TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/19 97/06/0149

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Veröffentlicht am 19.11.1998
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §31;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des I und der G in I, vertreten durch D und C, Rechtsanwälte in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. Mai 1997, Zl. I-2880/1997, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren

(mitbeteiligte Parteien: 1. JE, 2. ME, 3. EE, alle in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien haben mit Ansuchen vom 27. Juli 1993 die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau des Gebäudes auf dem Grundstück W-Straße 90 (EZ 1035 GB 81136 W, Gst. 1569/111) beantragt. Bei dem Gebäude handelte es sich ursprünglich um ein Einfamilienhaus mit Garage. Mit Bescheid vom 20. Oktober 1993 bewilligte der Stadtmagistrat Innsbruck umfangreiche Baumaßnahmen am Wohnhaus. So sollte an der Nordseite des Gebäudes ein Anbau mit zwei zusätzlichen Wohnungen und Garagen errichtet werden. Dieser Anbau sollte sich unter Einhaltung eines Grenzabstandes von vier Metern parallel zur Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer erstrecken. Er sollte von den neuen, an der Grundstücksgrenze liegenden Fertigteilgaragen jeweils durch einen Gang getrennt sein. Zunächst war vorgesehen, diesen durch eine Mauer von der dahinter liegenden Diele zu trennen; ein Dach sollte er nicht erhalten. Gegen diese Bewilligung erhoben die Beschwerdeführer keine Berufung. Die mitbeteiligten Parteien machten von ihr jedoch zunächst keinen Gebrauch, sondern beantragten mit Ansuchen vom 16. Oktober 1995 Änderungen der bewilligten Zu- und Umbauarbeiten. Diese wurden mit Bescheid vom 21. Dezember 1995 bewilligt. Unter anderem war vorgesehen, dass der Gang zwischen Garage und Diele überdacht werden sollte. Geändert wurde u.a. die Wandhöhe und die Firsthöhe des Gebäudes. Auch dagegen wurden seitens der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben, die Bewilligung erwuchs in Rechtskraft. Im Frühjahr 1996 wurde mit der Verwirklichung der Baumaßnahmen begonnen.

Am 11. Oktober 1996 beantragten die mitbeteiligten Parteien neuerlich die Bewilligung von Änderungen der bewilligten Umbauten. Beabsichtigt war nunmehr, den Gang zu einem Anbau der Diele umzuwandeln und diese somit zu vergrößern. Zusätzliche Baumasse sollte hierdurch nicht entstehen. Die Vergrößerung der Diele sollte allein durch den Abriss der Zwischenwand herbeigeführt werden. In den Einreichplänen zum Bauantrag war dies dadurch ersichtlich, dass die Wand mit einer gestrichelten, nicht durchgezogenen Linie sowie farbig als Änderung (gelb für Abriss) gekennzeichnet war.

