Entscheidungsdatum
02.07.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W159 2209227-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.05.2019, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz idgF der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Absatz 5 Asylgesetz 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire), zugehörig der Volksgruppe der Senefos, gelangte (spätestens) am 10.10.2015 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Am nächsten Tag erfolgte die Erstbefragung durch die XXXX .
Zu den Fluchtgründen führte er aus, dass er homosexuell sei. Seine Eltern hätten ihn deswegen verstoßen. Er sei in seinem Heimatstaat verfolgt und geschlagen worden. Sein Körper hätte mehrere Narben. Seine Familie sei mohammedanisch und Homosexualität sei dort ein Verbrechen, deswegen sei er auch zum Christentum konvertiert.
Queer Base informierte die belangte Behörde am 23.04.2018, dass der Beschwerdeführer auf Empfehlung eines Kollegen des Deutschkurses Kontakt aufgenommen habe und Anschluss an die Wiener LGBTIQ Community suche. Der Beschwerdeführer bekenne sich zu seiner Homosexualität und spreche selbstverständlich darüber. Er wünsche sich ein Leben in Freiheit, indem er über seine sexuelle Orientierung nicht lügen und sie verstecken müsse
Die Niederschrift im Verfahren vor der belangten Behörde erfolgte im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers am 24.04.2018.
Der Beschwerdeführer brachte zur Vorlage:
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Geburtsurkunde
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Staatsbürgerschaftsnachweis
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Empfehlungsschreiben
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Teilnahmebestätigungen
Der Beschwerdeführer gab an, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste und Christ zu sein. Seine Eltern und sein Bruder ebenfalls Staatsangehörige der Elfenbeinküste, würden sich noch in ihrem Heimatland aufhalten. Die Familie habe in der Hauptstadt des Landes gelebt.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass seine Eltern Mohammedaner seien. In diesem Glauben sei Homosexualität ein Verbrechen. Seine Eltern hätten ihn wegen seiner Homosexualität hinausgeworfen und verstoßen. Der Beschwerdeführer hätte seine Homosexualität bereits entdeckt, als er sehr jung gewesen sei. Er sei mit seinen Freunden zu einem sehr kleinen See baden gegangen. Ein Mann hätte ihnen dort alles beigebracht. Er sei älter als der Beschwerdeführer und seine Freunde gewesen. Sie begannen sich zu amüsieren und Rollenspiele zu machen. Es sei ein Rollenspiel zwischen Vater und Mutter gewesen. Sie seien zu fünft oder sechst gewesen und hätten sich gegenseitig sexuell berührt. Einige hätten die Gruppe verlassen, als sie sich der Entwicklung der Gruppe bewusst geworden seien. Der Beschwerdeführer sei mit seinem Freund intim zusammen gewesen, als die Schwester des Freundes die beiden erwischt und deswegen geschlagen hätte. Die Eltern des Beschwerdeführers seien informiert worden und hätten den Beschwerdeführer auch geschlagen, als er nach Hause gekommen sei. Der Vater des Beschwerdeführers hätte ihm gesagt, dass er so etwas nicht mehr tun dürfe, jedoch sei der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bereits homosexuell gewesen und habe Gefallen an der Homosexualität gefunden. Danach habe der Beschwerdeführer einen älteren homosexuellen Freund gefunden und sei mit ihm zusammen gewesen. Beim Versteckspielen mit einem anderen Freund hätten sie sich in einer Halle versteckt und es sei zu intimen Handlungen gekommen. Sie seien von Erwachsenen entdeckt worden, die die Eltern des Beschwerdeführers informiert hätten. Der Vater habe dem Beschwerdeführer gesagt, er hätte seine Chance erhalten und diese nicht genutzt. Der Vater sagte, er werde den Beschwerdeführer töten, wenn dieser das Elternhaus noch einmal betreten würde. Der Glauben der Eltern hätte Homosexualität verboten. Der Beschwerdeführer sei gegangen und hätte auf Straßen und Märkten geschlafen. Er habe beschlossen sein Heimatland zu verlassen und sei über Mali nach Österreich geflohen.
Auf seiner Flucht sei er nach Griechenland gekommen. Dort sei ihm vom Jesus erzählt worden. In Ungarn und schließlich in Österreich sei er endgültig konvertiert. Er sei konvertiert, weil ihm gesagt worden sei, dass er alles war er mache, mit Christus teilen solle. Er würde auch in die Kirche gehen.
Nach seiner sexuellen Orientierung gefragt, antwortete der Beschwerdeführer, er sei homosexuell und nicht bisexuell. Er stehe nur auf Männer. Bereits im Alter von etwa sieben Jahren habe er seine ersten homosexuellen Erfahrungen gemacht. Diese Erlebnisse seien fantastisch und gut gewesen. Die Homosexualität hätte seinen ganzen Körper erfasst und sei geblieben. Er kenne die genauen Gesetze und die Politik betreffend Homosexualität in seinem Heimatland nicht, jedoch wisse er, dass die Bevölkerung Homosexuelle nicht möge. Noch weniger seien Homosexuelle in seiner Gemeinde geduldet. Die Homosexualität sei mit der Mentalität der Afrikaner nicht zu vereinbaren. Homosexualität habe in der afrikanischen Tradition keinen Platz. Es gäbe Homosexualität, jedoch werde sie im Verborgenen gelebt. Die Menschen und die moslemische Religion würden keine Homosexuellen dulden. Die Menschen würden gegen Homosexuelle aufgehetzt werden und so müssten sich Homosexuelle verstecken.
