TE Bvwg Beschluss 2019/6/25 W255 2219386-1

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Entscheidungsdatum

25.06.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

W255 2219386-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta KEUL als Beisitzer über die Beschwerde von Denise XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 18.12.2018, GZ XXXX , betreffend die Einstellung der Notstandshilfe vom 05.11.2018 bis 16.12.2018 gemäß § 38 iVm. § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) beschlossen:

A) Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit

gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice XXXX zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) steht seit dem Jahr 1986 durchgehend im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Der BF wurde am 27.09.2018 vom AMS Wien XXXX (in der Folge: AMS) eine Stelle als Katalogverteilerin bei der Firma XXXX mit einer Entlohnung von brutto € 1.586,00 mit möglichem Arbeitsantritt am 05.11.2018 zugewiesen.

3. Am 06.11.2018 nahm das AMS mit der BF eine Niederschrift betreffend die Nichtannahme bzw. dem Nichtzustandekommen der am 27.09.2018 zugewiesenen Beschäftigung auf.

Die BF erklärte hierbei, nach Belehrung über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG, dass sie am 08.10.2018 bei der Firma XXXX angerufen und mit Frau XXXX telefoniert habe. Von dieser sei ihr bestätigt worden, dass sie im Zuge der Tätigkeit als Katalogverteilerin schwer tragen müsse. Dies sei ihr aber aufgrund ihrer Bandscheibenprobleme nicht möglich. Aus diesem Grund sei sie dann auch nicht mehr zur Vorauswahl beim potentiellen Dienstgeber erschienen. Einen aktuellen Befund werde sie dem AMS bis 15.11.2018 vorlegen.

Der potentielle Dienstgeber führte aus, dass die BF zur Jobbörse am 23.10.2018 nicht erschienen sei.

4. Mit Bescheid des AMS vom 18.12.2018, GZ XXXX , wurde gemäß § 10 AlVG festgestellt, dass die BF vom 05.11.2018 bis 16.12.2018 keine Notstandshilfe erhalte, da sie sich geweigert habe, eine vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der Firma XXXX anzunehmen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. nicht berücksichtigt werden können.

5. Mit Schreiben vom 04.01.2019 brachte die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 18.12.2018 ein und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass sie ihren AMS-Berater, als er ihr die Stellenzuweisung übermittelt habe, gefragt habe, ob sie bei XXXX nur werben oder auch schwer heben müsste. Ihr AMS-Berater habe ihr gesagt, dass sie diesbezüglich beim potentiellen Dienstgeber nachfragen solle. Dies habe sie getan, wie in der Niederschrift vom 06.11.2018 beschrieben. Ihr sei nicht gesagt worden, dass sie dennoch zur Jobbörse erscheinen müsse und hätte dies auch keinen Sinn gemacht, weil sie aus gesundheitlichen Gründen die Stelle ohnehin nicht annehmen hätte können.

6. Am 28.05.219 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlageschreiben vom 27.05.2019 führte das AMS u.a. aus, dass die BF am 18.12.2018 zur Reha-Planung beim BBRZ mit Beginn am 21.01.2019 zur Abklärung des gesundheitlichen Zustandes und der zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten zugebucht worden sei. Zu dieser Maßnahme sei die BF jedoch nicht erschienen und befinde sie sich seit 21.01.2019 laufend im Krankenstand. Die gesundheitliche Situation der BF sei sohin ungeklärt. Das AMS habe daher von der Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen, da der Sachverhalt innerhalb der zulässigen Frist nicht in einer Art und Weise ermittelt werden habe können, die einer rechtsstaatlich korrekten Entscheidung Rechnung tragen würde. Ein allfälliges Gutachten werde sofort nach Einlangen nachgereicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist am XXXX geboren und steht seit dem Jahr 1986 durchgehend im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Der BF wurde am 27.09.2018 vom AMS eine Stelle als Katalogverteilerin bei der Firma XXXX mit einer Entlohnung von brutto € 1.586,00 mit möglichem Arbeitsantritt am 05.11.2018 zugewiesen.