Gegen diese Änderung erhoben die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 1996 Einwendungen und machten geltend, dass durch die Vergrößerung der Diele der Mindestabstand von vier Metern zu ihrem Grundstück nicht mehr eingehalten werde. Mit Bescheid vom 27. November 1996 erteilte der Stadtmagistrat Innsbruck die beantragte Baugenehmigung und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer (im wesentlichen mit der Begründung, es handle sich um einen erkerähnlichen Bauteil) ab. Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer am 10. Dezember 1996 Berufung und machten weiterhin eine Abstandsverletzung geltend. In dieser Berufung ist davon die Rede, dass "die Bauwerber zu dem, einen geschlossenen Raum bildenden Bauteil an der Südseite eine weitere Türe errichtet (hätten), wodurch ein Windfang für den dahinterliegenden, mit der Eingangsdiele praktisch eine Einheit bildenden Raum geschaffen" worden sei. Der entstehende Gebäudeteil sei nicht als Erker zu bezeichnen; er sei ebenerdig und schließe westlich zur Gänze mit der Garage ab, während er an der Ostseite an das Haus anschließe. Er bilde einen völlig neuen Gebäudeteil, der dem Haus nicht frei vorrage. Er stelle daher keinen Erker im Sinne von § 7 Abs. 5 lit b Tiroler Bauordnung dar und dürfe daher nicht innerhalb der Abstandsfläche errichtet werden. Mit Bescheid vom 19. Dezember 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Sie ging davon aus, dass Inhalt des Bauansuchens der Einbau von insgesamt vier Türeinheiten zum Abschluss eines bereits bestehenden, überwiegend umschlossenen Raumteiles zwischen Garage und Haus gewesen sei. Da hierdurch kein neuer Zubau geschaffen worden sei, sondern der bestehende, bereits überdachte Gang lediglich Türen erhalte, könnten die Beschwerdeführer gegenüber dem bereits rechtskräftig bewilligten Zubau keine Rechtsverletzung geltend machen. Zudem handle es sich bei dem Zubau um einen erkerähnlichen Bauteil im Sinne von § 7 Abs. 5 lit b Tiroler Bauordnung, da er sich in etwa zur Hälfte entlang des dahinter liegenden Dielenbereichs erstrecke und von außen nicht als einheitliche Hauptmauerflucht in Erscheinung trete. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 30. Oktober 1996 hatten die mitbeteiligten Parteien neuerlich Planänderungen gegenüber dem mit den Bescheiden vom 20. Oktober 1993 und vom 21. Dezember 1995 bewilligten Vorhaben beantragt. Die Beschwerdeführer erhoben in der über diesen Antrag durchgeführten mündlichen Verhandlung erneut Einwendungen gegen die Errichtung eines Windfangs. In der Baubeschreibung zum Antrag hierzu heißt es unter anderem, die Stiegenhaussituation werde abgeändert, grundrissliche Änderungen würden vorgenommen, im Bestand an der Ostfassade werde ein zusätzliches Fenster ausgebrochen, die Dielen der Wohnungen würden um einen erkerartigen Vorbau hinter den Garagen erweitert, die Garagen erhielten gartenseitig ein zusätzliches Garagentor und im Anschluss an die Fertigteilgaragen sollten 55 cm breite Flügelmauern errichtet werden. Im Einreichplan sind die sich als Abriss darstellenden Maßnahmen wiederum gelb gekennzeichnet und u.a. die ursprünglich bewilligten Wände zwischen Diele und Windfang zwischen Haus und Garage gelb strichliert gekennzeichnet. Mit Bescheid vom 7. April 1997 wurden die beantragten (und bereits ausgeführten) Änderungen (nachträglich) bewilligt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden mit der Begründung abgewiesen, die Errichtung des Windfangs sei rechtskräftig bewilligt worden. Bereits der Baubescheid vom 27. November 1996 habe nicht mehr den Anbau selbst zum Gegenstand gehabt, sondern durch ihn seien lediglich die Türen bewilligt worden. Im jetzigen Baubewilligungsverfahren könnten daher keine Einwendungen gegen die Errichtung des Windfangs mehr vorgebracht werden. Im Übrigen bestünden keine rechtlichen Bedenken gegen die Erteilung der Baubewilligung. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Baubewilligung Berufung. Sie wendeten sich damit zum einen gegen die Errichtung der Flügelmauern, zum anderen erneut gegen die Errichtung eines Windfangs.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 1997 gab die belangte Behörde der Berufung bezüglich der Flügelmauern statt. Im Übrigen ging die belangte Behörde ebenfalls davon aus, dass die Errichtung des Anbaus bereits rechtskräftig genehmigt sei. Sie wies daher die Berufung der Beschwerdeführer insoweit ab. Dabei ging sie davon aus, dass unbestritten sei, dass der in Rede stehende Bauteil im Mindestabstandsbereich von 4,00 m nach § 7 Abs. 1 lit. a TBO situiert sei und dass dieser Raumteil nicht bloss zum Schutz von Sachen im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. a TBO diene, zumal er im Eingangsbereich des Haupthauses gelegen sei und über diesen Raumteil das Haus betreten werde. Es komme hinzu, dass die im Inneren des Gebäudes vorgenommene Änderung der Raumeinteilung dazu führe, dass dieser Raumteil nunmehr die volle Breite des dahinterliegenden Dielen- und Gangraumes umfasse. Daher seien die in den Bauwich vorragenden Mauerteile von 0,55 m, die Inhalt des Bauantrages gewesen seien, nicht bewilligungsfähig und insoweit der Antrag abzuweisen gewesen (da die Mauern nicht unter den Begriff eines Erkers oder erkerähnlichen Bauteiles fielen). Hinsichtlich der übrigen Einwendungen der Beschwerdeführer sei jedoch im Hinblick auf die bereits erfolgte rechtskräftige Bewilligung die Berufung nicht begründet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Bauabstände gemäß den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass über den Abriss der Zwischenwand im Jahr 1996 noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Weder im erstinstanzlichen Baubescheid noch im Bescheid der Berufungskommission sei der Abriss erwähnt worden. Im Bescheid der Berufungskommission vom 19. Dezember 1996 sei nur vom Einbau von vier Türeinheiten gesprochen worden. Auf den ihnen ausgehändigten Plankopien seien die farbig dargestellten Änderungen, insbesondere die gelbgefärbelte Zwischenwand, nicht zu sehen gewesen. Diese sei schwarz als Bestand erschienen. Einsicht in den Originalplan sei ihnen nicht gewährt worden, weil der Akt benötigt worden sei.

Die belangte Behörde bringt dazu in ihrer Gegenschrift vor, die Beschwerdeführer hätten bei der mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 1996 die Möglichkeit gehabt, Einsicht in den Originalplan zu nehmen. Doch selbst wenn diese Möglichkeit nicht gewährt worden wäre, müssten sich die Beschwerdeführer vorhalten lassen, die mangelnde Akteneinsicht nicht bereits im damaligen verwaltungsbehördlichen Verfahren gerügt zu haben.

Hiezu ist folgendes festzustellen:

Die belangte Behörde ist grundsätzlich im Recht, wenn sie davon ausgeht, dass in einem Bauverfahren, in dem Änderungen an einem bereits rechtskräftig bewilligten Gebäude beantragt werden, über jene Fragen, über die bereits rechtskräftig entschieden wurde, nicht mehr abzusprechen ist und insofern keine neuerlichen Einwendungen erhoben werden können (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0074, und vom 26. Juni 1997, Zl. 97/06/0037). Bei einem Sachverhalt, wie er im Beschwerdefall vorliegt, ist aber zu beachten, dass in dem beschwerdegegenständlichen Bauverfahren Änderungen des mit Bescheiden vom 20. Oktober 1993 und vom 21. Dezember 1995 bewilligten Bauvorhabens beantragt wurden. Der dem beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegende Antrag bezog sich nicht auf eine Änderung des (erst) mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 27. November 1996 bewilligten Projekts (über welches rechtskräftig mit dem Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1996 abgesprochen wurde). Von einem rechtskräftig genehmigten Bestand konnte im beschwerdegegenständlichen Verfahren daher zunächst (im Zeitpunkt der Antragstellung und bis zur Rechtskraft der Bewilligung in dem mit Antrag vom 11. Oktober 1996 eingeleiteten Verfahren) nur hinsichtlich der Bewilligungen vom 20. Oktober 1993 und 21. Dezember 1995 ausgegangen werden.

Wird die Bewilligung verschiedener Projekte (zeitlich hintereinander) beantragt, sodass die Verfahren über verschiedene Anträge teilweise zeitlich überlappend geführt werden, kann einem Nachbarn im später abgeschlossenen Verfahren grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass Teile des Projekts mit einem parallel verhandelten Vorhaben übereinstimmten, dem bereits die Bewilligung erteilt worden wäre. Ein Bauprojekt ist nämlich grundsätzlich als einheitliches Ganzes zu betrachten; es ist nicht von Belang, weshalb eine Partei in einem Verfahren keine Einwendungen erhoben hat oder ihre Einwendungen nicht mit Berufung oder letztlich Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgt (sodass ein in einem Verfahren beantragtes Projekt rechtskräftig bewilligt wird); nur wenn dieses Projekt in solchen Teilen einem weiteren, in einem anderen Verfahren beantragten Projekt entspricht, die von den übrigen Projektteilen als trennbar anzusehen sind, kann in der von den Baubehörden im gegenständlichen Fall angenommenen Weise davon ausgegangen werden, dass diese Teile damit im zweiten Verfahren (das sich ausdrücklich nicht als Verfahren zur Änderung der mit dem ersten Verfahren bereits bewilligten Baumaßnahmen versteht) nicht mehr an Hand der Bauordnung beurteilt werden müssten, sondern diesbezüglich bereits Rechtskraft vorliegt.

Dies ist im Beschwerdefall auch tatsächlich gegeben, da es zum einen in dem Verfahren, auf welches die belangte Behörde verwiesen hat, ausschließlich um die Vergrößerung der Diele durch Abbruch der ursprünglichen Außenwand in diesem Bereich ging, und dem beschwerdegegenständlichen Verfahren zum anderen insoweit nicht ein Antrag betreffend ein als Einheit zu beurteilendes Projekt zugrunde liegt, als sich der Antrag auf eine Reihe verschiedener, unabhängig voneinander durchführbarer Änderungen am konsentierten Bestand bezieht. Es ist daher Trennbarkeit hinsichtlich des beantragten Abbruchs der gegenständlichen Mauern gegeben.

Mit der Rechtskraft der Entscheidung über das Ansuchen vom 11. Oktober 1996 war somit über jenen Teil des beschwerdegegenständlichen Projekts rechtskräftig abgesprochen, der die Diele (den Abbruch der ursprünglich die Diele begrenzenden Mauer) betrifft. Durch den Umstand, dass die Gemeindebehörden bei dieser Sachlage das beschwerdegegenständliche Ansuchen in diesem Umfang zurückweisen hätten müssen, anstatt neuerlich in der Sache zu entscheiden, konnten die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzt werden.

