Entscheidungsdatum
01.07.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W191 2206260-1/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. ROSENAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sri Lanka, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Andreas W. Kleinbichler, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2017 [gemeint offenbar 2018], Zahl 1083643104-151139158, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.03.2019 zu Recht (ergänzendes Teilerkenntnis):
A)
I. In Stattgebung der Beschwerde werden die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides behoben.
II. XXXX wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
III. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Sri Lanka, reiste irregulär in Österreich ein und wurde am 20.08.2015 gemeinsam mit mehreren anderen Fremden in 1150 Wien, Westbahnhof, aufgegriffen und mangels eines Aufenthaltstitels vorläufig festgenommen. Er stellte einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 21.08.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil im Wesentlichen Folgendes an:
Er stamme aus Jaffna (Sri Lanka), sei Angehöriger der Volksgruppe der Tamilen, bekenne sich zur Glaubensgemeinschaft der Hindus und sei ledig. Er habe zehn Jahre die Grundschule besucht.
Er sei im Jahr 2004 mit einem Boot nach Malaysia gereist, von dort allerdings von den malaysischen Behörden umgehend wieder nach Sri Lanka zurückgebracht worden. Dort sei er von Militär und Polizei gequält worden und im Jahr 2010 daher wieder geflüchtet. Er sei über den Oman, Syrien, Iran und Türkei nach Griechenland gereist, wo er von 2013 bis 2015 (fast) zwei Jahre im Gefängnis verbracht habe. Im Februar 2015 sei er wieder freigekommen und über Mazedonien, Serbien und Ungarn im August 2015 schließlich nach Österreich gelangt.
Sein Reisepass sei ihm im Oman [Anmerkung: laut BF Bezeichnung für Jordanien] abgenommen worden.
1.3. Aufgrund von EURODAC-Treffern bezüglich des BF in Ungarn (erkennungsdienstliche Behandlungen) führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) Konsultationen gemäß Dublin-Verordnung mit dem Mitgliedstaat Ungarn bezüglich der Zuständigkeit für sein Asylverfahren, die negativ verliefen.
1.4. Bei seiner Einvernahme am 19.07.2017 vor dem BFA, Regionaldirektion Steiermark, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil und einer Vertrauensperson, legte der BF eine Vielzahl von Belegen für seine Identität und sein Fluchtvorbringen vor (sri-lankischer Führerschein, Geburtsurkunden, Personalausweise, Haftbestätigungen Sri Lanka und Griechenland, Gerichtsbefragungen der Eltern des BF, Schreiben eines christlichen Priesters etc.).
Der BF gab an, er sei im Jahr 2006 von der sri-lankischen Polizei verdächtigt worden, LTTE-Sympathisant zu sein. Sie habe ihn deshalb geholt und gefoltert, weswegen er dann ihm bekannte Namen von LTTE-Leuten bekanntgegeben habe. Er sei dann wieder freigelassen worden, habe aber Sri Lanka aus Angst vor Regierung und LTTE verlassen und drei Jahre in Dubai gelebt und als Koch gearbeitet. Nach seiner Rückkehr nach Sri Lanka im Jahr 2009 wegen Ablauf seines Visums habe er bald danach aus Angst um sein Leben Sri Lanka wieder verlassen. Auch sein Cousin, mit dem er im Jahr 2006 von der Polizei verwechselt worden sei, sei im Jahr 2009 vorübergehend festgenommen worden.
Der BF gab an, er habe mehrere Verwandte im Ausland (Frankreich, Norwegen, Australien, Deutschland).
Bezüglich seiner Integration in Österreich legte der BF zahlreiche Belege vor (Deutschkurse, Koch, Yoga, Verkehrssicherheitstraining).
