Entscheidungsdatum
30.07.2019Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
WettenG Wr 2016 §13 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Trefil über die gemeinsame Beschwerde des A. B. (Beschwerdeführer) und der C. GmbH als Haftende (Sitz in E., Landes- als Handelsgericht F., FN … - beschwerdeführende GmbH), beide vertreten durch Rechtsanwälte, vom 29.6.2018, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 24.5.2018, MA 36 - KS ... (angefochtenes Straferkenntnis), wegen einer am 4.7.2017 erfolgten Übertretung des § 19 Abs. 3 und § 13 Abs. 5 lit. b und c des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz) - Wr. WettenG, LGBl. für Wien Nr. 26/2016, in Verbindung mit § 9 Abs. 2 VStG hinsichtlich des Beschwerdeführers sowie § 9 Abs. 7 VStG hinsichtlich der beschwerdeführenden GmbH, nach Durchführung einer (mit zwei weiteren Beschwerdeverfahren verbundenen) öffentlichen Verhandlung am 12.3.2019 und Einbringung einer Stellungnahme durch die beschwerdeführenden Parteien vom 15.12.2018, nach insoweit erfolgter Aufhebung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom 18.3.2019 in dessen Spruchpunkten I und III durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.6.2019, E 1610/2019, im nachfolgenden zweiten Rechtsgang
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die gemeinsame Beschwerde gegen das angefochtene Straferkenntnis insoweit als unbegründet abgewiesen, als sie sich gegen dessen Spruchpunkt 1 richtet, und dieser Spruchpunkt mit der Maßgabe bestätigt, dass die verwiesenen Bestimmungen des § 19 Abs. 3 sowie § 24 Abs. 1 Z 12 Wr. WettenG in der im Tatzeitpunkt geltenden Stammfassung (somit in der Fassung vor der Novelle durch das LGBl. für Wien Nr. 40/2018) zu zitieren sind und in der Strafsanktionsnorm der Verweis in § 9 VStG auf Abs. 1 mit Abs. 2 richtigzustellen ist. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 160 Euro zu leisten. Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 9 Abs. 7 VStG haftet die beschwerdeführende GmbH für diesen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.
II. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der gemeinsamen Beschwerden gegen das angefochtene Straferkenntnis insoweit Folge gegeben, als sie sich gegen den Spruchpunkt 3 richtet, und das Verwaltungsstrafverfahren zu dieser Tatanlastung gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
III. Gemäß § 25a VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Als erwiesener Sachverhalt wird die dem Beschwerdeführer angelastete Tatbegehung am 4.7.2017 um 13:15 Uhr in der D.-Straße im … Wiener Gemeindebezirk, ein "Tankstellenshop", entsprechend der Tatumschreibung im Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt festgestellt:
"1) Sie haben als verantwortlicher Beauftragter der C. GmbH (FN …) gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991, zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin durch Wettterminals im Sinne des § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ausübte, am 4.7.2017 um 13:15 Uhr insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 3 leg.cit., wonach vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen ist, nicht eingehalten hat, als vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals kein gut sichtbarer und dauerhaft angebrachter Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche angebracht war."
Der Tankstellenshop ist eine behördlich angezeigte Betriebsstätten der beschwerdeführenden GmbH entsprechend der Standortliste vom 20.3.2017 zum Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 6.10.2006, Zl. M36/?….
Im Tankstellenshop am Tatort des angefochtenen Straferkenntnisses befand sich ein Gerät für Wettvorgänge mit Bedienmonitor sowie vollintegrierter Scan-, Druck- und Geldeingabeeinheit (Münzeinwurf und Geldscheineinzug). Es konnte für Wettvorgänge mit einer Kundenkarte der beschwerdeführenden GmbH ("member.card") bedient werden. Am berührungsempfindlichen Bildschirm konnte eine Sportwette (aus dem über das Internet laufend aktualisierten Wettprogramm) ausgewählt und nach Bezahlen des Wetteinsatzes entweder durch Bargeld oder durch Abbuchung vom Guthaben am Kundenkonto des Wettenden direkt am Gerät wirksam abgeschlossen werden. Daraufhin gab das Gerät umgehend über die integrierte Druckeinheit einen Beleg mit den wesentlichen Angaben über Wette und Abschlusszeitpunkt aus (solche Belege enthielten den an der linken und rechten Seite vertikal aufgedruckten Hinweis "Infodruck"). Im Tatzeitpunkt konnte auf diese Weise eine Probewette am betriebsbereiten Gerät abgeschlossen werden.
Im Tatzeitpunkt konnte der komplette Vorgang mit Abschluss einer Wette über eine Kundenkarte erfolgen. Bargeld war nur dann nötig, wenn das Kundenkonto das erforderliche Guthaben für den Wetteinsatz nicht aufwies. Sonst wurde der Einsatz vom Kundenkonto abgezogen, allfällige Gewinne wurden dem Kundenkonto gutgeschrieben. Dieser Ablauf des Abschlusses einer Sportwette war auch in den im Tatzeitpunkt geltenden Wettbestimmungen der beschwerdeführenden GmbH vorgesehen (Punkt 28.5, Stand 12.5.2017).
Auf die Kundenkarte bzw. "member.card" kann keine Gutschrift monetärer oder geldersetzender Beträge ("cash.points") gebucht werden. Es ist also nicht möglich, Kundenkarten mit Eurobeträgen "aufzuladen". Eine Kundenkarte stellt somit keinen eigenen (über den allfälligen Herstellungs- oder Wiederbeschaffungswert hinausgehenden) Wertträger dar und verbrieft keinen Vermögenswert, der übertragbar ist, etwa durch eine - nach den genannten Wettbestimmungen im Übrigen untersagte (Punkt 28.2.2) - Weitergabe der Karte. Bei Verlust der Kundenkarte geht das Guthaben auf dem zugehörigen Kundenkonto nicht verloren. Im Fall einer Sperre des Kundenkontos ist der Zugriff auf das Guthaben selbst für jene Kunden nicht möglich, die die Kundenkarte nach wie vor besitzen.
