TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/2 W159 2209278-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.2019
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Entscheidungsdatum

02.07.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W159 2209278-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.05.2019, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz idgF der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Absatz 5 Asylgesetz 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire), der Volksgruppe der Dida zugehörig, gelangte (spätestens) am 02.09.2015 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Am gleichen Tag erfolgte die Erstbefragung durch die XXXX .

Zu den Fluchtgründen führte er aus, dass er homosexuell sei und dass Homosexualität in der Elfenbeinküste verboten sei. Die Leute hätten gewusst, dass er homosexuell sei und sie hätten den Beschwerdeführer deshalb töten wollen. Aus Angst um sein Leben sei er geflohen.

Der Beschwerdeführer wurde am 04.04.2017 an der Hüfte operiert. Der Patientenbrief und die Befunde liegen im Akt auf.

Die Niederschrift im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgte im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers am 07.07.2017. Der Beschwerdeführer brachte zur Vorlage:

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Sexualwissenschaftliches Gutachten

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Mehrere Zeitungsartikel bezüglich der Homosexualität in der Elfenbeinküste

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Beglaubigte Übersetzung eines weiteren Berichts über die Homosexualität in der Elfenbeinküste

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Zeugnis über die Pflichtschulabschlussprüfung

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Zertifikat über abgelegt Deutschprüfung, Niveau B2

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Empfehlungsschreiben des Trainers (Fußballspieler seit 17.01.2017)

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USB- Stick (Video: ein Homosexueller wird in der Elfenbeinküste verprügelt)

Nach dem sexualtherapeutischen und sexualwissenschaftlichen Gutachten vom 01.07.2017 weise der Beschwerdeführer eine eindeutige homosexuelle Orientierung auf. Die Beziehung seines Freundes und ihm sei nicht nur ein funktionales Sexualverhalten, sondern tatsächlich auch eine emotionale und erotisch-sexuelle Beziehung zwischen jungen Männern. Er hätte homoerotische Fantasien, Wünsche und Empfindungen und wünsche sich in einer festen Beziehung mit einem Mann zu leben.

Der Beschwerdeführer gab in seiner Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, er sei Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, gehöre der Volksgruppe der Dida an, sei Christ, habe keine Kinder und sei ledig. Er habe zuletzt mit einem Freund gemeinsam gewohnt. Seine Familie habe er mit 13 Jahren verlassen, nachdem sein Vater ihn geschlagen hätte, weil er seinen Cousin unter der Dusche geküsst hätte. Er sei zu XXXX gezogen, den er schon sein ganzes Leben gekannt hätte und der noch bei seiner Familie gelebt hätte. XXXX hätte dem Beschwerdeführer einen Job als Reinigungskraft und eine Wohnmöglichkeit in einem Hotel verschafft, in welchem auch XXXX gearbeitet hätte. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, er habe einmal im Monat Kontakt zu seinem Vater (Beruf: Polizist), aber keinen Kontakt mehr zu XXXX , da dieser ermordet worden sei.

In Österreich würde er aktives Kirchenmitglied sein, er spiele Gitarre im Kirchenchor und würde jeden Sonntag die Kirche besuchen. Er würde in einem Fußballverein spielen und deshalb viermal die Woche trainieren, um am Sonntag beim Match spielen zu können. Er treffe seine Pateneltern, die er als seine "Eltern" bezeichnen würde. Diese würden ihn unterstützen und mit ihm viel Zeit verbringen. Zu seinen Deutschkenntnissen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er könne sich mit anderen gut verständigen, er habe den Pflichtschulabschluss im Juni absolviert und er spreche gutes Deutsch. Nachgefragt gab er an, er würde sich seit ungefähr eineinhalb Jahren in einer Partnerschaft befinden. Er habe seinen Partner im Flüchtlingsheim in XXXX kennengelernt. Sie würden nicht zusammenwohnen, jedoch würden sie sich jeden Tag sehen und schon sexuellen Kontakt gehabt haben.