Auf die Frage, was Homosexualität für ihn bedeute, antwortete der Beschwerdeführer, er wisse nicht, was es für ihn bedeuten würde, er hätte begonnen es zu lieben und sei abhängig davon.
In der Stellungnahme vom 09.07.2018 wurde darauf hingewiesen, dass die Informationen des Länderinformationsblattes stark ergänzungsbedürftig seien. Nur auf Seite 20 würde sich eine kurze Zusammenfassung über die Situation von homosexuellen Menschen in der Elfenbeinküste befinden. Die Rechtsvertretung verwies auf den Jahresbericht des US-Außenministerium vom April 2018, in welchem erwähnt worden sei, dass gleichgeschlechtliche Aktivitäten im Gesetz der Elfenbeinküste als eine Form der öffentlichen Unsittlichkeit bezeichnet werden würden, welche mit Haft bis zu zwei Jahren bestraft werden würde. Die vorhandenen Anti-Diskriminierungsgesetze würden nicht auf eine Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Genderidentität eingehen. Im Februar 2017 seien zwei Männer aus dem Gefängnis entlassen worden, wo sie für die Dauer von drei Monaten inhaftiert gewesen seien. Sie hätten Gesetze bezüglich öffentlicher Unsittlichkeit verletzt, nachdem ein Verwandter die gleichgeschlechtlichen Aktivitäten angezeigt hätte, obwohl sie nicht öffentlich aktiv gewesen seien. Die Exekutivbehörden würden langsam und ineffektiv auf gesellschaftliche Gewalt gegenüber der LGBTI-Gemeinschaft regieren.
Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 05.10.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und des Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG 2005 erlassen. Die Abschiebung nach Elfenbeinküste sei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass nicht festgestellt werden hätte können, dass der Beschwerdeführer wegen Homosexualität in der Elfenbeinküste asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und deshalb sein Heimatland verlassen habe. Es sei keine mangelnde Schutzfähigkeit der staatlichen Behörden feststellbar. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Auch die Ablehnung des subsidiären Schutzeses und die Rückkehrentscheidung wurden begründet.
Der Beschwerdeführer erhob durch seine Rechtsvertretung (Verein Queer Base) fristgerecht Beschwerde im vollen Umfang aus Gründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Am 24.05.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsbericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, sein Lebenspartner als Beschwerdeführer, die Rechtsvertretungen der Beschwerdeführer und ein Dolmetscher teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm entschuldigt nicht teil.
Nachdem der Lebensgefährte des Beschwerdeführers befragt worden war, erfolgte die Befragung des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer hielt seine Beschwerde und sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Es sei für ihn nicht möglich in seinem Heimatland mit seinem Lebensgefährten zu leben.
Er gab an er sei Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, gehöre der Senefos-Volksgruppe an, seine Eltern seien Muslime, er selbst jedoch römisch-katholischer Christ. Er hätte am Anfang mit seinem älteren Bruder bei seinen Eltern gewohnt, dann, auf Grund seiner Homosexualität hätte er das Familienhaus verlassen müssen, weil seine Eltern Muslime seien. Er hätte im Alter von 13 Jahren begonnen für sich selbst zu sorgen. Er habe am Markt geschlafen und sich mit Gelgenheitsjobs am Markt erhalten. Danach hätte er als Automechaniker gearbeitet. Seit er die Elfenbeinküste verlassen hätte, hätte er keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern.
Auf die Frage des Richters, wann er das erste Mal gemerkt hätte, dass er sich zum eigenen Geschlecht hinzugezogen gefühlt hätte, erzählte der Beschwerdeführer: "Es hat angefangen, als ich klein
war, in dem Alter von sieben, acht Jahren. ... Es hat alles in einem
kleinen Fluss, in einem Wald, in der Nähe meines Wohnviertels begonnen, es hieß B. und wir sind dort alle baden gegangen. Wenn wir dort waren, haben wir Spiel gespielt, Papa und Mama gespielt. Jeder von uns hat die Rolle, es gab die Mutter, den Vater, die Kinder. Wir waren ungefähr fünf bis sechs Personen. Wir haben uns berührt, wir haben bisschen wie Papa und Mama zu Hause gemacht, wir haben eine Creme benutzt, um Sex zu haben." Sein erstes homosexuelles Erlebnis, hätte er an diesem Fluss gehabt. Ein älterer Freund dieser Gruppe hätte ihnen gezeigt, wie es gehen würde. Der Beschwerdeführers erzählte weiter: "Es hat sich so gut angefühlt. Es war so in meinem Körper. Wir haben uns immer wieder getroffen und haben uns wohlgefühlt dabei." Er habe sich nie für Mächen interessiert, er sei immer mit einer Gruppe von fünf, sechs Burschen zusammen gewesen. Mädchen hätte es schon im Wohnviertel gegeben, aber die hätten ihn nicht interessiert.
