Entscheidungsdatum
06.06.2019Norm
AuslBG §12Spruch
W151 2207386-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Schwarz, Schönherr Rechtsanwälte KG, Parkring 12, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 01.10.2018 betreffend Mitteilung gemäß § 20c Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , iranischer Staatsangehöriger (im Folgenden Beschwerdeführer oder BF), stellte am 12.12.2016 bei der österreichischen Botschaft in XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsvisums zur Arbeitssuche gemäß § 24 a Fremdenpolizeigesetz (FPG). Dem Antrag beigelegt war ein Konvolut von Unterlagen. Der Antrag wurde am 13.12.2016 dem Arbeitsmarktservice Wien (in der Folge "AMS") weitergeleitet.
2. Mit Schreiben vom 07.03.2017 teilte die Landesgeschäftsstelle des AMS Wien der österreichischen Botschaft in XXXX folgendes mit:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
die Landesgeschäftsstelle des AMS Wien übermittelt die negative Stellungnahme betreffend Herrn XXXX .
Herr XXXX erfüllt nach den übermittelten Unterlagen die Zulassungskriterien gemäß der gesetzlichen Vorgaben des § 12 AuslBG/Anlage A nicht, siehe Anhang.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesgeschäftsführerin
..."
3. Mit einer Stellungnahme und zugleich mit einem als "Beschwerde" bezeichneten Schriftsatz vom 11.07.2018 richtete sich der Beschwerdeführer gegen die negative Stellungnahme des AMS vom 07.03.2017.
Zur Anfechtbarkeit der Stellungnahme der belangten Behörde führte der BF im Wesentlichen aus, durch die nach § 24a FPG zu erstellende Mitteilung nehme die Behörde eine rechtliche Beurteilung vor, die als Tatbestandsvoraussetzung dem Visaverfahren - im Sinne einer endgültig entschiedenen Vorfrage - zugrunde gelegt werde. Eine inhaltliche Prüfung durch die Vertretungsbehörde sei nicht vorgesehen. Damit sei der Rechtsakt des AMS eine hoheitliche Erledigung einer Verwaltungsbehörde, die individuelle Rechtsverhältnisse verbindlich gestalte und festlege. Es handle sich damit um einen Bescheid im Sinne des Art. 130 B-VG.
4. Mit dem auf § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm.
§ 11 VwGVG und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) gestützten Bescheid vom 01.10.2018 wies das AMS das Anbringen des BF vom 11.07.2018 als unzulässig zurück.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Verfahren nach § 20c AuslBG nicht vorgesehen sei, dass die Landesgeschäftsstelle des AMS bescheidmäßig über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 AuslBG abspreche. Die Mitteilung des AMS vom 07.03.2017 stelle daher keinen Bescheid dar und sei eine dagegen gerichtete Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
5. Dagegen richtete sich der BF mit einem als Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG bezeichneten Anbringen und führte aus, der Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018 sei als Beschwerdevorentscheidung anzusehen, da auf einen bereits ergangenen Bescheid durch die gleiche Behörde nicht um einen neuerlichen Bescheid durch die gleiche Behörde ergehen könne. Die Behörde stütze sich im Spruch zudem selbst auf § 14 Abs. 1 VwGVG. Die Beschwerdevorentscheidung sei auch nicht rechtzeitig erlassen worden, da die Frist gemäß § 20g Abs. 3 AuslBG nicht gewahrt worden sei. Zum Vorliegen eines anfechtbaren Bescheides wurde im Wesentlichen das bereits im Schriftsatz vom 11.07.2018 vorgebrachte wiederholt.
6. Einlangend am 11.10.2018 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF stellte am 12.12.2016 bei der österreichischen Botschaft in XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsvisums zur Arbeitssuche. Der Antrag wurde am 13.12.2016 dem Arbeitsmarktservice Wien (in der Folge "AMS") weitergeleitet.
Das Schreiben der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien vom 07.03.2017, mit der diese mitteilte, dass der BF nach den übermittelten Unterlagen die Zulassungskriterien nach § 12 AuslBG nicht erfülle, stellt keinen Bescheid dar und ist nicht selbstständig anfechtbar.
Im Verfahren gemäß § 20c AuslBG ist eine bescheidmäßige Erledigung durch das AMS nicht vorgesehen. Der Bescheid vom 01.10.2018, mit dem das AMS das als Beschwerde bezeichnete Anbringen des BF vom 11.07.2018 als unzulässig zurückwies, ist daher rechtskonform.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
Artikel 130 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) idgF:
"Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
(Anm:: Z 4 aufgehoben durch Art. 1 Z 13, BGBl. I Nr. 138/2017)
..."
§ 20c Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idgF:
"Aufenthaltsvisum zur Arbeitsuche für besonders Hochqualifizierte
§ 20c. (1) Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (Zentrale Ansprechstelle) hat vor Erteilung eines Aufenthaltsvisums zur Arbeitsuche die gemäß § 24a FPG vorgelegten Dokumente zu prüfen und der Vertretungsbehörde mitzuteilen, ob der Antragsteller die Voraussetzungen des § 12 iVm Anlage A erfüllt."
