TE Vwgh Beschluss 2019/7/26 Ra 2019/16/0082

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Veröffentlicht am 26.07.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §1 Abs1
BAO §167 Abs2
BAO §280 Abs1 lite
BAO §93 Abs3 lita
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 11. Jänner 2019, RV/7200175/2014, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung (mitbeteiligte Partei: Verlassenschaft nach C D in W, vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin Mag. Margit Winkler, Notarsubstitutin in 1180 Wien, Weimarer Straße 5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass am 3. Februar 2006 in den Niederlanden eine Sendung mit 2200 Kartons Knoblauch in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren übergeführt wurde; im Feld 8 der betreffenden Versandanmeldung T1 war die Zollspedition D als Warenempfänger genannt, als Bestimmungsstelle das Zollamt Wiener Neustadt und als Bestimmungsland Österreich vermerkt. Die Abgangsstelle legte die Frist für die (Wieder-)Gestellung mit 11. Februar 2006 fest.

Am 8. Februar 2006 meldete die Zollspedition D mittels elektronischer Ankunftsanzeige die Ankunft der im Versandverfahren beförderten Waren am zugelassenen Warenort in Wiener Neudorf. Mit der Meldung "Freigabe vom Versand" bestätigte das Zollamt Wiener Neustadt daraufhin die Beendigung des in den Niederlanden eröffneten Versandverfahrens gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK. In weiterer Folge beantragte die Zollspedition D für die genannten Waren ein neues externes gemeinschaftliches Versandverfahren: In der betreffenden Versandanmeldung T1 war als Bestimmungsstelle das in der Slowakei gelegene Zollamt Vysne Nemecke genannt. Der Verbleib der verfahrensgegenständlichen Waren ist ungeklärt. 2 Mit Bescheid vom 13. März 2014 setzte das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt gegenüber der Zollspedition D gemäß Art. 203 ZK für die genannten Waren die Zollschuld fest, weil die am 3. Februar 2006 in den Niederlanden in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren überführten eingangsabgabepflichtigen Waren am 4. Februar der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien. Dadurch sei gemäß Art. 203 Abs. 1 erster Anstrich und Art. 203 Abs. 3 zweiter Anstrich ZK iVm § 2 ZollR-DG die Eingangsabgabenschuld für diese Waren in Höhe von 32.070,54 EUR entstanden. Unter einem setzte das Zollamt eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG fest.

Gegen diesen Bescheid erhob die Zollspedition D Beschwerde, die das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 6. Oktober 2014 als unbegründet abwies, worauf die Zollspedition D die Vorlage beantragte.

Am 22. Oktober 2017 verstarb der Inhaber des Einzelunternehmens Zollspedition D, C D.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht den Bescheid des Zollamtes vom 13. März 2014 ersatzlos auf und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Darlegung des unstrittigen Sachverhaltes traf das Gericht folgende Feststellungen und Erwägungen:

"Der tatsächliche Verbleib der verfahrensgegenständlichen Waren ist bis dato ungewiss.

Das Zollamt geht davon aus, dass der Knoblauch unverzollt und unversteuert in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist.

Das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt richtete im Zuge der Ermittlungen eine Anfrage an die ASFINAG bezüglich der Bewegungen des im Feld 18 der niederländischen Versandanmeldung genannten Beförderungsmittels mit dem ungarischen Kennzeichen X im entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum.

Dabei kam hervor, dass dieser LKW am 4.2.2006 um 16.17 Uhr an der Mautstelle 545 Staatsgrenze Suben - Schärding Suben erstmalig erfasst worden ist. Die weitere Route führte ohne Zwischenstopp über die Autobahnen A8 - A25 - A1 - A21 - A23 - A4. Die letzte elektronische Erfassung auf dieser Fahrt erfolgte am 4.2.2006 um

22.16 Uhr an der Mautstelle 128 Nickelsdorf - Staatsgrenze Nickelsdorf.

Das Zollamt kommt im angefochtenen Bescheid auf Grund dieser Erkenntnisse zum Schluss, es sei auszuschließen, dass sich der LKW mit dem Kennzeichen X samt Ladung im Zeitraum zwischen 3.2. bis 10.2.2006 körperlich bei der Zollspedition D in Wiener Neudorf befunden habe.

Das Zollamt erachtete es daher als erwiesen, dass die Waren am 8.2.2006 nicht gestellt worden seien. Das Versandverfahren sei nicht ordnungsgemäß beendet worden. Der vom zugelassenen Empfänger (der Zollspedition D) im NCTS (New Computerised Transit System - europaweit zur Anwendung gelangendes elektronisches System zur Abwicklung der Versandverfahren) fälschlicherweise übermittelten Nachrichten über Ankunft und die Entladung der Waren komme keine Bedeutung zu. Der Knoblauch sei daher der zollamtlichen Überwachung entzogen worden.