Seine erste homosexuelle Beziehung sei bei den erwähnten Spielen am Fluss entstanden. Sie hätten sich beim Baden ausgezogen und seien schwimmen gegangen und so sei es zu den ersten homosexuellen Kontakten gekommen. Er hätte mit drei Männern eine fixe Beziehung gehabt.
Das erste Mal sei er mit seinem damaligen Freund bei der Familie des Freundes erwischt worden. Die Eltern des Freundes hätten in einem Wohnhaus gewohnt und auf dem Dach war ein Art Lager, mit vielen Sachen drinnen. Sie hätten sich am Nachmittag dort getroffen, als niemand dort gewesen sei und Sex miteinander gehabt. Eines Tages sei die Schwester von seinem Freund gekommen und hätte sie gesehen. Die Eltern und die Schwester hätte sie geschlagen. Die Eltern des Beschwerdeführers seien informiert worden. Zu Hause sei er von der Mutter und dem Vater geschlagen worden. Der Vater hätte ihm mitgeteilt, dass es in der Religion verboten sei so etwas zu tun. Er hätte ihm eine zweite Chance geben wollen, "aber damals war ich im Ganzen Körper schon "schwul"".
Das zweite Mal sei er während eines Versteckspielens erwischt worden. Er hätte sich mit seinem Freund in einem Kohlenlager versteckt. Es sei ganz dunkel gewesen und man hätte von außen nicht hineingesehen. Zwei Erwachsene vom Viertel hätten jedoch gesehen, wie sie hineingegangen wären. Die Erwachsenen seien neugierig geworden, weil die beiden nicht hinausgekommen wären und hätten bemerkt, dass die jungen Männer sich lieben. Sie wären von den Erwachsenen hinausgezerrt und geschlagen worden und die Eltern seien informiert worden. Der Vater des Beschwerdeführers hätte ihm gesagt, dass er ihn gewarnt hätte und hätte in dann mit der Gürtelschnalle geschlagen, bis er geblutet hätte. Sie hätten sogar Pfefferoni zerstückelt und in seinen Anus eingeführt. Der Beschwerdeführer sei von zu Hause weggelaufen. Er sei einmal in die Nähe seines Elternhauses zurückgekehrt, um von seinem Bruder seinen Staatsbürgerschaftsnachweis und seine Geburtsurkunde zu erhalten. Er hätte sich nicht ins Haus getraut, denn der Vater hätte gedroht ihn umzubringen, wenn er ihn noch einmal sehe. Seine Verwandten seien der Ansicht, dass die Homosexuellen getötet werden sollten, da sie Schande über die Familie bringen würden und sie seien der Teufel. Bei den Senefos sei es unmöglich, dass jemand homosexuell sei.
Auf die Frage des Richters, wie sich allgemein die Situation der Homosexuellen in seinem Heimatland darstelle antwortete er: "In der Elfenbeinküsten ist die Situation der Homosexuellen schlecht. Die Gesellschaft ist ihnen gegenüber sehr aggressiv. Sie werden als "verhext" angesehen. In einem Wort "sie müssen ausgelöscht werden."
Die religiösen Führer sprechen sowohl in den Moscheen als auch in den Kirchen über Homosexuelle als Menschen, die man ausschließen, Menschen denen man sich nicht nähern soll. Die Gesellschaft ist eben dagegen. Schon als Kind wissen wir, dass Homosexualität etwas Schlechtes sei. Es wird etwas als gegen die Tradition gerichtet gesehen und wenn du als Homosexueller das Glück hast, dich irgendwie zu verstecken, dann ist es die einzige Möglichkeit. Auch wenn die Probleme hast, wird die Polizei nichts für dich tun. Ich denke, dass die Situation in den Dörfern noch schlimmer ist als in der Stadt, weil dort ist das Gewicht der Tradition stärker und Homosexuellen
werden aus den Dörfern gejagt. .... Ich denke letztes Jahr oder
vorletztes Jahr wurden zwei Männer, auf Grund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, das hatte ich bei meiner Einvernahme beim BFA erwähnt."
In seinem Heimatland hätte er nicht die gleichen Privilegien wie in Österreich. Er hätte in Österreich nie gesehen, dass ein Homosexueller geschlagen oder erstochen werde. "In der Elfenbeinküste übt die Gesellschaft Selbstjustiz gegenüber den Homosexuellen." Der Vater hätte gedrohnt ihn töten und den Nachbarn im Viertel gesagt, sie könnten mit ihm machen was sie wollten. Er sei in ein anderes Stadtviertel gezogen und hätte dort am Markt geschlafen.
