TE Vwgh Beschluss 2019/7/30 Ra 2019/20/0160

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/20/0161Ra 2019/20/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in den Rechtssachen der Revisionen 1. des A A J,

2. der S S, und 3. des M J, alle in W, alle vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 21. Dezember 2018, Zlen. 1. W248 2178322-1/19E, 2. W248 2178330- 1/18E und 3. W248 2178328-1/18E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet. Der im Jahr 1998 geborene Drittrevisionswerber ist deren gemeinsamer Sohn. Alle sind afghanische Staatsangehörige. Am 9. September 2015 stellten sie gemeinsam mit einem weiteren damals bereits volljährigen Sohn und einer volljährigen Tochter des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin jeweils Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Mit Bescheiden je vom 24. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese Anträge sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status von subsidiär Schutzberechtigten ab, sprach aus, dass den Revisionswerbern kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters legte die Behörde jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht die von den Revisionswerbern dagegen gerichteten Beschwerden nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht jeweils aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 In den Revisionen wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das BVwG sei von den aktuellen Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 abgegangen, zumal eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative nur an Orten angenommen werden könnte, an denen soziale Anknüpfungspunkte bestehen würden. Ausgenommen seien demnach nur alleinstehende leistungsfähige Männer und Paare im erwerbsfähigen Alter. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul komme nach den UNHCR-Richtlinien überhaupt nicht in Frage; in Mazar-e Sharif und Herat aber auch nicht, weil die Revisionswerber nicht zu jenen Personengruppen (alleinstehende Männer oder verheiratete Paare im arbeitsfähigen Alter) gehören würden, die auch ohne Vorliegen eines unterstützungsfähigen und -willigen Netzwerks vor Ort auf eine innerstaatliche Fluchtalternative verwiesen werden könnten. Durch die unterlassene Heranziehung der UNHCR-Richtlinien weiche das BVwG somit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das BVwG seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, seiner Entscheidung im asylrechtlichen Beschwerdeverfahren zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderberichte zugrunde zu legen. 8 Der weitere volljährige Sohn des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin bzw. der Bruder des Drittrevisionswerbers erhob mit demselben Schriftsatz und identem Vorbringen wie die Revisionswerber ebenfalls außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2018, Zl. W248 2178327-1/19W, welche zu Ra 2019/18/0139 protokolliert wurde. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2019, Ra 2019/18/0139, wurde diese Revision mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen. Aus den in diesem Beschluss genannten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, wird auch in den gegenständlichen Revisionsfällen keine entscheidungsrelevante Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan.

9 Demzufolge kommt es insbesondere auf die Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht an, weil das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von aktuellen Länderberichten und mit Blick auf ein bestehendes Unterstützungsnetzwerk durch die zahlreichen nach wie vor in Kabul lebenden Familienangehörigen die Rückkehr der Revisionswerber in die Herkunftsregion Kabul als möglich erachtete.

10 Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juli 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200160.L00

Im RIS seit

06.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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