Erwägungen

Das Bundesfinanzgericht vermag sich der vom Zollamt vertretenen Ansicht, wonach erwiesen sei, dass die in Rede stehenden Waren am 4.2.2006 der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien, aus mehreren Gründen nicht anzuschließen:

1. Wurden die Waren bei der österreichischen Bestimmungsstelle gestellt?

Das Zollamt meint, der Knoblauch habe sich nie körperlich bei der Bestimmungsstelle in Wiener Neudorf bzw. beim zugelassenen Warenort der Zollspedition D befunden. Das Zollamt kann sich diesbezüglich ausschließlich auf die durch die ASFINAG-Auskünfte gewonnenen Erkenntnisse stutzen.

Im angefochtenen Bescheid wird dazu festgestellt:

,Das Versandgut ist auf dem Weg von der Abgangsstelle in den Niederlanden zur Bestimmungsstelle in Österreich dann dem Versandverfahren und damit der zollamtlichen Überwachung im Zuständigkeitsbereich des Zollamtes Wiener Neudorf entzogen worden, als der ungarische Frachter nicht die vorgesehene Autobahnabfahrt nach Wiener Neudorf genommen hat sondern auf der Autobahn weitergefahren ist und schließlich bei Nickelsdorf das österreichische Staatsgebiet nach Ungarn verlassen hat. Dies ist wie oben ersichtlich am Abend des 4.2.2006 passiert.'

Im Vorlageantrag wird dazu vorgebracht, der Auskunft der ASFINAG seien unmittelbar anschließend weitere Fahrtenbewegungen dieses LKWs zu entnehmen. Demnach sei eine Fahrt vom 8.2.2006,

16.44 Uhr beginnend bei Ilz/Fürstenfeld/Sinabelkirchen bis 8.2.2006, 19.34 Uhr (Staatsgrenze Arnoldstein) aufgezeichnet worden.

Unterstelle man nun, dass diese Auskunft richtig sei, folge zwangsläufig daraus, dass die Aufzeichnungen der ASFINAG lückenhaft bzw. kein zuverlässiges Beweismittel seien.

Denn es stelle sich die Frage, warum dann das Fahrzeug zwischen 4.2.2006 und 8.2.2006 nicht erfasst worden sei. Mit einem Auslandsaufenthalt (nach Überfahren der Staatsgrenze Nickelsdorf) könne dies nur teilweise erklärt werden, weil dann noch die Frage sei, wie denn dann das Fahrzeug plötzlich auf die Strecke Ilz/Fürstenfeld/Sinabelkirchen auffahren habe können, ohne bereits vorher erfasst worden zu sein.

Laut vorgelegter 'Michelin-Routenplanung' betrage die Fahrzeit für die 135 Kilometer lange Fahrtstrecke von Wiener Neudorf nach Ilz rund 1:19 Stunden. Wenn das Fahrzeug in Ilz am 8.2.2006 um 16.44 Uhr erfasst worden sei, dann habe es problemlos am 8.2.2006 um 15.00 Uhr bei der Zollspedition D in Wiener Neudorf sein können. Da die ASFINAG LKW-Bewegungen nur auf Autobahnen, nicht aber auf Bundesstraßen erfasse, könne der LKW von Wiener Neudorf bis Ilz auf der Bundesstraße (etwa B17) gefahren sein. Die Behauptung des Zollamtes, der LKW könne nicht in Wiener Neudorf gewesen sein, sei daher unschlüssig.

Diesen Einwänden ist das Zollamt nicht substantiiert entgegen getreten. Dem Bundesfinanzgericht liegen die betreffenden ASFINAG Auskünfte vor und es ergibt daraus nicht zwingend, dass der Knoblauch nicht gestellt worden ist. Da von der ASFINAG bekanntlich nicht alle LKW-Fahrten erfasst werden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Wirtschaftsgüter am 8.2.2006 wie vorgeschrieben tatsächlich bei der österreichischen Bestimmungsstelle befunden haben.

Für eine ordnungsgemäße Beendigung des in den Niederlanden eröffneten Versandverfahrens sprechen auch die Auskünfte des Beschuldigten V. im Rahmen seiner Einvernahme am 18.8.2016 vor Organen des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt.