Er hätte sein Heimatland verlassen, weil er als Homosexueller nicht frei gewesen sei, er hätte auf Grund der Gewalt in der Gesellschaft nicht überleben können. Die Polizei selbst sei gegen Homosexualität vorgegangen. Es sei sogar vorgekommen, dass man geschlagen oder verurteilt worden sei, wenn man Anzeige erstatten wollte. Vorerst sei er 2010 nach Mali geflüchtet und hätte dort auf dem Feld gearbeitet und sich etwas Geld verdient. Aber die Situation für Homosexuelle sei auch dort sehr gefährlich. Er sei weiter nach Algerien gereist und hätte sich einen französischen Pass "gekauft". In der Türkei sei er ein Monat im Gefängnis gesessen, hätte sich danach mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten und sei mit einem Boot nach Griechenland gekommen. Auch hier sei er ein Monat im Gefängnis gewesen und von Priestern unterstützt worden. Sie hätten ihm von Jesus erzählt und so hätte er die "Liebe zu Jesus" entwickelt. Sie hätten erklärt, dass alles, was im Leben gemacht werde, solle für Jesus gemacht werden. So sei er in Kontakt mit dem Christentum gekommen. Sie hätten viel über Religion gesprochen und er hätte ihnen gesagt, dass er "schwul" sei. Die Priester hätten gesagt, "es ist kein Problem" und deshalb sei er dieser Religion nähergekommen und schließlich konvertiert.
Nachgefragt gab er an, er hätte keine Kontakte mehr zu Personen in der Elfenbeinküste. Die einzige Person, sei einer seiner Freunde gewesen, dieser würde sich zurzeit vielleicht in Spanien aufhalten.
In Österreich würde er zurzeit einen Deutschkurs besuchen und Fußball spielen. Er hätte A1 schon bestanden, das sei ein Deutschkurs von der XXXX gewesen. Er hätte zu A2 gehen sollen, das BFI habe ihn zurückgestuft, weil sie der Meinung gewesen seien, er solle ein anderes A1-Zertifikat machen. Seine Rechtsvertretung ergänzte, dass das BFI zunächst wollte, dass er einen Alphabetisierungskurs besuche. Der Beschwerdeführer gab an, er hätte kleine Fortbildungstrainings bei der XXXX gemacht, im Bereich Elektriker. Er sei auch in einer Berufsschule für Kochen gewesen und hätte dort Tests gemacht. Er hätte auch beim Verein " XXXX " mitgeholfen.
Er würde Zeit mit seinen Freunden aus der "Rosa Villa", seinen Freunden "Queer Base" und "Afro Rainbow Austria" verbringen. Er würde sich mit dem Beschwerdeführer in einer Lebensgemeinschaft befinden, jedoch würden sie derzeit nicht gemeinsam wohnen. Sie hätten in Traiskirchen zusammengewohnt und auch in Erdberg. Danach hätte sie sich nur schwer sehen können und so hätten sie viel telefoniert. Sein Freund hätte danach eine Ausbildung bekommen und sei aus der Grundversorgung gekommen. Durch ein befreundetes schwules Paar hätte er von "Queer Base" Unterstützung bekommen. Am Wochenende, am Samstag würde er mit dem Fußballteam von "Queer Base" spielen.
Er sei auch in der Kirche aktiv und würde Erlagscheine von der Kirche bekommen, welche er seinem Quartiergeber gäbe. Er sei mit der "Rosa Lila Villa" in Kontakt und würde jeden Freitag zu ARA "Afro Rainbow Austria" essen gehen und am Donnerstag zu den Treffen von "Queer Base". Er hätte viele österreichische Freunde.
Auf die Frage des Richters, was geschehen würde, wenn er in die Elfenbeinküste zurückkehren müsste antwortete er: "Es tut mir leid, ich kann nicht zurück. Es ist als würde ich mich dem Tod aussetzten. Von dem, was ich gesehen habe in der Elfenbeinküste, ist ein Leben als "schwuler" Mann dort unmöglich, ich könnte nicht so leben, wie ich will." Die Anbindung an die LGBTIQ-Community in Wien, sei für ihn wie eine "Religion", er fühle sich wohl darin. "Es ist etwas, was ich tun muss, so fühle mich voll und ganz." Er wolle seinen Lebenspartener heiraten, in einer gemeinsamen Wohnung leben, eine Familie gründen und Kinder adoptieren. In der Elfenbeinküste sei es unmöglich das gleiche Leben wie hier zu führen, denn das Gesetz sei gegen Homosexualität. Er hätte in seinem Land nie gesehen, dass zwei Männer verheiratet seien. Es sei nicht möglich ein Leben so wie hier in Österreich zu führen. Als unverheirateter Mann würde man auffallen. Die Eltern würden fragen, warum man keine Frau hat und wenn man auf diese Frage nicht antworten kann und wenn man keine Kinder hat, dann wäre das ein Problem, vielleicht würde das akzeptiert werden, wenn man krank ist, aber sonst nicht. Bei seiner Volksgruppe würden die Eltern darüber entscheiden, wer zu heiraten sei, ob man einverstanden sei oder nicht. In der Elfenbeinküste würden sich alle Homosexuellen verstecken. Um sich jemanden anvertrauen zu können, müsse man die Person sehr gut kennen, denn sogar Vertraute könnten Probleme machen.
