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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der C in H, vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günter Tews, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 20. Dezember 1995, Zl. GA 17-92/4033/09, betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug erlassenen Bescheid wurden gegenüber der Beschwerdeführerin für die Jahre 1987 bis 1989 Umsatzsteuer festgesetzt und die Einkünfte festgestellt. In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin beziehe als Fachärztin Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Gewinn werde nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt. Sie sei in HA wohnhaft, ihre Ordination befinde sich in HO. Die Ordinationsräume lägen im Erdgeschoß eines der Beschwerdeführerin gehörenden Gebäudes. Weitere im Erdgeschoß gelegene Büroräumlichkeiten seien an den Ehegatten der Beschwerdeführerin zu dessen betrieblichen Zwecken (Architekturbüro) vermietet. Aus den vorgelegten Bauplänen ergäben sich Flächen von Keller einschließlich Waschküche mit 61,82 m2, im Erdgeschoß Ordination 165,7 m2 und Architekturbüro 68,32 m2, im Obergeschoß Wohnzimmer, drei weitere Zimmer, Küche, Eßplatz, Gang, Vorraum, Bad, WC mit insgesamt 152,05 m2, Garage 24,75 m2. Bei der die Jahre 1987 bis 1989 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung sei der Prüfer zum Ergebnis gelangt, die im Obergeschoß gelegenen Räume seien dem Privatbereich zuzuordnen; die Einkünfte aus der Vermietung der Räumlichkeiten im Erdgeschoß seien der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Für die Zuordnung der im Obergeschoß gelegenen Räume zum Privatbereich seien folgende Erwägungen maßgeblich: Die Beschwerdeführerin habe bekanntgegeben, daß der im Obergeschoß gelegene, als "Personalaufenthaltsraum" bezeichnete Raum von ihren Kindern, die in HO die AHS besuchten, benützt werde; die Kinder erledigten dort ihre Schulaufgaben und hielten sich bis Ordinationsschluß dort auf. Der Raum sei mit zwei Schreibtischen, Sesseln und einem Computer ausgestattet. Das Wohnzimmer im Obergeschoß sei vollständig eingerichtet; die Ausstattung umfasse einen Holztisch, vier neue Ledersessel, Fernseher und Videogerät, Stereoanlage mit Musikkassetten und 140 Schallplatten, ein Klavier, einen offenen Kamin. Ein weiterer Raum werde als privater Abstellraum (bei der Besichtigung sei nur Kinderspielzeug vorgefunden worden), ein angrenzendes Zimmer als Schlafraum der Beschwerdeführerin verwendet. Die voll eingerichtete Küche und der Eßplatz würden nach den Angaben der Beschwerdeführerin für die Verpflegung der Kinder und für das Personal gemischt genutzt. Bad und WC seien ebenfalls dem Privatbreich zuzuordnen. Nach der Auffassung des Prüfers sei daher ein Anteil von 46,59 % an der Gesamtnutzfläche des Hauses dem Privatbereich bzw. der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Die geltend gemachten Aufwendungen und Vorsteuern seien entsprechend zu kürzen, Investitionsbegünstigungen und AfA zu berichtigen. Dem habe die Beschwerdeführerin in der Berufung entgegengehalten, schon im Planungsstadium sei die betriebliche Nutzung des gesamten Obergeschosses vorgesehen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe ihren Wohnsitz in HA und habe niemals beabsichtigt, nach HO zu übersiedeln. Die private Nutzung der im Obergeschoß gelegenen Räumlichkeiten falle kaum ins Gewicht; die in Rede stehenden Räumlichkeiten würden nahezu ausschließlich betrieblich genutzt. In den Bauplänen sei das Obergeschoß als Wohnung bezeichnet worden, weil die Beschwerdeführerin der Meinung gewesen sei, daß sie dadurch eine Wohnbauförderung erlangen könnte. Zur behaupteten betrieblichen Nutzung der