TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/25 W247 2158835-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W247 2158820-1/17E

W247 2158830-1/12E

W247 2158822-1/8E

W247 2158826-1/8E

W247 2158835-1/8E

W247 2158834-1/8E

W247 2158827-1/8E

W247 2158817-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

8.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1 bis BF8) sind russische Staatsangehörige und der tschetschenischen Volksgruppe, sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der minderjährigen Drittbis Achtbeschwerdeführer (BF3 bis BF8). Die BF2 ist gesetzliche Vertreterin der BF3 bis BF8.

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1 bis BF7) reisten spätestens am 02.12.2014 schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und der BF1 und die BF2 stellten am selben Tag für sich bzw. die minderjährigen BF3 bis BF7 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der BF1 und die BF2 am 04.12.2014 vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurden. Nach Zulassung ihrer Verfahren wurden die Genannten am 23.09.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion XXXX , jeweils im Beisein eines den Beschwerdeführern einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen. Der BF8 wurde am

XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellte dieser durch seine Eltern als gesetzliche Vertreter am 09.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens.

2.1. Der BF1 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung hinsichtlich seiner Fluchtgründe vor, dass er seit 5 Jahren als Autohändler in Grosny selbständig tätig gewesen wäre. Vor ca. einem Jahr hätten unbekannte Leute von ihm einen Porsche für 1,2 Mio. russische Rubel gekauft und hätten ihm dafür kein Geld gegeben. Vor 6 Monaten hätten 4 Leute in Militäruniform bei ihm vier Mercedes bestellt. Er habe diese Fahrzeuge dann von Moskau abgeholt und diesen Leuten gegeben. Sie hätten ihm gesagt, dass er das Geld später bekommen würde. Bis jetzt habe er das Geld nicht erhalten. Vor ca. 2 Monaten sei er auf der Straße von Grosny von bewaffneten Leuten, die mit 6 Fahrzeugen unterwegs gewesen seien, festgenommen worden. Sie hätten ihn in ein Haus gebracht und ihn dort eine Woche festgehalten. Sie hätten von ihm USD 50.000,- verlangt. Er glaube, dass dies die Mafia gewesen wäre, die von ihm einfach Geld gewollt habe. Er habe bei sich USD 5.000,- gehabt und hätten sie dieses Geld ihm einfach abgenommen. Während dessen hätten sie ihn auch geschlagen. Sie hätten ihn frei gelassen, damit er das Geld organisieren würde. Außerdem hätten sie ihm damit gedroht, dass er mit seiner Familie umgebracht würde, sollte er das Geld nicht bringen. Aus Angst um sein Leben habe er das Land verlassen. Bei Rückkehr in seine Heimat habe er Angst um sein Leben und das seiner Familie.

2.2. Die BF2 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe vor, dass ihr Mann die Fluchtgründe wüsste. Sie könne nichts darüber angeben, da er ihr nichts erzählt habe. Sie habe ihren Mann einfach nur begleitet. Sie selbst habe keine Fluchtgründe.

3.1. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 23.09.2015 gab der BF1 auf die Frage nach seinen Fluchtgründen zusammenfassend an, das Ganze habe 2013 mit dem Ukrainekonflikt begonnen. Zuerst habe man nur Freiwillige hingeschickt, so habe es der BF1 gehört. Diese hätten 200.000 Rubel Gehalt erhalten. Danach habe man angefangen Militärangehörige unfreiwillig in die Ukraine zu schicken, weil viele nicht kämpfen hätten wollen. Man habe gesagt, alle Beamten hätten ein Ansuchen stellen sollen, als ob sie in die Ukraine reisen wollten, um dort für Ordnung zu sorgen. Man habe gesagt, es sei eine Anordnung Putins gewesen. Der BF1 habe sich geweigert, ein solches Ansuchen zu schreiben. Er sei kein Soldat Putins. Dann sei er geschlagen worden, man habe dem BF1 die Nase gebrochen und man habe ihn mit einem Gewehrkolben über dem rechten Auge auf die Stirnseite geschlagen habe. Er habe sich gewehrt, dann habe man auf ihn geschossen. Man könne die Schussspuren an der linken Handfläche noch sehen. Auch könne man sein Kiefer klappern hören, da es beschädigt worden sei und es hänge sich manchmal aus. Von jeder Polizeiabteilung hätten 20 bis 30 Personen in eine Art Dienstreise in die Ukraine fahren müssen. Falls man gefangengenommen werde, sollte man sagen, dass man Freiwilliger sei. Falls man dort getötet werde, würde man begraben und die Leiche nicht nach Tschetschenien überstellt. Nachgefragt, hätte der BF1 dieses Ansuchen im Juli 2014 unterschreiben sollen. Konkret habe sein Vorgesetzter, XXXX , der Cousin des Präsidenten, zu allen Mitarbeitern bei einer Versammlung gesagt, dass alle das Ansuchen unterschreiben sollten. Der BF1 habe seinem Vorgesetzten dann gesagt, dass er das Ansuchen nicht stellen werde. Dieser habe ihn daraufhin angeschrien und den Befehl gegeben, dass der BF1 verhaftet und inhaftiert werde. Als er sich wehren habe wollen, sei er geschlagen worden. Er habe sich dann für etwa eine Woche in seiner Arbeitsstelle in einer Art Zelle befunden. Er sei enthaftet worden, indem er dem Mann, der ihn bewacht habe, USD 5.000- gezahlt habe. Dieser Mann sei ein Mitarbeiter seiner Abteilung gewesen. Er sei dann von einem Freund, namens XXXX , zu welchem er gegangen sei, nach Inguschetien gebracht worden. Weder der Nachname, noch die Adresse des Freundes XXXX wisse der BF1, könne sein Haus aber visuell finden. Es befinde sich im Bezirk XXXX . Auf Nachfrage habe der BF1 erzählt, dass er seiner Frau erst in Österreich von dem Vorfall erzählt habe, da er Angst gehabt habe, dass sie einen Nervenzusammenbruch erleiden würde. Bei Rückkehr in die Heimat würde der BF1 befürchten auf jeden Fall als Staatverräter eingesperrt zu werden. Er könne auch getötet werden.