1.5. Mit Eingabe vom 28.07.2017 nahm der BF schriftlich Stellung und korrigierte mehrere Daten in der Einvernahmeniederschrift. Die Fehler führte er auf Sprachschwierigkeiten mit der Dolmetscherin zurück, die Tamil in einer indischen Form gesprochen hätte, so dass er sich nur schwer hätte verständigen können.
Zum ausgehändigten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Sri Lanka nahm der BF konkret zu einzelnen Punkten Stellung und brachte im Wesentlichen vor, dass - entgegen den Aussagen darin - Polizei und Militär weiterhin gegen Tamilen vorgehen würden. Laut seiner Familie komme es nach wie vor zu Vorfällen. Die Polizei sei bestechlich, handle willkürlich und gehe oft überhart vor. Die Überwachung im tamilischen Bereich sei unverändert, festgenommene Personen würden manchmal verschwinden, eine Strafverfolgung für Polizei, Militär und Geheimdienst gebe es in solchen Fällen nahezu nicht. Die Haftbedingungen insbesondere für Tamilen seien äußerst schlecht, was näher ausgeführt wurde.
Da sein sri-lankischer Reisepass bei den Behörden in Dubai liege, würde der BF bei Ankunft in Sri Lanka sofort von Einreisebehörde und CID (Kriminalpolizei/Geheimdienst) überprüft werden und die Polizei würde wieder versuchen, von ihm Namen von LTTE-Mitgliedern zu erfahren und dazu unter Bezug auf PTA (Prevention of Terrorism Act) wieder Folter anwenden. Oftmals würden solche Verfahren damit enden, dass die verdächtige Person verschwindet. Zudem sei es seit Ende des Krieges Tamilen möglich, bei der Polizei zu arbeiten, und LTTE würde über diesen Weg bestechen, damit die Polizei den BF ihnen ausliefere. Dies sei mit einem Todesurteil gleichzusetzen.
1.6. Das BFA wies mit Bescheid vom 23.08.2017 [gemeint wohl 2018] den Antrag auf internationalen Schutz des BF vom "20.08.2018" [richtig: 20.08.2015] gemäß §§ 3 und 8 AsylG ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte in Spruchpunkt III. keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG, sprach aus, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Sri Lanka zulässig sei, und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG).
In Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung sei nicht glaubhaft gemacht worden. Im Falle der Rückkehr drohe dem BF keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Sri Lanka.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Sri Lanka wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Die Beweiswürdigung bezüglich des Fluchtvorbringens blieb äußerst kurz, inhaltlich rudimentär und nicht nachvollziehbar.
Der behauptete Konflikt in Sri Lanka sei als vergangen anzusehen. Daher ergebe sich weder zum gegenwärtigen, noch zum Ausreisezeitpunkt eine entsprechende Gefahrensituation. Die Angaben des BF würden den "Länderinformationen" diametral widersprechen. Mittlerweile werde Sri Lanka auch als sicherer Herkunftsstaat angesehen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid stützte das BFA auf die Qualifizierung von Sri Lanka mit Verordnung der Bundesregierung im Jahr 2018 als sicherer Herkunftsstaat.
1.7. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines damals zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 10.09.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie erheblicher Verfahrensfehler ein.
In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen moniert, dass die belangte Behörde das Verfahren fehlerhaft geführt und den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt habe. Der BF habe sein Fluchtvorbringen mit einem Konvolut an originalen Unterlagen untermauert, deren Glaubwürdigkeit von der belangten Behörde lediglich mit oberflächlichen Bezeichnungen versehen und ohne weitere Würdigung vollkommen ignoriert worden seien.
Das im angefochtenen Bescheid genannte Datum der Asylantragstellung 20.08.2018 sei offenbar falsch (richtig: 200.08.2015), der Bescheid sei mit 23.08.2017 datiert, aber erst rund ein Jahr später zugestellt worden.
Die Einvernahme sei unter besonders großem Zeitdruck und mangel- bzw. fehlerhaft durchgeführt worden, was mit der von der anwesenden Vertrauensperson verfassten und nun vorgelegten eidesstattlichen Erklärung belegt werde.