Baulich war der Tankstellenshop nicht in mehrere Räume unterteilt. Unmittelbar nach Betreten des Lokalinneren durch eine automatische Schiebetüre gelangte man in den Verkaufsraum, in dem neben Fahrzeugbedarf auch Lebensmittel verkauft wurden. Das Gerät für Wettvorgänge der beschwerdeführenden GmbH war im Inneren im Sichtbereich der Kassa an einer Seitenwand neben einem Stehtisch ohne räumliche Abgrenzung aufgestellt.
Der Tankstellenshop wurde durch eine vollverglaste Schiebetür betreten, an der im Tatzeitpunkt jeweils mehrere ähnliche Aufkleber (nicht nur solche der beschwerdeführenden GmbH) angebracht waren. Ein Hinweis, dass der Zutritt für Kinder und Jugendliche nicht gestattet ist, war im Tatzeitpunkt weder an der Schiebtür noch an der Eingangsfront angebracht. Die beschwerdeführende GmbH verfügt über entsprechende Aufkleber, die jedoch an diesem Standort nicht befestigt waren und zur Vermeidung von Missverständnissen von Tankstellenkunden (mit Kindern) auch nicht dauerhaft oder regelmäßig Verwendung fanden (ein später angebrachter Aufkleber am Tatort des angefochtenen Straferkenntnisses hatte einen graphischen und textlichen Hinweis, dass für "Kinder und Jugendliche … ein absolutes Wettverbot" gelte, nicht aber, dass der Zutritt in den Tankstellshop für sie verboten sei).
In diesem Tankstellenshop war hinter der Kassa Hardware der beschwerdeführenden GmbH vorhanden. Sie bestand aus einem berührungsempfindlichen Monitor ("BosiFlex"), einer Scaneinheit und einem Bondrucker. Der zusätzliche Anschluss einer Tastatur (zusätzlich zum Monitor) war technisch möglich (im Tankstellenshop am Tatort des angefochtenen Straferkenntnisses war bei einer Nachkontrolle eine Tastatur vorhanden). Auf dieser Hardware lief die Software der beschwerdeführenden GmbH mit ähnlichem Funktionsumfang wie auf den Geräten im Verkaufsraum. Ein solches Gerät bzw. die Summe der Komponenten werden betriebsintern kurz als "Touch Office" bezeichnet. Sie werden von den Mitarbeitern der Partner der beschwerdeführenden GmbH bedient. Dadurch haben etwa Tankstellenmitarbeiter die Möglichkeit, an der Kassa auf Kundendaten und Kundenkonten der Inhaber der Kundenkarten zuzugreifen und etwa Einzahlungen auf das Kundenkonto zu buchen. Mitarbeiter der beschwerdeführenden GmbH halten sich nicht während der Öffnungszeiten durchgehend vor Ort auf. Ihnen kommt in regelmäßigen Besuchsintervallen eine Kontrollfunktion der Standorte und der Arbeitsweise ihrer Geschäftspartner zu (hier des Tankstellenbetreibers).
Aufgrund des vergleichbaren Funktionsumfangs der Software eines Touch Office ist auch der Abschluss von Wetten an der Kassa beim Tankstellenmitarbeiter möglich, sofern das Touch Office vom jeweiligen Tankstellenmitarbeiter bedient wird bzw. betriebsbereit zur Verfügung steht. Die Existenz auch eines Touch Office an der Tankstellenkassa ist im Kassenbereich weder optisch noch baulich kenntlich gemacht, etwa durch Aufschriften, Werbeschilder oder Leuchtreklamen bzw. entsprechende Halterungen im Design der beschwerdeführenden GmbH.
Das Touch Office in diesem Tankstellenshop war im Tatzeitpunkt am Tatort des angefochtenen Straferkenntnisses (D.-Straße - Dienstag, 4.7.2017 um 13:15 Uhr) nicht betriebsbereit bzw. nicht geöffnet.
Der Beschwerdeführer machte zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben, wies aber auf seine Sorgepflicht für ein minderjähriges Kind im gemeinsamen Haushalt hin (weitere - etwa eheliche - Sorgepflichten wurden nicht erwähnt). Die belangte Behörde ging bei der Strafbemessung lediglich von keinen Erschwerungsgründen aus. Es wird nunmehr die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers im Tatzeitpunkt zu Grunde gelegt. Als Geldstrafe wurde 800 Euro im Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses sowie eine Ersatzfreiheitsstrafen (ca. eineinhalb Tage) im Nichteinbringungsfall festgesetzt.
II. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich bei der Beweiswürdigung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich beweiswürdigend auf den in der Verhandlung erörterten Akteninhalt (Verweise auf Fragen beziehen sich insbesondere auch auf die jeweilige Antwort im Verhandlungsprotokoll vom 12.3.2019).
Das äußere und vor allem innere Erscheinungsbild der Tankstellenshops, also das Vorhandensein von nur einem Raum mit Verkaufsregalen, Stehpult(en) sowie dem Gastronomieservice- und Kassabereich und die fotografierten Hinweisaufkleber an der Schiebetür waren nicht strittig und konnten daher den Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde gelegt werden (Frage 2, 39, 44, 48, 53).
