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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der F R, vertreten durch die Hock & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 8. November 2018, VGW-151/069/6083/2018-11, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 29. März 2018 wies der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) den Antrag der Revisionswerberin, einer afghanischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" nach § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) aufgrund des fehlenden Sprachdiploms auf dem Mindestniveau A1 (gemäß § 21a Abs. 1 NAG) sowie mangels eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes (gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 NAG) ab. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. November 2018 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestützt auf § 11 Abs. 2 Z 3 NAG als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Das Verwaltungsgericht stellte - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Relevanz - fest, dass die Revisionswerberin über eine Auslandsreise-Krankenversicherung mit einer Versicherungsdauer von sechs Monaten verfüge, deren Leistungen - abgesehen von näher dargestellten anderen Einschränkungen - mit einem Betrag von EUR 15.000,- beschränkt sei. Ausgehend davon führte das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass der Nachweis eines alle Risken und die gesamte Laufzeit des Aufenthaltstitels (vorliegend zwölf Monate) abdeckenden, in Österreich leistungspflichtigen Krankenversicherungsschutzes nicht erbracht worden sei. Die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG sei somit nicht erfüllt. Ob die übrigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt seien, könne daher dahingestellt bleiben. In der sodann vorgenommenen Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG gelangte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen die Interessen der Revisionswerberin an der Entfaltung eines Privatlebens und der Intensivierung des Familienlebens mit ihrem erwachsenen Sohn (dem Zusammenführenden im Sinn des § 47 Abs. 1 NAG) überwiege.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Soweit zur Zulässigkeit der Revision fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit dem nicht erbrachten Sprachdiplom gemäß § 21a NAG ins Treffen geführt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass die Abweisung des Antrags der Revisionswerberin im angefochtenen Erkenntnis (anders als noch im Bescheid der belangten Behörde) nicht auf das Fehlen des Nachweises von Deutschkenntnissen gemäß § 21a NAG gestützt (sondern das Vorliegen dieser Erteilungsvoraussetzung offen gelassen) wurde. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt daher von der Lösung der im Zusammenhang mit § 21a NAG aufgeworfenen Fragen nicht ab (vgl. VwGH 8.11.2018, Ra 2018/22/0176, Rn. 6, mwN).
6 Weiters bringt die Revisionswerberin vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der fehlende Nachweis eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes zur Antragsabweisung führen müsse bzw. ob trotz mangelnder Gültigkeitsdauer der Krankenversicherung die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Art. 8 EMRK geboten sei, wenn die (71- jährige) Revisionswerberin aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters keine Krankenversicherung mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als sechs Monaten bekomme.
7 Gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 NAG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ist dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels ein Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (Derartiges wurde vorliegend nicht behauptet), anzuschließen. Der Versicherungsschutz muss die gesamte Dauer des Aufenthaltes gemäß § 20 Abs. 1 NAG abdecken (vgl. VwGH 17.6.2019, Ra 2018/22/0096, Rn. 5 f, mwN). Eine "etwaige Selbstversicherung" nach der Einreise in Österreich kann diese Nachweispflicht nicht substituieren (siehe VwGH 28.5.2019, Ra 2018/22/0001, Rn. 7, mwN).
Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die festgestellte (und in der Revision nicht bestrittene) Gültigkeitsdauer des Krankenversicherungsschutzes von sechs Monaten die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG schon deswegen nicht als erfüllt ansah, weil der Versicherungsschutz nicht die gesamte Aufenthaltsdauer abdeckt (siehe zu einer Reise-Krankenversicherung für die Dauer von sechs Monaten bereits VwGH 6.8.2009, 2008/22/0391). Daran vermag das im Übrigen nicht weiter substanziierte Vorbringen, die Revisionswerberin könne aufgrund ihres Alters keine Versicherung mit längerer Dauer abschließen, nichts zu ändern. Die im angefochtenen Erkenntnis erfolgte Berücksichtigung der festgestellten Leistungsausschlüsse der von der Revisionswerberin abgeschlossenen Versicherung steht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls in Einklang (vgl. dazu VwGH 25.10.2017, Ra 2017/22/0146, Rn. 9, mwN). 8 Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang noch auf die von ihrem Sohn (als Zusammenführenden) abgegebene Haftungserklärung verweist, ist auf die durch BGBl. I Nr. 145/2017 geänderte Definition der Haftungserklärung in § 2 Abs. 1 Z 15 NAG hinzuweisen, der zufolge ein Krankenversicherungsschutz auch in den Fällen, in denen die Vorlage einer Haftungserklärung zulässig ist, erforderlich ist (siehe IA 2285/A 25. GP 33).
9 Mit dem bloßen Verweis auf die Unmöglichkeit der Rückkehr des Sohnes nach Afghanistan wird eine Unvertretbarkeit der vom Verwaltungsgericht im Einzelfall in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommenen Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK nicht aufgezeigt (vgl. allgemein dazu VwGH 23.11.2017, Ra 2017/22/0188, Rn. 6, mwN), zumal der - auf die Angaben des Sohnes der Revisionswerberin gestützten - Feststellung des Verwaltungsgerichtes, der Sohn halte sich einmal im Jahr für ca. drei bis vier Wochen in Afghanistan auf, nicht entgegengetreten wird.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
12 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 25. Juli 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220027.L00Im RIS seit
16.09.2019Zuletzt aktualisiert am
16.09.2019