Räume im Obergeschoß habe die Beschwerdeführerin dargelegt, das Personal benütze ausschließlich das WC im Obergeschoß "wegen der Infektionsgefahr". Die Küche werde vom Personal zum Kaffeekochen, Aufwärmen des Mittagessens und Zubereitung kleiner Imbisse benutzt. Ebenso würden Bad und Aufenthaltsraum vom Personal benutzt. In dem vom Prüfer als Wohnzimmer bezeichneten Raum erfolge die psychologische Betreuung der Patientinnen und sogenannte Sterilitätsbehandlungen. Um derartige Behandlungen erfolgreich durchführen zu können, müsse eine sterile Ordinationsatmosphäre vermieden werden, der Raum solle daher nicht auf den ersten Blick als Ordinationsraum erkennbar sein. Die vom Prüfer vorgefundenen Babyspielsachen würden nicht von den Kindern der Beschwerdeführerin, die die 4. bzw. 6. Klasse AHS besuchten, benützt, sondern von den Kindern der Patientinnen. Nach eingehenden Hinweisen auf den Verfahrensgang und auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie wörtlicher Wiedergabe der Zeugenaussagen legte die belangte Behörde sodann unter anderem dar, der Betrieb der Beschwerdeführerin stehe in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb ihres Ehegatten. Es sei kein betriebsbedingtes Interesse am Mietverhältnis erkennbar. Der in Rede stehende Gebäudeteil sei somit dem sonstigen Privatvermögen der Beschwerdeführerin zuzuordnen. Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Zuordnung der im Obergeschoß gelegenen Räumlichkeiten angehe, käme es nicht auf die im Planungsstadium verfolgte Absicht an. Das Obergeschoß eigne sich auf Grund seiner Lage (räumliche Trennung vom Betriebsbereich durch separaten Eingang und Stiegenhaus), seine Beschaffenheit, Ausstattung und Zweckbestimmung durchaus als Wirtschaftsgut des privaten Bedarfes. Die Einrichtungsgegenstände ließen keinen Bezug zum Betrieb der Beschwerdeführerin als Fachärztin für Gynäkologie erkennen. Es handle sich bei den strittigen Räumen, die insgesamt nahezu das Flächenmaß der Ordinationsräume erreichten, jedenfalls nicht um solche, die von vornherein nur eine betriebliche Nutzung im Rahmen der ärztlichen Praxis zuließen. Die Beschwerdeführerin habe mehrfach betont, daß die Räumlichkeiten nahezu ausschließlich betrieblich genutzt würden und die private Nutzung (Wartezeit der Kinder) demgegenüber kaum ins Gewicht falle bzw. jedenfalls unter 20 % liege. Den (im einzelnen wiedergegebenen) Zeugenaussagen sei jedoch nicht zu entnehmen, daß die Räumlichkeiten ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich betrieblich verwendet worden wären. Vielmehr sei ihnen zu entnehmen, daß eine Benutzung der Räumlichkeiten durch das Personal nicht häufig erfolgt sei. Für die Benutzung durch Patientinnen seien die Räumlichkeiten nur im Ausnahmefall plötzlicher Übelkeit offengestanden, wobei festzuhalten sei, daß keine der Ordinationshilfen habe angeben können, ob dies überhaupt vorgekommen sei. Insbesondere Küche, Eßplatz und WC seien aber fallweise vom Personal benutzt worden; allerdings habe diese Nutzung keinesfalls in einem ausschließlichen bzw. nahezu ausschließlich betrieblich veranlaßten Umfang stattgefunden. Die Behauptungen der Beschwerdeführerin, wonach sowohl sie selbst als auch das Personal ausschließlich das WC im Obergeschoß verwendet hätten und die nach Arbeitnehmerschutzvorschriften vorgeschriebenen Waschgelegenheiten, Klosett, Umkleide- und Aufenthaltsräume im Erdgeschoß nachweislich nicht zur Verfügung stünden, seien durch im einzelnen wiedergegebene Beweisergebnisse widerlegt. Daraus ergebe sich, daß das Personal lediglich gelegentlich das WC im Obergeschoß benützt hätte. Auch aus den Aussagen betreffend die Küchenbenützung durch Personal der Beschwerdeführerin (fünf bis