Die Möglichkeit eines unmittelbaren Wettabschlusses an den Geräten der beschwerdeführenden GmbH im Tatzeitpunkt wurde im Wesentlichen übereinstimmend bestätigt (Frage 41, 50, 52, 56, 57, 65, 68 Mitte), oder die genaue Kenntnis hierüber zum Tatzeitpunkt verneint (Frage 4). Lediglich der Zeuge G. H. gab - allerdings zu einer Nachkontrolle - an, dass für einen Wettabschluss "nach hinten" zur Kassa zu gehen war. Er erweckte aber den Eindruck, mit dem Kontrollort nicht vertraut gewesen zu sein, denn das Terminal befand sich vergleichsweise nahe neben dem Tankstellenkassenbereich, sodass zum Erreichen der Kassa nicht "nach hinten" zu gehen war (Frage 61 dritter Absatz und demgegenüber Frage 78 zweiter Absatz mit den Angaben des Beschwerdeführers). Auch schien er mit dem Inhalt des Infodrucks und mit der Funktionsweise der Software nicht vertraut zu sein (Frage 61 erster Absatz und die letzten beiden Absätze).
Die Benutzung der vollautomatischen Geräte, die für Wettvorgänge in den Tankstellenshops im Verkaufsraum aufgestellt waren, durch Verwendung von Guthaben auf dem Kundenkonto wurde nicht in Abrede gestellt (Frage 41, 51, 52, 68). Die Eigenschaften der Kundenkarten ("member.card") der beschwerdeführenden GmbH ohne aufladbare Wertkartenfunktion waren nicht kontrovers (Beschwerdevorbringen sowie Frage 58 und 68 Mitte).
Die Bedienung, Funktionsweise und die Komponenten des Touch Office konnten durch Fotos und übereinstimmende Angaben belegt werden (Frage 7, 38, 43, 47, 68 am Ende). Eine äußerlich wahrnehmbare Aufmachung als Schalter für Wetten wurde nicht dargelegt bzw. deren Fehlen blieb unwidersprochen (Frage 40, 43, 45 letzter Absatz). Dass das Touch Office auch im Kontrollzeitpunkt am 4.7.2017 in Betrieb war, konnte nicht als erwiesen festgestellt werden, weil dies vom Zeugen J. K. in den jeweiligen Tat- bzw. Kontrollzeitpunkten weder wahrgenommen werden konnte noch Wettabschlüsse "an der Kassa" an den Kontrolltagen aus dem elektronischen Wettbuch ersichtlich gemacht wurden (Frage 42, 43 und 45; Frage 49, 52 letzter Absatz und 55).
III. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
III.1. Rechtlicher Rahmen
Im Tatzeitpunkt am 4.7.2017 war das Wr. WettenG in der Fassung der am 11.11.2016 kundgemachten Novelle des LGBl. für Wien Nr. 48/2016 in Kraft, mit der die Stammfassung des § 13 Abs. 5 und des § 19 Abs. 3 nicht geändert wurde.
§ 13 Abs. 5 Wr. WettenG in der Stammfassung lautete:
"(5) In Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter dürfen Wettterminals weiters nicht
a) Einsätze von mehr als 50 € pro Wette zulassen;
b) mit Wertkarten benutzbar gemacht werden;
c) auf andere Weise als durch Eingabe von Bargeld benutzbar gemacht werden."
Dieser Absatz trat am 6.7.2018 außer Kraft und drei Monate später - offenbar aufgrund eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers - am 7.10.2018 gänzlich unverändert als Abs. 3 des § 13 Wr. WettenG in Kraft.
§ 19 Abs. 3 Wr. WettenG lautete in seiner Stammfassung wie folgt:
"(3) Vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals ist durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen."
Durch die Novelle des Wr. WettenG durch das LGBl. für Wien Nr. 40/2018 wurde § 19 novelliert, Abs. 3 in den Abs. 4 verschoben und die oben hervorgehobene Wortfolge "mit Wettterminals" durch den Relativsatz "in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ausgeübt wird" ersetzt. Der geänderte Wortlaut des Abs. 4 trat am 7.1.2019 in Kraft und hat folgenden Wortlaut (die Änderungen sind hervorgehoben):
"(4) Vor dem Eingang zu Räumen, in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ausgeübt wird, ist durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen."
§ 19 Abs. 1 und 2 sowie 8 Wr. WettenG in der novellierten Fassung des LGBl. für Wien Nr. 40/2018 ebenfalls mit Inkrafttreten am 7.1.2019 (nach sechsmonatiger Übergangsfrist gemäß § 30 Abs. 4 leg. cit.) hat folgenden Wortlaut:
"§ 19 (1) Die Teilnahme an einer Wette darf nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht werden.
(2) Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer muss durch die Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems dafür sorgen, dass der Aufenthalt in Räumen einer Betriebsstätte nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. In Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers oder durch diese oder diesen selbst muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht wird.
...
(8) In Betriebsstätten, in denen der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen stattfindet (ausgenommen in Gaststätten), gelten die Bestimmungen des Abs. 1 zweiter Fall sowie Abs. 2 bis 7 und 9 nicht, wenn
1. das äußere Erscheinungsbild nicht dem eines Wettlokals entspricht,
2. der Umsatz durch Handelstätigkeiten (Tabakwaren, Printmedien, etc.) den Umsatz durch den Abschluss von Wetten überwiegt,
3. Wettkundinnen und Wettkunden nur ein kurzes Verweilen im Betrieb gestattet und ihnen keine Sitzmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird,
4. der Wetteinsatz pro Person und Aufenthalt im Betrieb 50 € nicht übersteigt,
5. im Betrieb der Abschluss von Livewetten nicht angeboten wird und
6. im Betrieb kein Wettterminal aufgestellt ist."