Der Beschwerdeführer gab an, er und sein Lebensgefährte seien in Österreich gut integriert und sie würden in Österreich bleiben wollen. In der Elfenbeinküste würden sie verfolgt werden. Hier könnten sie in Freiheit leben.
In der Stellungnahme vom 07.06.2019 wurde einerseits auf die Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 09.07.2018 und auf die Beschwerde des Beschwerdeführers verwiesen. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass "Berichte über die Verfolgungswahrscheinlichkeit von wie die Beschwerdeführer offen lebenden (und in ihrem Falle als Paar auftretenden) Homosexuellen in Cote d'Ivoire es daher nicht gibt, da es in Cote d'Ivoire aufgrund der Gefahr und der Ängste Betroffener kaum offen ausgelebte nicht-normative Sexualität gibt." In den UNHCR SOGI Richtlinien vom 23.10.2012 sei festgehalten worden, dass internationale Organisationen und andere Gruppen in vielen Ländern nach wie vor nur beschränkte Möglichkeiten hätten, Übergriffe gegen LGBTIQ Personen zu beobachten und zu dokumentieren. Auch die Stigmatisierung rund um das Thema sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität trage laut den Richtlinien dazu bei, dass Zwischenfällen nicht angezeigt würden. Auch der USDOS "Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cote D'Ivoire" im Unterkapitel "Acts of Violence, Discrimination, and Other Abuses Based on Sexual Orientation and Gender Identity" bestätige, dass Menschenrechtsorganisationen die über LGBTIQ-Personen berichten würden, selbst so wie diese angegriffen und diskriminiert werden würden. Die in den Länderberichten angegeben Informationen seien auf der einen Seite ausgewogen und objektiv, jedoch würden sie auf der anderen Seite nur eine Mindestanzahl der Übergriffe darstellen können. In Konsequenz könnten die länderkundlichen Erkenntnisquellen nicht in dem Sinne gewürdigt werden, dass die die Verfolgungssituation von LGBTIQ-Personen eins zu eines wiedergeben, sondern nur das absolute Mindestmaß an Verfolgung und Diskriminierung.
Die LIB zur Elfenbeinküste würden sich als stark ergänzungsbedürftig gestallten, das nur mit zwei Sätzen auf die Situation der Homosexuellen eingegangen werde. Homosexualität sei zwar unmittelbar nicht strafbar, jedoch stoße sie in weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung und strafrechtliche Bestimmungen zur Prostitution würden auf Homosexuelle angewandt werden. Konkret würde der Strafbestand zur Erregung pöffentlichen Ärgernisses (Art 360 Code Penal Cote d'Ivore/IvorStGB) angewenden werden, um homosexuelle Personen strafrechtlich zu verfolgen, wobei das Strafmaß der Bestimmung in diskriminierender Art und Weise erhöht werde. So sanktioniere Art 360 nicht einfach nur sexuelle Handlungen zwischen Personen desselben Geschlechs härter, sondern das Gesetz spreche in diesem Zusammenhang von einem "schamlosen Akt oder wider die Natur mit einer Person desselben Geschlechts". Dadurch drücke der ivorische Gesetzgeber deutlich aus, wie Homosexualität durch den Staat gesehen werde. Die LIB führten weiter aus, dass "die schwerwiegendste Menschenrechtsprobleme der Missbrauch durch Sicherheitskräfte und die Unfähigkeit der Regierung, Recht und Ordnung durchzusetzen", darstellen würde. Die Regierung würde nur selten Missbrauch, der von Beamten und Sicherheitskräften begangen würde, verfolgen.
Auch das deutsche Auswärtige Amt nehme in seinem Bericht vom 03.08.2018 auf die UNHCR SOGI Richtlinien Bezug. Es werde ein Fall beschrieben, in dem es zur Verhaftung und Verurteilung eines offen lebenden homosexuellen Paares gekommen sei. Der Richter hätte die Entscheidung mit dem Argument begründet, dass aus dem Straftatbestand der öffentlichen Indiskretion ein grundsätzliches Verbot der Homosexualität abzuleiten sei.
Desweiteren wurde auf ein rezentes Erkenntnis des Cour nationale du droit d'asile (nationaler französischer Asylgerichtshof) mit GZ 17043238 vom 07.06.2018 hingewiesen und aus der dt.