Der BF weise mehrere Narben auf, die aus seiner Folterung resultierten, was seine Glaubwürdigkeit unterstreiche.
Weiters folgten Auszüge aus diversen Berichten von Amnesty International und anderen NGOs zum Beleg für die nach wie vor bestehende Gefahrenlage der Verfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Tamilen in Sri Lanka, wenn sie der Nahebeziehung zur LTTE bezichtigt würden, sowie Rechtsausführungen.
Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die Einvernahme der genannten Vertrauensperson als Zeugin wurde beantragt.
1.8. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 26.09.2018, W191 2206260-1/3Z, wurde in teilweiser Stattgebung der Beschwerde Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides behoben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Nach auszugsweiser Zitierung des § 18 BFA-VG, gemäß dessen Abs. 5 das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen hat, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, wurde in der (Teil-) Erkenntnisbegründung auszugsweise ausgeführt:
"[...] Aus der dem Bundesverwaltungsgericht zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage kann nach Durchführung einer Grobprüfung eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei einer Rückführung des BF nach Sri Lanka aufgrund der besonderen Gegebenheiten im konkreten Fall angesichts der kurzen Entscheidungsfrist nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Das Bundesverwaltungsgericht war daher im Ergebnis gehalten, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorzugehen. [...]"
1.9. Das BVwG führte am 11.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil durch, zu der der BF in Begleitung zweier Vertrauenspersonen, seines gewillkürten anwaltlichen Vertreters und einer Bekannten, die als Zeugin befragt wurde, persönlich erschien. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.
Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?
BF: Tamil. Ich spreche darüber hinaus Singhalesisch und Urdu (auf Grund meines längeren Aufenthaltes in Dubai). In den vorigen zwei Verhandlungen waren Dolmetscher zwei Damen, die meine Aussagen nicht genau übersetzen konnten.
RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?
D: In Tamil.
RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.
BFV [Vertreter des BF]: Die Zeugin XXXX wurde zum Beweis geführt, dass es in den zuvor ergangenen Einvernahmen zu Differenzen in der Protokollierung wie auch bei der Übersetzung gekommen ist. Es ist die Einvernahme der Zeugin von Relevanz, um aufzeigen zu können, dass die von der belangten Behörde aufgeworfenen angeblichen Widersprüchlichkeiten nicht dem BF anzulasten sind, sondern lediglich die Genese eines unzulänglich geführten Erstverfahrens war.
Zur heutigen Situation:
RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja.
RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?
BF: Ich bin gesund.
[...]
Der BFV hat am 05.03.2019 Akteneinsicht genommen und verzichtet heute auf eine weitere Akteneinsicht.
[...]
Der BF hat bisher Belege zu seiner Identität sowie zu seinem Fluchtvorbringen vorgelegt (siehe Seite 397f. im Verwaltungsakt). Weiters hat er zahlreiche Belege zu seiner Integration in Österreich vorgelegt.
Heute legt er weiters vor:
-
ein Konvolut von Belegen zu seiner Identität, zu seinem Fluchtvorbringen und zu seiner Integration in Österreich in Kopie, die zum Akt genommen wird
-
eidesstaatliche Erklärungen der Mutter des BF vor der Polizei sowie des Anwaltes des BF in Sri Lanka in englischer Sprache (Farbkopien).
[...]
Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen
Lebensumständen:
RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?
BF: Ja.
RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Tamile.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?
BF: Hindu.
RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?
BF: Ledig.
RI: Haben Sie Kinder?
BF: Nein.
Angemerkt wird, dass der BF wiederholt die Fragen auf Deutsch beantwortet.
RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?
BF: Ich habe die Schule bis zur zehnten Schulstufe besucht. Als ich in der Schule war, war die Lage im Land sehr schlecht. Ich konnte nur sehr unregelmäßig die Schule besuchen.
