidung jedoch nicht zu entnehmen, wie die Behörde zu diesem Ergebnis komme. Ebenso wenig sei festgestellt worden, ob die Zweitbeschwerdeführerin in Deutschland die notwendige medizinische Behandlung erhalten werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Alle vier Beschwerdeführer sind georgische Staatsangehörige. Die vier Beschwerdeführer reisten gemeinsam im September 2017 illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten am XXXX .09.2017 in Deutschland Asylanträge, die in weiterer Folge abgelehnt wurden. Nach Ablehnung ihrer Asylanträge in Deutschland reisten die Beschwerdeführer weiter nach Tschechien, wo sie am XXXX .12.2017 ebenfalls um Asyl ansuchten. Nach einem ca. sechsmonatigen Aufenthalt in Tschechien begaben sich die vier Beschwerdeführer gemeinsam unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und stellten am 09.06.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 15.06.2018 Wiederaufnahmegesuche an Deutschland, welche von der deutschen Dublinbehörde am 21.06.2018 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist in den gegenständlichen Fällen auf 18 Monate verlängert, da die Beschwerdeführer flüchtig sind, was der deutschen Dublinbehörde mit Schreiben vom 08.08.2018 bekannt gegeben wurde.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Deutschland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Zweitbeschwerdeführerin wurde im Zuge eines stationären Aufenthalts vom XXXX .07.2018 bis XXXX .07.2018 in der gynäkologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses eine Zyste laparoskopisch entfernt. Abgesehen von einem Kontrolltermin am XXXX .07.2018 waren keine weiteren medizinischen und/oder therapeutischen Maßnahmen vorgesehen. Ob die Zweitbeschwerdeführerin diesen Kontrolltermin wahrgenommen hat, kann nicht festgestellt werden. Beim Drittbeschwerdeführer wurde wegen eines geschwollenen linken Brustteils eine Kontrolle bei einer Kinderärztin angeregt. Ob diese Kontrolle durchgeführt wurde, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit kann weder im Fall der Zweitbeschwerdeführerin noch im Fall des Drittbeschwerdeführers festgestellt werden. Da der Erst- und die Viertbeschwerdeführerin gesund sind, kann in einer Gesamtheit festgestellt werden, dass alle vier Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Überstellung nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

In Österreich lebt ein Cousin zweiten oder dritten Grades der Zweitbeschwerdeführerin. Mit diesem Cousin leben bzw. lebten die Beschwerdeführer weder im gemeinsamen Haushalt noch bestehen wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur. Darüber hinaus bestehen keine weiteren privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet. Weiters wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer seit dem 01.08.2018 über keine aufrechten Meldungen mehr im österreichischen Bundesgebiet verfügen.

1.2. Zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland:

Zum deutschen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland wurden in den angefochtenen Bescheiden des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).

In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines "take back"-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).

b). Non-Refoulement:

Wenn die drei Schutzformen - Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz - nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).

Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsländer eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).

c). Versorgung:

Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann - soweit nötig - abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. [...]

Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl. BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betreffende Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).

d). Unterbringung:

In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Landessache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte in Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl. BSASFI 29.6.2017).

Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.a).

e). Medizinische Versorgung:

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV o.D.).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA 3.2018; vgl. DIM 3.2018, GKV o. D.).

Je nach Bundesland erhalten Asylwerber eine Gesundheitskarte oder Krankenscheine vom Sozialamt; darüber können die Bundesländer autonom entscheiden (BMG 2.2016; vgl. BMdl 29.9.2015). Krankenscheine bekommen Asylwerber beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 3.2018). Die elektronische Gesundheitskarte ersetzt den Behandlungsschein und damit können Asylwerber den Arzt direkt aufsuchen, ohne vorher eine Bescheinigung von den staatlichen Stellen (z.B. Sozialamt) einzuholen (BMG 6.2016).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016, AIDA 3.2018).

Es wurde jedoch kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch nur Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 20.4.2018).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Deutschland den Feststellungen des Bundesamtes in den angefochtenen Bescheiden des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Verhältnissen untereinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zur gemeinsamen illegalen Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zum Aufenthalt bzw. zur Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Tschechien, zur unrechtmäßigen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus den Akteninhalten.