Arbeitsübersetzung) zitiert:
"4. Auch wenn Homosexualität als solche in der Elfenbeinküste nicht strafrechtlich verfolgt wird, kommt trotzdem aus einer Notiz der Migrationskommission aus Kanada hervor (C188) vom 22.12.2014 ("Cote d'Ivoire - information su l'application de l'articele 360 du code pénal à l'encontre des minorités sexuelles"), dass homosexuelle Personen nach dem Artikel 360 des Strafgesetzbuchs verfolgt werden können, und wegen öffenlticher unzüchtigen Handlungen inklusive unsittlichen Verhaltens oder widernatürlichen Verhaltens mit einer Person des gleichen Geschlechts bestraft werden. In diesem Fall wird
die Strafe verdoppelt. ........ Homosexualität bleibt in diesem Land
ein tabu, was dieses Community dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Außerdem kann eine Person, wenn sie sich offen zu ihrer Homosexualität bekennt, von der Familie verstoßen werden und jegliche Unterstützung üblicher netzwerke verlieren. Schließlich setzt diese sexuelle Orientierung Personen, die sich offen dazu bekennen, Diskriminierung bezüglich Zugang zu medinischer Versorgung aus und führt zu starken Stigmatisierung dieser Personen. Diese Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte gegenüber homosexuellen Personen verschlimmert. Auf jeden Fall muss beachtet werden, dass die ivorische Regierung sich geweigert hat, alle Empfehlungen bezüglich Bekämpfung von genderbasierten Diskriminierungen zu berücksichtigen, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Bericht der Arbeitsgruppe zu universellen periodischen Überprüfung vom Juli 2016 gegeben wurden.Daher bilden die ivorischen Homosexuellen eine soziale Gruppe, deren wesentliche Eigenschaft, worauf sie nicht verzichten können, ihre exuelle Orientierung ist und deren eigene Identität als anders von der ivorischen Gesellschaft und Behörden betrachtet wird."In einem weiteren Erkenntnis des französischen Asylgerichtshofes (GZ 17034204 vom 25.09.2018) wird zu der Lage für LGBTIQ-Personen ausgeführt: "Auch in Abdijan, wo eine LGBTIQ-Community existiert, sind ihre Mitglieder Opfer von Aggressionen. Einige Mitglieder der Gay Community in Abidjan wurden nach der online-Veröffentlichung eines Fotos der US Botschaft angegriffen, wie ein Artikel von Le Mondes es bestätigt: ...Orlando:
Männder wurden bedroht, weil sie an einer Gedenkfeiter teilgenommen haben".
Ähnlich agumentierte das italienische Tribunale di Milano (Erkenntnis vom 18.10.2017, GZ 14337/2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, Angehöriger der Volksgruppe der Senefos, christlichen Glaubens und ledig. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist volljährig, gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist ausschließlich homosexuell orientiert.
Der Beschwerdeführer hat den Deutschkurs A1 absolviert und nimmt zurzeit an einem Alphabetisierungskurs teil. Er ist aktives Kirchenmitglied und verbringt viel Zeit mit seinen Freunden bei Afro Rainbow Austria, in der Rosa Villa und bei Queer Base. Er ist noch nicht selbsterhaltungsfähig, hat jedoch schon Fortbildungstrainings als Elektriker bei der XXXX gemacht.
Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich voll integriert, hat einen Lebensgefährten, hat sich in der homosexuellen Szene etabliert und zahlreiche österreichische Freunde.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Alter von etwa sieben Jahren seine Homosexualität entdeckt. Er ist mit anderen Jungen in einen kleinen See baden gegangen. Die Jungen haben dort Spiele, wie etwa Vater und Mutter gespielt und dabei die ersten sexuellen Kontakte gehabt. Als er das erste Mal bei sexuellen Handlungen erwischt worden war, wurde er vom Vater geschlagen und verwarnt. Die Eltern des Beschwerdeführers waren moslemischen Glaubens und Homosexualität war nicht gestattet. Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bereits homosexuell und so wurde er ein zweites Mal bei sexuellen Handlungen mit einem anderen Freund erwischt. Der Vater schlug den Beschwerdeführer mit der Gürtelschnalle und führte zerstückelte Pfefferoni in seinen Anus ein. Der Beschwerdeführer floh aus seinem Elternhaus und schlief fortan auf öffentlichen Plätzen. Er bat seinen Bruder ihm seinen Staatsbürgerschaftsnachweis und seine Geburtsurkunde aus dem elterlichen Wohnhaus zu bringen.
Aufgrund der Situation der Homosexuellen in der Elfenbeinküste, beschloss der Beschwerdeführer sein Heimatland zu verlassen. Bei einer Rückkehr sei zu erwarten, dass die Eltern den Beschwerdeführer nicht unterstützen werden. Der familiäre Mittelpunkt des Beschwerdeführers ist mittlerweile in Österreich.
Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft vorbringen, dass er in seinem Heimatland wegen Homosexualität (bestimmte soziale Gruppe) einer persönlichen Verfolgung unterliegt. Er wird im Fall einer Rückkehr nach der Elfenbeinküste mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung und einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.2 Länderfeststellungen
1.2.1 Zu der Elfenbeinküste wird verfahrensbezogen festgestellt (Auszüge aus den Länderberichten des BFA):
Homosexuelle
Homosexualität wird in der Côte d'Ivoire strafrechtlich nicht verfolgt, jedoch von weiten Teilen der Bevölkerung stark abgelehnt (BMEIA 20.3.2018). Nach ivorischem Recht ist Prostitution strafbar, Homosexualität hingegen nicht. In der Rechtsprechung wird die Vorschrift zur Prostitution jedoch gelegentlich auf Homosexualität ausgeweitet (AA 20.3.2018).