3.2. Die BF2 gab im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am selben Tag zusammengefasst an, dass Männer in Uniform ein paar Mal im Juli 2014 zu ihnen gekommen seien. Einmal sei ihr Mann mit einem Gewehrkolben geschlagen und mit Füssen getreten worden, er wäre danach mitgenommen worden. Sie und die Kinder seien dabei ins Schlafzimmer geschoben worden, damit sie sich die Gesichter nicht merken würden. Die zweite Tochter Rajana habe zugeschaut, wie der BF1 geschlagen worden sei und bekomme deshalb oft Ausschläge. Seitdem habe der BF1 selten zu Hause übernachtet. Ihr Mann habe der BF2 gesagt, dass er für die Leute ein Staatsverräter sei. Ihr habe er gesagt, dass sie sagen sollte, dass sie nichts von seinem Verbleib wüsste, wenn man sie fragen sollte. Der BF1 habe oft nicht einmal angerufen. Am 23.10.2014 seien die Leute wiedergekommen, hätten geschrien, das ganze Haus durchsucht und gesagt, sie würden die BF2 und die Kinder mitnehmen, sollte die BF2 nicht sagen, wo ihr Mann wäre. Ein Kollege ihres Mannes wäre samt seiner Frau auch spurlos verschwunden, da man diese mitgenommen habe. Eines Tages habe sie ein Freund ihres Mannes angerufen und ihr gesagt, dass sie die Sachen zusammenpacken solle, da sie wegfahren würden. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr Mann nicht mehr zu Hause geschlafen und habe dieser ihr nicht gesagt, wo er sich aufhalte. Die BF2 sei einverstanden gewesen wegzufahren, da die Kinder und die BF2 ständig bedroht worden seien. Ab Juli 2014 habe der BF1 vielleicht einmal im Monat zu Hause geschlafen.

Hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes gab die BF2 an, dass sie allergisch gegen Medikamente sei. Vor 3 Jahren habe sie eine allergische Reaktion gehabt. Ihre Kinder seien gesund. Ihre Tochter XXXX (BF6) habe auch eine Medikamentenallergie, sie bekomme im Februar 2016 eine Zahnsanierung. Ihre älteste Tochter (BF5) habe wegen des Stresses anfangs einen Hautausschlag bekommen.

Der minderjährigen Beschwerdeführer wurden aufgrund ihres kindlichen Alters nicht niederschriftlich einvernommen.

Die Beschwerdeführer brachten erstinstanzlich folgende Dokumente/Unterlage in Vorlage:

* Medizinischer Befund betreffend den BF1 vom XXXX vom 11.09.2015, in welchem eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wird.

* Teilnahmebestätigung des BF1 für einen Deutschkurs der " XXXX " vom 14.03.2016;

* Teilnahmebestätigung des BF1 für einen Deutschkurs des Projektes XXXX vom 29.06.2017;

* Konvolut an Fotos (Kopien) in schwarz-weiss, die den BF1 in Militär- und Polizeiuniform zeigen sollen; Ausweiskopien;

4.1. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde (BFA) vom 02.05.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

4.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte aus, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen seien oder sie Derartiges im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchten müssten. Es habe des Weiteren nicht festgestellt werden können, dass der BF1 von den russischen Sicherheitsbehörden angehalten und misshandelt worden wäre. Die Beschwerdeführer hätten in ihrem Vorbringen keine glaubhaften Sachverhalte anführen können, die die Annahme rechtfertigen würden, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder unmenschlichen Behandlung im Fall einer Rückkehr ausgesetzt wären. Auch aus sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Überzeugung festgestellt werden können. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer an lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes leiden würden. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr ihren Lebensunterhalt sichern könnten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in Russischen Föderation einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt wären bzw. ihr Leben auf sonstige Weise gefährdet sei. Sie hätten keine Verwandten oder sonstige Angehörigen in Österreich. Die Beschwerdeführer würden von der Grundversorgung leben und wären sie nicht selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführer seien in Österreich strafrechtlich unbescholten.