RI: Was haben Sie nach Beendigung des Schulbesuches gemacht?
BF: Ich habe nach dem Austritt aus der Schule 1999 auf Ersuchen meines Vaters anstelle meiner Schwester für LTTE gearbeitet. Dann war ich von 2000 - 2003 drei Jahre lang in Colombo versteckt aufhältig, mein Vater hat mir dabei geholfen. Dann versuchte ich, über Malaysia und die Schweiz nach Norwegen zu gelangen, wurde aber in der Schweiz verhaftet und zurück nach Malaysia und, nach eineinhalbjährigem Gefängnisaufenthalt dort, mit einem Notreisepass zurück nach Sri Lanka geschickt. Am Flughafen wurde ich verhaftet und war zwei Wochen lang in Haft. Im Jahr 2006 flüchtete ich wegen eines Vorfalls vor unserem Haus mit einem Visum nach Dubai. Nach Ablauf des Visums kehrte ich im Jahr 2009 wieder zurück.
RI: Wie viele Jahre Ihres Lebens waren Sie in Haft?
BF: Dreieinhalb Jahre, davon 21 Monate in Griechenland.
RI: Warum?
BF: Weil ich wiederholt versuchte, mit gefälschten Reisepässen auszureisen.
RI: Wo und wie leben Ihre Verwandten?
BF: Meine Eltern leben zu Hause. Mein Bruder lebte mit seiner Familie, die über norwegische Reisepässe verfügt, ab 2010 in Norwegen. Mein Bruder musste im Jahr 2017 wegen des Verdachts strafgerichtlicher Handlung durch seine Onkel nach Sri Lanka zurückkehren. Meine Schwester lebt seit eineinhalb Jahren in Australien.
Zur derzeitigen Situation in Österreich:
RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Nein.
RI: Haben Sie Kontakt zu Österreichern?
BF: Ich habe in Österreich zahlreiche Bekanntschaften und bin sehr gut integriert.
RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.
RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?
BF (auf Deutsch): Ich habe Sie etwa zur Hälfte verstanden.
RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und auf holprig auf Deutsch beantwortet hat.
RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs, oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?
BF (auf Deutsch): Ich habe A1-Deutschkurs absolviert und besuche derzeit den A2-Kurs.
RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach? Wie ist Ihr Tagesablauf?
BF: Sportlich bin ich nicht tätig. Ich koche gerne und werde auch manchmal zu Partys als Koch eingeladen. Ich bin Mitglied beim Verein XXXX sowie im Verein XXXX (Thema: gemeinsam leben).
RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?
BF: Nein.
RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?
BF: Ich kommuniziere ca. zweimal im Monat mit meiner Mutter über Viber.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.
Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint?
BF: Ich habe wahrheitsgemäße Angaben gemacht. Es kann nur sein, dass manche Datumsangaben auf Grund meiner Probleme mit den Dolmetschern nicht richtig sind.
RI: Als Sie im Jahr 2005 von Malaysia nach Sri Lanka zurückgekehrt sind, waren Sie zuerst 18 Monate in Haft und dann sechs Monate zu Hause?
BF: Ich war in Malaysia 18 Monate in Haft. In Sri Lanka war ich zunächst sechs Monate in Haft und lebte dann bei meiner Mutter. Dann gab es den Vorfall mit dem Polizisten vor dem Haus. Ich wurde verhaftet und war zwei Wochen im Gefängnis und ging dann nach Dubai.
Die Zeugin betritt um 10:20 Uhr wieder den Verhandlungssaal.
[...]
RI ermöglicht dem BFV, Fragen an die von ihm namhaft gemachte Zeugin zu stellen.
BFV liest und hält der Z [Zeugin] Passagen aus ihrer eidesstaatlichen Erklärung vom 10.09.2018 vor.