Zu seinem Fluchtgrund befragt erzählte der Beschwerdeführer, er hätte sein Heimatland verlassen, weil er homosexuell sei und Homosexualität sei in der Elfenbeinküste nicht normal und werde bestraft. Die Leute könnten Homosexuelle schlagen, bis sie sterben. Wenn sich ein Homosexueller bei der Polizei beschwere, würden die Polizisten ihn auch schlagen. Die homosexuelle Entwicklung des Beschwerdeführers habe mit zehn Jahren begonnen. Er habe mit Gleichaltrigen in seiner Heimatstadt gespielt. Sie hätten sich betatscht und begrapscht. Sie hätten jedoch keinen Sex gehabt. Für seine Freunde sei es ein Spiel gewesen, ihm hätte es gefallen. Eines Tages sei sein Freund gekommen und hätte ihm vom Sexualakt seiner Eltern erzählt. Dann habe der Cousin auch Sex mit dem Beschwerdeführer haben wollen. Er habe begonnen den Beschwerdeführer zu berühren und ihn zu küssen. Dies sei immer wieder passiert, bis der Vater, den Cousin und ihn unter der Dusche erwischt habe. Der Vater hätte begonnen den Beschwerdeführer zu schlagen und hätte gedroht ihn zu töten. Der Beschwerdeführer habe sich entschlossen zu flüchten und finanzielle Unterstützung hierfür vom Oberhaupt des Viertels bekommen. Er sei zu XXXX gezogen. XXXX habe ihn unterstützt, er habe bei ihm gewohnt und XXXX habe ihm einen Job als Reinigungskraft in einem Hotel besorgt. Der Beschwerdeführer hätte anfänglich nicht gewusst, dass XXXX homosexuell sei. Er habe ihn gefragt und XXXX habe die Frage bejaht. Nach einiger Zeit sei XXXX weinend zu dem Beschwerdeführer gekommen und geklagt, dass die Leute ihn wegen seiner Homosexualität beschimpft und geschubst hätten. Der Beschwerdeführer hätte XXXX beruhigt und sie wären sich so nähergekommen und es wäre zu intimen Handlungen gekommen. Sie entwickelten Gefühle für einander, der Beschwerdeführer hätte aber nicht gewollt, dass die Leute wissen, dass er homosexuell sei. XXXX sei einverstanden gewesen. So sei er in eine einjährige Beziehung "gestolpert". Eines Morgens sei ein Freund zum Hotel gekommen und hätte ihm mitgeteilt, dass XXXX am Markt verstorben sei. Er habe Verletzungen am ganzen Körper gehabt. Die Leute hätten gesagt, wegen seiner Homosexualität hätten Leute ihn geschlagen. Einer dieser Leute hätte ihm das Leben abgesprochen und ihn erstochen. Nach zwei Tagen habe er einen Freund über das Geschehene berichtet. Auf der Straße hätten Leute den Beschwerdeführer angesprochen und mitgeteilt, ihm würde das gleiche wie XXXX zustoßen, sollte er seine Homosexualität weiterleben. Der Beschwerdeführer hätte seine Homosexualität geleugnet. Die Leute hätten ihm gesagt, sie wüssten, dass er homosexuell sei. Der Beschwerdeführer hätte einen Freund von XXXX kontaktiert und über das Geschehene und die Drohungen der Leute berichtet. Da es für den Beschwerdeführer zu gefährlich gewesen wäre, dort weiterzubleiben, sei er in einem anderen Viertel untergebracht und die Ausreise organisiert worden.

Hier in Österreich wäre es anders, er habe einem Mädchen von seiner Homosexualität erzählt, diese hätte es normal gefunden. In der österreichischen Schwulenszene sei es ruhig und angenehm und es würde keine Probleme geben. Sein Freund würde auch aus der Elfenbeinküste kommen. Über die französische Sprache hätten sie schnell zueinander gefunden. Erst nach einer sechsmonatigen Freundschaft seien sie in eine Beziehung gegangen. Zwei Freunde, seine Pateneltern und jenes Mädchen wüssten von seiner Homosexualität. Der Beschwerdeführer und sein Freund hätten noch Hemmungen die Homosexualität in der Öffentlichkeit zu zeigen. Er sei auch nicht in Clubs unterwegs, er würde trainieren und in die Kirche gehen.

Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass die Homosexualität in der Elfenbeinküste offiziell nicht strafbar sei, jedoch die Leute würden machen, was sie wollen. Auch die Polizei habe Probleme mit homosexuellen Männern.

Am 27.07.2017 langte die Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Informationen sich nicht auf dem neuesten Stand befinden würden. Nur auf Seite 20 würde sich eine kurze Zusammenfassung über die Situation von homosexuellen Menschen in der Elfenbeinküste befinden. Die Rechtsvertretung verwies auf eine Meldung von Amnesty International (http://www.queeramnesty.de/laender/artikel/kategorie/elfenbeinkueste.html, Zugriff am 21.07.2017), aus welcher die ablehnende Haltung der ivorischen Bevölkerung gegenüber homosexuellen Menschen, die in homophoben Übergriffen und Verfolgung resultieren würde, deutlich hervorgehe. Auch die Informationsplattform "humanrights.ch" (https://www.humanrights.ch/de/sercice/laenderinfos/elfenbeinküste/;

Zugriff am 21.07.2016) würde beschreiben, dass homosexuelle Menschen häufig Opfer von gesellschaftlicher Diskriminierung seien. Aus dem Bericht des Außenministeriums der Vereinigten Staaten von Amerika, "Country Report on Human Rights Practices for 2016 - Cote D'Ivoire"; (Https://www.state.gov/j/dri/rls/hrrpt/2016/af/265246.htm, Zugriff am 21.07.2017, würde eindeutig hervorgehen, dass es gewalttätige Angriffe gegen die LGBTI-Gemeinschaft in der Elfenbeinküste geben würde und dass die Strafverfolgung sehr ineffektiv sei, wenn auf solche Angriffe reagiert werden solle. Auch in einem Artikel der Zeitung "Liberation" vom 18.11.2016 (http://www.liberation.fr/planete/2016/11/18/en-cote-d-ivoire-pour-vivre-gay-vivons-chaces_1529489, Zugriff am 24.07.2017, welcher der belangten Behörde vorliegen würde, würde beschrieben, dass zwei Männer aufgrund ihrer Homosexualität zu Gefängnisstrafen verurteilt werden würden.

