Entscheidungsdatum
31.05.2019Norm
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1Spruch
W258 2146421-2/3E
Im NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20/5, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, AZ XXXX , wegen Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird abgewiesen und der Spruch mit der Maßgabe
bestätigt, dass es insgesamt zu lauten hat:
Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 Asylgesetz 2005 haben Sie Ihr Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 14.09.2017 verloren.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in Folge als "BF" bezeichnet) stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid vom 13.01.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) den Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und legte die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).
Die dagegen am 27.01.2017 eingebrachte Beschwerde ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht zur AZ W258 2146421-1 anhängig.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.09.2017, AZ 161 Hv 110/2017b, rechtskräftige wegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs 2 SMG und § 27 Abs 2a und 3 SMG iVm § 15 StGB, wobei die letzte Tat am 16.08.2017 verübt worden ist, zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden ist.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 04.03.2019, AZ 161 Hv 20/19w, rechtskräftig wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe in Dauer von fünf Monaten verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden ist. Unter einem wurde die Probezeit zum Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.09.2017, AZ 161 Hv 110/2017b, auf fünf Jahre verlängert.
Mit bekämpften Bescheid vom XXXX , AZ XXXX , sprach die belangte Behörde aus, dass der BF auf Grund seiner strafgerichtlichen Verurteilung vom 04.03.2019 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 04.03.2019 verloren hat.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die gegenständliche Beschwerde des BF vom 29.04.2019, die die belangte Behörde unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem erkennenden Gericht mit Schreiben vom 17.05.2019, hg eingelangt am 22.05.2019, zur Entscheidung vorgelegt hat.
Beweise wurden aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt und Einschau in das Strafregister des BF.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. geschilderte Verfahrensgang steht fest.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den genannten unbedenklichen Beweismitteln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.
3.1. Relevante Gesetzesbestimmungen und Judikatur:
Gemäß § 13 Abs 1 Asylgesetz 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes nach Abs 2 leg cit zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 Asylgesetz 2005 verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ua, wenn er straffällig geworden ist.
Gemäß § 2 Abs 3 Asylgesetz 2005 ist ein Fremder im Sinne des Asylgesetz 2005 ua straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, rechtskräftig verurteilt worden ist.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen (§ 13 Abs 4 Asylgesetz 2005). Der Verlust des Aufenthaltsrechts tritt dabei bereits mit Rechtskraft der Verurteilung ein. Der daraufhin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu erlassende Bescheid, hat lediglich deklarative Wirkung (vgl VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0018).
3.2. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:
3.2.1. Der zum Tatzeitpunkt volljährige aber das einundzwanzigste Lebendjahr nicht vollendet habende BF, ein Asylwerber, wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.09.2017, AZ 161 Hv 110/2017b, wegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs 2 SMG und § 27 Abs 2a und 3 SMG iVm § 15 StGB und somit für Vorsatztaten verurteilt, die in die Zuständigkeit des Landesgerichts fallen (siehe dazu § 31 Abs 4 Z 1 StPO iVm § 19 Abs 1 und 2 Jugendgerichtsgesetz 1988 in Zusammenschau mit der Strafdrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe des § 27 Abs 2a SMG). Das Urteil wurde am 14.09.2017 rechtskräftig.
3.2.2. Der BF hat somit sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs 2 Z 1 Asylgesetz 2005 ex lege mit 14.09.2017 verloren.
3.2.3. Da die belangte Behörde über den Verlust des Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen hat (§ 13 Abs 4 Asylgesetz 2005), ist allerdings fraglich, ob die belangte Behörde über den Verlust des Aufenthaltsrechts mit Bescheid absprechen durfte, nachdem sie - wie hier - den verfahrensabschließenden Bescheid bereits erlassen hatte. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Frage fehlt. Dagegen spricht der Wortlaut der Bestimmung ("im verfahrensabschließenden Bescheid"). Dafür spricht, dass nach den Materialien ein Bescheid erlassen werden soll, um etwaige Rechtschutzdefizite zu vermeiden (ErläutRV 1803 BlgNr 24. GP 40). Der Gesetzgeber wollte daher sicherstellen, dass die Annahme des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, dass der Asylwerber sein Aufenthaltsrecht verloren hat, einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen soll. Dies bedingt die Erlassung eines überprüfbaren Bescheids. Würde man davon ausgehen, dass kein Bescheid zu erlassen wäre, wenn - wie hier - das - auch im laufenden Beschwerdeverfahren grundsätzlich bestehende - Aufenthaltsrecht während anhängigem Beschwerdeverfahren wegfällt, käme es zu genau den Rechtschutzlücken, die der Gesetzgeber vermeiden wollte. Davon kann nicht ausgegangen werden. § 13 Abs 4 Asylgesetz 2005 ist in diesem Sinne daher so zu interpretieren, dass die belangte Behörde auch außerhalb des verfahrensabschließenden Bescheids mit Bescheid über den Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet (zumindest) solange absprechen darf, als über die Beschwerde gegen den verfahrensabschließenden Bescheid noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht über den Verlust des Aufenthaltsrechts abgesprochen.
3.3. Wenn der BF in seiner Beschwerde sinngemäß vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen und die Aberkennung des Aufenthaltsrechts sei überzogen, weil - aus näher angeführten Gründen - nicht von seiner Gefährlichkeit ausgegangen werden könne, ist ihm zu entgegnen, dass der Wegfall des Aufenthaltsrecht nach § 13 Asylgesetz 2005 lediglich an den Umstand der qualifizierten strafrechtlichen Verurteilung anknüpft und keine weitere Interessensabwägung vorsieht.
3.4. Auch der vom BF in der Beschwerde ins Treffen geführte unzulässige Eingriff in sein in Österreich bestehendes Privat- und Familienleben liegt nicht vor. Da der BF nach wie vor faktischen Abschiebeschutz genießt, ist sein allenfalls in Österreich bestehendes Privat- und Familienleben vom Verlust der Aufenthaltsberechtigung nach § 13 Abs 2 Asylgesetz 2005 nicht betroffen.
3.5. Da die belangte Behörde im bekämpften Bescheid irrtümlich erst die zweite rechtskräftige Verurteilung des BF am 04.03.2019 als Zeitpunkt des Verlusts des Aufenthaltsrechts angenommen hat, war der Spruch des bekämpften Bescheids - mangels Verschlechterungsverbots im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - entsprechend zu berichtigen (siehe in Bezug auf das Hinaufsetzen eines Einreiseverbots im Beschwerdeverfahren bspw VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).
3.6. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.7. Da lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer - nicht beantragten - mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn es von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis ist von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängig, weil es zur Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch außerhalb des verfahrensabschließenden Bescheids über den Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs 4 Asylgesetz 2005 absprechen darf, an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehlt.
Schlagworte
Aufenthaltsrecht, ex lege - Wirkung, Revision zulässig,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W258.2146421.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.08.2019