Gemäß § 24 Abs. 1 Wr. WettenG (insoweit hinsichtlich der Strafdrohung seit der Stammfassung unverändert) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - von der Behörde mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ein Wettterminal betreibt, welches den Bestimmungen des § 13 Wr. WettenG nicht entspricht (Z 6); bzw. wer als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer die Verpflichtungen gemäß § 19 Abs. 1 bis 4 Wr. WettenG nicht einhält (Z 12; durch LGBl. für Wien Nr. 40/2018 entfiel der Verweis auf "Abs. 1 bis 4", sodass seit dem 7.7.2018 auf § 19 leg. cit. als Ganzes verwiesen wird).
III.2. Rechtliche Vorbemerkungen zur Bescheiderlassung
Zunächst ist voranzustellen, dass das angefochtene Straferkenntnis den (im Verfahren ausgewiesenen) anwaltlichen Vertretern der beschwerdeführenden GmbH unbestritten in einer amtssignierten Ausfertigung (am 4.6.2018) zugestellt worden und ihnen daher tatsächlich zugegangen ist (insoweit die Ausfertigung in Vertretung des Beschwerdeführers). Nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG kommt es dabei zur Heilung des Zustellvorgangs wegen der fehlenden Nennung des (formellen) Zustellempfängers in der Zustellverfügung betreffend die beschwerdeführende GmbH, ohne dass es dann auf die Anzahl der tatsächlich erhaltenen Ausfertigungen (etwa abhängig von den insgesamt vertretenen Parteien) beim Vertreter ankommt (Bumberger/Schmid, ZustG, Praxiskommentar zum Zustellgesetz (2018), ZustG § 9 E95 ff sowie E107 ff sowie E111).
III.3. Rechtliche Vorbemerkungen zu den Übergangsbestimmungen
Gemäß § 27 Abs. 1 zweiter Satz Wr. WettenG gelten Berechtigungen nach (zusammengefasst bestimmten) früheren gesetzlichen Bestimmungen als Bewilligungen im Sinne des Wr. WettenG. Eine sechsmonatige (Abs. 2 und 3 leg. cit.) und eine einjährige (Abs. 4 leg. cit.) Übergangsfrist gewährt einen Zeitraum für die Umsetzung bestimmter Verpflichtungen bei der zulässigen weiteren Ausübung der wettunternehmerischen Tätigkeit längstens bis zum Ablauf des 31.12.2020. Ausgehend von der längeren Frist sind "spätestens innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten" des Wr. WettenG sämtliche Bestimmungen des Wr. WettenG auf alle (früheren Berechtigungen und neuen) Bewilligungen anzuwenden, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wr. WettenG am 14.5.2016 spätestens während der Öffnungszeiten am 14.5.2017 (arg. "innerhalb") als letzten Tag der Jahresfrist. Im hier angelasteten Tatzeitpunkt am 4.7.2017 war das Wr. WettenG auf die Tätigkeit der beschwerdeführenden GmbH daher vollständig anwendbar, und zwar insbesondere auch § 19 Wr. WettenG (in der damals in Kraft stehenden Stammfassung). Der Gesetzeswortlaut ist insoweit völlig unmissverständlich, sodass es schon deshalb auf die - im Übrigen keinen anderen Regelungsinhalt oder -zweck nahelegenden - Gesetzeserläuterungen gar nicht ankommt.
III.4. Rechtliche Vorbemerkungen zur Betriebsstätteneigenschaft
Bei diesem Tankstellenshop lag unstrittig eine angezeigte Betriebsstätte der beschwerdeführenden GmbH für ihre wettunternehmerische Tätigkeit als Buchmacherin vor. Ob diese Betriebsstätte als aufgelöst angesehen oder angezeigt werden könnte, weil (offenbar im Regelfall) der Vertragsschluss am Sitz der beschwerdeführenden GmbH (durch "Realannahme") erfolgt und im Sinne des § 2 Z 7 Wr. WettenG in den Betriebsstätten selbst keine Wetten "abgeschlossen" werden (und welche Rechtsfolgen sich daraus für die Tankstellenpächter bzw. -betreiber des jeweiligen Standorts ergeben - VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0189, Rz. 23), ist somit rechtlich nicht von Bedeutung (zum Betriebsstättenerfordernis ErläutRV BlgLT 3/2016, Allgemeiner Teil, Seite 1, wonach der "gewerbsmäßige Abschluss und die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden … nur in ortsfesten Betriebsstätten erfolgen" dürfen).
