TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/21 W126 2141407-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2019
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Entscheidungsdatum

21.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W126 2141407-1/39E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Clemens LAHNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2016, Zl. 1085385205-151246205, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 02.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung am 02.09.2015 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, im Iran geboren zu sein und dort aufgrund der Krankheit seines Vaters ein Jahr gearbeitet zu haben, bevor er sich entschlossen habe, nach Österreich zu gehen, um hier eine Schule zu besuchen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 31.08.2016 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, gesund zu sein und in Österreich keine Verwandten zu haben. Er habe bereits einen Deutschkurs besucht. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei im Iran geboren. Im Iran habe er fünf Jahre eine Schule besucht und mit seinem Vater auf der Baustelle und als Metallarbeiter gearbeitet. Seine Eltern, seine Geschwister, seine Großeltern, zwei Onkel väterlicherseits sowie ein Onkel und eine Tante mütterlicherseits würden nach wie vor im Iran leben. Sein Großvater arbeite noch, seine Onkel seien 15 und sechs Jahre alt. Zu seiner Mutter habe er Kontakt. In Afghanistan würden eine Tante väterlicherseits und deren Söhne leben. Die wirtschaftliche Situation seiner Familie im Iran sei schlecht. Seine Mutter stelle von zu Hause aus Kämme und Bürsten her und sein Vater arbeite gelegentlich als Hilfsarbeiter. Sein Bruder besuche derzeit eine Schule.

Der Vater des Beschwerdeführers habe diesem gesagt, dass die Familie Afghanistan wegen des Krieges verlassen habe. In Afghanistan besitze die Familie des Beschwerdeführers noch Grundstücke vom Großvater des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer habe Probleme mit seinem Vater, weil dieser seit drei bis vier Jahren drogensüchtig sei. Dieser habe auch Probleme mit dem Rücken. Da sein Vater immer das Geld des Beschwerdeführers genommen habe, sei er aus dem Iran ausgereist. Er wolle nicht nach Afghanistan. Viele Afghanen seien vom Iran nach Afghanistan abgeschoben und dort von den Taliban festgenommen und getötet worden. Im Iran habe er nicht in die Schule gehen können, weil er arbeiten und das Geld davon seinem Vater habe geben müssen. Er sei in Österreich, um zu lernen.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 21.10.2016 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang.

4. Am 21.04.2017 wurden beim Bundesverwaltungsgericht neben den bereits vorgelegten Deutschkursbestätigungen des Beschwerdeführers eine Teilnahmebestätigung des Beschwerdeführers an einem Werte- und Orientierungskurs vom 24.05.2016 eingebracht.

Am 16.05.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Strafkarte vom Landesgericht Krems an der Donau vom 13.04.2017 des Beschwerdeführers ein, auf welcher eine rechtskräftige Verurteilung des jugendlichen Beschwerdeführers wegen §§ 83, 125, 15, 269 Abs. 1 StGB ersichtlich ist. Der Beschwerdeführer hat laut dieser die Tat am 06.12.2016 unter Alkoholeinwirkung begangen und wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Schreiben vom 11.07.2017 wurden dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere Deutschkursbestätigung sowie die Teilnahmebestätigung am Workshop zur Sexualpädagogik übermittelt.

Am 08.11.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Referenzschreiben ein.

Am 16.11.2017 wurde beim Bundesverwaltungsgericht die Prüfungsbestätigung über die Prüfung ÖSD Zertifikat A2 des Beschwerdeführers vom 08.11.2017 vorgelegt.

5. Am 01.02.2018 wurde das Verfahren der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Mit Schreiben vom 02.03.2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht das ÖSD Zertifikat Deutsch Österreich B1 des Beschwerdeführers vom 21.12.2017, eine Kursbesuchsbestätigung über einen Basisbildungskurs im Ausmaß von 400 Unterrichtseinheiten, ein Teilnahmezertifikat des Beschwerdeführers an einem freiwilligen Projekt der Asylkoordination Österreich sowie eine Bestätigung über ein absolviertes Verkaufs- und Logistik-Praktikum des Beschwerdeführers im Weltladen übermittelt.