Quellen:
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AA -Auswärtiges Amt (20.3.2018): Elfenbeinküste, Reise-und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/CoteDIvoireSicherheit_node.html, Zugriff 20.3.2018
-
BMEIA -Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (20.3.2018): Reiseinformationen -Côte d'Ivoire, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/cote-divoire-de.html?dv_staat=33, Zugriff 20.3.2018
1.2.2. Zusätzlich werden folgende Feststellungen basierend auf der Judikatur des nationalen französischen Gerichtshofs für Asyl (GZ 17043238 vom 07.06.2018; GZ 17034204 vom 25.09.2018, GZ 15031773 vom 18.03.2016, GZ 14006748 vom 06.06.2014) getroffen:
Wenn auch Homosexualität als solche grundsätzlich in der Elfenbeinküste nicht strafrechtlich verfolgt wird, geht trotzdem aus einer Notiz der Migrationskommission aus Kanada hervor (C188) vom 22.12.2014 ("cote d'ivoire - information sur l'application de L'article 360 du Code pénal à l'encontre des minorités sexuelles"), dass homosexuelle Personen nach dem Artikel 360 des ivorischen Strafgesetzbuches verfolgt werden können, jene die öffentliche unzüchtige Handlungen inklusive unsittliches Verhalten oder unnatürliches Verhalten mit einer Person des gleichen Geschlechts tätigen. In diesem Fall verdoppelt sich die Strafe. Die Beobachtungen vom französischen Amt zum Schutz von Flüchtlingen und staatenlosen Menschen und vom nationalen französischen Asylgerichtshof sowie vom Human Rights Watch haben, wie in einem Bericht dargelegt, ergeben, dass der Artikel 360 des ivorischen Strafgesetzbuches genutzt wird, die homosexuelle Community in der Elfenbeinküste zu unterdrücken. Somit bleibt Homosexualität in der Elfenbeinküste ein Tabu. Die homosexuelle Community ist dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Wenn sich eine Person offen zu ihrer Homosexualität bekennt, kann sie von der Familie verstoßen werden und jegliche Unterstützung der üblichen Netzwerke verlieren. Personen, die sich zu dieser sexuellen Orientierung offen bekennen, werden etwa beim Zugang zu medizinischer Versorgung diskriminiert. Diese Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte unterstützt. Es ist zu beachten, dass die Regierung der Elfenbeinküste sich geweigert hat, alle Empfehlungen bezüglich der Bekämpfung von genderbasierter Diskriminierung zu berücksichtigen, die vom Menschrechtsrat der Vereinten Nationen (Bericht der Arbeitsgruppe zu universellen periodischen Überprüfung, Juli 2016) angeregt wurden.
1.2.3 Zusätzlich werden folgende Feststellungen basierend auf der Judikatur des italienischen Tribunale di Milano (GZ 14337/2017 vom 18.10.2017) getroffen:
Obwohl Homosexualität in Cote d'Ivoire nicht verboten ist, ist Homophobie nicht weniger präsent und Angehörige sexueller Minderheiten müssen ihre sexuelle Orientierung verbergen, um Beleidigungen, Demütigungen, Diskriminierung oder Gewalt zu
vermeiden ... Die Behörden reagieren langsam und ineffektiv auf
Gewalt gegen die homosexuelle Gemeinschaft ... Dies stellt einen
schwerwiegenden Eingriff in das Privatleben ivorischer homosexueller BürgerInnen dar, die ihre persönliche Freiheit erheblich beeinträchtigt. Diese Verletzung eines Grundrechts, welches in unserer (Anm. italienischen) Verfassung, in der Europäischen Menschenrechtskonvention und in der Charta der Grundrechte der europäischen Union garantiert ist, die in dieser Angelegenheit verbindlich sind, spiegelt sich automatisch in der individuellen Lage homosexueller Personen wider, die sich in einer objektiven Verfolgungssituation befinden, um die Gewährung des erforderlichen Schutzes zu rechtfertigen. ..."
1.3. Beweis wurde erhoben durch:
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Erstbefragung durch die XXXX
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durch Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.07.2017
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durch Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht am 24.05.2019,
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durch Vorlage eines Sexualwissenschaftliches Gutachtens, von mehreren Zeitungsartikeln bezüglich der Homosexualität in der Elfenbeinküste, einer beglaubigten Übersetzung eines weiteren Berichts über die Homosexualität in der Elfenbeinküste
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durch Vorlage des Zeugnisses über die Pflichtschulabschlussprüfung, des Zertifikats über abgelegt Deutschprüfung, Niveau
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durch Vorlage folgender Berichte und Artikel:
http://www.queeramnesty.de/laender/artikel/kategorie/elfenbeinkueste.html, Zugriff am 21.07.2017,
https://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/elfenbeinküste/;
Zugriff am 21.07.2016,
https://www.state.gov/j/dri/rls/hrrpt/2016/af/265246.htm, Zugriff am 21.07.2017,
http://www.liberation.fr/planete/2016/11/18/en-cote-d-ivoire-pour-vivre-gay-vivons-chaces_1529489, Zugriff am 24.07.2017
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Durch Vorlage der GZ 17043238 vom 07.06.2018; GZ 17034204 vom 25.09.2018, GZ 15031773 vom 18.03.2016, GZ 14006748 vom 06.06.2014 des französischen Asylgerichtshofs - Cour nationale du droit d'asile
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Durch Vorlage der GZ 14337/2017 vom 18.10.2017 des italienischen Tribunale di Milano
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LIB der Staatendokumentation zur Elfenbeinküste vom 24.10.2018,
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Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Cote d'Ivoire vom 03.08.2018
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US Departement of State - Country Report on Human Rights Practies 2018 - Cote d'Ivoire
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sowie Einsichtnahme in den, den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauszug.