BFV: Wurden Ihrer Meinung nach sämtliche vom BF vorgebrachten Fluchtgründe berücksichtigt?
Z: Das weiß ich nicht, ich habe den Bescheid nicht durchgelesen. Zum Ablauf des Interviews kann ich bestätigen, was ich damals geschrieben habe. Ich habe das damals selbst mitgeschrieben, damit ich eine gute Gedächtnisnotiz habe. Zusätzlich zu den vorgelesenen Passagen war auffällig, dass es überhaupt nicht zu einer zusammenhängenden Darstellung der Flucht- und seiner Fluchtgründe gekommen ist, es waren nur punktuelle Fragestellungen, und da wurde der BF ständig unterbrochen.
BFV: Haben Sie persönliche Wahrnehmungen dahingehend, ob der BF gut in Österreich integriert ist in der Gesellschaft, und eigene Wahrnehmungen zu seinen Deutschkenntnissen?
Z: Ich kenne den BF seit ungefähr dreieinhalb Jahren, zuerst als Sprachbegleiterin zusätzlich zu den Deutschkursen. Er ist sehr beständig darin, wie er seine Deutschkenntnisse vorantreibt, er versteht sehr gut Deutsch, aber als Mensch mit der Muttersprache Tamil tut er sich schwer bei der Aussprache. Die Kommunikation mit ihm erfolgt ausschließlich auf Deutsch. Er ist sehr kontakt- und kommunikationsfreudig und von Beruf leidenschaftlicher Koch, er hat in XXXX und Umgebung einen sehr großen Bekanntenkreis und ist in vielen Familien integriert.
Die Zeugin wird um 10:35 Uhr aus dem Zeugenstand entlassen und nimmt hinten Verhandlungssaal Platz.
RI: Was war der Grund, warum Sie im Jahr 2015 von Sri Lanka nach Österreich gegangen sind?
BF: Ich habe Sri Lanka schon im Jahr 2011 verlassen und bin nach Jordanien (auf Tamil: "Oman") und von dort in die Türkei gegangen, von wo ich wegen eines gefälschtes Visums wieder zurückgeschickt worden bin. Dann war ich in Syrien, Türkei und Griechenland (ab 2011). Im Jahr 2013 war ich dann für 21 Monate in Griechenland im Gefängnis.
RI: Warum sind Sie im Jahr 2011 aus Sri Lanka weggegangen?
BF: Ich war acht bis neun Monate in Colombo, dann wurden die inhaftierten LTTE-Mitglieder freigelassen. Dann erst war der Weg frei, nach Jaffna zu gehen. Ich ging zu meiner Mutter. Ich habe Sri Lanka verlassen, weil ich befürchten musste, dass ich von LTTE-Mitgliedern verfolgt werde, weil ich in der Haft Namen verraten hatte.
RI: Und vor den sri-lankesischen Behörden haben Sie keine Angst?
BF: Ich spreche deren Sprache, ich hatte damals Probleme mit den Behörden. Wenn ich jetzt zurückkehren würde, weiß ich nicht, was passieren würde.
Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte [...] in das gegenständliche Verfahren ein.
Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.
RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihm die Möglichkeit, dazu sowie zu den bisherigen Angaben des BF eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.
Die Verhandlung wird um 10:55 Uhr unterbrochen und um 11:00 Uhr wieder fortgesetzt.
BFV an BF: Sind Sie gefoltert worden, und wenn ja, wann und wie und durch wen?
BF: Ja, 2006, durch den sri-lankesischen Geheimdienst (CID). Ich wurde nach dem Vorfall mit dem Polizisten vor unserem Haus verhaftet. Ich wurde mit den Füßen nach oben aufgehängt. Ich habe noch Narben von diesen Verletzungen.
BF zeigt auf Ersuchen des RI seine Verletzungsnarben:
-
Narben auf beiden Schienbeinen, die laut BF von Stockschlägen herrühren
-
eine Narbe im linken Oberschenkel von einer Stichwunde mit dem Messer
-
Fehlen des vorderen Teiles des linken Zeigefingers vom Zwicken mit einer Zange.