Am 01.06.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine gekürzte Urteilsausfertigung des Bezirksgerichts XXXX vom 18.04.2018 über eine strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ein. Der Beschwerdeführer wurde schuldig gesprochen, zwei Personen am Körper verletzt zu haben, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe von zehn Wochen verurteilt wurde. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Am 24.07.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die ergänzende Stellungnahme des nunmehr volljährigen und anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers vom 23.07.2018 ein, in welcher zusammengefasst ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer über kein familiäres oder soziales Netzwerk in Afghanistan verfüge. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohe ihm Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara. Zusätzlich handle es sich bei ihm um eine im Iran aufgewachsene und sozialisierte sowie eine aus dem Westen zurückkehrende Person.

Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Flucht aus dem Iran immer stärker vom Islam distanziere. Mittlerweile fühle sich der Beschwerdeführer nicht länger als Moslem und halte sich an keinerlei muslimische Gebote. Im Iran sei der Beschwerdeführer von seinem Vater und den gesellschaftlichen Konventionen gezwungen worden, regelmäßig zu beten und sich an religiöse Vorschriften zu halten und wolle jetzt selbstbestimmt leben und über seine Religionszugehörigkeit frei entscheiden.

Zuletzt sei auch auf die aktuelle gesundheitliche Verfassung des Beschwerdeführers hinzuweisen. Wie im beigelegten psychiatrischen Befund festgehalten werde, leide der Beschwerdeführer unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und depressiver Symptomatik. Laut Gutachten sei eine schwere depressive Episode diagnostiziert worden. Seit einer schweren Selbstverletzung mit suizidaler Absicht werde der Beschwerdeführer psychiatrisch betreut und medikamentös behandelt. Aktuell nehme der Beschwerdeführer Medikamente zur Stabilisierung seiner psychischen Verfassung ein. Die Weiterführung der medikamentösen und therapeutischen Behandlung sei indiziert.

Der Beschwerdeführer spreche sehr gut Deutsch (Niveau B1) und sei um seine Integration in Österreich bemüht. Er besuche regelmäßig die Schule mit dem Ziel des Pflichtschulabschlusses und nehme an diversen Kursen und Workshops teil, engagiere sich ehrenamtlich und habe zuletzt im Dezember 2017 ein Praktikum absolviert. Mit einer Pädagogin führe der Beschwerdeführer mittlerweile eine sehr nahe, familienähnliche Beziehung und der Beschwerdeführer sei ein Teil der Familie der Pädagogin geworden.

Der Beschwerdeführer weise zwei strafgerichtliche Verurteilungen auf, welche sich jedoch im unteren Bereich des jeweils anzuwendenden Strafrahmens bewegen und beide bedingt nachgesehen worden seien. Die zugrundeliegenden Handlungen resultieren aus jugendlicher Unbedachtheit. Der Beschwerdeführer besuche seither erfolgreich eine Gesprächstherapie, welche ihm alternative Verhaltensweisen und Bewältigungsstrategien aufgezeigt habe, die er im Alltag anwende.

Ergänzend wurden aktuelle Länderinformationen international anerkannter Organisationen auszugsweise angeführt sowie vier Empfehlungsschreiben, diverse Fotos des Beschwerdeführers, eine gutachterliche Stellungnahme einer Psychotherapeutin vom 18.07.2018, ein Arztbrief einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 05.06.2018, ein Kurzarztbrief des Landesklinikum XXXX sowie eine Ambulanzkarte vom 13.04.2018, eine Bestätigung über den Besuch des Beschwerdeführers am Pflichtschulabschlusskurs im Bildungszentrum BACH von 12.02.2018 bis 31.12.2018, eine Bestätigung über die Teilnahme am Basisbildungskurs im Bildungszentrum BACH von 16.08.2017 bis 22.12.2017 und eine Bestätigung über Exkursionen des Beschwerdeführers am 20.12.2017 vorgelegt.