§ 24a Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) idgF:
"Sonderbestimmungen zur Erteilung von Visa zum Zweck der Arbeitssuche
§ 24a. (1) Die Vertretungsbehörde kann einem Fremden auf Antrag ein Aufenthaltsvisum mit sechsmonatiger Gültigkeitsdauer zum Zweck der Arbeitssuche im Bundesgebiet erteilen, wenn 1. die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und 2 vorliegen und
2. die Zentrale Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice mitgeteilt hat, dass die Kriterien gemäß § 12 iVm Anlage A AuslBG erfüllt sind.
(2) Der Fremde hat bei Antragstellung, die von ihm vorgebrachten Kriterien gemäß § 12 iVm Anlage A AuslBG genau zu bezeichnen und durch Vorlage von Dokumenten nachzuweisen. Bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und 2 hat die Vertretungsbehörde die Dokumente zum Nachweis der Kriterien gemäß § 12 iVm Anlage A AuslBG an die Zentrale Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice weiterzuleiten.
(3) Das Verfahren gemäß Abs. 1 ist einzustellen, wenn der Fremde trotz Aufforderung und Setzung einer angemessenen Nachfrist die Behebung eines Mangels der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 oder 2 nicht vornimmt.
(4) Teilt die Zentrale Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice mit, dass die in § 12 iVm Anlage A AuslBG vorausgesetzten Kriterien nicht vorliegen, ist der Antrag zurückzuweisen.
(5) Wurde dem Fremden ein solches Visum bereits erteilt, ist ein neuerlicher Antrag erst zwölf Monate nach seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet zulässig.
(6) ..."
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die Beschwerde gegen die gegenständliche Mitteilung des AMS gemäß § 20c AuslBG iVm. § 24a FPG vom 07.03.2017 stützt ihre Berechtigung im Kern auf die Argumentation, durch die nach § 24a FPG zu erstellende Mitteilung durch das AMS nehme die Behörde eine rechtliche Beurteilung vor, die als Tatbestandsvoraussetzung dem Visaverfahren - im Sinne einer endgültig entschiedenen Vorfrage - zugrunde gelegt werde. Eine inhaltliche Prüfung durch die Vertretungsbehörde sei nicht vorgesehen. Damit sei der Rechtsakt des AMS eine hoheitliche Erledigung einer Verwaltungsbehörde, die individuelle Rechtsverhältnisse verbindlich gestalte und festlege. Es handle sich damit um einen Bescheid im Sinne des Art. 130 B-VG. Mit gegenständlich bekämpften Bescheid der belangten Behörde wurde dieses als Beschwerde bezeichnete Schreiben als unzulässig zurückgewiesen, da die Mitteilung des AMS keinen Bescheid darstelle und der Beschwerde somit kein anfechtbarer Bescheid zu Grunde liege.
Gegenstand des Verfahrens beim Bundesverwaltungsgericht ist somit die Frage, ob die Zurückweisung der Beschwerde durch die belangte Behörde zu Recht erfolgt.
Der belangten Behörde ist zu folgen und wird hierzu ausgeführt:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt Bescheidqualität nur normativen, also entweder rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Akten zu, mit denen die Behörde eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Es muss aus der Erledigung die Absicht der Behörde erkennbar sein, mit diesem Verwaltungsakt über individuelle Rechtsverhältnisse oder über ein Parteibegehren rechtsverbindlich abzusprechen. Bloße Mitteilungen, die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung gewertet werden (VwGH 11.12.2009, 2009/17/0221 unter Hinweis auf VwGH 15.04.1994, 93/17/0329 mwN; Beschluss des VwGH vom 15.12.2003, 2002/17/0316).
Der BF verweist in diesem Zusammengang auf die Erläuternden Bemerkungen zur RV zu BGBl I. 2011/38 (1078 dB XXIV GP, 25). Diesen ist zu entnehmen, dass der zuständigen Vertretungsbehörde in der Frage des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Kriterien gemäß § 12 iVm. Anlage A AuslBG kein eigener Beurteilungsspielraum zukommt:
"Ein Antrag ist gemäß Abs. 4 zurückzuweisen, wenn die Zentrale Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice mitteilt, dass die Kriterien gemäß § 12 iVm Anlage A AuslBG nicht vorliegen. Damit wird deutlich, dass die Vertretungsbehörde keine inhaltliche Entscheidung über das Vorliegen der Kriterien gemäß § 12 iVm Anlage A AuslBG zu treffen hat, sondern diese lediglich durch die Zentrale Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice zu prüfen und zu beurteilen sind. Die Mitteilung der Zentralen Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice ist für die Vertretungsbehörde bindend und hat daher die Vertretungsbehörde bei negativer Entscheidung den Antrag lediglich zurückzuweisen. [...]"