Mit Bescheid vom 05.10.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und des Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG 2005 erlassen. Die Abschiebung nach Elfenbeinküste sei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass nicht festgestellt werden hätte können, dass der Beschwerdeführer wegen Homosexualität in der Elfenbeinküste asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und deshalb sein Heimatland verlassen habe. Es sei keine mangelnde Schutzfähigkeit der staatlichen Behörden feststellbar. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

Der Beschwerdeführer erhob durch seine Rechtsvertretung XXXX fristgerecht Beschwerde im vollen Umfang aus Gründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es wurde auf das Vorbringen, die zur Vorlage gebrachten Dokumente und auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (18.09.2014 E910/2014) sowie das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (07.11.2013 C-199/12-C201/12) verwiesen. Es werden diesbezüglich auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs VwGH 26.02.2002, 99/20/509; 13.11.2008, 2006/01/0191; und 28.10.2009, 2006/01/0793 angeführt. Aus dieser Rechtsprechung ergäbe sich, dass von dem Beschwerdeführer nicht erwartet werden könne, seine sexuelle Orientierung geheim zu halten. Würde der Beschwerdeführer seine sexuelle Orientierung in seinem Herkunftsstaat ausleben, so bestünde akute Gefahr von Verfolgung, ganz gleich in welchem Teil der Elfenbeinküste der Beschwerdeführer sich aufhalten würde.

Es wurden zahlreiche Empfehlungsschreiben von seinen Pateneltern, Patengeschwister, Freunden und Bekannten in Vorlage gebracht. Am 24.05.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsbericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, sein Lebenspartner als Beschwerdeführer, die Rechtsvertretungen der Beschwerdeführer und ein Dolmetscher teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm entschuldigt nicht teil. Der Beschwerdeführer hielt seine Beschwerde und sein bisheriges Vorbringen aufrecht.

Folgende Dokumente und Schreiben wurden in Vorlage gebracht:

-

Sozialbericht des Verein XXXX ,

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Unterstützungsschreibens des Vereins Queer Base,

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Fotos

Auf die Frage des Richters, ob der Beschwerdeführer zu seinen bisherigen Angaben etwas korrigieren oder ergänzen möchte, antwortete er, sein Vater sei nicht mehr Polizist, er sei mittlerweile in Pension.

Die Verhandlung wurde auf Deutsch und nicht in französischer Sprache durchgeführt.

Der Beschwerdeführer gab an, er sei Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, gehöre der Volksgruppe der Dida an und sei evangelischer Christ. Er habe in seinem Geburtsort und ab seinem 13. Lebensjahr in einer Hafenstadt gelebt. Ende 2015 sei er aus der Elfenbeinküste ausgereist.

Bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr hätte er von der Unterstützung seines Vaters gelebt, dann hätten die Eltern des Beschwerdeführers von seiner Homosexualität erfahren. Der Vater hätte ihn erwischt, wie er seinen Cousin geküsst und überall berührt hätte. Der Vater hätte ihn angeschrieen, geschleift und geschlagen, als verhext bezeichnet sowie an die Wand gestoßen und gemeint er sei verflucht, denn diese Handlungen seien wider die Natur. Der Beschwerdeführer sei blutig geschlagen, weggelaufen und nicht mehr zu seinen Eltern zurückgekehrt. Mit dreizehn hätte der Beschwerdeführer angefangen sich selbst zu erhalten, er habe in einem Hotel gearbeitet und dort geschlafen. Deshalb hätte er keinen Gehalt erhalten.

Auf die Frage des Richters, wann der Beschwerdeführer das erstemal gemerkt hätte, dass er sich zum eigenen Geschlecht hinzugezogen fühlte, antworte er: "Ich glaube es hat schon früher begonnen, als ich zehn Jahre alt war. Ganz stark war es dann, als ich mit meinem

Freund XXXX zusammen war. .... In der Elfenbeinküste weiß man schon

als Kind, dass Homosexualität "nicht geht" und es wird als wider der Natur angesehen. Homosexuelle werden immer wieder bedroht. Ich habe immer in Angst gelebt." Er hätte sich nie für Mädchen interessiert.

Sein erstes homosexuelle Erlebnis hätte er mit seinem Freund XXXX gehabt: "Er ist zu mir gekommen und hat gesagt, dass die Leute ihn auf der Straße beschimpft und bedroht haben und er hat angefangen zu weinen. Ich habe ihn getröstet und geküsst und dann kam es zu sexuellen Handlungen. Ich habe mich zuerst geschämt. Wir haben darüber gesprochen, ich habe gesagt, es war für mich eine Freude. Ich wollte, dass das niemand weiß." XXXX sei weiblich gewesen, er hätte Essen gemocht, spazieren zu gehen, shoppen zu gehen und viel zu reden. Er sei sehr nett gewesen und hätte ihn unterstützt. Er sei ein bisschen dünner als er gewesen und auch drei Jahre älter. Man habe ihm seine sexuelle Orientierung angesehen.