Im Zuge eines Telefonats zwischen der BF und dem potentiellen Dienstgeber am 08.10.2018 wurde der BF von einer Mitarbeiterin von XXXX bestätigt, dass die Stelle als Katalogverteilerin für die BF nicht passend sei, wenn die BF Probleme mit den Bandscheiben habe, da die Kataloge (aufgrund der Menge) schwer seien.

Die BF ist in der Folge am 23.10.2018 nicht zur Jobbörse bei der Firma XXXX erschienen.

Die BF hat das AMS nachweislich ua im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 06.11.2018 auf ihre Bandscheibenprobleme und damit in Zusammenhang stehend die Unzumutbarkeit des Tragens schwerer Kataloge hingewiesen.

Mit Bescheid des AMS vom 18.12.2018, GZ XXXX , wurde der Bezug der Notstandshilfe gemäß §§ 38 iVm § 10 AlVG vom 05.11.2018 bis 16.12.2018 eingestellt. Eine Nachsicht wurde nicht erteilt.

Gegen den Bescheid des AMS vom 18.12.2018, GZ XXXX , erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

In dem vom AMS geführten Verfahren wurden seitens des AMS notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen. Insbesondere führte das AMS keine ausreichenden Ermittlungen hinsichtlich der Zumutbarkeit der Arbeitsstelle durch. Die durchgeführten Ermittlungen des AMS reichen nicht ansatzweise für eine Entscheidung über den vorliegenden Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Es ist unstrittig, dass der BF am 27.09.2018 eine Stelle als Katalogverteilerin bei der Firma XXXX zugewiesen wurde. Ebenso unstrittig ist, dass die BF am 23.10.2018 nicht zur Jobbörse bei XXXX erschienen ist.

Hinsichtlich des Telefonats vom 08.10.2018 ist den von der BF in der Niederschrift vor dem AMS am 06.11.2018 getätigten Ausführungen zu folgen, zumal das AMS diese Angaben im Wesentlichen bestätigt. In der Stellungnahme des AMS wird ausgeführt: "Kundin hat Telefonat offensichtlich mit Handy aufgezeichnet und spielt dieses vor. Im Wesentlichen stimmen ihre Angaben. Die XXXX -Mitarbeiterin sagt sinngemäß, dass die Stelle für die Kundin nicht passend ist, wenn sie Probleme mit den Bandscheiben hat, da die Kataloge (aufgrund der Menge) schwer sind."

Es ist zudem unstrittig, dass die BF das AMS im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 06.11.2018 auf ihre Bandscheibenprobleme und damit in Zusammenhang stehend die Unzumutbarkeit des Tragens schwerer Kataloge hingewiesen hat.

Das Unterlassen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes durch das AMS kommt insbesondere im Vorlageschreiben des AMS vom 27.05.2019 zum Ausdruck. Das AMS schreibt selbst, dass die gesundheitliche Situation der BF zum Zeitpunkt der Vorlage des Aktes ungeklärt ist und der Sachverhalt nicht in einer Art und Weise ermittelt werden habe können, die einer rechtsstaatlich korrekten Entscheidung Rechnung tragen würde. Dabei ist zu betonen, dass das AMS vor Erlassen des Bescheides vom 18.12.2018 wusste, dass die BF über Bandscheibenprobleme klagte und sich daher zwingend mit diesem Vorbringen der BF auseinandersetzen und Ermittlungsschritte setzen hätte müssen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2017/24, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,

1) wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11).

§ 28 Abs. 3. zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Aus der Judikatur des VwGH zur vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung, d.h. im Tatsachenbereich, zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen und dass die verfahrensrechtliche Möglichkeit einer Rückverweisung nur ausnahmsweise möglich sein soll und hinsichtlich der Voraussetzungen der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG streng zu prüfen ist (vgl. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0168; VwGH vom 26.01.2011, 2009/07/0094).

Gemäß des Erkenntnisses des VwGH vom 28.03.2008, 2005/12/01878, zu § 66 Abs. 2 AVG ist eine Zurückverweisung nach dieser Norm nur dann zulässig, wenn die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne dieser zitierten Norm kann sich dabei immer nur im Tatsachenbereich stellen, wobei es allerdings nicht maßgebend ist, ob eine Verhandlung im kontradiktorischen Sinn oder nur eine Vernehmung der Partei erforderlich ist. Die Voraussetzung für eine Kassation nach § 66 Abs. 2 AVG ist daher auch dann erfüllt, wenn zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nur die Vernehmung einer Partei erforderlich ist.

In seinem Erkenntnis vom 20.02.2014, 2013/09/0166-10, zu einem Sachverhalt nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz stellte der VwGH zum Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde Folgendes fest:

"Gemäß § 60 AVG (...) sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (...). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrensparteien und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. 05.2005, 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26.02.2009, 2007/09/0088, mwN).

Damit stellt der Verwaltungsgerichtshof den Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde ausführlich dar.

3.3. Im vorliegenden Fall gab die BF an, dass ihr auf Grund ihrer körperlichen Verfassung (Bandscheibenprobleme) die Stelle als Katalogverteilerin beim Dienstgeber XXXX nicht zumutbar sei. Das AMS hat es hierbei unterlassen, hinreichende Ermittlungen bezüglich der Zumutbarkeit des Stellenangebots durchzuführen. Die BF hat in der Niederschrift vor dem AMS am 06.11.2018 angegeben, dass sie aufgrund ihrer Bandscheibenprobleme keine schweren Kataloge tragen könne und sei ihr in einem Telefonat vom 08.10.2018 auch von einer XXXX -Mitarbeiterin bestätigt worden, dass die Stelle als Katalogverteilerin daher für die BF nicht passend sei. Auch in der Beschwerde verwies die BF darauf, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht schwer heben dürfe.

Das AMS hätte daher ermitteln müssen, ob die zugewiesene Stelle in Hinblick auf die körperlichen Fähigkeiten der BF zumutbar ist und ob hierdurch ihre Gesundheit gefährdet wird.

In der Beschwerdevorlage des AMS vom 27.05.2019 bestätigt das AMS selbst, dass die gesundheitliche Situation der BF ungeklärt sei. Es wurde ausgeführt, dass die BF am 18.12.2018 zur Reha-Planung beim BBRZ mit Beginn am 21.01.2019 zur Abklärung des gesundheitlichen Zustandes und der zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten zugebucht worden sei. Zu dieser Maßnahme sei die BF jedoch nicht erschienen und befinde sie sich seit 21.01.2019 laufend im Krankenstand. Der Umstand, dass die BF zu der Maßnahme nicht erschienen ist, vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass es dennoch Aufgabe des AMS gewesen wäre, Ermittlungen zum Gesundheitszustand der BF sowie zur Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle in Bezug auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen durchzuführen.

Es ist in erster Linie die Aufgabe des AMS, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und diese Aufgabe nicht etwa an die Rechtsmittelinstanz auszulagern. Es kann nicht festgestellt werden, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

Es war somit der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides - nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens - an das Arbeitsmarktservice XXXX zurückzuverweisen.

3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im vorliegenden Beschwerdefall nimmt das Bundesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG Abstand, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22). Bei der Ermessensübung war dabei auch ausschlaggebend, dass es der Prozessökonomie und dem Sinn der gesetzlichen Ermächtigung zur Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG jedenfalls entspricht, dass der Aufhebungsbeschluss gefasst wird, wenn sich die grobe Ermittlungslücke bereits aus der Aktenlage und damit noch vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergibt. Die Abstandnahme von der Verhandlung steht diesfalls nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 18.725/2009) auch im Einklang mit dem einschlägigen Grundrecht nach Art. 6 EMRK (und folglich auch dem insofern - zufolge Art. 52 Abs. 3 GRC - mit gleichen Rechtsfolgen ausgestatteten Art. 47 GRC).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der rechtlichen Beurteilung zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Verfahren notwendige Ermittlungen und Feststellungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 zweiter Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht und die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen Regelung (vgl. OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Gesundheitszustand, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W255.2219386.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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