Der Abschluss von Wetten (§ 2 Z 1 in Verbindung mit Z 6 Wr. WettenG) ist nach den gesetzlichen Definitionen (lediglich) das kennzeichnende Merkmal der Tätigkeit einer Buchmacherin. Das Wr. WettenG stellt dabei durchgehend auf Gewerbsmäßigkeit ab (§ 1 sowie § 2 Z 1 und 7 leg. cit.). Wettunternehmer ist, wer die Buchmachertätigkeit gewerbsmäßig ausübt (§ 2 Z 4 leg. cit.). Somit ist bereits das Anbieten einer wettunternehmerischen Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung der Tätigkeit gleichzuhalten (VwGH 27.7.2017, 2017/02/0084, Rz. 18, mit Verweis auf die heranzuziehende Definition des § 1 GewO 1994). Auf die Erfolgswirksamkeit (den tatsächlichen Abschluss einer angebotenen Wette) bzw. generell auf den (zivilrechtlichen) Ort des Vertragsschlusses kommt es dabei nicht an. Vertragsinhalt einer Buchmacherwette ist aber auch die Herausgabe eines Wettgewinns, was unstrittig an den Standorten möglich war. Im vorliegenden Fall war der Tankstellenshop so ausgestattet, dass Wetten (mit oder ohne Vorauswahl) grundsätzlich auch bei einem Mitarbeiter vor Ort an der Kassa bzw. am Schalter (unter Verwendung der Hardware der beschwerdeführenden GmbH) abgeschlossen, Wettgewinne ausbezahlt oder Einzahlungen auf Kundenkonten vorgenommen werden konnten. Zur Bestätigung konnte der Tankstellenmitarbeiter dem Wettkunden Belege aushändigen. Wettabschlüsse und die Erbringung damit einhergehender Leistungen erfolgten somit auch unmittelbar in der Betriebsstätte, also unter Anwesenden, mögen auch die Wettbestimmungen der beschwerdeführenden GmbH - im Regelfall - als Ort des Vertragsschlusses für den Abschluss von Wetten nicht den jeweiligen Standort vorgesehen haben (VwGH 13.4.2016, Ra 2016/02/0053, Rz. 14).
III.5. Wettterminal und Wettannahmeschalter
Die beschwerdeführende GmbH betrieb in der Betriebsstätte am 4.7.2018 ein Gerät, das unmittelbar den Abschluss einer Buchmacherwette gemäß § 2 Z 8 Wr. WettenG ermöglicht hat, sodass es sich jeweils um ein Wettterminal handelte. Der Tankstellenshop bestand nur aus einem Raum und war baulich bzw. räumlich nicht unterteilt. Gemäß § 19 Abs. 3 Wr. WettenG war daher bereits der Eingang zur Betriebsstätte mit einem dauerhaften und gut sichtbaren Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche zu versehen (VwGH 22.7.2019, Ra 2019/02/0107, Rz. 21).
Zum gesetzlichen Unterscheidungskriterium des Wettannahmeschalters führen die Gesetzesmaterialien aus, in § 13 Abs. 5 Wr. WettenG werde "schließlich dem Umstand Rechnung getragen, dass es in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter (zB Gaststätten, Tankstellen) aufgrund der fehlenden Aufsicht durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers zusätzlicher strengerer Bestimmungen für Wettterminals bedarf" (ErläutRV BlgLT 3/2016 zu § 13 letzter Absatz, Seite 7). Der Begriff Wettannahmeschalter wird auch in den Gesetzesmaterialien zur Novelle des Wr. WettenG durch LGBl. für Wien Nr. 48/2016 verwendet, aber nicht erläutert (ErläutRV BlgLT 26/2016 zu Art. I Z 1 und 2 bzw. § 13, Seite 1). In den Erläuterungen zur Stammfassung des Wr. WettenG findet sich der verwandte Begriff des "Annahmeschalters". In Abgrenzung zu einem Wettterminal werden damit jene technischen Geräte bezeichnet, an denen "ausschließlich Personal des jeweiligen Unternehmens für die Kundin oder den Kunden Wetten eingeben kann … (so z.B. in Trafiken, wo die Eingabe der Wetten ausschließlich durch das Verkaufspersonal erfolgt und der Annahmeschalter für Kundinnen und Kunden nicht frei zugänglich ist)" (ErläutRV BlgLT 3/2016 zu § 2 letzter Absatz, Seite 4). Solche Geräte in den (für Kunden nicht zugänglichen) Annahmeschaltern unterliegen somit nicht den strengeren Regelungen für Wettterminals, ohne dass dem Annahmeschaler zugleich auch noch zusätzlich die Qualität eines Wettannahmeschalters einer Wettunternehmerin in ihrer Betriebsstätte zuzukommen scheint.
Der Wortsinn und die Verwendung des Begriffs "Wettannahmeschalter" legt eine berufsspezifische Auslegung nahe, weil der Kernbereich der gewerbsmäßigen Ausübung einer wettunternehmerischen Tätigkeit mit Wettterminals geregelt wird. Ein Wettannahmeschalter geht demnach funktional über eine reine Annahmestelle oder einen mit technischen Geräten ausgestatteten Annahmeschalter hinaus und soll ausweislich der Gesetzesmaterialien eine Aufsicht durch Mitarbeiter des Wettunternehmers vermitteln. In dieser Form kommt ihm keine reine Verkaufsfunktion, sondern auch eine Aufsichtsfunktion über das Geschehen in einer Betriebsstätte zu.
Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Wien ist unter einem Wettannahmeschalter in erster Linie eine örtlich geeignete Stelle in den Räumen einer Betriebsstätte zu verstehen, die durch einen dauerhaft und überwiegend zum Zweck der Betreuung von Personen befugten und geschulten Mitarbeiter seitens des Wettunternehmers besetzt wird, dem eine entsprechende technische Ausstattung zur laufenden Aufsicht und Kontrolle des Wettgeschehens zur Verfügung steht und dem eine gewisse repräsentative Funktion und Kompetenz zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für die Wettunternehmerin sowie gegenüber Wettkunden und nicht wettberechtigen Personen zukommt. Eine gelegentliche Wahrnehmung durch andere Personen (Trafikant, Kellner oder Tankstellenmitarbeiter), deren Aufgabenbesorgung nicht die wettunternehmerische Tätigkeit betrifft sondern im Wesentlichen auf den Vertrieb der Wettprodukte beschränkt ist, genügt diesen Anforderungen an einen Wettannahmeschalter eines Wettunternehmers in seiner Betriebsstätte in der Regel nicht.