BFV: Haben Sie Angst, dass Sie einer derartigen Folter, wenn Sie zurückkehren, wieder ausgesetzt sind?
BF: Das wird sicher passieren.
RI: Warum haben Sie das nicht schon vorher unmissverständlich gesagt?
BF: Wenn ich zurückkehre, befürchte ich von beiden Seiten Verfolgung, sowohl von den CID-Agenten, die mich schon am Flughafen verhaften werden, sowie von den Mitglieder der LTTE.
BFV: Sind Sie später wieder einmal verfolgt worden?
BF: Die CID-Agenten haben mich im Jahr 2009 wieder verhaftet.
BFV: Haben Sie Ihre Verletzungen durch die Folter irgendwo behandeln lassen?
BF: Ich wurde im Regierungsspital behandelt/versorgt. Als ich in Dubai war, habe ich auch einige Behandlungen gehabt.
BFV: Wo war das Regierungskrankenhaus?
BF: In Sri Lanka in Jaffna im Regierungkrankenhaus.
BFV: Haben Sie medizinische Unterlagen mitbekommen?
BF: Ich kann keine Unterlagen bringen, da gibt es keine Unterlagen. Ich musste eine Nummer ziehen und kam dann dran.
BFV: Das System mit einer Ambulanzkarte wie in Österreich, gibt es das dort?
BF: Nein.
RI: Haben Sie Angst vor dem CID?
BF: Ja.
RI: Warum haben Sie das vorhin nicht unmissverständlich gesagt?
BF: Ich wollte zuerst die Bedrohung durch die LTTE-Mitglieder vorbringen und erst dann die Bedrohung durch den CID.
BFV: Aus der Aussage des BF geht klar hervor, dass er einer multilateralen Gewalt insofern ausgesetzt ist, als er bei Rückkehr in seinen Heimatstaat nicht nur auf Grund seiner LTTE-Verbindungen, sondern auch auf Grund der bereits mehrmals erlebten Verfolgung durch die CID abermals Folterungen und Misshandlungen ausgesetzt sein könnte. Diese faktische Möglichkeit wird durch die seitens des Instanzgerichtes eingebrachten Berichte nicht nur untermauert, sondern quasi als mit überaus hoher Wahrscheinlichkeit belegt. Der BF war sehr bedacht, in seiner Einvernahme sämtliche Umstände geordnet und der Reihe nach zu schildern, und kam immer wieder die Begrifflichkeit der "Behörde" in seiner Aussage vor und war diese Begrifflichkeit für ihn das Synonym für den CID. Man muss auch einem Flüchtling zugestehen, der in einem fremden Land um Asyl ansucht, da er zuvor erheblichen Qualen ausgesetzt war, dass Schilderungen auf Grund von verschiedenen Traumen verzerrt dargelegt werden. Auch kann es als amtbekannt vorausgesetzt werden, dass gerade derart erlittene Traumen einen Verdrängungsprozess in Gang setzen, und ist es in psychiatrischer wie auch psychologischer Hinsicht nachvollziehbar und fachmedizinisch bestätigt, dass derartige Personen nur auf Detailfragen reagieren und Antworten geben. In Zusammenschau mit den bereits vorgelegten Urkunden, vor allem hinsichtlich seiner Verbindung zur LTTE und den heutigen Ausführungen des BF samt den dem Erstinstanzgericht vorgezeigten Narben und Verletzungen ist bewiesen, dass in logischer Konsequenz auch eine Verfolgung durch die CID als höchstwahrscheinlich anzusehen ist. Demzufolge wird seitens des BF der Antrag auf Stattgebung seiner Beschwerde wiederholt, wobei er zu Bekräftigung desselben innerhalb einer Frist von zwei Monaten dementsprechende Fakten und Beweise untermauernd an das Instanzgericht vorlegen wird.