4.3. Beweiswürdigend führte das BFA in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig wäre. Konkrete glaubwürdige Anhaltspunkte für persönliche oder staatliche Verfolgungshandlungen hätten dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnommen werden können. Der BF1 habe bei der Erstbefragung angegeben, sein Herkunftsland verlassen zu haben, da er seit 5 Jahren als Autohändler in Grosny selbständig tätig gewesen sei. Er habe einen Porsche an unbekannte Leute verkauft und dafür nie Geld erhalten. Weiters hätte er für 4 Personen in Militäruniformen 4 Fahrzeuge in Moskau geholt und dafür kein Geld erhalten. Er wäre dann auf der Straße in Grosny von bewaffneten Leuten, die mit 6 Fahrzeugen unterwegs gewesen wären, festgenommen worden und habe man ihn für eine Woche festgehalten. Man habe von ihm USD 50.000,- gefordert, jedoch habe er nur USD 5.000,- bei sich gehabt. Man habe ihn geschlagen und schlussendlich freigelassen, damit er das Geld organisieren könne. Man habe ihm damit gedroht, dass man seine Familie und ihn umbringen werde. Aus Angst um sein Leben habe er dann beschlossen, das Land zu verlassen. Der BF1 sei davon ausgegangen, dass diese Leute die Mafia wären.

In der Einvernahme am 23.09.2015 habe er dann eine komplett andere Fluchtgeschichte vorgebracht. Er wäre im Heimatland Polizist gewesen und habe nebenbei ein Business gehabt, im Rahmen dessen er Autos auf Bestellung gebracht hätte. Für den Nachweis seiner Beschäftigung bei der Polizei habe er diverse Ausweise vorgelegt. Sein Vorgesetzter habe bei einer Versammlung verkündet, dass alle Mitarbeiter ein Ansuchen stellen und freiwillig in die Ukraine fahren sollten. Da er nicht bereit gewesen wäre, ein solches Ansuchen zu stellen, sei er zuerst von seinem Vorgesetzten angeschrien worden und habe dieser dann den Befehl gegeben, dass der BF1 inhaftiert werden sollte. Er sei an seiner Arbeitsstelle für eine Woche inhaftiert gewesen und sei er mit einem Gewehrkolben geschlagen worden. Mit der Zahlung von USD 5.000,- sei es ihm möglich gewesen, freizukommen. Das Geld habe er dem Mann gegeben, der ihn bewacht hätte. Nach seiner Freilassung habe er mit einem Freund Kontakt aufgenommen, dieser habe dann seine restliche Familie abgeholt und sie alle zusammen nach Inguschetien gebracht, von wo aus sie dann die Heimat verlassen hätten. Zu seiner Funktion bei der Polizei befragt habe er angegeben, dass er einer Abteilung, die für Militärfahrzeuge zuständig sei, angehört hätte. Er sei stellvertretender Leiter gewesen. Zu der genauen Dienststelle befragt, habe er nur vage Angaben erstatten können. Er könne sich nicht erinnern, da er eine Gehirnerschütterung nach den erhaltenen Schlägen erlitten habe. Nachgefragt, wie sein Vorgesetzter geheißen habe, habe er angegeben, dass dieser XXXX geheißen habe und es sich dabei um den Cousin des Präsidenten gehandelt habe. Sein Vorgesetzter wäre vom Vater des jetzigen Präsidenten adoptiert worden. Aufgrund seiner Angaben sei eine Anfrage an die hiesige Staatendokumentation gestartet worden. Dabei sei in Erfahrung gebracht worden, dass Zeit-Soldanten sich vertraglich an die Armee gebunden hätten, ihren Dienst in der Ukraine zu versehen. Zu der vom BF1 genannten Abteilung XXXX hätten keine Informationen gefunden werden können, der BF1 habe zur Adresse seiner Dienststelle nur die vage Angabe machen können, dass sie neben der " XXXX " wäre. Zu dieser Angabe " XXXX " hat die Staatendokumentation in Erfahrung gebracht, dass es sich um eine seit 1998 veraltete Bezeichnung handeln würde und diese Zentrale nun " XXXX " heißen würde. Ebenso habe mit dem Namen des von ihm angegebenen Vorgesetzten keine Person gefunden werden können, die in einem Verwandtschaftsverhältnis zum Präsidenten stünde. Bei einem Vergleich der Angaben der BF2 mit denen des BF1 würden sich weitere Widersprüche ergeben, da diese angegeben habe, dass diese nicht wisse, was genau seine Tätigkeit gewesen sei, lediglich, dass der BF1 eine Uniform getragen habe. Dies erscheine fragwürdig dahingehend, dass er laut seinen Angaben seit 2003 bei der Polizei tätig gewesen sei und seit dem Jahr 2002 mit seiner Ehefrau verheiratet sei. Dass seine Frau nicht wisse, was sein Tätigkeitsfeld betreffe, erscheine eher unglaubwürdig aufgrund der langen Tätigkeitsjahre. Ebenso erscheine es nicht wirklich glaubhaft, dass der BF1 die genaue Arbeitsstelle aufgrund einer Gehirnerschütterung nicht mehr wüsste, wo er doch andere Dinge sehr detailliert beschreiben hätte können. Eher erscheine es so, dass es sich hierbei um eine konstruierte Fluchtgeschichte handle, insbesondere wenn man seine Angaben bei der Erstbefragung betrachte, wobei er in keinster Weise dabei angegeben habe, dass man ihn zwangsweise zur Teilnahme am Ukrainekonflikt verpflichten hätte wollen. Vielmehr würden seine Angaben, wonach er Probleme wegen seines Business mit den bestellten Autos gehabt habe und von Leuten bedroht worden sei, (Anm.: fehlt: glaubwürdig sein). Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung und in Anbetracht seiner Tätigkeit bei der Polizei hätte der BF1 jedoch bestens über die rechtlichen Möglichkeiten einer Anzeige bei einer Bedrohung durch Privatpersonen Bescheid wissen müssen. Insgesamt habe nur die Feststellung erfolgen können, dass die von den Beschwerdeführern vorgetragene Fluchtgeschichte zum Fluchtgrund nicht der Wirklichkeit entspreche.

