Entscheidungsdatum
30.07.2019Norm
BStMG 2002 §20 Abs1Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Wischenbart über die Beschwerde des G S, B, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Stephan Wirth, Bregenz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 05.11.2018, Zl X-9-2018/34365, betreffend einer Übertretung nach dem Bundesstraßenmautgesetz, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als anstelle der von der Bezirkshauptmannschaft B verhängten Geldstrafe gemäß § 45 Abs 1 VStG zweiter Satz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 33/2013, eine Ermahnung ausgesprochen wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 05.05.2018 um 16.15 Uhr einen PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXX auf der A14 in L, Höhe Km XX, in Richtung B-M – Abschnitt D S L – H gelenkt und dabei eine Mautstrecke benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 20 Abs 1 in Verbindung mit § 10 Abs 1 und 11 Abs 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002. Es wurde in Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden festgesetzt.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, die wider ihn erhobenen Vorwürfe würden in der von der Behörde behaupteten Form nicht zu Recht bestehen und zwar aus folgenden Gründen:
Nicht richtig sei, dass er ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Er habe sehrwohl die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet. Er habe am 03.02.2018 um 19.35 Uhr beim Verkaufsautomaten in H eine digitale Jahresvignette für Österreich gekauft. Die Entrichtung der Gebühren der Vignette sei jedenfalls ordnungsgemäß gewesen. Bei der Vignettenverkaufsstelle der ASFINAG in H, habe es sich um eine offizielle Verkaufsstätte der Mautvignetten gehandelt. Der Kaufbeleg über den Ankauf der Vignette liege der Behörde bereits vor. Richtig sei, dass gemäß § 10 Abs 1 BStMG die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege. Die zeitabhängige Maut sei gemäß § 11 Abs 1 BStMG vor der Benützung der Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug sei gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß anzubringen oder eine digitale Vignette zu lösen. Die Maut der digitalen Vignette werde durch den Ankauf der Mautvignette entrichtet. Er habe sich am gegenständlichen Tag beim Verkaufsautomaten in H im Mautsystem registriert. Zum Zweck des Ankaufes der digitalen Vignette habe er das Kennzeichen seines Fahrzeuges XXX zweimal eingegeben. Lediglich beim Zulassungsstaat sei ihm ein Tippfehler unterlaufen. Dieser Umstand sei ihm allerdings nicht sofort aufgefallen und er habe auch den Vorgang ordnungsgemäß abschließen können und eine Rechnung erhalten. Er sei ab diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass er berechtigt sei bis zum 31.01.2019 auf allen Autobahnen in Österreich zu fahren. Im Nachhinein verwundere es ihn schon sehr, dass er überhaupt eine Rechnung erhalten habe, wenn Kennzeichen und Zulassungsstaat nicht zusammenpassen würden. Von dem Umstand, dass ihm ein Fehler beim Eintippen des Zulassungsstaates unterlaufen sei, sei ihm erst zur Kenntnis gebracht worden, als er ein Aufforderungsschreiben zur Bezahlung einer Ersatzmaut erhalten habe. Der ASFINAG sei jedenfalls kein Schaden entstanden, da er tatsächlich eine digitale Vignette gekauft habe. Selbst wenn die von ihm versehentlich gewählte Art der Eingabe in den Automaten betreffend den Zulassungsstaat nicht ordnungsgemäß gewesen sein sollte und die subjektive Tatseite somit als verwirklicht anzusehen und die Verwaltungsübertretung erwiesen sei, so handle es sich hier um ein Verschulden, welches als geringfügig qualifiziert werden könne. Nachteilige Folgen seien aus der Tat durch das Verhalten von ihm überhaupt nicht eingetreten, da, wie vorgebracht, der Preis für die Jahresvignette bezahlt worden sei. Somit würden sämtliche Voraussetzungen nach der Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG vorliegen. Nach dieser Bestimmung könne nämlich die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden eines Beschuldigten geringfügig sei und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung könne die Behörde dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich sei und ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Es sei daher von der Behörde höchstens eine Ermahnung auszusprechen.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschuldigte löste am gegenständlichen Tag beim Verkaufsautomaten in H eine Jahresvignette für das Jahr 2019. Zum Zweck des Ankaufs der digitalen Vignette gab er das Kennzeichen seines Fahrzeuges korrekt zweimal ein. Er hat dann auf das Länderkennzeichen TR getippt, weil er glaubte, dass nunmehr die Erklärung der Vorgehensweise beim Automatenkauf in der türkischen Sprache vorhanden ist, die er besser verstehen kann. Der Beschuldigte ist österreichischer Staatsangehöriger und spricht gebrochenes Deutsch. Seine Muttersprache ist türkisch und so hat er gedacht, dass er den Kauf der Vignette durch die Eingabe des Zeichens TR in der türkischen Sprache weiterführen kann. Dabei hat er nicht gemerkt, dass er für sein Auto ein falsches Länderkennzeichen gewählt hat. Der Kauf der Vignette wurde korrekterweise durch den Automaten abgeschlossen, es kam nicht zu einem Fehlercode, sondern er bekam eine Rechnung über den Kauf ausgestellt.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung, in der der Beschuldigte ausgesagt hat, als erwiesen angenommen.