III.6. Kein Hinweis auf das Zutrittsverbot (Spruchpunkt I)
Im Tatzeitpunkt wurde vor dem Eingang zu diesem Tankstellenshop als Raum mit einem Wettterminal auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche nicht hingewiesen. Ein gut sichtbarer und dauerhafter Hinweis war an der jeweiligen Schiebetüre oder an der Eingangsfront des Tankstellenshops nicht angebracht. Das Tatbild des § 19 Abs. 3 Wr. WettenG war somit erfüllt. Auch nach der neuen Rechtslage ergibt sich gemäß § 19 Abs. 4 Wr. WettenG keine günstigere Beurteilung für den Beschwerdeführer.
Wie in der Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen oben dargelegt, wurde in § 19 Wr. WettenG der Abs. 3 in den Abs. 4 verschoben und dabei die Wortfolge "mit Wettterminals" durch den Relativsatz "in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ausgeübt wird" ersetzt (Punkt III.1). In den rechtlichen Vorbemerkungen oben wurde darauf hingewiesen, dass im Tatzeitpunkt des angefochtenen Straferkenntnisses § 19 Wr. WettenG in der Stammfassung auf den Beschwerdeführer zur Gänze anzuwenden war (Punkt III.2). Der Tankstellenshop als Tatort des angefochtenen Straferkenntnisses stellte eine Betriebsstätte der beschwerdeführenden GmbH für ihre Tätigkeit als Buchmacherin dar, in der somit eine "Tätigkeit als Wettunternehmerin" ausgeübt wurde (Punkt III.4), insbesondere durch Verwendung eines Wettterminals (Punkt III.5). Unter Berücksichtigung dieser - für alle Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses relevanten und daher vorangestellten - Erwägungen war in rechtlicher Hinsicht zu subsumieren, dass für den Beschwerdeführer die neue Rechtslage fallbezogen nicht günstiger ist.
Als Gesamtauswirkung der Novelle des Wr. WettenG durch das LGBl. für Wien Nr. 40/2018 ergibt sich in strafrechtlicher Hinsicht, dass das Unterlassen der Kennzeichnung bestimmter Räume mit wettunternehmerischem Angebot zur Vermeidung des Wettens durch minderjährige Personen pönalisiert werden soll. Insoweit ist es zu keiner Einschränkung der Hinweispflicht, sondern zu einer Ausweitung des Adressatenkreises der Kennzeichnungspflicht gekommen, weil jede wettunternehmerische Tätigkeit pflichtenbegründend ist und nicht wie bisher erst bzw. wie hier nur die Verwendung von Wettterminals tatbildlich ist (entweder als Buchmachertätigkeit oder allenfalls als Weiterleitung von Wettkunden als typische wettunternehmerische Tätigkeit des Vermittlers - VwGH 20.10.2017, Ra 2017/?02/?0078, Rz. 20). Die offenbar in erster Linie für Tabaktrafiken gedachte, allenfalls für Tankstellen in Betracht kommende Regelung gemäß § 19 Abs. 8 Wr. WettenG sieht eine Ausnahme (unter anderem) zur Hinweispflicht gemäß Abs. 4 leg. cit. vor, ist aber im vorliegenden Beschwerdefall schon deshalb nicht anwendbar, weil im Betrieb kein Wettterminal aufgestellt sein darf und im Tankstellenshop ein Wettterminal verwendet wurde (§ 19 Abs. 8 Z 6 Wr. WettenG in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 40/2018).
Schließlich ist im Günstigkeitsvergleich darauf einzugehen, "ob (allenfalls auch) die Strafbarkeit im Hinblick auf die Unterlassung des Hinweises auf das Zutrittsverbot (vgl. § 19 Abs. 3 Wr. WettenG, LGBl. 26/2016, und § 19 Abs. 4 Wr. WettenG idF LGBl. 40/2018) vor dem Hintergrund des geänderten § 19 Abs. 2 Wr. WettenG idF LGBl. 40/2018 - welcher ein Zutrittsverbot nur mehr für 'Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin' und andernfalls ein Aufenthaltsverbot vorsieht - im Hinblick auf Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht durch verantwortliche Personen entfallen ist und ob eine solche Konstellation im vorliegenden Fall gegeben ist" (VfGH 14.6.2019, E 1610/2019, Rz. 36).
Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Wien bezieht sich die Hinweispflicht auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche (gemäß § 19 Abs. 3 Wr. WettenG in der Stammfassung bzw. gemäß § 19 Abs. 4 Wr. WettenG in der novellierten Fassung) gleichermaßen auf jeden (Raum-)Eingang, ohne dass es darauf ankommt, wie die Kontrolle der "Aufenthalts- bzw. Zutrittsbeschränkungen" im Sinne des Abs. 2 leg. cit. in der novellierten Fassung vom Wettunternehmer konkret umgesetzt werden. Der geänderte Wortlaut des § 19 Abs. 4 Wr. WettenG sieht keine Unterscheidung vor. Die Hinweispflicht hat demnach auf den zu unterlassenden Zutritt durch Kinder und Jugendliche aufmerksam zu machen. In Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht wird die Einhaltung dieses Zutrittsverbots vom Äußeren ins Innere der Betriebsstätte verlagert und ein (wenn auch gesetzlich unerwünschter) Zutritt bei wirksamer Aufsicht (vgl. Abs. 9 leg. cit.) in Kauf genommen. Dieser Aufenthalt erlaubt jedoch nur eine zeitlich ganz "kurzfristige Anwesenheit" bis zur "unmittelbar zu erfolgenden Entfernung" und stellt die Kehrseite dessen dar (vgl. Abs. 2 erster Satz leg. cit.), dass letztlich auch in "Räumen einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht … der Aufenthalt nur volljährigen Personen gestattet" ist und "die minderjährige Person in keiner Form an Wetttätigkeiten teilnehmen (weder zusehen noch selbst wetten)" darf (ErläutRV BlgLT 7/2018, LG-229216-2018-LAT, zu § 19, Seite 13).