2. Beweiswürdigung:
Die länderspezifischen Feststellungen entstammen einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation (die nicht nur für die Länderinformation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sondern auch für das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist), welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht, so wie weiteren oben angeführten internationalen Quellen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum AsylG 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein.
Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).
Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:
203.037-0/IV/29/98 u.v.a.m.)
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, der Volksgruppe der Senefos zugehörig, ledig, homosexuell und christlichen Glaubens. Er ist nicht straffällig.
Durch die Fluchtgeschichte zieht sich seit der Erstvernahme ein roter Faden. Das Bundesverwaltungsgericht konnte keine Steigerung des Fluchtvorbringens feststellen. Der Beschwerdeführer hat sein Vorbringen schlüssig, lebensnahe, sehr ausführlich, sehr konkret, emotionsvoll und nachvollziehbar vor dem Bundesverwaltungsgericht geschildert. Bereits in der Kindheit hat er seine homosexuelle Neigung entdeckt und angefangen zu leben. Sein Vater, ein Mechaniker, misshandelte den Beschwerdeführer und bedrohte ihn mit dem Tod, weil der Beschwerdeführer homosexuell ist. Der Beschwerdeführer floh und stand mit dreizehn Jahren gezwungener Maßen auf eigenen Beinen. Er hatte drei homosexuelle Beziehungen, bevor er sein Heimatland verließ. Er wurde von den Leuten als homosexuell identifiziert und folglich mit dem Tod bedroht.
Die Angaben des Beschwerdeführers wurden durch das LIB, zahlreiche vorgelegte Berichte, die Judikatur des französischen Asylgerichtshofs und des italienischen Tribunale di Milano, den Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Cote d'Ivoire vom 03.08.2018, den US Departement of State - Country Report on Human Rights Practies 2018 - Cote d'Ivoire belegt.
Der Beschwerdeführer legte zahlreiche Unterlagen zu seiner Integration von sich aus vor. Es ist auch nichts hervorgekommen, dass er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch dargestellt hat, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen ausgewechselt, unbegründet einsilbig, verspätet oder ersteigert hatte, ebenso wenig kann ihm ein mangelndes Interesse am Verfahrensablauf oder eine Unterlassung der nötigen Mitwirkung nachgesagt werden. Der Beschwerdeführer hat auch hinsichtlich seiner Fluchtgründe persönlich einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, was auch dadurch verstärkt wird, dass er das Vorbringen nicht aufgebauscht hat und etwa keineswegs von (nicht stattgefundenen) Misshandlungen oder Missbräuchen berichtet hat.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen Glaubwürdigkeit zugebilligt wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.
Zu A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 29.04.2019 Ra 2018/20/0415-9; 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.). Bei einer Verfolgung durch Privatpersonen bzw. private Gruppierungen kommt dieser nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Entscheidend für die Frage ist, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht und ob, selbst im Falle eines staatlichen Schutzes trotzdem Verfolgung von asylrelevanter Intensität zu erwarten ist (VwGH vom 24.05.2005, 2004/01/0576, VwGH vom 28.06.2011, 2011/01/012 u. v. a. m.).
Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft seine sexuelle Orientierung und in der Folge seine Fluchtgeschichte vor dem Bundesverwaltungsgericht vorbringen. Homosexualität wird grundsätzlich von staatlicher Seite nicht direkt strafrechtlich verfolgt. Nach dem Strafgesetzbuch der ivorischen Küste Artikel 360 können jedoch jene die öffentliche unzüchtige Handlungen tätigen, darunter fällt unsittliches Verhalten oder unnatürliches Verhalten mit einer Person des gleichen Geschlechts, bestraft werden. Die Bevölkerung ist, wie durch die Länderberichte und den zahlreichen vorgelegten Berichten bestätigt wird, Homosexuellen sehr stark ablehnend gegenüber. Sie sieht diese Sexualität als wider die Natur an, bezeichnet Homosexuelle als verhext und nutzt auch Möglichkeiten diese zu töten. Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen, werden von ihrer Familie verstoßen und verlieren auch jegliche Unterstützung der üblichen Netzwerke, wie etwa den Zugang zu medizinischer Versorgung. Diese Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte unterstützt. Somit ist die homosexuelle Community der Elfenbeinküste dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Die vorgebrachte Fluchtgeschichte wird durch diese Berichte