In der mündlichen Verhandlung gab der Beschuldigte im Wesentlichen an, als er beim Automaten die Vignette habe lösen wollen, habe er deshalb auf das TR gedrückt, weil er geglaubt habe, es wäre nunmehr die Erklärung der Vorgehensweise, wie er die Vignette lösen könne, in der türkischen Sprache und die hätte er besser verstanden. Er habe damals einfach dann auf weiter gedrückt und sei der Überzeugung gewesen, dass er alles richtig eingegeben habe und er habe auch einen Zahlungsbeleg bekommen. Er habe aber nicht gemerkt, dass er hier für das Auto ein falsches Land angegeben habe. Es könne nicht sein, dass er eine Bestätigung über ein Kennzeichen mit dem Ländercode TR zum Ausdrucken bekomme, obwohl diese Kombination des Kennzeichens mit dem Ländercode gar nicht möglich sei und es auch keinen Fehlercode dazu gebe. Es müsste eigentlich rein theoretisch schon vom Automaten her eine Sperrung vorhanden sein, wenn es technisch nicht möglich sei, dass es diese Kombination nicht geben könne. Er spreche gebrochenes Deutsch und sei zwar österreichischer Staatsangehöriger, aber seine Muttersprache sei türkisch und er habe gedacht, er könne hier die Eingaben bei diesem Automaten auch in der türkischen Sprache durchführen.
5. Nach § 1 Abs 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten. Nach § 10 Abs 1 dieses Gesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut. Die zeitabhängige Maut ist nach § 11 Abs 1 des Gesetzes vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Die im § 10 Abs 2 Z 5 BStMG enthaltene Ausnahme von der Mautpflicht hinsichtlich der S 16 Arlberg Schnellstraße im Abschnitt zwischen den Anschlussstellen St. Anton und Langen kommt im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen.
Nach § 20 Abs 1 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.
Die Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis bereits § 20 VStG bei der Verhängung der Strafe angewendet und die Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten.
6. Der Beschwerdeführer hat das Vorliegen des objektiven Tatbestandes nicht bestritten, er macht aber in subjektiver Hinsicht geltend, dass er aufgrund der Tatsache, weil er dachte durch das Eintippen des Ländercodes „TR“ in den Automaten, die weiteren Anweisungen zum Lösen der Vignette in seiner Muttersprache zu erhalten.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 33/2013, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Gemäß Abs 1 letzter Satz leg cit kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Von einem geringen Verschulden ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (dazu siehe VwGH 06.11.2012, 2012/09/066, zu der vergleichbaren Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG idF vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013).
Das Landesverwaltungsgericht hielt im gegenständlichen Fall den Ausspruch einer Ermahnung für ausreichend und vertretbar. Der Beschuldigte hat die Vignette gekauft und bezahlt. Dadurch ist der ASFINAG kein Schaden durch eine etwaige Mautprellung entstanden. Dass der Beschuldigte aufgrund seiner Sprachbarriere den falschen Ländercode eingegeben hat, in der Meinung, die Anweisungen in seiner türkischen Muttersprache zu erhalten, so wie er dies glaubhaft vorgebracht hat und es zu keiner Fehlermeldung gekommen ist, obwohl das richtige Kennzeichen in den Automaten eingetippt worden ist, stellt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes nur einen leichten Grad des Verschuldens dar. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ermahnung, Maut, falsches Länderkürzel bei digitaler VignetteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2019:LVwG.1.614.2018.R10Zuletzt aktualisiert am
26.08.2019