Auf die Frage des Richters, wie sich allgemein die Situation der Homosexuellen in seinem Heimatland darstelle, antwortete er: "Wie ich schon gesagt habe. Wenn man schon als Kind weiß, dass Homosexualität nicht geht, Leute sagen, dass jemand vom Teufel besessen ist und dass das eine Krankheit ist und "sie müssen immer

getötet werden." .... Vom Gesetz her ist es nicht verboten, aber es

gibt auch keinen Schutz für Homosexuelle. Es gibt auch keine Organisationen von Homosexuellen." Die Bevölkerung sei der Ansicht, dass die Homosexuellen weg müssten. Es heisst, das komme von den "Weißen", es sei "unafrikanisch" und widerspreche den Traditionen und sei eine "Krankheit". Die Mentalität der Stadt- und Landbewohner betreffend Homosexualität sei gleich, da gäbe es keinen Unterschied. Die Polizei schütze auch nicht Homosexuelle bei Übergriffen von Privatpersonen. Es gäbe keine Orte, wo sich homosexuelle Personen treffen könnten. Wenn sich zwei Männer auf der Straße küssen würden, würden sie gleich geschlagen und bedroht werden.

Der Richter befragte den Beschwerdeführer zur Tötung seines Freundes XXXX . Der Beschwerdeführer antwortete: "Es war eines Morgens, ich war im Hotel, wo ich gearbeitet habe. Ein Freund ist zu mir gekommen und hat gesagt, ich soll schnell kommen, XXXX liegt tot am Markt. Ich bin einfach dorthin gelaufen und ich habe die Leiche gesehen und ich habe geschrien und geweint. Die Leute rundherum haben gesagt, dass er bedroht wurde, weil er "Homo" ist. Er hatte Stichwunden und man hat gesehen, dass er geschlagen wurde. Ich bin dann einfach weggelaufen. Ich war sehr schockiert. Ich habe mich zwei Tage in meinem Zimmer eingesperrt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Freund tot ist."

Auf die Frage des Richters, welche Probleme er selbst wegen seiner Homosexualität in seinem Heimatland gehabt hätte, antwortete der Beschwerdeführer: "Zwei Tage nach dem Tod von XXXX , wollte ich einen Freund von XXXX anrufen und ihm sagen, dass XXXX tot ist, auf dem Weg zu ihm waren drei Männer. Sie sind auf einer Bank gesessen.

Sie haben mir gesagt: "Hey, du hast gesehen, was mit XXXX passiert ist, du bist der Nächste." Ich habe gesagt: "Ich bin kein Homo". Sie haben gesagt, dass sie es schon wissen, dass es ihnen egal ist. Ich habe gesagt: "Nein" und bin weggelaufen. Ab diesem Tag habe ich mit der Abendschule aufgehört, weil ich Angst hatte und dann habe ich mich meines Lebens nicht sicher gefühlt und gefürchtet und bin die meiste Zeit in meinem Zimmer geblieben. Einige Tage später wollte, ich Essen kaufen. Es war ungefähr zu Mittag, ich bin draußen gegangen, hinter mir war ein Mann. Er hat geschrien, dass ich ein Homosexueller sei. Ich habe mich umgedreht und er hat auf mich gedeutet. Mein Herz hat schnell zu schlagen begonnen und ich habe schon gedacht, dass das mein Ende sei. Ich bin ganz schnell weggelaufen, ich habe mich versteckt. Ab diesem Tag habe ich mich entschlossen, wegzugehen." Der Beschwerdeführer wisse nicht, ob der Mörder von XXXX gefasst worden sei. Versuche man selbst bei der Polizei Hilfe wegen Übergriffe zu erhalten, könne man von dieser Seite nur Gewalt erwarten.

Nachgefragt erzählte der Beschwerdeführer, der unmittelbare Anlass seiner Ausreise sei eine Todesdrohung gewesen. Er habe einen Freund von XXXX angerufen und ihm die Situation geschildert. Der Freund hätte gemeint, dass der Beschwerdeführer weg müsse. Als er am nächsten Tag gekommen sei, seien sie in einderen Bezirk seines Wohnortes zu einem Fußballmanager gegangen, welcher ihm geholfen hätte nach Europa zu gelangen. Dieser hätte ihm vermittelt, dass es hier für Homosexuelle sicher sei, weil es erlaubt wäre. Da der Beschwerdeführer kein Geld für die Ausreise gehabt hätte, hätte der Freund von XXXX es bezahlt. Er hätte sehr viel Geld. Nachdem er seine Dokumente vorbereitet hätte, habe er auf den Anruf des Fußballmanagers gewartet. Dieser hätte ihn nach Frankreich, Paris mitgenommen und er hätte den Bus nach Wien genommen.

Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführer erkundigte sich, ob er mit massiver Gewaltanwendung seitens der Bevölkerung der Elfenbeinküste zu rechnen hätte, wenn er dort seine Homosexualität ausleben würde. Der Beschwerdeführer antwortet, es sei unmöglich dort seine Homosexualität auszuleben, man werde immer bedroht. Die Situation der Homosexuellen habe sich auch nicht seit seiner Ausreise geändert. Es habe im Jahr 2018 einen homosexuellen Frisör gegeben, er sei deswegen getötet worden. Wenn er sich in seinem Heimatland öffentlich zur Homosexualität bekennen würde, würde er immer Bedroht werden und er hätte Angst um sein Leben.

Der Beschwerdeführer antwortete nachgefragt, er hätte noch Verwandte (Vater, Bruder) in seinem Heimatland. Er hätte den Kontakt seit drei Monaten abgebrohen. Der Vater hätte ihm erklärt, dass Homosexualität ein "Blödsinn" sei, er zeige kein Interesse an seinem Sohn.