sechsmal im Monat) sei zu entnehmen, daß von einer ausschließlichen oder nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung des Obergeschoßes keine Rede sein könne. Auch die Nutzung des Wohnzimmers zu den "Sterilitätsbehandlungen" könne in zeitlicher Hinsicht und in Anbetracht des Umstandes, daß lediglich 20 Ehepaare pro Jahr behandelt würden, nur ein untergeordnetes Ausmaß darstellen. Eine überwiegende betriebliche Nutzung der Räumlichkeiten sei somit nicht glaubhaft gemacht worden. Allerdings sei auch die private Nutzung der Räumlichkeiten nur im bescheidenen Umfang erfolgt (gelegentlich durch die Beschwerdeführerin, rund achtmal monatlich stundenweise durch die Kinder der Beschwerdeführerin ). Auch von einem Überwiegen der privaten Nutzung könne somit nicht gesprochen werden. Vielmehr habe die Nutzung der Räumlichkeiten im Obergeschoß für private und betriebliche Zwecke in annähernd demselben zeitlichen Ausmaß stattgefunden, weshalb eine Aufteilung 50:50 den tatsächlichen Verhältnissen am ehesten entspräche. Unter Bedachtnahme auf diese Aufteilung und das Verhältnis der Nutzflächen der Räumlichkeiten im Obergeschoß sowie der vermieteten Räumlichkeiten zur Gesamtnutzfläche seien 30,5 % des Gebäudes aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht verletzt, daß das gesamte Gebäude steuerlich als Betriebsvermögen behandelt werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Hinblick auf den soeben wiedergegebenen Beschwerdepunkt hat sich die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Frage zu beschränken, ob dieser die Beschwerdeführerin im geltend gemachten Recht verletzt; eine solche Rechtsverletzung zeigt die Beschwerde indes nicht auf.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 kann nur notwendiges Betriebsvermögen Berücksichtigung finden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, Zl. 93/13/0267).
Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut zum notwendigen Betriebsvermögen zählt, ist im allgemeinen für das Wirtschaftsgut als Ganzes zu beurteilen; es ist entweder zur Gänze dem Betriebsvermögen oder zur Gänze dem Privatvermögen zuzurechnen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. Juli 1997, Zl. 93/14/0062). Wird ein Wirtschaftsgut sowohl betrieblich als auch privat genutzt, führt überwiegende betriebliche Nutzung grundsätzlich zu notwendigem Betriebsvermögen, überwiegende private Nutzung grundsätzlich zu Privatvermögen (vgl. z.B. Doralt-Ruppe, Steuerrecht I6, 82 mwN).
Bei gemischt genutzten Liegenschaften bzw. Gebäuden kann hingegen eine anteilsmäßige Zurechnung zum Betriebs- bzw. Privatvermögen Platz greifen. Werden einzelne bestimmt abgegrenzte Grundstücks(Gebäude-)Teile betrieblich, andere hingegen privat genutzt, ist das Grundstück (Gebäude) in einen betrieblichen und in einen privaten Teil aufzuteilen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 9. Mai 1995, Zl. 94/14/0151, und vom 29. Juni 1995, Zl. 93/15/0110).
Die Aufteilung ist nicht vorzunehmen, wenn der betrieblich oder privat genutzte Teil von untergeordneter Bedeutung ist; untergeordnete Bedeutung wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Regel dann angenommen, wenn die betreffende Nutzfläche 20 % der Gesamtnutzfläche des Gebäudes nicht überschreitet (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 18. Jänner 1983, Zl. 82/14/0100, vom 19. September 1989, Zl. 88/14/0172, und vom 29. Juli 1997, Zl. 93/14/0062). Werden hingegen dieselben Grundstücks-(Gebäude-)Teile zeitlich abwechselnd teils betrieblich, teils privat genutzt, ist ebenfalls auf das Überwiegen abzustellen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 12. November 1985, 85/14/0114, und vom 19. September 1989, Zl. 88/14/0172).