Dem BF wird eine Frist von zwei Monaten zur Nachbringung von Daten, Fakten und Belegen bezüglich des vorgelegten Polizeiprotokolls vom Februar 2019 eingeräumt.
Ermittlungsermächtigung:
RI: Sind Sie damit einverstanden, dass entsprechend den vom Bundesverwaltungsgericht zu treffenden Anordnungen in Ihrem Herkunftsstaat allenfalls Erhebungen unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten durchgeführt werden, wobei diese jedenfalls nicht an staatliche Stellen Ihres Herkunftsstaates weitergegeben werden?
BF: Ja.
RI befragt BFV, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will, dies wird verneint.
RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will;
BF: Wenn ich nach Sri Lanka zurückkehre müsste, müsste ich um mein Leben fürchten.
RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht.
Weitere Beweisanträge: Keine.
Angemerkt wird, dass die VP [Vertrauenspersonen] in das Gespräch miteinbezogen und wiederholt um Auskunft befragt wurden. [...]"
Das erkennende Gericht brachte zusätzliche Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).
Das BFA beantragte schriftlich die Abweisung der Beschwerde. Die Verhandlungsschrift samt Beilagen wurde ihm übermittelt.
1.10. Mit ergänzenden Eingaben seines anwaltlichen Vertreters vom 03.04. und 22.05.2019 legte der BF weitere Belege insbesondere zu seinem Fluchtvorbringen aus Sri Lanka (von einem Außerstreitrichter sowie von einem Notar beglaubigte zeugenschaftliche Aussagen, Schreiben des sri-lankischen Justizministeriums, Polizeibestätigung) sowie eine Einstellungszusage vor.
Auch diese Eingaben wurden dem BFA übermittelt.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 21.08.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 19.07.2017, die vom BF vorgelegten Belege zu seiner Identität und zu seinem Fluchtvorbringen sowie die Beschwerde vom 10.09.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 400 bis 411)
* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 11.03.2019 sowie Einsicht in zahlreiche vorgelegte Dokumente betreffend die Identität und das Fluchtvorbringen des BF (u.a. in ein Polizeiprotokoll aus Sri Lanka vom Februar 2019) und in ergänzend mit Schreiben vom 03.04. und 22.05.2019 vorgelegte weitere Belege (von einem Außerstreitrichter sowie von einem Notar beglaubigte zeugenschaftliche Aussagen, Schreiben des sri-lankischen Justizministeriums)
* Einsicht in folgende im Verfahren vor dem BVwG eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:
o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Kurzinformation/Ergänzung zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018)
o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 21. Februar 2018 zu Sri Lanka: Gefährdung von Personen mit Erwähnung auf staatlicher Liste von Terrorismus-Verdächtigen (Auszug) sowie
o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 12. Januar 2018 zu Sri Lanka: Entführungen von tamilischen Personen mit LTTE-Verbindungen im Distrikt Jaffna und in der Nordprovinz (Auszug)
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:
3.1. Zur Person des BF:
Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Sri Lanka, stammt aus Jaffna, gehört der Volksgruppe der Tamilen an, bekennt sich zur Glaubensgemeinschaft der Hindus und ist ledig. Er hat keine Kinder.
Der BF hat zehn Jahre die Schule besucht - die er wegen der schlechten Sicherheitslage nur unregelmäßig besuchen konnte - und anschließend auf Ersuchen seines Vaters anstelle seiner Schwester für die LTTE (tamilische Befreiungsbewegung) gearbeitet. Von 2000 bis 2003 war er mit Hilfe seines Vaters drei Jahre lang in Colombo versteckt aufhältig. Anschließend versuchte er, über Malaysia und die Schweiz nach Norwegen zu gelangen, wurde aber in der Schweiz verhaftet und zurück nach Malaysia und, nach eineinhalbjährigem Gefängnisaufenthalt dort wegen Verwendung eines gefälschten Reisepasses, mit einem Notreisepass zurück nach Sri Lanka geschickt. Am Flughafen wurde er verhaftet, war sechs Monate lang in Haft und lebte dann bei seiner Mutter.
