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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §5Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/04/0075Rechtssatz
Da die Haftungsbestimmung des § 9 Abs. 7 VStG es der Behörde freistellt, bei wem sie die Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten eintreibt ("Haftung zur ungeteilten Hand"), handelt es sich um eine Solidarhaftung, die nach nunmehr ständiger Rechtsprechung in Bezug auf die juristische Person eines Haftungsausspruchs im Straferkenntnis bedarf (vgl. VwGH 24.11.2010, 2009/08/0039; zuletzt 24.10.2018, Ra 2017/10/0198, mwN). Diese Haftung ist nicht als Strafe, sondern als "kriminelle Bürgschaft" (vgl. VwGH 21.11.2000, 99/09/0002; Rittler, Lehrbuch des Österreichischen Strafrechts, Allgemeiner Teil2, S. 319; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, II. Band VStG - VVG, S 115), anzusehen, die einen rechtskräftigen und somit vollstreckbaren Strafausspruch gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen oder einen verantwortlichen Beauftragten voraussetzt (vgl. VwGH 28.7.1999, 97/09/0335; 21.11.2000, 99/09/0002; 26.2.2009, 2008/09/0069). Dementsprechend fällt mit der Aufhebung des Strafausspruchs notwendig auch der Haftungsausspruch weg (VwGH 26.2.2009, 2008/09/0069; Thienel, Die Parteistellung des Haftungspflichtigen nach § 9 Abs 7 VStG - offene Fragen, in FS Mayer (2011) 798f). Die Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG begründet somit keine vom Strafausspruch losgelöste und von der Zahlungspflicht des Bestraften unabhängige, eigenständige materiell-rechtliche, sondern eine bloß formell eigene, materiell aber fremde Verpflichtung des Haftungspflichtigen (vgl. den Bericht des Verfassungsausschusses, 360 BlgNR, II. GP, 28, wonach der Ausschuss nicht vermochte eine Fassung zu beschließen, "die glattweg die Strafbarkeit juristischer Personen ausgesprochen hätte", weil "die Strafbarkeit nach den Bemerkungen zu § 5 von einem subjektiven Verschulden selbst bei reinen Ungehorsamsdelikten nicht ganz losgelöst werden kann, ein Verschulden aber nur bei physischen Personen möglich ist").
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040074.L02Im RIS seit
03.09.2019Zuletzt aktualisiert am
03.09.2019