Aus den dargelegten Grundsätzen über die Zurechnung von Gebäudeteilen zum Betriebs- bzw. Privatvermögen folgt, daß eine Verletzung im ausschließlich geltend gemachten Recht auf Zurechnung des Gebäudes zum Betriebsvermögen zu 100 % im Beschwerdefall nur dann vorläge, wenn das gesamte Gebäude ausschließlich oder (in Ansehung einzelner Gebäudeteile) wenigstens überwiegend betrieblich (für den Betrieb der Beschwerdeführerin als Fachärztin) benützt worden oder der Anteil nicht überwiegend betrieblich genutzter Gebäudeteile im Verhältnis zum gesamten Gebäude von untergeordneter Bedeutung wäre. Daß der Fall so läge, zeigt die Beschwerde indes nicht auf.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 13. Dezember 1989, Zl. 85/13/0041, vom 3. April 1990, Zl. 87/14/0122, und vom 9. Mai 1995, Zl. 94/14/0151) gehören vermietete Wirtschaftsgüter nur dann zum notwendigen Betriebsvermögen des Betriebes des Vermieters, wenn die Vermietung diesem Betrieb dient, somit im wirtschaftlichen Zusammenhang mit jenen Aktivitäten steht, die den Betriebsgegenstand bilden. Dies ist dann der Fall, wenn die Vermietung der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit des Vermieters förderlich ist. Selbst die Beschwerde behauptet nicht, daß die soeben dargelegten Voraussetzungen der Zurechnung zum Betriebsvermögen des Betriebes der Beschwerdeführerin hinsichtlich des an den Ehegatten der Beschwerdeführerin vermieteten Gebäudeteiles, den die belangte Behörde mit 14,44 % des gesamten Gebäudes veranschlagte, vorliegen; im erwähnten Zusammenhang wird somit keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt.
Ebensowenig zeigen die Darlegungen der Beschwerde auf, daß eine Zurechnung der im Obergeschoß gelegenen Räume zum Betriebsvermögen wegen deren überwiegend betrieblicher Nutzung geboten gewesen wäre. Zwar werden im Zusammenhang mit den Feststellungen der belangten Behörde, die den Umfang der privaten und betrieblichen Nutzung der in Rede stehenden Räume betreffen, Verfahrens- und Feststellungsmängel geltend gemacht; es fehlt jedoch eine Darlegung der Relevanz dieser Mängel, weil nicht aufgezeigt wird, zu welchen konkreten Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel hätte gelangen können, auf deren Grundlage sie von einer überwiegend betrieblichen Nutzung der Räume hätte ausgehen können.
Ebensowenig zielführend sind die Darlegungen der Rechtsrüge, wonach "die private Nutzung durch die Kinder der Beschwerdeführerin
... einen winzigen Teil einer auch steuerlich immer wieder diskutierten doppelten Haushaltsführung darstellt", weil - so die Beschwerde sinngemäß - auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse, die die Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung verwirklichten, die Benutzung der Räume durch die Kinder als beruflich veranlaßt anzuerkennen sei.
Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um die Frage, ob bestimmte Aufwendungen, etwa aus einer "doppelten Haushaltsführung" resultierende, beruflich (betrieblich) veranlaßt sind; vielmehr geht es bei der Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen um die Frage, ob das Wirtschaftsgut dem Betrieb dient. Ob dies im Zusammenhang mit einer konkreten Verwendung von Gebäudeteilen der Fall ist, hängt nicht davon ab, ob (abstrakt) die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorlägen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150051.X00Im RIS seit
20.11.2000