Die Beschwerdeführer brachten auch vor, der Plan sei nicht Bestandteil des Bescheides vom 27. November 1996 geworden, ein Bauplan habe höchstens veranschaulichenden, aber keinen Bescheidcharakter. Denn es sei davon auszugehen, dass Laien einen Bauplan gar nicht lesen könnten. Auch fehle zumeist die Möglichkeit, eine Fotokopie herzustellen. Zudem würden die Pläne den betroffenen Parteien nicht zusammen mit der Baubewilligung zugestellt. Da der Abriss der Zwischenwand im Bescheid nicht beschrieben sei, könne somit nicht von einer rechtskräftigen Genehmigung ausgegangen werden. Dazu ist auf Folgendes zu verweisen:

Der Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass das Bauvorhaben im Baubewilligungsbescheid im Einzelnen umschrieben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. März 1976, VwSlg. 9004/A). Für den Inhalt eines Baubewilligungsbescheides ist vielmehr auch der bewilligte Bauplan entscheidend, sofern dieser zum Bestandteil des Bescheides erklärt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 86/05/0162). Es ist daher nicht entscheidend, dass der Abriss der Zwischenwand im Bescheid vom 27. November 1996 und im Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 1996 nicht explizit im Spruch beschrieben ist, da er sich aus dem Bauplan, auf den der Spruch verweist, ergibt. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Baubewilligungsbescheide nicht jede einzelne bauliche Maßnahme verbal im Spruch umschreiben müssen, sondern dass der Verweis auf die zum Bestandteil des Bescheides erklärten Pläne ausreicht.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde selbst nicht erkannt habe, dass die Wand entfernt werden sollte, da die belangte Behörde im Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1996 nicht auf den Abriss der Zwischenwand hingewiesen habe, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Allein aus der Tatsache, dass die belangte Behörde den Abriss der Zwischenwand im Bescheid nicht erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass sie ihn nicht zur Kenntnis genommen hat. Darüber hinaus könnte selbst eine allfällige Fehlvorstellung auf Seiten einer Behörde über den Inhalt einer Bewilligung nicht bewirken, dass dadurch der Bewilligung entgegen dem Spruch des Bescheides ein anderer Inhalt zukommen könnte. Ein Fall der Auslegungsbedürftigkeit des Spruches im Zusammenhalt mit der Begründung liegt im Fall des Verweises in einer Baubewilligung auf die Einreichpläne nicht vor. Die allfällige Fehlvorstellung der belangten Behörde vom Verfahrensgegenstand mag den seinerzeitigen Bescheid anfechtbar gemacht haben; für die einschränkende Auslegung des Spruches kann der Hinweis auf die Türen, die zu bewilligen gewesen wären, jedoch nicht herangezogen werden. Auch allfällige Verfahrensmängel in diesem Verfahren (die zu Fehlvorstellungen auf Seiten der Beschwerdeführer geführt haben könnten) wären durch Rechtsmittel in diesem Verfahren geltend zu machen gewesen. Im beschwerdegegenständlichen Verfahren können derartige Mängel nicht geprüft werden und insbesondere nicht dazu führen, dass die Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides im vorliegenden Verfahren nicht zu beachten wäre. Anzumerken bleibt jedoch, dass nach den vorliegenden Planunterlagen die im Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 1996 angesprochenen Türen nicht Gegenstand des Bauvorhabens waren. Es ist aus Anlass der vorliegenden Beschwerde jedoch nicht abschließend zu untersuchen, ob bzw. wann eine Baubewilligung für die Türen erteilt wurde bzw. ob die Türen etwa mit dem Bescheid vom 27. November 1996, in dem sie in der einleitenden Baubeschreibung nicht erwähnt wurden, iVm dem Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1996 als bewilligt zu gelten haben.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer war die belangte Behörde nicht gemäß § 13 a AVG dazu verpflichtet, die Beschwerdeführer von der Feststellung der rechtskräftigen Bewilligung des Wandabrisses gesondert in Kenntnis zu setzen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Beschwerdeführer verkennen, dass die Manuduktionspflicht lediglich verlangt, dass die nichtanwaltlich vertretenen Parteien die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen bekommen, nicht aber, dass die Parteien im Einzelnen darüber belehrt werden, wie sie ihr Vorbringen gestalten müssen, damit es erfolgreich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1985, Zl. 84/01/0140, und vom 19. September 1986, Zl. 85/01/0158). Abgesehen davon hatten die Beschwerdeführer die Möglichkeit, in ihrer Berufung zur Rechtskraft der Bewilligung des Abrisses Stellung zu nehmen.

Über die Frage, ob der Anbau als Erker oder erkerähnlicher Bauteil baurechtlich genehmigungsfähig ist, war somit wegen der Rechtskraft der Baubewilligung vom 21. Dezember 1995 nach Abweisung der Berufung der Beschwerdeführer nicht mehr zu entscheiden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. November 1998

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Spruch und Begründung Trennbarkeit gesonderter Abspruch Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060149.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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