Dieser hat den Ablauf der verschiedenen Knoblauchlieferungen detailliert und sehr glaubwürdig geschildert. Demnach sei der aus China in Rotterdam eingelangte Knoblauch dort zunächst in Kühlhäusern eingelagert worden. Anschließend seien in den Niederlanden externe gemeinschaftliche Versandverfahren für die Beförderung nach Österreich eröffnet worden. Die Waren seien dann mittels T1 zur Zollspedition D in Wiener Neudorf geliefert worden. Dort sei durch von ihm bezahlte (zumeist aus Ungarn stammende) Helfer eine Umladung des Knoblauchs erfolgt. Die Ware sei anschließend mit anderen LKW oder mit anderen Aufliegern nach Ungarn weiterbefördert worden, obwohl sie laut Fakturen für moldawische, ukrainische oder russische Empfänger bestimmt waren. Er, V., habe Kenntnis davon gehabt, dass der Knoblauch tatsächlich nicht in Drittländer (Ukraine oder Russland) geliefert worden sei. Die Ware sei vielmehr in Ungarn verblieben und z.B. für den rumänischen Markt bestimmt gewesen.

Aus diesen Angaben, mit denen sich V. selbst belastet, erhellt, dass es zwar tatsächlich zu Malversationen im Zusammenhang mit den Knoblauchlieferungen gekommen ist, dass sich diese Zuwiderhandlungen aber mit großer Wahrscheinlichkeit zeitlich nach der Beendigung der in den Niederlanden eröffneten T1 zugetragen haben.

Dass die LKW - wie vom Zollamt behauptet - nicht nach Wiener Neudorf gefahren seien, konnte V., der laut seinen eigenen Angaben bei 90 % der in Rede stehenden Abfertigungen selbst vor Ort war, nicht bestätigen.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es angesichts dieser Beweislage als nicht mit der für die Durchführung eines Abgabenverfahrens erforderlichen Sicherheit als erwiesen, dass sich die in Rede stehenden Waren zum Zeitpunkt der Abgabe der Ankunftsanzeige körperlich nicht beim Unternehmen der Zollspedition D befunden haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass am 8.2.2006 eine Gestellung erfolgt ist, nachdem der LKW die verfahrensgegenständlichen Wirtschaftsgüter (auf welcher Route auch immer) zu den Räumlichkeiten der Zollspedition D geliefert hat.

Alleine aus dieser für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entscheidenden Feststellung folgt, dass der angefochtene Bescheid zu Unrecht ergangen ist.

Der Vollständigkeit halber wird aber dennoch auf weitere Umstände hingewiesen, die ebenso für eine Stattgabe des Beschwerdevorbringens sprechen:

2. Liegt ein zollschuldbegründendes Handeln der Zollspedition D vor?

Laut Bescheidbegründung erblickt das Zollamt die Verwirklichung des Tatbestandmerkmals des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung in dem Umstand, dass ,der ungarische Frachter nicht die vorgesehene Autobahnabfahrt nach Wiener Neudorf genommen hat sondern auf der Autobahn weitergefahren ist und schließlich bei Nickelsdorf das österreichische Staatsgebiet nach Ungarn verlassen hat.'

Diese Argumentation überzeugt nicht.

Denn dieses 'Vorbeifahren' ist - wie das Zollamt ausdrücklich festhält - am 4.2.2006 geschehen. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Frist für die (Wieder-) Gestellung der Waren noch offen. Es ist dem Warenführer nicht untersagt, innerhalb der offenen Gestellungsfrist bei der Bestimmungsstelle vorbeizufahren und die fristgerechte Gestellung später nachzuholen.

Die Bestimmungen des Art. 361 Abs. 5 ZK-DVO gestatten es dem Beteiligten vielmehr, das Versandverfahren bei einer anderen als der auf der Versandanmeldung angegebenen Stelle zu beenden, die sogar zu einem anderen Mitgliedstaat gehören darf, als die ursprünglich vorgesehene Bestimmungsstelle.

Es liegt auch keine unzulässige Änderung der verbindlichen Beförderungsstrecke (Art. 355 Abs. 2 ZK-DVO) vor, weil die Abgangsstelle eine solche nicht festgelegt hat. Ein solcher Verstoß würde im Übrigen nicht den Tatbestand des Entziehens erfüllen sondern wäre als Pflichtverletzung (und somit als Zollschuldentstehung gem. Art. 204 ZK) zu werten.

Es ist daher als zweites Zwischenergebnis festzuhalten, dass das seitens des Zollamtes der Zollspedition D bzw. deren Inhaber zur Last gelegte Handeln (das eben erwähnten 'Vorbeifahren') keine Verwirklichung des Tatbestands der Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung nach sich zieht."