4.4. Die Beschwerdeführer hätten nicht darzulegen vermocht, dass ihnen im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation die Lebensgrundlage entzogen wäre.

4.5. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätten. Es sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation einer realen Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte gemäß Art. 3 EMRK ausgeliefert seien.

4.6. Demnach - so die belangte Behörde - könnten die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus deren Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle ihrer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Eine Integration am Arbeitsmarkt bestehe nicht. Es sei bei den Beschwerdeführern keine tiefgehende Integrationsverfestigung gegeben. Der BF1 und die BF2 hätten zwar in Österreich Deutschkurse besucht, jedoch würden sie die deutsche Sprache wenig beherrschen. Es würden keine privaten Bindungen in Österreich bestehen. Im gegenständlichen Fall sei der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich durch die Stellung von - letztlich unbegründeten - Asylanträgen begründet. Die Beschwerdeführer hätten somit nie Aufenthaltstitel gehabt, die auf einen gesicherten Aufenthalt in Österreich schließen lassen hätten können. Die beabsichtigte Abschiebung der Beschwerdeführer würde nicht in ihr Familienleben untereinander eingreifen, da sie - wenn dann - gemeinsam durchgeführt würde. Weiters verfolge diese das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung. Da den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt würde und eine Rückkehrentscheidung zulässig sei, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 02.05.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Mit für alle Beschwerdeführer gleichlautendem Schriftsatz vom 19.05.2017 wurde durch ihren gewillkürten Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Spruchpunkte

I. II. und III. aufgrund unschlüssiger Beweiswürdigung/ rechtlicher Beurteilung und in dessen Folge, mangelhaftem Ermittlungsverfahren eingebracht. Begründend wurde von Beschwerdeseite ausgeführt, dass seitens der belangten Behörde unterlassen worden sei, auf das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführer einzugehen und eine Gesamtbeurteilung anhand aller verfügbarer herkunftslandbezogener Informationen verabsäumt worden. Vorweg werde klargestellt, weswegen der BF1 in seiner Erstbefragung, sowie in der folgenden Einvernahme zwei voneinander unabhängige Sachverhalte dargelegt habe. Nach seiner Ankunft im Bundesgebiet habe er seinen Asylantrag gestellt. Noch während er auf die Erstbefragung gewartet habe, habe er von Problemen in der tschetschenischen Community in XXXX gehört. Seinen Informationen zufolge habe er eine Liquidierung eines vermuteten Rebellen/Aufständischen durch russische Sicherheitsbehörden gegeben. Aus diesem Grund habe er nicht gewollt, während des Aufenthaltes in der Erstaufnahmestelle die tatsächliche Fluchtgeschichte zu erzählen, um sich nicht einer unschätzbaren Gefahr auszusetzen. In der Einvernahme vor dem BF (Anm.: gemeint ist hier wohl: BFA) habe er seine tatsächliche Fluchtgeschichte dargelegt. Anhand der vorgelegten Beweismittel könne zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass der BF1 bei der Polizei in Tschetschenien tätig gewesen sei. Sein Fluchtgrund beziehe sich auf die Aufforderung durch seine Vorgesetzten, vorab eine Anmeldung für den militärischen Freiwilligendienst in der Ukraine abzugeben. Ihm sei erklärt worden, diese "freiwilligen Meldungen" würden in Evidenz gehalten und bei Bedarf herangezogen werden, wobei die Betroffenen sodann zum Militärdienst einrücken müssten. Der BF1 habe geschildert, dass er konkret im Juli 2014 aufgefordert worden sei, ein derartiges Ansuchen zu unterzeichnen und er mitbekommen habe, dass alle Militär- und Polizeistrukturen dieselbe Aufforderung erhalten hätten und die meisten auch den Befehl befolgt hätten. Er habe in dem Zusammenhang schlüssig und nachvollziehbar geschildert, dass eine Versammlung aller Mitarbeiter einberufen worden sei und die Aufforderung kollektiv ergangen sei, die besagten Ansuchen zu stellen. Als sich der BF1 geweigert habe, sei ihm mit der Inhaftierung gedroht worden und da der BF1 sich geweigert habe deswegen verhaftet zu werden, sei er geschlagen worden, wobei er eine Gehirnerschütterung erlitten habe. Nur aufgrund einer Schmiergeldzahlung an einen Bewachungsposten sei ihm die Flucht aus der Inhaftierung und ihm und seiner Familie in weiterer Folge die Flucht aus der Russischen Föderation gelungen. In Bezug auf die seitens der belangten Behörde eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sei auszuführen, dass die belangte Behörde die eingeholten Informationen stark zum Nachteil des BF dazu verwendet habe, die Unglaubwürdigkeit des BF1 darzustellen. So sei es zwar richtig, dass die Bezeichnung der Diensteinheit des BF1 umgeändert worden sei, jedoch sei es nicht unüblich, dass im gesellschaftlichen Gebrauch die verwendeten Begriffe beibehalten würden. Der ehemalige Vorgesetzte des BF1 werde unter zwei Begriffen geführt und sei es nicht nachvollziehbar, dass der Verbindungsbeamte anhand eines Zeitungsartikels zum Ergebnis gelange, dass es diese Person nicht gebe. So sei besagter Vorgesetzter auf der offiziellen Homepage, auf welcher alle staatlichen Institutionen und Beamten in Russland angeführt seien, zu finden. Angesichts der aktuellen Situation sei davon auszugehen, dass eine reale Gefahr der Verhaftung des BF1 wegen der Weigerung, den Dienst in der Ukraine anzutreten, bestehe. Zusammenfassend sei daher zu befinden, dass der BF1 aufgrund der erwiesenen Desertion im Falle der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für eine Asylgewährung hinreichend intensive asylrelevante Verfolgung durch staatliche Organe zu befürchten hätte. Die Beschwerdeseite beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) den Antrag auf internationalen Schutz Folge geben und den Beschwerdeführern den Status der Asylberechtigten zuerkennen, 2.) in eventu den Beschwerdeführern subsidiären Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gewähren, 3.) in eventu die angefochtenen Bescheide dahingehen abändern, dass die gegen die BFs gefällten Rückehrentscheidungen aufhoben werden, 4.) in eventu die angefochtenen Bescheide dahingehen abändern, dass die in den angefochtenen Bescheiden unter Spruchpunkt III. festgestellten Abschiebungen aufgehoben werden, 5.) in eventu den Beschwerdeführern einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilen und 4.) in eventu die angefochtenen Bescheide zur Gänze beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen, 5.) jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchführen.

7. Die Beschwerdevorlagen vom 23.05.2017 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 24.05.2017 ein.

8. Mit Schriftsatz vom 02.02.2018 brachten die Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung vor, welcher sie ein Konvolut an Fotos (in schwarz-weiß) beilegten, welche die Tätigkeit des BF1 bei den russischen Sicherheitsbehörden belegen sollten.

9. Mit Schriftsatz vom 26.11.2018 legte der BFs im Verfahren seinen Meldezettel vor.

10. Mit Schriftsatz vom 21.03.2019 wurde den Beschwerdeführern die Ladung für die am 11.03.2019 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt. Unter einem wurde ihnen das aktuelle Länderinformationsblatt (LIB) zur Russischen Föderation, Gesamtaktualisierung am 31.08.2018, letzte Kurzinfo eingefügt am 12.11.2018, übermittelt. Hierbei wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit eingeräumt, dazu bis zum 04.04.2019 einlangend Stellung zu nehmen.

11. Am 11.04.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung eines Dolmetschers für die Russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurden und an welcher diese auch teilnahmen.

[...]

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort in der Russischen Föderation (RF) an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise zuletzt aufgehalten haben.

BF1: Ich heiße XXXX . Mein Vatersname ist XXXX , weil mein Vater XXXX hieß. Meine Eltern sind nach Kasachstan gefahren, um dort zu arbeiten. Ich wurde dort geboren und nach drei, vier, oder fünf Jahren sind wir zurück nach Grosny gekehrt. Wir haben in der Stadt ein Haus gekauft, im Zentrum der Stadt, und haben dort gelebt. Mein Geburtsort ist Kasachstan, Gebiet XXXX . Mein Geburtsdatum ist der XXXX . Grosny war der letzte Wohnort in der Russischen Föderation, wo ich mich vor meiner Ausreise aufgehalten habe. XXXX ist die Adresse.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF1: Tschetschene.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF1: Islam.

RI: Welcher Form des Islam?

BF1: Sunnit.

RI: Haben Sie Dokumente oder Unterlagen aus der Russischen Föderation, welche Ihre Identität beweisen? Wenn ja, welche?

