TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/18 98/03/0174

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Veröffentlicht am 18.11.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §19 Abs1;
StVO 1960 §19 Abs2;
StVO 1960 §19 Abs3;
StVO 1960 §19 Abs4;
StVO 1960 §19 Abs5;
StVO 1960 §19 Abs6;
StVO 1960 §19 Abs7;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des J K in Wien, vertreten durch Dr. Zoe Van der Let-Vangelatou, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. März 1998, Zl. 1997/14/176-1, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960,

Spruch

I. den Beschluß gefaßt:

Die Behandlung der Beschwerde wird in Ansehung der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 (Spruchpunkt 1. des mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses) abgelehnt.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Verwaltungsübertretung "nach § 19 Abs. 6 StVO" (Spruchpunkt 2. des mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 24. April 1997 um

21.50 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf der Inntalautobahn A-12 bei km 145,302 in Zams in Fahrtrichtung Westen gelenkt

"1. und die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten.

2. Weiters hat er nach Abschluß der Amtshandlung das genannte Fahrzeug vom Abstellungsort, ca. Strkm. 0.180, S-16 plötzlich und für einen ankommenden Lenker unvermittelt in den Fahrstreifen Richtung Westen gelenkt, wodurch das ankommende Fahrzeug zum Ablenken genötigt wurde. Er hat somit einen Fahrstreifenwechsel ohne sich zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, durchgeführt."

Dadurch habe er zu 1. § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 verletzt und zu 2. eine Übertretung "nach § 19 Abs. 6 StVO" begangen. Hiefür wurden über ihn Geldstrafen von (zu 1.) S 1.900,-- und (zu 2.) S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 36 Stunden) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Zu I.:

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluß ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens S 10.000,-- verhängt wurde.

In Ansehung der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 sind die Voraussetzungen nach § 33a VwGG gegeben, sodaß die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abgelehnt werden konnte.

Zu II.:

Gemäß § 19 Abs. 6 StVO 1960 haben Fahrzeuge im fließenden Verkehr den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die von Nebenfahrbahnen, von Fußgängerzonen, von Wohnstraßen, von Haus- oder Grundstücksausfahrten, von Garagen, von Parkplätzen, von Tankstellen, von Feldwegen oder dgl. kommen. Diese Bestimmung stellt eine Vorrangregel dar. Wie sich der Lenker eines Fahrzeuges, der keinen Vorrang hat, - der Wartepflichtige - gegenüber den Lenkern von Fahrzeugen mit Vorrang - den Vorrangberechtigten - zu verhalten hat, ist dem § 19 Abs. 7 StVO 1960 zu entnehmen. Demnach darf der Wartepflichtige die Vorrangberechtigten durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen. Wer gegenteilig handelt, verstößt gegen § 19 Abs. 7 StVO 1960. Diese Vorschrift ist bei Mißachtung einer Vorrangregel als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG anzusehen. Im Spruch des Straferkenntnisses bedarf es dabei einer so ausreichenden Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z. 1 VStG), daß kein Zweifel darüber besteht, hinsichtlich welchen Verhaltens dem Beschuldigten der Vorwurf des § 19 Abs. 7 StVO 1960 trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0081).

Da der angefochtene Bescheid hinsichtlich der im insoweit übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnis unter Pkt. 2. angeführten Tat als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG den "§ 19 Abs. 6 StVO" anführt, ist er schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.

Er war daher in Ansehung der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. November 1998

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift Vorrangberechtigter Verhalten Wartepflichtiger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998030174.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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