4 Selbst wenn man - so das Gericht in seinen abschließenden Erwägungen - davon ausgehen wollte, dass doch keine Gestellung stattgefunden habe und es durch eine andere Handlung als dem "Vorbeifahren" zu einer Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung gekommen sei, stelle sich die Frage nach der Zuständigkeit. Gemäß Art. 215 Abs. 1 dritter Anstrich ZK entstehe bei unerledigten Zollverfahren die Zollschuld an dem Ort, an dem die Ware in das betreffende Zollverfahren (Art. 4 Nr. 16 ZK) übergeführt worden sei. Daraus folge, dass bei Zutreffen des eben dargestellten Sachverhaltes der Ort der Zollschuldentstehung als in den Niederlanden gelegen gelte, wo die verfahrensgegenständliche n Waren in das Versandverfahren übergeführt worden seien. Diese Ansicht könne sich auf die ständige Rechtsprechung des EuGH stützen. Im Streitfall bestehe daher keine Zuständigkeit der österreichischen Zollbehörden für die Festsetzung einer Zollschuld, wenn weder gesicherte Informationen hinsichtlich des Ortes, an dem die Entziehung der im Versandverfahren beförderten Erzeugnisse erfolgt sein solle, noch hinsichtlich des Verbleibs der Waren vorlägen.

Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof. 5 Die Amtsrevision des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt legt ihre Zulässigkeit vorrangig in einer wesentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Zweifel des Gerichtes über die Gestellung der Waren bei der Zollspedition D dar. Der vom Gericht aus der Aussage von V. gezogene Umkehrschluss, dass der gegenständliche LKW am zugelassenen Warenort gewesen sei, widerspreche dem Inhalt der Aussage des Beschuldigten vollkommen und sei daher untauglich. 6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Revision gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet, in deren Rahmen die Verlassenschaft nach C D eine Revisionsbeantwortung erstattete. 7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

9 Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet, und setzt einen schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze voraus (VwGH 23.8.2016, Ra 2016/16/0063, 22.10.2018, Ra 2018/16/0177, und 12.2.2019, Ra 2019/16/0015).

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (VwGH 12.2.2019, Ra 2019/16/0015).

Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Beruht die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes nicht auf einer geradezu unvertretbaren Auslegung des Inhaltes und Umfanges der Begründungspflicht, liegt eine grundlegende Verkennung tragender Verfahrensgrundsätze nicht vor (VwGH 22.11.2018, Ra 2017/15/0002, und 28.2.2019, Ra 2018/12/0023).

10 Gegenstand des Verfahrens vor dem Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt war die Festsetzung von Eingangsabgaben sowie eine Abgabenerhöhung für den Entzug der am 3. Februar 2006 in den Niederlanden in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren überführten eingangsabgabenpflichtigen Waren am darauffolgenden Tag.

Das Gericht begründete seine Zweifel an der aus seiner Sicht möglichen Lückenhaftigkeit der Daten der ASFINAG über das Bewegungsmuster des LKW's sowie aus der Aussage des -  im Rahmen eines anderen Verfahrens als Beschuldigter einvernommenen - V., der sich selbst belastet habe und aus denen erhelle, dass es zwar zu Malversationen gekommen sei, dass sich diese Zuwiderhandlungen aber mit großer Wahrscheinlichkeit zeitlich erst nach Beendigung des in den Niederlanden eröffneten externen Versandverfahrens zugetragen hätten.

11 Nach dem - gemäß § 1 Abs. 1 BAO auch in Angelegenheiten der Eingangsabgaben anwendbaren - § 167 Abs. 2 BAO hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erweisen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. etwa die in Ritz, BAO6, unter Rz. 8 zu § 167 BAO referierte Judikatur).

12 Die Amtsrevision vermag nicht näher darzulegen, inwieweit die ausführlich dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen des Gerichts, insbesondere seine Zweifel an der Lückenlosigkeit der Daten der ASFINAG, welchen allgemeinen "Denkgesetzen" oder welchem "Erfahrungsgut" widersprechen.

13 Schließlich zog das Gericht aus der Aussage von V. auch nicht den sicheren Umkehrschluss, dass die gegenständlichen Waren tatsächlich am Bestimmungsort einlangten, sondern schloss aus diesem Beweisergebnis (in Zusammenhalt mit anderen) "mit großer Wahrscheinlichkeit" darauf, dass die Waren erst nach Beendigung des verfahrensgegenständlichen externen Versandverfahrens (nach Eröffnung eines anschließenden Versandverfahrens) der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien.

14 Die vorliegende außerordentliche Amtsrevision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juli 2019

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160082.L00

Im RIS seit

07.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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