6. Am 30.07.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, sein Rechtsanwalt und eine Vertrauensperson des Beschwerdeführers teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil.

Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung zusammengefasst an, dass sich seine Eltern im Iran kennen gelernt hätten und er im Iran geboren sei. Sein Vater stamme aus der Provinz Maidan Wardak und seine Mutter aus Bamyan, Genaueres könne er nicht angeben. Sein Vater sei im Alter von 15 Jahren in den Iran gegangen und seine Mutter sei noch ein Kind gewesen. Beide hätten Afghanistan wegen des Krieges verlassen. Bis vor circa einem Jahr habe noch eine Tante väterlicherseits in Afghanistan gelebt, diese sei mit ihrer Familie aber inzwischen auch in den Iran gereist. Er wisse nur, dass es ein Grundstück der Familie in Afghanistan gebe, er könne aber nicht sagen, wo es sich befinde und wie groß es sei. Von dem Grundstück wisse er von seinem Vater. Es gehöre seinem Großvater, welcher noch zwei Brüder gehabt habe. Das Grundstück müsse wahrscheinlich geteilt worden seien. Im Iran würden sein Vater, seine Mutter, seine zwei Brüder und eine Schwester leben. Außerdem würden seine zwei Onkel väterlicherseits mit seinem Großvater, ein Onkel mütterlicherseits sowie zwei Tanten väterlicherseits im Iran leben. Sein Vater verkaufe Obst und seine Mutter sei Hausfrau. Einer seiner Brüder gehe zur Schule, der andere arbeite als Schlosser und Maurer. Der Beschwerdeführer habe den Iran verlassen, weil er den Ramadan nicht ausgehalten habe. Er sei von seinem Vater gezwungen worden, zu beten. Als er einmal Alkohol getrunken habe, sei er von seinem Vater geschlagen worden. Im Iran sei die finanzielle Lage der Familie schlecht gewesen.

Er könne nicht in Kabul leben, weil er die Stadt nicht kenne und er niemals dort gewesen sei. Afghanistan sei für ihn ein fremdes Land. Er kenne die dortige Kultur nicht und wolle sich nicht so kleiden, wie es dort üblich sei. Außerdem spreche er Farsi, woran man erkennen könne, dass er aus dem Iran komme und das würde niemandem dort gefallen.

Der Beschwerdeführer besuche derzeit den Pflichtschulabschlusskurs und im Dezember wolle er seinen Pflichtschulabschluss machen. Wenn er von der Schule nach Hause komme, bereite er Essen vor und spiele und unterhalte sich mit den anderen Jungen. Außerdem spiele er Keyboard und mache Sport. Er wohne in einer Wohngemeinschaft mit drei Afghanen. Am Wochenende würde er sich mit einer österreichischen Familie treffen. Mit dem Ehemann seiner anwesenden Vertrauensperson würde er Mathematik und die Geschichte Österreichs lernen. Er wolle Tischler werden, sein Traumberuf sei es aber, Polizist zu werden. Er wisse aber, dass das derzeit nicht möglich sei und er dazu lange Zeit in Österreich sein und viel lernen müsse, daher behalte er sich dies vor. Es gefalle ihm in Österreich sehr gut. Er unterhalte sich sehr gerne mit Österreichern, um viel über die österreichische Kultur zu erfahren. Er möchte wissen, welche Ansichtsweise jeder vertrete. Es sei interessant für ihn, dass unter ihnen einer ein Christ und ein anderer ohne Bekenntnis sei. In Österreich habe er keine Verwandten.

Seine strafgerichtlichen Verurteilungen bedauere er sehr. Er sei nicht glücklich darüber, was er gemacht habe. Er mache derzeit eine Gesprächstherapie, durch die er sehr viel lerne. Vom Gericht sei angeordnet worden, dass er daran regelmäßig teilnehme.