Der Richter erkundigte sich, was der Beschwerdeführer derzeit in Österreich mache. Er gab an: "Momentan mache ich eine Lehre als Koch im XXXX . Wenn ich Zeit habe, gehe ich zum Training, dann treffe ich meine Freunde und meine Paten. Ich gehe auch jeden Sonntag zur Kirche, zum XXXX , wenn ich Zeit habe." Er lebe mit seinem Freund nicht zusammen, sie hätten aber eine Partnerschaft. Er kenne seinen Freund, seit 2015, er sei einen Monat später als der Beschwerdeführer nach Österreich gekommen. Nach sechs Monaten, in denen sie sich regelmäßig getroffen hätten, habe diese Beziehung angefangen und dauere bis heute an. Der Beschwerdefüher würde nach wievor beim XXXX Fußball spielen. Zurzeit hätte er wegen seiner Arbeit wenig Zeit. Im letzten Jahr hätte er auch Probleme mit der Hüfte gehabt. Er würde aber nach wie vor einen Spielerpass besitzen und er hätte in der Regionalliga gespielt. Sein vorrangiges Ziel sei jedoch der Lehrabschluss.

Er habe in Österreich die Deutschkurse bis zum Niveau B2 und den Pflichtschulabschluss absolviert. Er habe danach eine Lehrstelle bekommen.

Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer österreichische Freunde habe, applaudierten zahlreichende Anwesende. Der Beschwerdeführer gab an, er würde auch manchmal zum Verein Queer Base gehen, sein Freund sei dort jedoch viel aktiver.

Auf die Frage des Richters, was mit ihm geschehen würden, wenn er in

sein Heimatland zurückkehren müsste, antwortete er: "Ich werde immer

Angst haben, ich werde mich immer fürchten. Ich könnte dort nicht

mit meinem Freund leben. Ich würde dort keine Unterstützung von der

Polizei erhalten, wenn es Übergriffe gibt. ..... Ich würde immer

bedroht werden und auch geschlagen und irgendwann würde es dann zum

Tod kommen. ... Ich kann auch mit meinem Freund alles unternehmen.

Wir haben vorgehabt zu heiraten. Aber in der Elfenbeinküste geht das nicht. Wir brauchen uns hier nicht zu verstecken."

Eine anwesende Vertrauensperson, ausgewiesen durch ihren Reisepass, gab zu Protokoll: "Ich möchte noch etwas zu seinem Kontakt zu seinem Vater sagen, weil wir auch einige Male bei Telefonaten dabei waren. Wir haben z. B. gehört, dass sein Vater ihn aufgefordert hat, sich der Fremdenlegion anzuschließen und ihm Geld zu schicken. Wir haben daraus den Schluss gezogen, dass er überhaupt kein Verständnis für seine Situation hat und auch keine Unterstützung im Falle einer Rückkehr zu erwarten wäre. Der familiäre Mittelpunkt des Beschwerdeführers liegt in Österreich."

Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers verließ ohne Unterschriftsleistung die Verhandlung und nahm zur Kenntnis, dass eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme zu noch auszuhändigenden Länderdokumenten eingeräumt wurde.

Die Verhandlung wurde mit der Befragung des Lebensgefährten des Beschwerdeführers fortgesetzt.

In der Stellungnahme vom 07.06.2019 wurde einerseits auf die Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 09.07.2018 und auf die darin in das Verfahren eingebrachten Länderberichte verwiesen. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass "Berichte über die Verfolgungswahrscheinlichkeit von wie die Beschwerdeführer offen lebenden (und in ihrem Falle als Paar auftretenden) Homosexuellen in Cote d'Ivoire es daher nicht gibt, da es in Cote d'Ivoire aufgrund der Gefahr und der Ängste Betroffener kaum offen ausgelebte nicht-normative Sexualität gibt." In den UNHCR SOGI Richtlinien vom 23.10.2012 sei festgehalten worden, dass internationale Organisationen und andere Gruppen in vielen Ländern nach wie vor nur beschränkte Möglichkeiten hätten, Übergriffe gegen LGBTIQ Personen zu beobachten und zu dokumentieren. Auch die Stigmatisierung rund um das Thema sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität trage laut den Richtlinien dazu bei, dass Zwischenfälle nicht angezeigt würden. Auch der USDOS "Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cote D'Ivoire" im Unterkapitel "Acts of Violence, Discrimination, and Other Abuses Based on Sexual Orientation and Gender Identity" bestätige, dass Menschenrechtsorganisationen die über LGBTIQ-Personen berichten würden, selbst so wie diese angegriffen und diskriminiert werden würden. Die in den Länderberichten angegeben Informationen seien auf der einen Seite ausgewogen und objektiv, jedoch würden sie auf der anderen Seite nur eine Mindestanzahl der Übergriffe darstellen können. In Konsequenz könnten die länderkundlichen Erkenntnisquellen nicht in dem Sinne gewürdigt werden, dass die die Verfolgungssituation von LGBTIQ-Personen eins zu eines wiedergeben, sondern nur das absolute Mindestmaß an Verfolgung und Diskriminierung.