BF1: Ich habe es schon übergeben, den Pass und alle anderen Dokumente habe ich schon vorgelegt, als ich einvernommen worden bin. Einen Führerschein, den habe ich nicht abgegeben, den habe ich noch bei mir und ein Diplom, über meine juristische Ausbildung glaube ich und auch ein Dokument vom Standesamt.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF1: Ich habe im Bezirk XXXX gelebt. Ich habe die Schule XXXX besucht.

RI: Wie lange?

BF1: Ich habe zehn Klassen abgeschlossen und ich habe dann eine Ausbildung als Zahntechniker gemacht, zwei Jahre.

RI: Wo haben Sie die Ausbildung gemacht?

BF1: In der Zahn-Poliklinik im Zentrum der Stadt, die zentrale Zahnklinik ist das.

RI: Wie ging es weiter?

BF1: Ich habe die Ausbildung abgeschlossen und ich habe zuerst als Lehrling gearbeitet. Ich habe Zahn-Prothesen und die Kronen gemacht.

RI: Wie lange haben Sie als Zahntechniker gearbeitet?

BF1: Bis zum Krieg.

RI: Wie viele Jahre, von wann bis wann?

BF1: Ca. zweieinhalb Jahre.

RI: Was geschah dann?

BF1: Dann begann der Krieg.

RI: Wie geht es weiter?

BF1: Dann habe ich eine Computerausbildung gemacht im Zentrum der Stadt. Damals habe ich die Bedienung von Excel und Word gelernt.

RI: Was war das für eine Ausbildung? Waren Sie Programmierer?

BF1: Programmierer.

RI: Wie lange haben Sie als Programmierer gearbeitet?

BF1: Die Kurse haben 6 Monate gedauert.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ich habe das nicht mehr fortgesetzt, weil sich herausgestellt hat, dass das nicht die Ausbildung ist, die mir passt. 2003 habe ich begonnen bei der Polizei zu arbeiten.

RI: Was haben Sie genau gearbeitet bei der Polizei?

BF1: Fahrer bei der Polizei war ich zuerst. Dann habe ich mit der juristischen Ausbildung begonnen.

RI: Parallel zu Ihrem Job?

BF1: Es war ein Fernlehrgang.

RI: Bei welcher Universität haben Sie diesen gemacht?

BF1: In Gudermes.

RI: Wie lange haben Sie studiert?

BF1: 6 Jahre lang. Das war eine höhere Ausbildung.

RI: Mit welchem Grad haben Sie abgeschlossen?

BF1: Ich habe Jus studiert.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ich war Jurist und hätte auch als Anwalt arbeiten können.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ich habe nur abgeschlossen, damit ich in der Polizeihierarchie aufsteigen kann, das war mit dem Dienstgrad verbunden.

RI: In welchem Jahr haben Sie abgeschlossen?

BF1: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

RI: Es müsste aber auf Ihrem Diplom stehen?

BF1: Nach der Operation kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich hatte 3x oder 4x eine Narkose und ich vergesse die Sachen schnell, vor allem dann, wenn ich unter Stress stehe.

RI: Sie haben gesagt, Sie haben 6 Jahre studiert. Wann haben Sie ungefähr damit angefangen?

BF1: 2004.

RI: Um 2010 haben Sie abgeschlossen?

BF1: Ja. Ich glaube schon.

RI: Was für eine Position haben Sie dann zum Schluss in der Polizei bekleidet?

BF1: Ich war zuerst ein Inspektor und dann der stv. Leiter. Bei uns bekommt man erst dann den Offiziersgrad Leutnant, wenn man eine juristische Ausbildung abgeschlossen hat. Ich habe zuerst als Inspektor gearbeitet, dann arbeitete ich als Leiter für Kommunikation und stv. Leiter der Abteilung XXXX . Allerdings wurde diese Abteilung dann unbenannt auf XXXX .

RI: Wofür war diese Abteilung zuständig?

BF1: Waffen, Uniformen, Transport, Schützenpanzerwagen, die ganze Technik im Bereich des Innenministeriums.

RI: Waren Sie zuständig für die Beschaffung der Waffen und Uniformen?

BF1: Ja. Man hat uns Geld überwiesen. Wir waren auch für den Einkauf tätig. Das wurde uns von Russland zugeteilt. Das Geld wurde nur für die Renovierung und für die Bedienung überwiesen, der Rest z.B. für Autoreparatur oder wenn die Kommunikationsmittel kaputtgegangen sind.

RI: Was haben Sie dann mit diesen Waffen, Transportmittel gemacht, verwaltet, oder repariert, wenn Sie sie nicht verwaltet haben?

BF1: Wir haben Listen geführt über den Bestand. Wir waren auch für das Inventar zuständig. Für den Bestand und für das Inventar waren wir zuständig. Z.B. waren wir für 2.500 militärische Fahrzeuge (Schützenpanzerwagen, auch für UAZ), zuständig.

RI: Wie viele Abschnitte hat das Jusstudium in der Russischen Föderation gehabt?