Der Beschwerdeführer gab zur Therapie befragt an, dass er den Umgang mit Menschen und Verständnis für Menschen lerne. Wenn er zum Beispiel wegen seiner Ethnie provoziert werde, was in den Heimen sehr häufig passiere, dann versuche er, diese Person zu beruhigen und ein ruhiges Gespräch zu führen. Wenn das nicht helfe, dann drehe er sich um und gehe seinen Weg. Wenn er geschlagen werde, dürfe er nicht zurückschlagen, sondern müsse die Polizei anrufen oder zu einem Betreuer gehen.

Er sehe sich selbst nicht mehr als Moslem, weil man keinen Alkohol trinken dürfe und drei bis fünf Mal am Tag beten müsse. Im Iran sei er dazu von seinem Vater gezwungen worden und er habe keine Möglichkeit gehabt, sich zu beschweren, dass er das Gebet nicht mehr verrichten oder nicht fasten wolle. Er sei körperlich zu schwach, um im Ramadan den ganzen Tag nichts zu essen und zu trinken. Für ihn sei die größte Religion die Menschlichkeit. Seit er in Österreich sei, trinke er Alkohol und esse Schweinefleisch. Er sehe sich seit drei Jahren nicht mehr als Moslem und halte sich auch so lange nicht mehr an religiöse Vorschriften.

Im Iran habe der Beschwerdeführer eine Aufenthaltskarte besessen, welche er alle sechs Monate habe verlängern lassen müssen. Mit 14 Jahren habe er die Schule abgebrochen, weshalb sein Aufenthalt nicht mehr verlängert worden sei, weil er das Geld dafür nicht bezahlen habe können. Mit 15 habe er den Iran verlassen und die Karte sei vernichtet worden.

Der Beschwerdeführer nehme in der Früh Setralin zur Beruhigung und Seroquel nehme er nur, wenn er innerlich unruhig werde. Eine Tablette nehme er, wenn er nicht schlafen könne.

In Afghanistan kenne der Beschwerdeführer niemanden. Man habe dort keine Unterstützung. Dort könne er nicht frei leben und wenn er dort mit diesem Gefühl leben müsse, würde er sehr viele Probleme bekommen.

Die Vertrauensperson des Beschwerdeführers gab an, dass sie den Beschwerdeführer seit Dezember 2015 kenne. Er sei eine sehr liebe Person und habe Probleme, wenn jemand ungerecht behandelt werde. Er sei ein "Gerechtigkeitstyp". Sie wisse, dass ihm der erste Vorfall sehr leidtue. Dabei sei der Beschwerdeführer betrunken gewesen und habe sich nicht kontrollieren können. Ende des Jahres habe es angefangen, dass es dem Beschwerdeführer psychisch schlecht gegangen sei. Alles sei sehr schwer erträglich für ihn gewesen und er habe zur Weihnachtszeit mit ein paar Jungen Probleme gehabt. Diese seien in der Nacht gekommen und hätten den Beschwerdeführer attackiert. Sie habe ihm geraten, dies anzuzeigen. Danach habe ihn einer davon noch einmal gewaltig provoziert, woraufhin der Beschwerdeführer ausgezuckt sei und ihn geschlagen habe. Der Beschwerdeführer selbst habe aber auch einen Schlag abbekommen und daraufhin eine geprellte Nase gehabt. Seit der Therapie sei er wesentlich ruhiger und sehr bemüht, alles ruhig zu klären oder dem Ganzen aus dem Weg zu gehen. Der Beschwerdeführer sei nie wirklich ein Moslem gewesen sei. Er habe zu Weihnachten gemeinsam mit ihrer Familie Stift XXXX besucht und danach mit ihrer Familie gemeinsam Weihnachten gefeiert. Sie werde auch in Zukunft für den Beschwerdeführer da sein und ihn sowohl finanziell als auch sonst unterstützen.

Im Rahmen der Verhandlung wurde ein weiteres Unterstützungsschreiben, ein Bericht einer Wochenzeitung, in welchem der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Vertrauensperson bei Besuch eines Sommerfestivals abgebildet ist, eine Liste mit Namen von Personen, die die Integration und nicht-islamische Lebensweise des Beschwerdeführers bezeugen könnten, sowie ein Meldezettel, aus welchem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer "ohne Bekenntnis" geführt werde, vorgelegt.

7. Mit Schreiben vom 09.08.2018 wurden dem Beschwerdeführer die dem Verfahren zugrunde gelegten Länderberichte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 19.04.2016, Anfragebeantwortung ACCORD vom 01.06.2017, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.07.2017) zur Stellungnahme übermittelt.

In der Stellungnehme vom 22.08.2018 wurde zunächst wiederholt vorgebracht, dass der Beschwerdeführer sich seit geraumer Zeit nicht als Moslem betrachte und sich im Alltag an keine religiösen Gebote halte und Alkohol konsumiere. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass die beispiellose Integration des Beschwerdeführers sowie seine starke Verwurzelung zu Österreich darauf hinweisen, wie stark sich der Beschwerdeführer bereits von den streng muslimischen, konservativen afghanischen Normen weg zur liberalen österreichischen Gesellschaftsordnung hin orientiert habe.

Die vom Bundesverwaltungsgericht für das Verfahren herangezogene Länderinformationsblatt sowie die weiteren Berichte würden das Vorbringen des Beschwerdeführers stützen. Die UNHCR Richtlinien würden - übereinstimmend mit den Angaben des Beschwerdeführers - festhalten, dass Personen, die vermeintlich oder tatsächlich Werte und/oder ein Erscheinungsbild angenommen hätten, das bzw. die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden, von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen werden würden.

Es werde darauf hingewiesen, dass insofern die Anfragebeantwortung davon ausgehe, dass auch Personen, welche nicht (regelmäßig) beten und das Fasten im Ramadan nicht befolgen, mit Ausnahme von stundenlangen Polizeiverhören keinerlei Verfolgung zu befürchten hätten, darauf hingewiesen werde, dass dies im krassen Gegensatz zu den sonstigen seitens des Bundesverwaltungsgerichts verwendeten Länderberichten stehe, wonach alle Personen mit einer vermeintlich nicht-islamischen Gesinnung Verfolgung zu befürchten hätten.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative für alleinstehende Männer ohne (hier vorliegende) besondere Vulnerabilität sei unter anderem in Kabul zumutbar, dies jedoch nur, wenn diese entweder in Afghanistan geboren worden seien oder dort für eine längere Zeit lebten oder ein unterstützendes familiäres oder soziales Netz verfügen (vgl. EASO, S 109).

Gemeinsam mit der Stellungnahme wurde ein weiteres Empfehlungsschreiben, eine Bescheinigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX , dass der Beschwerdeführer am 14.08.2018 die Erklärung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft eingebracht hat, eine Teilnahmebestätigung über den Workshop "Hilfe im Notfall" vom 04.06.2018 sowie eine Bestätigung positiver Leistungen im Pflichtschulabschluss vom 27.07.2018 übermittelt.

8. In einer weiteren Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 24.09.2018 wurde auf die am 30.08.2018 veröffentlichten UNHCR-Richtlinien Bezug genommen und im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Richtlinien Kabul als innerstaatliche Fluchtalternative bzw. innerstaatliche Relokationsalternative aufgrund der aktuellen Lage hinsichtlich Sicherheit, Wahrung der Menschenrechte sowie der humanitären Situation generell ausschließen würden.

Der Beschwerdeführer entspreche zudem dem Risikoprofil der Personen, die aus dem Westen zurückkehren, da er im vergleichsweise liberalen Iran aufgewachsen sei und sich seit seiner Ankunft überdurchschnittlich stark an die gesellschaftlichen Gepflogenheiten angepasst habe.

Der Stellungnahme wurde ein Schreiben des Ehemanns der ehemaligen Betreuerin des Beschwerdeführers, welche als Vertrauensperson an der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht teilnahm, ein Schreiben einer weiteren ehemaligen Betreuerin in einer Unterkunft des Beschwerdeführers sowie ein am 27.08.2018 ausgestelltes Rezept über Sertralin 50 mg und Seroquel 25 mg beigelegt.