Dass aus dieser bindenden Wirkung der Mitteilung des AMS für die Entscheidung der zuständigen Vertretungsbehörde bereits normative Wirkung abgeleitet werden kann, ist für das erkennende Gericht jedoch nicht zu erkennen:
Im Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltsvisums zur Arbeitssuche prüft die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien anhand der vorgelegten Unterlagen, ob der Antragsteller die erforderliche Mindestpunkteanzahl gemäß Anlage A erreicht. Ist das der Fall, hat sie der Vertretungsbehörde schriftlich mitzuteilen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen des § 12 iVm. Anlage A erfüllt. Werden die erforderlichen Mindestpunkte nicht erreicht, teilt die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien dies der zuständigen Vertretungsbehörde unter Angabe der erreichten Punkte schriftlich mit. Die Vertretungsbehörde weist dann den Antrag gemäß § 24a Abs. 4 FPG zurück.
Dagegen kann binnen vier Wochen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (§ 9 Abs. 3 FPG). Die Landesgeschäftsstelle Wien hat im Beschwerdeverfahren keine Parteistellung (§ 21 VwGG) und kann dementsprechend auch gegen Erkenntnisse, mit denen über die Kriterien in Anlage A abgesprochen wird, keine Amtsrevision erheben (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschaftigungsgesetz², §20c Rz 4 bis 6).
Im Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltsvisums zur Arbeitsuche für besonders Hochqualifizierte obliegt es damit gemäß § 24a FPG der zuständigen Vertretungsbehörde, über die Erteilung des Aufenthaltsvisums bescheidmäßig abzusprechen. Die gemäß § 24a Abs. 1 Z 2 bzw. § 20c AuslBG durch die zentrale Ansprechstelle des AMS vorzunehmenden (positive) Prüfung der Kriterien gemäß § 12 iVm. Anlage A AuslBG stellt neben dem Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und 2 FPG eine weitere Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltsvisums dar. Bei dieser Prüfung handelt es sich um ein reines Formalverfahren, das in einer Mitteilung des Prüfungsergebnisses an die entscheidende Behörde resultiert, einer selbstständigen bescheidmäßigen Erledigung durch das AMS jedoch nicht zugänglich ist. Die Prüfung durch die Landesgeschäftsstelle des AMS kann somit erst im Rahmen der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der zuständigen Vertretungsbehörde angefochten werden.
Dies wird nicht zuletzt auch durch die EB zu RV zu BGBl I. 2011/25 (1077 dB. XXIV GP, 14) zu § 12d Abs. 1 AuslBG verdeutlicht, der bis zum Inkrafttreten des § 20c AuslBG mit 01.01.2014 im Wesentlichen gleichlautend das Verfahren der Erteilung des Aufenthaltsvisums zur Arbeitssuche regelte:
"Das Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte ist in § 12d Abs. 1, 3 und 4 iVm § 24a FPG und § 41 Abs. 1 NAG geregelt. Die Vertretungsbehörde im Ausland (Botschaft, Konsulat) hat die vom Visumwerber vorgelegten Unterlagen an die als zentrale Ansprechstelle eingerichtete Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien weiterzuleiten, die anhand dieser Unterlagen die in Anlage A definierten Kriterien prüft. [...] Die Beurteilung der Voraussetzungen durch das Arbeitsmarktservice erfolgt in Form einer Mitteilung an die Vertretungsbehörden und stellt keinen Bescheid dar."
Die Materialien zu den für das Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte einschlägigen Normen des AuslBG stellen damit unmissverständlich klar, dass die nach § 20c AuslBG iVm. § 24a FPG von der zentralen Ansprechstelle des Arbeitsmarktservice zu erstatteten Mitteilung nicht als Bescheid zu qualifizieren ist. Eine Auslegung dergestalt, dass im Hinblick auf die Bindungswirkung des Prüfungsergebnisses für die Entscheidung der Vertretungsbehörde einer solchen Mitteilung dennoch Bescheidwirkung zukommt, ist weder mit dem Wortlaut der einschlägigen Normen, noch mit dem ausdrücklich in den Materialien dokumentierten Zweck des Prüfverfahrens in Einklang bringen.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Behörde auch im Hinblick auf Inhalt und Form des gegenständlichen Schreibens in keinster Weise die Absicht unterstellt werden kann, bereits mit verbindlicher Wirkung über den vorliegenden Sachverhalt abzusprechen.
Unter diesen Erwägungen ist damit fallbezogen festzustellen, dass dem Schreiben der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien vom 07.03.2017, mit der sie der Vertretungsbehörde mitteilte, dass der BF nicht die Voraussetzungen des § 12 AuslBG erfüllt, keine Bescheidqualität zukommt und damit nicht selbstständig anfechtbar ist.
Da der Beschwerde somit kein anfechtbarer Bescheid zu Grunde liegt, hat die belangte Behörde sie rechtskonform als unzulässig zurückzuweisen und war die Beschwerde des BF vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.
Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).
Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheidqualität, Mitteilung, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W151.2207386.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.08.2019