Die LIB zur Elfenbeinküste würden sich als stark ergänzungsbedürftig gestalten, das nur mit zwei Sätzen auf die Situation der Homosexuellen eingegangen werde. Homosexualität sei zwar unmittelbar nicht strafbar, jedoch stoße sie in weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung und strafrechtliche Bestimmungen zur Prostitution würden auf Homosexuelle angewandt werden. Konkret würde der Strafbestand zur Erregung öffentlichen Ärgernisses (Art 360 Code Penal Cote d'Ivore/IvorStGB) angewendet werden, um homosexuelle Personen strafrechtlich zu verfolgen, wobei das Strafmaß der Bestimmung in diskriminierender Art und Weise erhöht werde. So sanktioniere Art 360 nicht einfach nur sexuelle Handlungen zwischen Personen desselben Geschlechs härter, sondern das Gesetz spreche in diesem Zusammenhang von einem "schamlosen Akt oder wider die Natur mit einer Person desselben Geschlechts". Dadurch drücke der ivorische Gesetzgeber deutlich aus, wie Homosexualität durch den Staat gesehen werde. Die LIB führten weiter aus, dass "die schwerwiegendste Menschenrechtsprobleme der Missbrauch durch Sicherheitskräfte und die Unfähigkeit der Regierung, Recht und Ordnung durchzusetzen", darstellen würde. Die Regierung würde nur selten Missbrauch, der von Beamten und Sicherheitskräften begangen würde, verfolgen.

Auch das deutsche Auswärtige Amt nehme in seinem Bericht vom 03.08.2018 auf die UNHCR SOGI Richtlinien Bezug. Es werde ein Fall beschrieben, in dem es zur Verhaftung und Verurteilung eines offen lebenden homosexuellen Paares gekommen sei. Der Richter hätte die Entscheidung mit dem Argument begründet, dass aus dem Straftatbestand der öffentlichen Indiskretion ein grundsätzliches Verbot der Homosexualität abzuleiten sei.

Desweiteren wurde auf ein rezentes Erkenntnis des Cour nationale du droit d'asile (nationaler französischer Asylgerichtshof) mit GZ 17043238 vom 07.06.2018 hingewiesen und aus der dt.

Arbeitsübersetzung) zitiert:

"4. Auch wenn Homosexualität als solche in der Elfenbeinküste nicht strafrechtlich verfolgt wird, kommt trotzdem aus einer Notiz der Migrationskommission aus Kanada hervor (C188) vom 22.12.2014 ("Cote d'Ivoire - information su l'application de l'articele 360 du code pénal à l'encontre des minorités sexuelles"), dass homosexuelle Personen nach dem Artikel 360 des Strafgesetzbuchs verfolgt werden können, und wegen öffenlticher unzüchtigen Handlungen inklusive unsittlichen Verhaltens oder widernatürlichen Verhaltens mit einer Person des gleichen Geschlechts bestraft werden. In diesem Fall wird

die Strafe verdoppelt. ........ Homosexualität bleibt in diesem Land

ein tabu, was dieses Community dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Außerdem kann eine Person, wenn sie sich offen zu ihrer Homosexualität bekennt, von der Familie verstoßen werden und jegliche Unterstützung üblicher Netzwerke verlieren. Schließlich setzt diese sexuelle Orientierung Personen, die sich offen dazu bekennen, Diskriminierung bezüglich Zugang zu medinischer Versorgung aus und führt zu starken Stigmatisierung dieser Personen. Diese Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte gegenüber homosexuellen Personen verschlimmert. Auf jeden Fall muss beachtet werden, dass die ivorische Regierung sich geweigert hat, alle Empfehlungen bezüglich Bekämpfung von genderbasierten Diskriminierungen zu berücksichtigen, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Bericht der Arbeitsgruppe zu universellen periodischen Überprüfung vom Juli 2016 gegeben wurden. Daher bilden die ivorischen Homosexuellen eine soziale Gruppe, deren wesentliche Eigenschaft, worauf sie nicht verzichten können, ihre sexuelle Orientierung ist und deren eigene Identität als anders von der ivorischen Gesellschaft und Behörden betrachtet wird." In einem weiteren Erkenntnis des französischen Asylgerichtshofes (GZ 17034204 vom 25.09.2018) wird zu der Lage für LGBTIQ-Personen ausgeführt: "Auch in Abdijan, wo eine LGBTIQ-Community existiert, sind ihre Mitglieder Opfer von Aggressionen. Einige Mitglieder der Gay Community in Abidjan wurden nach der online-Veröffentlichung eines Fotos der US Botschaft angegriffen, wie ein Artikel von Le Mondes es bestätigt: ...Orlando:

Männer wurden bedroht, weil sie an einer Gedenkfeier teilgenommen haben".