Im ersten Schreiben wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über vieles sehr kritisch nachdenke und mit vielen Vorgaben seiner Religion, dem Islam, nicht einverstanden sei. Der Beschwerdeführer sei der Ansicht, dass man auch an etwas glauben können müsse, ohne auf Schweinefleisch und Alkohol verzichten zu müssen. Auch der Umgang mit dem anderen Geschlecht gestalte sich seiner Meinung nach als schwierig, weshalb er entschieden habe, aus der Gemeinschaft auszutreten. Der Beschwerdeführer möge es, frei und ohne Zwang leben zu können und seine Meinung äußern zu können. Der Beschwerdeführer habe aus seiner Sicht verstanden, worauf es ankomme und besuche derzeit eine Schule, um den Pflichtschulabschluss zu absolvieren. Er sei sicher, dass der Beschwerdeführer seinen Abschluss schaffen werde, nicht zuletzt, weil er an allem sehr interessiert sei und er sein Ziel, in Österreich arbeiten und leben zu dürfen, nicht aus den Augen verliert.

Im zweiten Schreiben wird im Wesentlichen dargelegt, dass der Beschwerdeführer von Anfang an ein sehr westlich orientierter junger Mensch gewesen sei, der sich nicht zum Gebet versammelt habe oder an der Organisation von muslimischen Aktivitäten beteiligt gewesen sei. In Gesprächen habe sich herausgestellt, dass dem Beschwerdeführer das Thema Religion durchaus wichtig sei, er aber nicht durch den Glauben zu etwas gezwungen werden wolle. Dies zeige sich insbesondere in Bezug auf den Konsum von Alkohol und dem Verzehr von Schweinefleisch.

9. Am 28.12.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine vom BFA übermittelte Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 12.11.2018, ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 13.11.2018 sowie eine Verständigung der Landespolizeidirektion Wien ein.

Laut Straferkenntnis habe sich der Beschwerdeführer am 12.11.2018 trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten, indem der Beschwerdeführer die Nahdistanz gegenüber den Polizeibeamten unterschritten und mit geballten Fäusten auf einen Polizeibeamten zugegangen sei und eine Boxerstellung eingenommen habe. Durch lautes Herumschreien auf der Straße habe der Beschwerdeführer weiters ungebührlichen Lärm erregt. Aufgrund der Verletzung von § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz und § 1 Abs. 1 Z 2 Wiener Landes-Sicherheitsgesetz wurde eine Geldstrafe von 150 und 100 Euro verhängt und der Beschwerdeführer zusätzlich zu einer Zahlung von 25 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

In der Begründung des Straferkenntnisses wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mindernd und seine Schuld als erschwerend zu werten sei. Das Verschulden habe nicht als geringfügig angesehen werden können, da der Beschwerdeführer durch seine rücksichtslose Tathandlung seine Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung zu erkennen gegeben habe. Er habe sich während des polizeilichen Einschreitens exzessiv gebärdet und dabei gegen gesellschaftliche Grundsätze verstoßen.

10. Am 15.01.2019 wurde ein Schreiben des Beschwerdeführers übermittelt, in welchem dargelegt wurde, dass er sich weiter intensiv um seine Integration bemühe und seine Sprachkenntnisse noch weiter verbessert habe. Sollte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer nicht den Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten zusprechen, so werde ihm aufgrund seiner guten Integration zumindest ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zuzusprechen sein.

Vorgelegt wurde ein Zeugnis über die bestandene Integrationsprüfung vom 03.12.2018, ein Zeugnis über den erfolgreichen Pflichtschulabschluss vom 20.12.2018, ein ÖSD Zertifikat über die bestandene B2 Prüfung vom 06.12.2018, jeweils Detailergebnisse über die bestandenen Prüfungen sowie die Verschreibung der Psychopharmaka Sertralin und Seroquel von einer Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom 21.12.2018.