Der Zweck des § 19 Wr. WettenG ist unverändert der Schutz von Kindern, Jugendlichen und (nunmehr verstärkt) gesperrten Personen. Mit der genannten Novelle hat der Gesetzgeber keine Änderung des strafrechtlichen Unwerturteils über die Nichtbefolgung wettunternehmerischer Tätigkeitspflichten hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Personengruppen bezweckt. An Stelle eines auf bestimmte Räume beschränkten Zutrittsverbots trat ein zulässiger (bei Kindern und Jugendlichen nur kurzfristiger) Aufenthalt bei Vorliegen einer ständigen Aufsicht durch den Wettunternehmer bzw. seiner verantwortlichen Person(en) in der Betriebsstätte bei sonstigem Zutrittsverbot zu sämtlichen Räumlichkeiten bzw. zur Betriebsstätte als Ganzes. Da nach § 19 Abs. 2 erster Satz Wr. WettenG in der novellierten Fassung der Aufenthalt selbstgesperrter Personen erlaubt, nach Abs. 1 leg. cit. deren Teilnahme an einer Wette ungeachtet dessen aber verboten ist, unterliegt die aufzubringende "ständige Aufsicht" unverkennbar hohen Anforderungen und hat mitunter eine permanente systematische Kontrolle der Aktivitäten aller Personen in der Betriebsstätte zu umfassen (etwa um "gemeinsames Wetten" mit wettberechtigten Personen zu erkenn und zu unterbinden). Die entsprechende Hinweispflicht - nunmehr in § 19 Abs. 4 Wr. WettenG - wurde in der oben genannten Weise uneingeschränkt erweitert. Zur Vornahme erforderlicher Anpassungen an diese Rechtslage war eine sechsmonatige Frist bis zum Inkrafttreten der neuen Rechtslage vorgesehen (§ 30 Abs. 4 Wr. WettenG). Für Wettunternehmer kann die neue Rechtslage mit dem nunmehr vorgesehenen Schutzniveau nicht als günstiger (im Sinne von "großzügiger" oder "weniger streng") als die im Tatzeitpunkt geltende Rechtslage angesehen werden. Insoweit bleibt die Änderung der Rechtslage durch Umgestaltung der vorgeschriebenen Schutzmechanismen - ein geeignetes Kontrollsystem in der Betriebsstätte, eine ständige wettunternehmerische Aufsicht und alternativ geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung eines Zutrittsverbots zur gesamten Betriebsstätte - unbeachtlich (Wessely in Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz2 (2016), VStG § 1 Rz. 18).
Überdies führt auch fallbezogen die Anwendung der neuen Rechtslage zu keiner Straffreiheit des Beschwerdeführers. Im vorliegenden Fall lag eine ständige Aufsicht (durch Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems) in der Betriebsstätte am Tatort durch den Beschwerdeführer, die beschwerdeführende GmbH oder durch ihre verantwortlichen Personen (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit a bzw. ehemals lit. f Wr. WettenG) nicht vor. Ohne deren Anwesenheit vor Ort wird den Anforderungen an eine (systematische) ständige Aufsicht nicht entsprochen. Die Anwesenheit oder auch eine allfällige Überwachungstätigkeit der von der Wettunternehmerin verschiedenen Betriebsinhaberin und ihrer Mitarbeiter ist nicht ausreichend (insoweit war in § 19 Abs. 8 Wr. WettenG eine entsprechende Ausnahme zu Abs. 2 leg. cit. erforderlich). Auch bezog sich die Tätigkeit des anwesenden Tankstellenpersonals auf die Bedienung der nicht wettenden Kunden der Tankstelle (dazu oben Punkt III.5). Dass das Personal im Sinne einer lückenlosen ständigen Aufsicht verpflichtet war, eintretende Personen mit Kindern vor oder unmittelbar nach Eintritt ausnahmslos einer sofortigen Kontrolle ihrer Identität zu unterziehen und gegebenenfalls ihren Aufenthalt umgehend zu verbieten und sie aus dem Verkaufsraum der Tankstelle zu verweisen, wurde nicht dargestellt und kann im Hinblick auf die Betriebsart einer Tankstelle und die beschriebenen laufenden Missverständnisse mit Kunden bei Anbringen von Zutrittsverbotshinweisen nicht angenommen werden. Insoweit wäre auch nach der neuen Rechtslage die gesetzliche Hinweispflicht für den Beschwerdeführer unverändert gegeben gewesen.
Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beim Günstigkeitsvergleich gemäß § 1 Abs. 2 VStG bei Fortbestehen der Strafbarkeit auf die Gesamtauswirkungen der tatbestandlich vorgesehenen Strafe für den Täter an. Ändert sich etwa bei Blankettstrafnormen zwar der Inhalt des Blanketts reduzierend, bleibt das grundsätzliche strafrechtliche Verbot jedoch bestehen, hat eine nachträgliche Einschränkung des Blankettinhalts keine Auswirkungen auf das Weiterbestehen der Strafnorm. Bei einer Änderung der Rechtslage zwischen dem Tatzeitpunkt und dem Ergehen des verwaltungsgerichtlichen Urteiles findet ein Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG keine Anwendung, wenn das strafrechtliche Unwerturteil aufrecht bleibt. Im vorliegenden Fall sind sowohl die Strafdrohung als auch die Strafart unverändert geblieben (§ 24 Wr. WettenG). Das Tatbild im Tatzeitpunkt und das Tatbild im Entscheidungszeitpunkt unterscheiden sich vom Unwerturteil her in keiner Weise. In beiden Fällen soll das Wetten von minderjährigen Personen pönalisiert werden. Im Kontext des § 19 Abs. 2 Wr. WettenG ist daher von der Anwendung des Tatzeitrechtes auszugehen (VwGH 22.7.2019, Ra 2019/02/0107, Rz. 15 f).