Ähnlich agumentierte das italienische Tribunale di Milano (Erkenntnis vom 18.10.2017, GZ 14337/2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, Angehöriger der Volksgruppe der Dida, christlichen Glaubens und ledig. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist volljährig, gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat alle Deutschkurse bis zum Level B2 und den Pflichtschulabschluss erfolgreich absolviert. Er ist Kochlehrling im XXXX und Fußballspieler eines Wiener Fußballclubs. Er ist selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich voll integriert, er hat Pateneltern, hat sich in der homosexuellen Szene etabliert und zahlreiche österreichische Freunde.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat bereits als Kind, beim Spielen mit seinen Freunden entdeckt, dass er homosexuell ist. Im Alter von etwa dreizehn Jahren wurde der Beschwerdeführer mit seinem Cousin unter der Dusche von seinem Vater erwischt, als sie sich gegenseitig berührten. Der Vater, von Beruf Polizist, schlug und beschimpfte ihn. Er drohte den Beschwerdeführer zu töten, denn Homosexualität sei abartig und zeuge davon, dass der Beschwerdeführer verhext sei. Der Beschwerdeführer zog zu einem homosexuellen Freund. Vorerst verband die beiden eine platonische Freundschaft. Der Freund half ihm einen Job zu finden und ein Dach über dem Kopf zu haben. Eines Tages kam der Freund weinend zum Beschwerdeführer und klagte über die Intoleranz der Mitmenschen gegenüber Homosexuellen. Der Beschwerdeführer tröstete ihn und es kam zu sexuellen Handlungen. Es begann eine einjährige homosexuelle Beziehung. Gegenüber den Mitmenschen leugnete der Beschwerdeführer aus Angst seine Homosexualität. Eines Morgens klopfte es an der Zimmertür des Beschwerdeführers. Ein Freund des Beschwerdeführers teilte ihm mit, dass sein Freund ermordet worden sei. Sein Körper liege, mit Stichwunden versehen, am Markt. Leute schlugen und erstachen ihn wegen seiner Homosexualität. Die Polizei half nicht, das Unglück zu verhindern. Die Polizei unterstützte prinzipiell Homosexuelle nicht. Am Rückweg vom Markt wurde der Beschwerdeführer angepöbelt, dass er wegen seiner Homosexualität, die er nicht leugnen brauche, das nächste Opfer sei. Ein Freund von seinem Freund half dem Beschwerdeführer zu fliehen.

Der Beschwerdeführer gab glaubhaft an, dass die Leute Homosexuelle schlagen könnten, bis sie sterben. Polizisten würden Homosexuelle ebenfalls schlagen, wenn sich diese bei der Polizei beschweren würde.

Die Patenmutter gab an, dass der Vater des Beschwerdeführers nach wie vor kein Einsehen und Verständnis für den Beschwerdeführer zeigt. Der Vater forderte den Beschwerdeführer beim letzten telefonischen Kontakt auf zur Fremdenlegion zu gehen und ihn finanziell zu unterstützen. Bei einer Rückkehr sei zu erwarten, dass er den Beschwerdeführer nicht unterstützen würde. Der familiäre Mittelpunkt des Beschwerdeführers ist mittlerweile in Österreich bei seiner Patenfamilie.

Der Beschwerdeführer ist homosexuell und konnte glaubhaft vorbringen, dass er in seinem Heimatland wegen Homosexualität (bestimmte soziale Gruppe) einer persönlichen Verfolgung unterliegt. Er wird im Fall einer Rückkehr nach der Elfenbeinküste mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung und einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.2 Länderfeststellungen

1.2.1 Zu der Elfenbeinküste wird verfahrensbezogen festgestellt (Auszüge aus den Länderberichten des BFA):

Homosexuelle

Homosexualität wird in der Côte d'Ivoire strafrechtlich nicht verfolgt, jedoch von weiten Teilen der Bevölkerung stark abgelehnt (BMEIA 20.3.2018). Nach ivorischem Recht ist Prostitution strafbar, Homosexualität hingegen nicht. In der Rechtsprechung wird die Vorschrift zur Prostitution jedoch gelegentlich auf Homosexualität ausgeweitet (AA 20.3.2018).

Quellen:

-

AA -Auswärtiges Amt (20.3.2018): Elfenbeinküste, Reise-und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/CoteDIvoireSicherheit_node.html, Zugriff 20.3.2018

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BMEIA -Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (20.3.2018): Reiseinformationen -Côte d'Ivoire, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/cote-divoire-de.html?dv_staat=33, Zugriff 20.3.2018

1.2.2. Zusätzlich werden folgende Feststellungen basierend auf der Judikatur des nationalen französischen Gerichtshofs für Asyl (GZ 17043238 vom 07.06.2018; GZ 17034204 vom 25.09.2018, GZ 15031773 vom 18.03.2016, GZ 14006748 vom 06.06.2014) getroffen:

Wenn auch Homosexualität als solche grundsätzlich in der Elfenbeinküste nicht strafrechtlich verfolgt wird, geht trotzdem aus einer Notiz der Migrationskommission aus Kanada hervor (C188) vom 22.12.2014 ("cote d'ivoire - information sur l'application de L'article 360 du Code pénal à l'encontre des minorités sexuelles"), dass homosexuelle Personen nach dem Artikel 360 des ivorischen Strafgesetzbuches verfolgt werden können, jene die öffentliche unzüchtige Handlungen inklusive unsittliches Verhalten oder unnatürliches Verhalten mit einer Person des gleichen Geschlechts tätigen. In diesem Fall verdoppelt sich die Strafe. Die Beobachtungen vom französischen Amt zum Schutz von Flüchtlingen und staatenlosen Menschen und vom nationalen französischen Asylgerichtshof sowie vom Human Rights Watch haben, wie in einem Bericht dargelegt, ergeben, dass der Artikel 360 des ivorischen Strafgesetzbuches genutzt wird, die homosexuelle Community in der Elfenbeinküste zu unterdrücken. Somit bleibt Homosexualität in der Elfenbeinküste ein Tabu. Die homosexuelle Community ist dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Wenn sich eine Person offen zu ihrer Homosexualität bekennt, kann sie von der Familie verstoßen werden und jegliche Unterstützung der üblichen Netzwerke verlieren. Personen, die sich zu dieser sexuellen Orientierung offen bekennen, werden etwa beim Zugang zu medizinischer Versorgung diskriminiert. Diese Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte unterstützt. Es ist zu beachten, dass die Regierung der Elfenbeinküste sich geweigert hat, alle Empfehlungen bezüglich der Bekämpfung von genderbasierter Diskriminierung zu berücksichtigen, die vom Menschrechtsrat der Vereinten Nationen (Bericht der Arbeitsgruppe zu universellen periodischen Überprüfung, Juli 2016) angeregt wurden.