11. Am 01.03.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht ein Bescheid sowie eine Verfahrensanordnung der belangten Behörde jeweils vom 01.03.2019 ein. Mit Bescheid vom 01.03.2019 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 06.04.2017 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass er sein Aufenthaltsrecht aufgrund seiner Verurteilung durch das Landesgericht Krems an der Donau am 06.04.2017 nach § 83 (1) StGB, § 125 StGB, § 125 StGB, § 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt, Probezeit drei Jahre, sowie die Verurteilung durch das Bezirksgericht XXXX am 18.04.2018 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Wochen, bedingt, Probezeit drei Jahre, ex lege verloren habe. Ab dem Tag des Verlustes des Aufenthaltsrechts komme ihm jedoch der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG zu. Der Verlust des Aufenthaltsrecht wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensordnung vom 01.03.2019 mitgeteilt.

12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.04.2019 wurde nach Parteiengehör ein Facharzt für Psychiatrie und Neurologie zum Sachverständigen bestellt.

Im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 25.05.2019 wurde ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer derzeit keine krankheitswerte psychische Störung vorliege und die vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsakzentuierung zu möglichen affektiven Auslenkungen, wie depressive Verstimmung, führen könne, die unter antidepressiver Therapie jedoch leicht behandelbar sei. Derzeit würden keinerlei Hinweise auf suizidale Tendenzen bestehen. Weiters wurde ausgeführt, dass für die Überlegung der Notwendigkeit eines Erwachsenenvertreters sich derzeit keinerlei Anhaltspunkte finden und der Beschwerdeführer jedenfalls ausreichend in der Lage sei, sich ohne fremde Hilfe selbständige Arbeit, Unterkunft, Verpflegung und medizinische Betreuung zu verschaffen und sich in einer fremden Stadt zu orientieren.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.06.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Neben dem Sachverständigengutachten wurden ihm aktuelle Kurzinformationen des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation, zuletzt jene vom 04.06.2019, übermittelt.

In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13.06.2019 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die an den Gutachter gerichtete Fragestellung nicht die spezifische Lage in den afghanischen Städten berücksichtige und insofern zu allgemein formuliert sei. Aufgrund der großen Zahl an Binnenflüchtlingen seien die Städte an ihre Belastungsgrenze angelangt, was sich insbesondere im Mangel an Unterkünften, eingeschränkter medizinischer Versorgung, steigender Nahrungsmittelunsicherheit und einer hohen Arbeitslosigkeit widerspiegle. Das Gutachten halte zudem auch fest, dass allfällige depressive Symptomatiken durch antidepressive Therapie "leicht behandelbar" seien. In diesem Zusammenhang sei auf einen aktuellen Bericht von EASO zu verweisen, wonach die Versorgung psychischer Erkrankungen in Afghanistan de facto nicht existiere. Zu den übermittelten Länderberichten wurde ausgeführt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor sehr schlecht sei. Die Aktualisierung der Staatendokumentation zum 4. Quartal dokumentiere eine Steigerung der zivilen Opfer im Vergleich zum Vorjahr. Es werde nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet, bei einer Abschiebung drohe dem Beschwerdeführer aber angesichts der dort herrschenden humanitären Lage sowie seines Gesundheitszustandes eine Verletzung seiner in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte.

Zum Beweis dafür, dass der Ausritt des Beschwerdeführers aus der islamischen Glaubensgemeinschaft auf einer gefestigten Überzeugung beruhe, würden diverse Fotos, die den Beschwerdeführer beim Konsum von Alkohol, mit Freunden und bei einer Weihnachtsfeier zeigen, übermittelt. Zudem wurde ein Antrag auf eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zum Beweis dafür, dass sich die ablehnende Haltung des Beschwerdeführers gegenüber dem Islam im letzten Jahr weiter verfestigt habe und ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan asylrelevante Verfolgung droht, gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist im Iran geboren, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Seine Muttersprache ist Dari bzw. Farsi.

Die Eltern des Beschwerdeführers verließen Afghanistan aufgrund des dort herrschenden Krieges. Sein Vater stammt aus der Provinz Maidan Wardak und verließt Afghanistan im Alter von 15 Jahren. Seine Mutter stammt aus der Provinz Bamyan und war noch ein Kind, als sie Afghanistan verließ. Der Beschwerdeführer wuchs gemeinsam mit seinen Eltern, seinen zwei Brüdern und seiner Schwester im Iran auf, besuchte fünf Jahre lang eine Grundschule im Iran und arbeitete danach im Iran auf Baustellen und als Metallarbeiter.

