TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/24 G310 2173724-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9

Spruch

G310 2173724-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Dr. XXXX, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 18.01.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 02.10.2017, Zl. XXXX, wurde unter anderem der Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde und legte im Beschwerdeverfahren eine Heiratsurkunde vor, wonach am 14.12.2018 die Eheschließung erfolgt ist.

Der anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 28.01.2019 blieb der BF trotz ordnungsgemäßer Ladung fern. Mit der am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündetem Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am 18.12.2018 stellte der BF beim BFA einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs 2 AsylG. Daraus geht unter anderem hervor, dass der BF seit 14.12.2018 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist, als unterhaltspflichtige Person wurde sein Schwiegervater angeführt, Deutschkenntnisse seien ein bisschen vorhanden und habe der BF eine Beschäftigungszusage. Angaben zum Bestehen eines Privat- und Familienlebens in Österreich sowie sonstige Integrationsgründe wurden nicht vorgebracht, obwohl in dem vom BF ausgefülltem Formular dazu explizit Möglichkeit geboten wurde. Vorgelegt wurden zudem eine Beschäftigungszusage einer Exportfirma, ein Auszug aus dem Geburtenbuch des Standesamts XXXX, Kopien des Personalausweises und des Reisepasses des BF sowie die Heiratsurkunde.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag vom 18.12.2018 gemäß § 58 Abs 10 AsylG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen den gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV). Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass seit der Vorentscheidung keine relevante Sachverhaltsänderung eingetreten sei, zumal seitdem nur ein kurzer Zeitraum vergangen sei. Die Beschäftigungszusage sei zu einem unsicheren Zeitpunkt seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erfolgt. Auch habe dem BF bewusst sein müssen, dass er sein Familienleben nicht dauerhaft im Bundesgebiet fortsetzen werde können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert habe, dass eine erneute Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich wäre.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Verfahrensgang richtig dargestellt worden sei. Die Ehegattin des BF, eine österreichische Staatsbürgerin, beziehe Pflegegeld der Stufe 3, leide an Herzproblemen (Herzklappe) und sei auch geistig behindert. Es bestehe eine Sachwalterschaft für die Ehefrau des BF. Verwiesen wurde erneut auf die Beschäftigungszusage sowie darauf, dass der BF Mitglied in einem Tennisverein sowie seit 09.05.2019 Mitglied in einem Dorferneuerungsverein in XXXX sei. Auch besuche er derzeit einen Deutschkurs, welcher bis Mitte Juni 2019 laufe und werde der BF die Deutschprüfung A1 ablegen und ein entsprechende Deutschzeugnis vorlegen. Beantragt werde, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem BF einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 21.05.2019 vorgelegt.

Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Hat die belangte Behörde (wie hier) einen Antrag zurückgewiesen, so ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).

Anträge gemäß § 55 AsylG sind gemäß § 58 Abs 10 AsylG als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt in diesem Sinn liegt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art 8 EMRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung gemäß § 58 Abs 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Vor diesem Hintergrund kann das in der Beschwerde erstattete Vorbringen hinsichtlich der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung der Ehegattin des BF nicht von vornherein als bedeutungslos für eine Neubewertung im Sinne des Art 8 EMRK betrachtet werden. Die Eheschließung allein wurde zwar bereits im Vorfahren berücksichtigt, nicht jedoch die nun in der Beschwerde neu hinzugetretenen Faktoren.

Dazu ist anzumerken, dass gemäß § 20 Abs 3 BFA-VG 2014 dessen Abs 1, der ein beschränktes Neuerungsverbot für Beschwerden gegen Entscheidungen des BFA normiert (Hinweis B des VwGH 29.07.2015, Ra 2015/18/0036), bei Beschwerden gegen Entscheidungen auf Grund eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 - dort befindet sich § 55 AsylG - nicht anzuwenden ist (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Bei einer Gesamtbetrachtung der dargestellten Umstände ist eine abweichende Beurteilung nach Art. 8 EMRK im vorliegenden Fall nicht jedenfalls ausgeschlossen und erwies sich eine Zurückweisung nach § 58 Abs 10 AsylG daher als unzulässig und war deshalb in Stattgebung der Beschwerde der Bescheid zu beheben.

Für das vom BFA in weiterer Folge fortzusetzende Verfahren ergibt sich, dass durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Sache der verfahrensgegenständliche Antrag des BF wieder unerledigt ist und über diesen neuerlich meritorisch abzusprechen ist (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0314).

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Im gegenständlichen Fall ergibt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig aus der Aktenlage.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der Entscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2173724.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten