TE Vwgh Beschluss 2019/8/5 Ra 2019/02/0103

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Veröffentlicht am 05.08.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §6
AVG §6 Abs1
AVG §71 Abs1 Z1
VwGG §24 Abs1 Z2
VwGG §46

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über den Antrag des V in N, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Stellung eines Verfahrenshilfeantrages zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 7. Februar 2019, Zl. E 003/04/2017.093/002, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom 7. Februar 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland die Beschwerde des Antragstellers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

2 Dieses Erkenntnis wurde dem Antragsteller am 15. Februar 2019 zugestellt. Ausgehend davon endete die sechswöchige Revisionsfrist gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG mit Ablauf des 29. März 2019.

3 Am 19. März 2019 brachte der Antragsteller - entgegen der Rechtsmittelbelehrung im anzufechtenden Erkenntnis - beim Bezirksgericht Eisenstadt einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision ein, welcher mit Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 21. März 2019, 2 Nc 5/19p-2, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen wurde. Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 6. Mai 2019 zugestellt.

4 Mit Schreiben vom 6. Mai 2019 stellte der Antragsteller beim Landesverwaltungsgericht Burgenland (im Folgenden: Verwaltungsgericht) einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision und für den Fall der Versäumung von Fristen einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

5 Das Verwaltungsgericht leitete den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 22. Mai 2019 an den Verwaltungsgerichtshof weiter, wo diese am 23. Mai 2019 einlangten.

6 Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 2019 wurde der Antragsteller aufgefordert, zur Frage der Rechtzeitigkeit des Verfahrenshilfeantrages und des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Stellung zu nehmen. Der Antragsteller äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 17. Juli 2019.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 VwGG über derartige Anträge entscheidet.

9 Mangels näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der über diese Anträge zu entscheiden hat (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG; vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0318; 10.9.2018, Ra 2018/19/0331, jeweils mwN). 10 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 2 AVG).

11 Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. VwGH 3.4.2018, Ra 2017/20/0415, 0416, mwN).

12 Im gegenständlichen Fall brachte der Antragsteller den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwar rechtzeitig am 6. Mai 2019 ein, nachdem er am selben Tag durch Zustellung des zurückweisenden Beschlusses des Bezirksgerichts Eisenstadt von der Unzuständigkeit dieses Gerichts Kenntnis erlangte, jedoch bei einer unzuständigen Stelle, nämlich beim Verwaltungsgericht. 13 Die Weiterleitung des Wiedereinsetzungsantrages durch das unzuständige Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof erfolgte am 22. Mai 2019 und somit erst nach Ablauf der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist. Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erweist sich damit als verspätet.

14 Soweit der Antragsteller in seiner Stellungnahme vom 17. Juli 2019 rügt, das Verwaltungsgericht habe "grob fahrlässig" den Antrag erst nach 15 Tagen weitergeleitet, ist Folgendes auszuführen:

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die in § 6 AVG normierte Pflicht der unzuständigen Stelle zur Weiterleitung von Schriftstücken an die zuständige Stelle nicht beliebig lange hinausgezögert werden. Wurde die Partei durch eine grundlose extreme Verzögerung der Weiterleitung ihres irrtümlich bei der unzuständigen Stelle eingebrachten Anbringens gehindert, die Frist einzuhalten, stellt das für die Fristversäumung letztlich kausale Fehlverhalten der betreffenden Stelle ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar. Diesfalls trifft den Antragsteller an der Versäumung der Frist kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt aber nur dann vor, wenn die Partei durch ein im Nachhinein bekannt gewordenes "krasses" Fehlverhalten der zur Weiterleitung verpflichteten Stelle an der Einhaltung der Frist gehindert wurde (vgl. erneut VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0331; 27.8.2018, Ra 2018/18/0331, jeweils mwN). 16 Nach der hg. Rechtsprechung stellt eine Fristversäumnis aufgrund einer "grundlosen extremen Verzögerung" der Weiterleitung des bei der unzuständigen Stelle eingebrachten Antrages somit einen Wiedereinsetzungsgrund dar. Ob im gegenständlichen Fall von einer derartigen "extremen Verzögerung" oder einem "krassen Fehlverhalten" des Verwaltungsgerichts im Sinne der dargestellten Judikatur auszugehen ist, kann jedoch dahinstehen, weil gemäß § 46 Abs. 6 VwGG gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages eine Wiedereinsetzung unzulässig ist. 17 Die aufgetretene Verzögerung bei der Weiterleitung geht somit zu Lasten des Antragstellers, welcher den Schriftsatz bei der falschen Einbringungsstelle eingebracht hat.

18 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen. Über den damit verbundenen Verfahrenshilfeantrag ist von der hierfür gemäß § 14 Abs. 2 VwGG zuständigen Berichterin zu entscheiden.

19 Bei diesem Ergebnis konnte von einer Aufforderung an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag dahingehend zu verbessern, dass er gemäß § 24 Abs. 2 VwGG durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen ist, abgesehen werden.

Wien, am 8. August 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020103.L00

Im RIS seit

06.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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