Im Iran leben sein Vater, seine Mutter, seine zwei Brüder, seine Schwester, seine zwei Onkel väterlicherseits bei seinem Großvater, ein Onkel mütterlicherseits sowie zwei Tanten väterlicherseits. Sein Vater arbeitet als Obstverkäufer und seine Mutter ist Hausfrau. Einer seiner Brüder besucht die Schule, der andere arbeitet als Schlosser und Maurer. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter.

1.1.2. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren Krankheiten und ist arbeitsfähig. Beim Beschwerdeführer liegt zum Entscheidungszeitpunkt keine krankheitswerte psychische Störung vor.

1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Afghanistan:

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan keinen konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohungen ausgesetzt. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie hat Feindschaften in Afghanistan. Eine Gefährdungslage aus religiösen Gründen bzw. wegen Abfall vom Islam wird nicht festgestellt.

Eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif oder Herat ist möglich und zumutbar. Er kann die Städte Mazar-e Sharif und Herat von Österreich sicher mit dem Flugzeug (auch über Kabul) erreichen.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Er ist im Iran geboren und in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen, weshalb er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und einer in Afghanistan gesprochenen Sprache vertraut ist. Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Angesichts seiner grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit könnte er sich aber in Mazar-e Sharif oder Herat eine Existenz aufbauen und diese - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, in Herat oder Mazar-e Sharif eine einfache Unterkunft zu finden. Er hat zudem die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Er könnte anfangs auch finanzielle Unterstützung von seinen im Iran lebenden Familienangehörigen und Verwandten erhalten.

1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

1.3.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Asylantragstellung am 02.09.2015 in Österreich. Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt.

Er hat keine Verwandten in Österreich. Er pflegt freundschaftliche Kontakte zu österreichischen Privatpersonen. In seiner Freizeit unternimmt der Beschwerdeführer häufig etwas mit einer österreichischen Familie und spielt Keyboard und macht Sport.

Er hat in Österreich an verschiedenen (Deutsch)Kursen, einem Praktikum sowie einem Workshop teilgenommen. Von 12.02.2018 bis 31.12.2018 besuchte er einen Pflichtschulabschlusskurs im Bildungszentrum BACH und absolvierte am 20.12.2018 die Pflichtschulabschlussprüfung. Am 03.12.2018 absolvierte der Beschwerdeführer die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz, Niveau B1, und zu Werte- und Orientierungswissen. Am 02.01.2019 hat er die Prüfung ÖSD Zertifikat B2 bestanden.

1.3.2. Mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 06.04.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1, § 125, § 15, § 269 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 18.04.2018 wurde des Beschwerdeführer wegen des zweifachen Vergehens der Körperverletzung zu einer Freiheitstrafe in der Dauer von 10 Wochen verurteilt. Der Vollzug wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht des Urteils des Landesgerichts Krems vom 06.04.2017 wurde abgesehen und die Probezeit von drei auf fünf Jahre verlängert.

Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 13.11.2018 wurde über den Beschwerdeführer aufgrund der Verwaltungsübertretungen nach § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz und § 1 Abs. 1 Z 2 Wiener Landes-Sicherheitsgesetz eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 250 Euro verhängt, weil der Beschwerdeführer durch Herumschreien auf der Straße ungebührlicherweise störenden Lärm erzeugt hat und sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrgenommen hat, aggressiv verhalten hat, indem er die Nahdistanz gegenüber den Polizeibeamten unterschritten hat und mit geballten Fäusten auf einen Polizeibeamten losgegangen ist.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 08.05.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Das Datum der letzten Tat war am 27.11.2018.

1.4. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan im konkreten Fall werden nachfolgende Feststellungen getroffen:

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019). Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage:

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh:

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh:

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf

1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage:

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat:

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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