1.3. Beweis wurde erhoben durch:

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Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die XXXX

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durch Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.07.2017

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durch Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht am 24.05.2019,

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durch Vorlage eines Sexualwissenschaftliches Gutachtens, von mehreren Zeitungsartikeln bezüglich der Homosexualität in der Elfenbeinküste, einer beglaubigten Übersetzung eines weiteren Berichts über die Homosexualität in der Elfenbeinküste

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durch Vorlage des Zeugnisses über die Pflichtschulabschlussprüfung, des Zertifikats über abgelegt Deutschprüfung, Niveau

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durch Vorlage folgender Berichte und Artikel:

http://www.queeramnesty.de/laender/artikel/kategorie/elfenbeinkueste.html, Zugriff am 21.07.2017,

https://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/elfenbeinküste/;

Zugriff am 21.07.2016,

https://www.state.gov/j/dri/rls/hrrpt/2016/af/265246.htm, Zugriff am 21.07.2017,

http://www.liberation.fr/planete/2016/11/18/en-cote-d-ivoire-pour-vivre-gay-vivons-chaces_1529489, Zugriff am 24.07.2017

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Durch Vorlage der GZ 17043238 vom 07.06.2018; GZ 17034204 vom 25.09.2018, GZ 15031773 vom 18.03.2016, GZ 14006748 vom 06.06.2014 des französischen Asylgerichtshofs - Cour nationale du droit d'asile

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Durch Vorlage der GZ 14337/2017 vom 18.10.2017 des italienischen Tribunale di Milano

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LIB der Staatendokumentation zur Elfenbeinküste vom 24.10.2018,

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Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Cote d'Ivoire vom 03.08.2018

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US Departement of State - Country Report on Human Rights Practies 2018 - Cote d'Ivoire

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sowie Einsichtnahme in den, den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauszug.

2. Beweiswürdigung:

Die länderspezifischen Feststellungen entstammen einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation (die nicht nur für die Länderinformation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sondern auch für das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist), welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht. Sie wurden durch die Judikatur des französischen Asylgerichtshofes ergänzt.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum AsylG 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein.

Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 23.10.2018 Ra 2018/20/0043u.v.a.m.)

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, der Volksgruppe der Dida zugehörig, ledig, homosexuell und christlichen Glaubens. Er ist nicht straffällig.

Durch die Fluchtgeschichte zieht sich seit der Erstvernahme ein roter Faden. Das Bundesverwaltungsgericht konnte keine Steigerung des Fluchtvorbringens feststellen. Der Beschwerdeführer hat sein Vorbringen schlüssig, lebensnahe, sehr ausführlich, sehr konkret, emotionsvoll und nachvollziehbar vor dem Bundesverwaltungsgericht geschildert. Bereits in der Kindheit hat er seine homosexuelle Neigung entdeckt und angefangen zu leben. Sein Vater, ein Polizist, erwischte ihn, wie er mit der Homosexualität durch seinen Cousin in Berührung kam. Der Vater misshandelte den Beschwerdeführer und bedrohte ihn mit dem Tod. Der Beschwerdeführer floh und stand mit dreizehn Jahren gezwungener Maßen auf eigenen Beinen. Seine erste homosexuelle Beziehung endete tragisch. Sein Freund wurde am Markt ermordet und tot aufgefunden. Er wurde von den Leuten, obwohl er es leugnete, als homosexuell identifiziert und folglich mit dem Tod bedroht.

Die Angaben des Beschwerdeführers wurden durch die LIB, zahlreiche vorgelegte Berichte, die Judikatur des französischen Asylgerichtshofs, die Judikatur des Tribunale di Milano, den Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Cote d'Ivoire vom 03.08.2018, den US Departement of State - Country Report on Human Rights Practies 2018 - Cote d'Ivoire belegt.

Der Beschwerdeführer legte zahlreiche Unterlagen zu seiner Integration von sich aus vor. Es ist auch nichts hervorgekommen, dass er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch dargestellt hat, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen ausgewechselt, unbegründet einsilbig, verspätet oder ersteigert hatte, ebenso wenig kann ihm ein mangelndes Interesse am Verfahrensablauf oder eine Unterlassung der nötigen Mitwirkung nachgesagt werden. Der Beschwerdeführer hat auch hinsichtlich seiner Fluchtgründe persönlich einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, was auch dadurch verstärkt wird, dass er das Vorbringen nicht aufgebauscht hat und etwa keineswegs von (nicht stattgefundenen) Misshandlungen oder Missbräuchen berichtet hat.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen Glaubwürdigkeit zugebilligt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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