III.7. Keine Benutzbarmachung nur durch Bargeld (Spruchpunkt II)
Im Zeitraum vom 7.7.2018 bis 6.10.2018 war das dem Beschwerdeführer mit dem Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses als Übertretung des § 13 Abs. 5 lit. c Wr. WettenG zur Last gelegte Verhalten nicht strafbar. Diese Rechtslage ist als günstigste Rechtslage maßgeblich (VfGH 14.6.2019, E 1610/2019, Rz. 28).
Auf das allenfalls aufrechterhaltene Unwerturteil durch das gleichzeitig angeordnete Wiederinkrafttreten dieser Bestimmung drei Monate später (unverändert als lit. c nunmehr in Abs. 3 des § 13 Wr. WettenG in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 40/2018) kommt es nicht an. Schließlich kam eine Bestrafung des Beschwerdeführers aufgrund der Einstellung des Verfahrens zum selben Sachverhalt im nicht mehr bekämpften und damit rechtskräftigen Spruchpunkt II des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom 18.3.2019 ohnedies nicht (mehr) in Betracht (VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0474, Rz. 33 ff; und VwGH 26.9.2018, Ra 2017/?17/0459, Rz. 18).
Der gemeinsamen Beschwerde gegen den Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses ist daher Folge zu geben und das Verfahren zu dieser Tatanlastung gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.
III.8. Strafbemessung
Die Tatbegehung ist dem Beschwerdeführer als verantwortlichem Beauftragten auch subjektiv vorwerfbar. Fehlendes Verschulden konnte er nicht nachweisen. Probleme und Missverständnisse mit der Hinweispflicht auf das Zutrittsverbot zu Räumen mit Wettterminals für Kinder und Jugendliche an einer Tankstelle, die von diesem Personenkreis (mit oder ohne Begleitung ihrer Eltern) frequentiert wird, scheinen auch bekannt gewesen zu sein.
Für die Strafbemessung ist maßgeblich, dass das öffentliche Anliegen einer geordneten wettunternehmerischen Tätigkeit mit Wettterminals einen höheren Stellenwert einnimmt. Die verhängte Geldstrafe schöpft deutlich weniger als 4% des gesetzlichen Strafrahmens aus und liegt somit im untersten Bereich der Strafdrohung (wobei keine Mindeststrafe vorgesehen ist). Anders als die belangte Behörde wird die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers im Tatzeitpunkt als Milderungsgrund berücksichtigt. Es werden keine Erschwerungsgründe und (nicht konkretisierte und somit) durchschnittliche Einkommensverhältnisse mit Sorgepflicht für ein minderjähriges Kind angenommen. Eine Strafherabsetzung kommt bei dieser Sachlage auch unter der Annahme des Milderungsgrunds der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die festgesetzte Strafhöhe trägt der Bedeutung der geschützten Rechtsgüter sachgerecht Rechnung und ist somit schuld- und tatangemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe steht im Verhältnis zur Geldstrafe.
III.9. Ergebnis
Die gemeinsame Beschwerde war daher (nunmehr auch) gegen den Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgreich, unverändert aber nicht gegen dessen Spruchpunkt 1.
Zum bekannten Verhandlungsthema "Wettannahmeschalter" bzw. Touch Office wurde erst nach Durchführung der Verhandlung der Antrag auf weitere zeugenschaftliche Einvernahmen gestellt. Dem Antrag war deshalb nicht stattzugegeben, weil der Sachverhalt zur fehlenden Hinweispflicht anhand der Ermittlungsergebnisse durch mehrere im Kontrollzeitpunkt unmittelbar anwesende Zeugen und den Beschwerdeführer selbst ausführlich erörtert worden und vollständig geklärt war (wobei auch Zeugen - unrichtigerweise - beantragt und befragt wurden, die letztlich zum Kontrollzeitpunkt keine Angaben machen konnten). Zudem ist das beantragte Beweisthema (Touch Office) in diesem Beschwerdeverfahren rechtlich nicht relevant.
Der dem Bestraften vorzuschreibende Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich Spruchpunkt 1 gründet sich auf § 52 Abs. 1 VwGVG und ist nach Abs. 2 leg. cit. mit 20% der verhängten Geldstrafe zu bemessen. Die Solidarhaftung der beschwerdeführenden GmbH auch für den Verfahrenskostenbeitrag im Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 38 VwGVG in Verbindung mit § 9 Abs. 7 VStG.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine über diesen Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG bei der Auslegung des Inhalts von Hinweispflichten zu beurteilen waren und fallbezogen im Wesentlichen Fragen bei der Ermittlung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts im Vordergrund standen.
Schlagworte
Abschluss von Wetten; Tankstellenshop; Wettterminal; Wettannahmeschalter; Zutrittsverbot; Kennzeichnungspflicht; GünstigkeitsvergleichAnmerkung
VfGH v. 28.11.2019, E 3460/2019; AblehnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.002.082.8608.2019.EZuletzt aktualisiert am
08.07.2020