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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des A E in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Hopmeier, Sauerzopf & Partner in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. April 1995, Zl. UVS-07/01/423/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. April 1995 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von sieben Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F Baugesellschaft mbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 3. Juni 1992 als Arbeitgeberin sieben namentlich genannte, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Staatsangehörige an der Baustelle Dieffenbachgasse 49-51 in Wien 15., mit der Durchführung von Fassadenarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils drei Tage) verhängt und der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf insgesamt S 10.500,-- herabgesetzt
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat als erwiesen angenommen, daß die sieben jugoslawischen Staatsangehörigen auf der näher bezeichneten Baustelle der F Baugesellschaft mbH zur angeführten Tatzeit ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung Fassadenarbeiten durchgeführt hätten. Die "Firma M" habe die F und diese die BVH zur Durchführung von Fassadenarbeiten an der Baustelle verpflichtet. Im Verhältnis der F zur BVH sei vom Bestand einer undatierten Rahmenvereinbarung über die Zurverfügungstellung von Personal bzw. einer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten und von einer Vereinbarung vom 6. Mai 1992 betreffend die gegenständliche Baustelle auszugehen, wonach Personal bereitgestellt, diese Baustelle übernommen und das Bauvorhaben vom Geschäftsführer der BVH beaufsichtigt werde. Diese schriftlichen Vereinbarungen würden Elemente einer Arbeitskräfteüberlassung und eines Werkvertrages enthalten; eine klare Abgrenzung sei jedoch auch im Hinblick auf die vereinbarte Abrechnungsmodalität nicht möglich. Jedoch stehe auf Grund der tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten bei Heranziehung der Abgrenzungsmerkmale nach § 4 Abs. 2 Z. 1 bis 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) fest, daß in Wahrheit eine Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte vorgelegen sei. Die F habe sich gegenüber der "Firma M" zur Durchführung von Fassadenarbeiten verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung habe die F Ausländer eingesetzt, die laut einer Anmeldung zur Wiener Gebietskrankenkasse zur Tatzeit bei der BVH als Dienstnehmer beschäftigt gewesen seien; dies deshalb, weil die F kein eigenes Personal mehr für diese Baustelle zur Verfügung gehabt habe. Die Ausländer hätten insgesamt ununterscheidbar zur Erfüllung der von der F übernommenen Verpflichtung mitgearbeitet und daher jene Aufgaben wahrgenommen, die ihrer Art nach von den bei der F sonst tätigen Arbeitnehmern erbracht worden wären; die Ausländer hätten der Erweiterung des Belegschaftsstandes der F gedient. Das Material und das Werkzeug sei von der "Firma M" zur Verfügung gestellt worden; die Arbeiten seien nicht mit Material und Werkzeug der BVH geleistet worden. Die ausländischen Arbeitskräfte seien der Aufsicht der F unterstellt gewesen. Das Weisungsrecht der F gegenüber den eingesetzten Arbeitskräften der BVH sei nicht projektbezogen (werkvertraglich) eingeschränkt gewesen. Daß die BVH eine Haftung für den Erfolg der Arbeiten übernommen hätte, sei nicht erwiesen. Obwohl seitens der "Firma M" keine Zahlung an F erfolgt sei, habe der Beschwerdeführer an die BVH bzw. deren Geschäftsführer regelmäßig Zahlungen geleistet und auch keine Haftungsansprüche gegenüber der BVH geltend gemacht. Eine Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes ergebe insgesamt, daß nicht die Herstellung eines bestimmten Erfolges durch BVH, sondern der Einsatz der ausländischen Arbeitskräfte im Vordergrund gestanden sei und sohin die Erfüllung der zwischen F und BVH geschlossenen Vereinbarung im Wege der Arbeitskräfteüberlassung stattgefunden habe.
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit dagegen, daß eine Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes zur Annahme einer Arbeitskräfteüberlassung führe. Bei richtiger Beurteilung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß zwischen der von ihm vertretenen Gesellschaft und der BVH ein Werkvertrag vorgelegen sei, bzw. daß allfällige Elemente einer Arbeitskräfteüberlassung nicht überwogen hätten und die von ihm vertretene Gesellschaft daher nicht Beschäftiger überlassener Arbeitskräfte gewesen sei.
Dieses Vorbringen vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Als Beschäftigung (im Sinne des AuslBG) gilt unter anderem nach § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Nach § 2 Abs. 3 lit. c AuslBG sind in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes den Arbeitgebern gleichzuhalten.
Gemäß § 3 Abs. 3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.
Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist zufolge § 4 Abs. 1 AÜG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0223, und vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0097) ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzliche eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0150). Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinne von § 4 Abs. 2 AÜG aber auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinne der Z. 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Juli 1997, Zl. 95/09/0218, vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0131, und vom 22. Oktober 1996, Zl. 94/08/0178).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist im Beschwerdefall davon auszugehen, daß Dienstnehmer der BVH an der gegenständlichen Baustelle Fassadenarbeiten verrichteten, und daß dabei kein Werk hergestellt wurde, welches von Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers F zu unterscheiden war, steht doch selbst nach dem Beschwerdevorbringen unbestritten fest, daß die F an der gegenständlichen Baustelle keine Teilergebnisse oder abgrenzbare Werkleistungen erbrachte. Das Abgrenzungsmerkmal im Sinne von § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG ist daher eindeutig erfüllt.
Die Fassadenarbeiten wurden von den Dienstnehmern der BVH unbestrittenermaßen mit Material und Werkzeug der "Firma M" erbracht. Daß für diese Fassadenarbeiten Material und Werkzeug der BVH verwendet worden wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Auch das Abgrenzungsmerkmal im Sinne von § 4 Abs. 2 Z. 2 AÜG ist daher eindeutig erfüllt.
Die belangte Behörde hat es als nicht erwiesen angesehen, daß die BVH gegenüber der F für den Erfolg der erbrachten Fassadenarbeiten gehaftet habe. Daß diese negative Feststellung unrichtig wäre bzw. auf Grund welcher Beweisergebnisse die belangte Behörde eine werkvertragliche Erfolgshaftung der BVH gegenüber der F hätte feststellen können, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Das Abgrenzungsmerkmal im Sinne von § 4 Abs. 2 Z. 4 AÜG ist daher eindeutig erfüllt.
Hinsichtlich des Abgrenzungsmerkmals der Ziffer 2 des § 4 Abs. 2 AÜG wird in der Beschwerde die Auffassung vertreten, der Baupolier der "Firma M" und der Beschwerdeführer hätten den Dienstnehmern der BVH keine "Weisungen" erteilt, sondern lediglich Mängel der durchgeführten Arbeiten an der Baustelle gerügt. Abgesehen davon, daß nach diesem in der Beschwerde behaupteten Sachverhalt unbeantwortet bleibt, wessen Dienst- und Fachaufsicht die an der Baustelle eingesetzten Arbeitskräfte dann unterstanden sein sollen, verkennt der Beschwerdeführer, daß jedenfalls eine Dienst- und Fachaufsicht der BVH über ihre Dienstnehmer an der gegenständlichen Baustelle weder festgestellt wurde, noch von ihm behauptet wird. Das Beschwerdevorbringen ist daher in diesem Sinne - ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob die Dienstnehmer organisatorisch in den Betrieb der F oder in jenen der "Firma M" eingegliedert waren - jedenfalls nicht geeignet, das zwischen F und BVH bestehende Vertragsverhältnis insgesamt als "reinen Werkvertrag" erscheinen zu lassen.
Ist somit auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens aber davon auszugehen, daß die Tatbestandsmerkmale der Ziffer 1, 2 und 4 des § 4 Abs. 2 AÜG eindeutig erfüllt sind, dann kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, daß schon diese Hinweise auf eine bewilligungspflichtige Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte insgesamt überwiegen. Die Beantwortung der Frage, in wessen Betrieb die an der Baustelle eingesetzten Arbeitskräfte der BVH tatsächlich organisatorisch eingegliedert waren, vermag angesichts der Tatsache, daß diese Dienstnehmer jedenfalls keiner Dienst- und Fachaufsicht der BVH unterstanden, daran nichts zu ändern, daß im Beschwerdefall insgesamt betrachtet die Erfüllung eines Werkvertrages im Wege der Arbeitskräfteüberlassung vorgelegen ist.
Der ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen betrieblichen Eingliederung der ausländischen Arbeitskräfte erhobenen Verfahrensrüge kommt - ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer insoweit die Aufnahme von Erkundungsbeweisen begehrt - schon deshalb keine Relevanz zu, weil in der Beschwerde gar nicht dargetan wird, durch die behauptete Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens könnte erwiesen werden, daß die ausländischen Arbeitskräfte an der gegenständlichen Baustelle der Dienst- und Fachaufsicht der BVH unterstanden seien. Die belangte Behörde hätte daher aus den dargelegten Gründen auch bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu keinem anderen Bescheid kommen können.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996090281.X00Im RIS seit
20.11.2000