BF1: Ich habe die Frage nicht verstanden.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ich habe das im Fernlehrgang abgeschlossen.

RI: Das ändert nichts am Studienplan.

BF1: Sie meinen, wie viele Unterrichtsstunden wir hatten?

RI wiederholt die Frage.

BF1: Drei Abschnitte.

RI: Nennen Sie mir bitte 5 Rechtsgebiete, welche Sie im Rahmen Ihres Jusstudiums kennengelernt haben.

BF1: Ich habe dort Prüfungen gemacht.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Mein Kopf arbeitet jetzt nicht mehr.

RI: Haben Sie einen Nachweis des behaupteten Jusstudiums?

BF1: Ich habe ein Diplom.

RI: Können Sie das in Kopie vorlegen?

BF1: Ist das noch nicht im Akt?

RI: Nein.

BFV: Dann werde ich das übermitteln im Laufe der nächsten Woche.

RI: VORHALTUNG: Sie haben bei Ihrer Ersteinvernahme am 04.12.2017, befragt nach Berufstätigkeit, lediglich angegeben Autoverkäufer gewesen zu sein. Vor dem BFA am 23.09.2015 haben Sie erstmals angegeben seit 2003 auch den Beruf des Polizisten ausgeübt zu haben und zu dem noch im Rang des Oberleutnants zu stehen und Leiter einer Abteilung, namens XXXX zu sein. Selbiges haben Sie auch heute angegeben. Wieso haben Sie erst vor dem BFA, also fast 10 Monate nach Ihrer Einreise, zum ersten Mal von Ihrem Polizistenberuf erzählt und diesen nicht schon bei der Erstbefragung angegeben?

BF1: Ich hatte Angst.

RI: Wovor?

BF1: Ich habe gehört, dass es hier einen Vorfall gegeben hat. Kadyrow hat ständig im Fernsehen gesagt, dass er über die Migranten Bescheid weiß und sie immer beobachtet. Deshalb habe ich Angst um die Sicherheit. In XXXX gab es sehr viele Personen, ich habe mich dort nicht sicher gefühlt. Ich wusste, dass ich eine zweite Einvernahme haben werde und wollte alle Beweise bereitstellen.

RI: Sie wurden bei der Ersteinvernahme schon auf die Wahrheitspflicht hingewiesen und auf die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes.

BF1: Ja. Ich habe auch gesagt, dass man mir das Auto, den Mercedes, abgenommen hat. Ich habe ein Foto. Ich habe es vom Internet ausgedruckt. Sie können sich das anschauen, auch das Kennzeichen.

RI: Warum haben Sie über den Polizistenberuf nichts gesagt?

BF1: Ich habe Angst. In XXXX gibt es keine Sicherheit. Da kann jederzeit etwas passieren. Man hätte mich umbringen können. Kadyrow hätte Leute vom Geheimdienst hinschicken können. Ich habe 5 Kinder und habe um sie Angst. Erst als ich mich sicher gefühlt habe, habe ich dann alles erzählt. Dort gibt es zu viele Leute. Ich habe auch gehört, dass in Wien ein Tschetschene umgebracht wurde. Es wurde ein Killer nach XXXX geschickt. Diese haben hier einen Tschetschenen umgebracht. Das war vor meiner Ausreise. Ich habe es in XXXX gehört, dass das Kadyrow gemacht hat. Deswegen hatte ich Angst.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort in der Russischen Föderation auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF1: Nein. In Grosny meinen Sie?

RI: In der Russischen Föderation.

BF1: In Tschetschenien.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in der RF und in welcher Stadt?

BF1: Meine Mutter, mein Vater. Mein Bruder versteckt sich, ich habe nur einen Bruder.

RI: Warum versteckt er sich?

BF1: Meinetwegen. Die Leute kommen jede Woche bzw. jeden Monat und fragen nach mir.

RI: Wo leben Ihre Mutter und Ihr Vater?

BF1: Ganz in der Nähe, wo ich gelebt habe, ich wohnte unter der Nummer XXXX . Meine Eltern wohnten unter der Nummer XXXX . Meine Schwester ist verheiratet und lebt in XXXX .

RI: Wo ist das?

BF1: Das ist ein Dorf in dem XXXX . Das ist nicht im Zentrum. Sie leben in XXXX .

RI: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Eltern und Geschwistern? Und wenn ja, mit wem und wie oft und wie kommunizieren Sie?

BF1: Mit meinen Eltern über Internet.

RI: Wie regelmäßig?

BF1: Das letzte Mal vor kurzem. Meine Eltern sind immer in Panik, wenn die Leute kommen. Man hat meinen Vater dorthin mitgenommen, wo die Leute arbeiten.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Praktisch jede Woche, einmal in der Woche oder einmal im Monat, das ist unterschiedlich.

RI: Und mit Ihrem Bruder und Ihrer Schwester?

BF1: Manchmal.

RI: 1x im Monat, 1x im Jahr?

BF1: 1x im Monat.