Dass die Beschwerdeführer am XXXX .09.2017 in Deutschland und am XXXX .12.2017 in Tschechien Asylanträge stellten, ergibt sich zweifelsfrei aus den diesbezüglichen Eurodac-Treffern und wurde darüber hinaus auch vom Erst- und von der Zweitbeschwerdeführerin selbst vorgebracht. Ferner wurde die Asylantragstellung in Deutschland auch durch die deutsche Dublinbehörde in ihrer Zustimmungserklärung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer vom 21.06.2018 bestätigt. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung, dass die Asylanträge der Beschwerdeführer in Deutschland abgelehnt worden waren, sowohl aus den übereinstimmenden Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie aus der Zustimmungserklärung Deutschlands vom 21.06.2018, die sich auf lit. d des Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO stützt.

Die Feststellungen zu den Wiederaufnahmegesuchen der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme aller vier Beschwerdeführer durch Deutschland sowie zur Bekanntgabe der Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Deutschlands beendet worden wäre, finden sich in den gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Dass der Zweitbeschwerdeführerin im Zuge eines stationären Aufenthalts eine Zyste entfernt wurde, ergibt sich aus den diesbezüglich vor dem Bundesamt vorgelegten medizinischen Unterlagen, insbesondere aus dem Entlassungsbrief eines Landeskrankenhauses vom XXXX .07.2018. Ebenso gründet die Feststellung, dass abgesehen von einem Kontrolltermin keine weiteren medizinischen und/oder therapeutischen Maßnahmen vorgesehen waren, auf den Inhalt der vorgelegten Unterlagen, denen die Notwendigkeit derartiger Maßnahmen nicht entnommen werden kann. Gegenteiliges ist auch aus den eigenen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin nicht ersichtlich. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen in der Beschwerde, der Entscheidung sei nicht zu entnehmen, wie die Behörde zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Zweitbeschwerdeführerin an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide, da dem Bescheid sehr wohl eindeutig entnommen werden kann, dass sich die Behörde betreffend diese Feststellung (wie auch das Bundesverwaltungsgericht in gegenständlichem Erkenntnis) auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen stützt (vgl. AS 196 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin). Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Zweitbeschwerdeführerin den für den XXXX .07.2018 festgesetzten Kontrolltermin auch tatsächlich wahrgenommen hat, ergibt sich daraus, dass keine weiteren medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden. Die weitere Feststellung zur Anregung einer Kontrolle bei einer Kinderärztin wegen eines geschwollenen linken Brustteils des Drittbeschwerdeführers gründet auf der diesbezüglich vorgelegten Klientenkarte. Auch betreffend den Drittbeschwerdeführer ergibt sich die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden kann, ob diese Kontrolle durchgeführt wurde, daraus, dass keine weiteren medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden. Dass eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit weder im Fall der Zweitbeschwerdeführerin noch im Fall des Drittbeschwerdeführers festgestellt werden kann, gründet zum einen auf die bereits erwähnte Nichtvorlage weiterer medizinischer Unterlagen. Zum anderen sind die Beschwerdeführer seit Anfang August 2018 untergetaucht, was sie wohl nicht getan hätten, würden die Zweit- und/oder der Drittbeschwerdeführer tatsächlich medizinische Hilfe benötigen. Da betreffend den Erstbeschwerdeführer und betreffend die Viertbeschwerdeführerin weder Erkrankungen noch eine Behandlungsbedürftigkeit vorgebracht wurde, war die Feststellung zu treffen, dass diese gesund sind. Sohin ergibt sich insgesamt betrachtet die Feststellung, dass bei keinem der vier Beschwerdeführer eine derart schwere bzw. lebensbedrohende Erkrankung vorliegt, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Deutschland entgegenstehen könnte.

Die Feststellung zum in Österreich lebenden Cousin zweiten oder dritten Grades der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus ihren eigenen Angaben. Da die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls angab, zu diesem Cousin zweiten oder dritten Grades kein besonderes Verhältnis zu haben, war die die Feststellung zum Nichtvorliegen eines gemeinsamen Haushalts sowie zum Nichtvorliegen wechselseitiger Abhängigkeiten zu treffen. Darüber hinausgehende sonstige private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet wurden nicht vorgebracht. Dass die Beschwerdeführer seit dem 01.08.2018 über keine aufrechten Meldungen mehr im Bundesgebiet verfügen, ergibt sich weiters aus vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister vom 26.04.2019.

2.2. Die Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den in den angefochtenen Bescheiden angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Deutschland ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Deutschland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Erstbeschwerdeführer zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass er diese nicht übersetzen und daher nicht verstehen habe können. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte vor, dass sie leider nicht wisse, was drinnen stehe. Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen ist den jeweiligen Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Auch im Beschwerdeverfahren wurde weder den diesbezüglichen Länderfeststellungen entgegengetreten noch wurde ein Vorbringen zum deutschen Asylsystem erstattet, insbesondere wurden keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) [...]

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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