Im Jahr 2006 flüchtete er wegen eines Vorfalls vor seinem Haus mit einem Visum, weswegen er zwei Wochen lang in Haft war, nach Dubai, wo er als Koch arbeitete. Nach Ablauf des Visums kehrte ich im Jahr 2009 wieder zurück.
2011 verließ der BF Sri Lanka wieder und ging nach Jordanien und von dort in die Türkei, von wo er wegen eines gefälschtes Visums wieder zurückgeschickt wurde. Dann war er in Syrien, Türkei und Griechenland und dort ab dem Jahr 2013 für 21 Monate im Gefängnis. Im Jahr 2015 reiste er dann weiter über genannte europäische Länder bis nach Österreich, wo er um Asyl ansuchte.
Zu Hause leben weiterhin seine Eltern und seine Geschwister. Der BF hat Verwandte in Frankreich und Deutschland (und früher auch in Norwegen und Australien).
Der BF hat zahlreiche Bekanntschaften in Österreich und hier intensive Bemühungen um seine Integration gesetzt (Deutschkenntnisse, Koch, Yoga, Verkehrssicherheitstraining). Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Der BF hat glaubhaft gemacht, dass er wegen seiner Betätigung für die tamilische Befreiungsbewegung (LTTE), wegen der er schon von 2000 bis 2003 versteckt in Colombo lebte und im Jahr 2004 ins Ausland floh, von staatlichen Behörden verfolgt wurde und auch weiterhin in Gefahr ist, Befragungen und Folterungen unterzogen zu werden. Er hat glaubhaft gemacht, dass er im Jahr 2006 Befragungen und Folterungen unterzogen worden ist. Er wurde mit den Füßen nach oben aufgehängt, erhielt Stockschläge auf die Füße, einen Messerstich in den linken Oberschenkel und ihm wurde mit einer Zange der vordere Teil des linken Zeigefingers abgezwickt. Der BF weist auch entsprechende Narben auf.
Der BF ist im Jahr 2009 ein weiteres Mal von staatlichen Behörden verhaftet und einvernommen worden und war dann wieder acht bis neun Monate in Colombo aufhältig, bis die inhaftierten LTTE-Mitglieder freigelassen wurden. Dann ging er zu seiner Mutter zurück.
Da er aufgrund der Folterungen auch Namen ihm bekannter Mitglieder der LTTE verriet, ist der BF auch in Gefahr, von Mitgliedern dieser ehemaligen Bewegung verfolgt zu werden.
Der BF befürchtet zu Recht, dass er bei seiner Ankunft schon am Flughafen von Geheimdienstagenten verhaftet und einer Befragung zugeführt würde.
Es liegen keine Gründe vor, nach denen der BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen wäre oder nach denen ein Ausschluss des BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hätte.
3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
3.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018 (Schreibfehler teilweise korrigiert)
"[...] 2. Politische Lage
Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.04.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3.2018a).
In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen, und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3.2018a).
Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 08.01.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3.2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 09.01.2015 vereidigt (AA 3.2018a).
Bei der Parlamentswahl am 17.08.2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21.08.2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3.2018a).
Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3.2018a).
Bei den Lokalwahlen am 10.02.2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3.2018a).
Am 01.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs-)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).
Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannte. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3.2018a).
3. Sicherheitslage
Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).
Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 08.05.2018).
Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).
Am 01.03.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.03.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 02.04.2018).
4. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).
Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Er verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem er die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).
Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).
Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).
Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in dreimonatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.05.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).
Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018).
5. Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.04.2018).
Die sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem im Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).
Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).
Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.04.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).
Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in