RI: Haben Sie noch Verwandte, die außerhalb der Russischen Föderation leben und haben Sie Kontakt zu diesen? Wenn ja, mit wem, wie oft und wie kommunizieren Sie?

BF1: Nein.

RI: Wann haben Sie Ihre Frau geheiratet?

BF1: XXXX .

RI: Haben Sie Verwandte, die in Österreich leben?

BF1: Verwandte von meiner Frau, eine Cousine.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF1: Wann ich gekommen bin?

RI: Genau?

BF1: Am 02. Dezember 2014.

RI: Sind Sie oder Mitglieder Ihrer Familie seit Ihrer Ausreise aus der Russischen Föderation wieder einmal in der RF gewesen, sei auf Besuch oder auf Urlaub?

BF1: Wir dürfen ja nicht, wir haben ja keine Dokumente.

RI: Was heißt, Sie haben keine Dokumente?

BF1: Ich kann nicht hin. Man wird mich gleich ergreifen, wenn ich nach Russland komme.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

BF1: In der Ukraine hat es Krieg gegeben. Alle wurden dorthin geschickt. Nicht alle. Es gab auch Freiwillige, zuerst wurden diese hingeschickt, dann wurden Leute jeder Abteilung dorthin geschickt.

RI: Abteilung von was?

BF1: Von jeder Abteilung des Innenministeriums. Man hat eine Zahl bestimmt und die Leute dorthin geschickt. Man hat uns gesagt, dass wir einen Antrag freiwillig stellen sollen und dass wir einverstanden sind und freiwillig dorthin in die Ukraine gehen.

RI: Bitte weiter.

BF1: Man hat uns auch gesagt, dass wir freiwillig eine Erklärung schreiben sollen, dass wir freiwillig kündigen sollen, aber ohne Datum.

RI: Freiwillig kündigen, was macht das für einen Sinn?

BF1: Wenn man uns quasi freiwillig in die Ukraine geschickt und uns dort umgebracht hätte, dann könnte es sein, dass ihn Russland oder die Polizei dorthin geschickt hat. Dann datiert man die Kündigung rück. Man sagt, er hat früher gekündigt. Er ist nicht unser Mitarbeiter. Wir wurden dazu gezwungen, das zu schreiben, aber das Datum wurde nicht eingetragen. Man hat das von uns abgesammelt und dem Leiter übergeben.

RI: Haben Sie den Antrag und die undatierte Kündigung unterschrieben?

BF1: Dass ich freiwillig kündige, das wurde von uns abgesammelt. Das habe ich auch unterschrieben.

RI: Den Antrag?

BF1: Ja. Aber man hat uns gesagt, dass das eine Formalität ist. Man hat gesagt, dass man diese Unterlagen braucht, wenn plötzlich etwas passieren sollte. Das mit der freiwilligen Kündigung mussten wir alle unterschreiben, das andere habe ich nicht unterschrieben.

R wiederholt die Frage.

BF1: Nein, diesen Antrag für die Ukraine habe ich nicht unterschrieben. Alle haben unterschrieben, dass sie in die Ukraine fahren werden, von den anderen weiß ich nicht Bescheid. Ich war unter denen, die nicht unterschrieben haben. Ich habe dem Leiter gesagt, dass ich das nicht unterschreiben werde. Er hieß XXXX .

RI: Haben Sie das unter 4 Augen gesagt oder während der Versammlung?

BF1: Nein. Bei der Besprechung vor allen anderen. Sie waren dabei.

RI: Wie hat Ihr Leiter reagiert?

BF1: Er ist gleich in Panik geraten. Ich muss das, sagte er. Ich sagte, dass ich nicht in den Krieg ziehen werde. Dann hat mich seine Bewachung dort überfallen. Ich wurde zusammengeschlagen. Der Leiter hat gesagt, dass sie mich ergreifen sollen.

RI: Was geschah dann?

BF1: Man wollte mich dort ergreifen und ich habe Widerstand geleistet. Der Leiter hat gesagt, dass man gleich zur Sache kommen soll. Dann hat man mich mit dem Kolben des Sturmgewehres geschlagen.

RI: Wohin?

BF1: Am Gesicht. Überall. Man hat mir den Kiefer und die Nase gebrochen. Ich habe hier noch eine Narbe (BF1 deutet auf seine Nasenwurzel). Dann wurde während der tätlichen Auseinandersetzung geschossen. Ich wurde am Handteller getroffen (BF1 zeigt seine Hand. Zu erkennen ist eine deutliche Narbe am Handteller zwischen Daumen und Zeigefinger). Dort gibt es ein spezielles Gefängnis und man hat mich dorthin gebracht. Das war in unserer Abteilung, in unserer Arbeit. Die Zelle war hinten.

RI: Aber im selben Gebäude?

BF1: Ja. Im gleichen Gebäude, aber auf der Hinterseite.

RI: Was geschah dann?

BF1: Man hat gesagt, dass ich dorthin gebracht werden soll.

RI: Wurden Sie sofort in die Zelle gebracht nach der Besprechung und nachdem Sie angeschossen worden sind?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten