TE Lvwg Erkenntnis 2019/8/1 LVwG-AV-497/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2019
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Entscheidungsdatum

01.08.2019

Norm

NAG 2005 §11 Abs3
NAG 2005 §46 Abs1
ASVG §293 Abs1
EMRK Art8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Allraun als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau A, geb. ***, StA: Indien, vertreten durch Frau B, Rechtsanwältin in ***, *** , gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 19.03.2019, Zl. ***, zu Recht:

1.   Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Hinweis: Die Vorschreibung der Kosten für die Beiziehung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetschers zur mündlichen Verhandlung am 31.07.2019 wird einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der am 24.09.2018 gestellte Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ abgewiesen.

Als Rechtsgrundlagen wurden § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 sowie § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) angeführt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin der Aufforderung zur Vorlage eines Diploms über den Abschluss eines Deutschkurses auf A1-Niveau nicht entsprochen habe. Weiters habe die Beschwerdeführerin keine Bestätigung durch C vorgelegt, wonach ihr Schulabschluss der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 UnivG oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspreche.

Der für den beantragten Aufenthaltstitel erforderliche Nachweis im Sinne der Bestimmung des § 21a Abs. 1 NAG sei somit nicht erbracht worden.

Weiters müsse der unterhaltspflichtige Zusammenführende ein dem Richtsatz des

§ 293 ASVG in der Höhe von € 1.398,97 entsprechendes Einkommen beziehen, dem noch regelmäßige Belastungen für Miete (€ 597,40), Kreditrate (€ 101,7), Versicherung (€ 81,37), Sollzinsen (€ 44,81) und Kosten für ein Kontopaket (€ 24,48) hinzuzurechnen seien.

Unter Abzug des Wertes der freien Station in der Höhe von € 294,65 müsse der Zusammenführende ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von € 1.942,08 beziehen, damit der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe.

Das Einkommen des Zusammenführenden habe mangels Mitwirkung nicht festgestellt werden können. Es seien keine ausreichenden und tragfähigen Nachweise und Unterlagen vorgelegt worden, aus denen ersichtlich wäre, dass der Familienerhalter derzeit Einkünfte erziele, welche dem ASVG-Richtsatz entsprechen würden.

Der für den von der Beschwerdeführerin beantragten Aufenthaltstitel erforderliche Nachweis im Sinne der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG sei nicht erbracht worden.

In Bezug auf die Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG hat die belangte Behörde erwogen wie folgt:

„Ihr Ehegatte ist im Jahr 2011 in das Bundesgebiet eingereist und strebte ein Asylverfahren in Österreich an. D ist seit 07.07.2011 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet und verfügt nunmehr seit 24.08.2016 über einen Aufenthaltstitel, welcher ihn zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigt.

Laut vorgelegter Heiratsurkunde haben Sie mit Ihren Ehegatten D

(kurz vor der Antragstellung) am 15.06.2018 in Ihrem Heimatland die Ehe

geschlossen.

Sie haben in Österreich noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt.

Den der Behörde vorliegenden Unterlagen ist somit nicht zu entnehmen, dass Sie

bereits ein länger andauerndes gemeinsames Familienleben mit Ihren Ehegatten

führten und wurde dies von Ihnen auch nicht behauptet.

Sie haben Ihre prägenden Jahre nicht in Österreich verbracht, sodass davon

ausgegangen werden muss, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat über gewisse soziale,

familiäre und wirtschaftliche Strukturen bzw. Bindungen verfügen.

Ebenso konnten keine nennenswerten Bestrebungen Ihrerseits, weder zur

besonderen Integration (insbesondere bezüglich den Erwerb von Kenntnissen der

deutschen Sprache) noch zur Mitwirkung am Verfahren auf Erteilung eines

Aufenthaltstitels, festgestellt werden, welche bei Vorliegen eines tatsächlichen

Niederlassungswillens in Ihrem Interesse liegen müssten.

Gerade bei Umständen aus der persönlichen Sphäre des Antragstellers, wie dies bei

Umständen des Privat- und Familienlebens der Fall ist, trifft den Fremden bzw. die

Fremde eine erhöhte Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Bekanntgabe allenfalls

bedeutsamer, seiner/ihrer persönlichen Sphäre zugehöriger Fakten.

Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet

noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden

Interessenabwägung zu (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0102). Im gegenständlichen

Verfahren wurden keine längeren Aufenthaltszeiten in Österreich vorgebracht und

sind auch sonst keine längerfristigen Aufenthalte ersichtlich oder dokumentiert.

Es werden zwar im Antrag familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden,

aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen vorgebracht, das tatsächliche

Bestehen eines Familienlebens aber nicht. Für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 bis

6 NAG müsste dies aber zur Aufrechterhaltung (welches ein Bestehen voraussetzt)

des Privat- und Familienlebens in Österreich geboten sein.

Es wurden im Verfahren keine weiteren Anhaltspunkte (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro

2016/22/0005) aufgezeigt.

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist daher festzuhalten, dass der Umstand,

dass Ihr Ehegatte in Österreich niedergelassen ist, nicht von größerem Gewicht ist,

als das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt

von Fremden regelnden Bestimmungen des Fremdenrechts, insbesondere des NAG.

Im Zuge der erforderlichen Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK wurde

festgestellt, dass zwar durch den Aufenthalt Ihres Ehegatten nunmehr familiäre

Bindungen in Österreich bestehen, jedoch die Sicherung des Lebensunterhaltes,

im NAG eine wichtige Grundvoraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels

darstellt und ein ausreichender Nachweis über einen gesicherten Lebensunterhalt,

nicht erbracht wurde.

Aus diesem Grunde ist das Interesse an der Wahrung eines geordneten

Fremdenwesens höher zu bewerten als die privaten Interessen. Die Abwägung der

gegenüberstehenden Interessenslagen geht daher zu Ihren Lasten, weil das

öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen

Ihr persönliches Interesse an einer Neuzuwanderung überwiegt.

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 08.10.2003, ZI. G119/03, festgestellt, dass der

Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Judikatur einer

Ausländerfamilie nicht das unbedingte Recht auf ein gemeinsames Familienleben

in einem Vertragsstaat zugesteht. Art. 8 EMRK umfasst nicht die generelle

Verpflichtung eines Vertragsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die

verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer

Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Auch beinhaltet Art. 8 EMRK nicht das

Recht, den best geeigneten Ort für die Entwicklung des Familienlebens zu wählen.

Des Weiteren besteht laut EGMR nicht die grundsätzliche Verpflichtung zur

Herstellung des Familienlebens. Jeder Vertragstaat habe das Recht, die Einreise

von Nichtstaatsangehörigen einer Kontrolle zu unterwerfen.

Die Abwägung des § 11 Abs. 3 NAG hat ergeben, dass die öffentlichen Interessen

gegenüber Ihren privaten Interessen überwiegen und daher die Bestimmung des

§ 11 Abs. 3 NAG nicht zu Ihren Gunsten angewendet werden konnte.“

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Mann, Herrn D, seit 15.06.2018 verheiratet sei und es für beide die erste Ehe sei.

Am *** habe sie ihre Tochter geboren. Der Ehemann lebe und arbeite in Österreich und verfüge über einen gültigen Aufenthaltstitel. Es sei lediglich Ende 2018 für kurze Zeit arbeitslos gewesen.

Seit März 2019 sei ihr Ehemann 40 Wochenstunden bei der E und 10 Stunden bei der Pizzeria F als Pizzalieferant geringfügig beschäftigt.

Er verdiene € 1.400,- (14xjährlich) bei G und € 300,- (12xjährlich) bei der Pizzeria.

Die Einkünfte lägen insgesamt bei € 1.933,33 und somit über dem ASVG-Richtsatz für Ehegatten.

Die Mietwohnung des Ehemannes, in der dieser allein wohne, habe eine Größe von 58 m². Die Wohnung biete ausreichend Platz für die Beschwerdeführerin und ihren Gatten.

Die Beschwerdeführerin habe an den Universitäten *** und *** studiert und verfüge über die Universitätsreife in Österreich.

Beantragt wurde, der vorliegenden Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid aufzuheben und eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus zu erteilen, in eventu die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückzuverweisen.

Der Beschwerde beigelegt wurde die C-Bestätigung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 01.04.2019, nach der durch die Studienabschlüsse der Beschwerdeführerin an der *** und der *** die allgemeine Universitätsreife gemäß § 64 Abs. 1 Z 4 UG iVm § 9Abs. 4 Z 3 IntG gegeben sei.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 31.07.2019 wurde die Vertreterin der Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen drei Wochen ab Zustellung folgende Urkunden zu übermitteln:

?    Strafregisterauskunft/Führungszeugnis, nicht älter als drei Monate und mit Apostille versehen, betreffend Frau A

?    Einkommensnachweise betreffend Herrn D, insbesondere Lohnzettel der Monate Jänner und Februar 2018 sowie August bis November 2018 und Nachweise über die tatsächliche Auszahlung dieser Löhne (Kontoauszüge)

?    Nachweise über die Höhe des im Jahr 2018 und 2019 bezogenen Arbeitslosengeldes

?    Dienstvertrag betreffend die Beschäftigung des Herrn D zur G GmbH

?    Einkommensnachweise betreffend Herrn D, insbesondere Lohnzettel der Monate März bis Juni 2019 und Nachweise über die tatsächliche Auszahlung dieser Löhne (Kontoauszüge)

?    Aktueller KSV-Auszug betreffend Herrn D

?    Nachweis über die Höhe der Stromkosten für die von Herrn D bewohnte Wohnung

Am 19.07.2019 hat der Ehegatte der Beschwerdeführerin folgende Urkunden persönlich vorgelegt:

?    Lohn/Gehaltsabrechnungen der G GmbH betreffend Herrn D der Monate März bis Juni 2019

?    Anmeldung des Herrn D zur Sozialversicherung bei der G GmbH

?    Arbeiter – Dienstzettel über das Dienstverhältnis des Herrn D zur G GmbH

?    Strafregisterauskunft betreffend die Beschwerdeführerin vom 22.06.2018

?    Versicherungsdatenauszug betreffend Herrn D

?    Lohn- und Gehaltsbestätigung betreffend das Dienstverhältnis des Herr Herrn D zu Herrn I der Monate März bis Mai 2019 und August bis November sowie Jänner bis Februar 2018

?    Auszüge des auf Herrn D lautende Konto Nr *** über die Auszahlung der Löhne durch die G GmbH und des AMS Niederösterreich

?    Zahlschein über die Anweisung von € 214,- an Stromkosten an die *** durch Herrn D

?    KSV-Auskunft vom 13.05.2019 betreffend Herrn D

Das Landesverwaltungsgericht NÖ hat am 31.07.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes

*** sowie des gegenständlichen Aktes des Landesverwaltungsgerichts und Einvernahme des Herrn D als Zeugen.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die Beschwerdeführerin, Frau A, geb. ***, StA: Indien hat am 24.09.2018 einen Antrag auf Erteilung von Erstaufenthaltstiteln „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gestellt.

Der Beschwerdeführerin konnte mit der Antragstellung ein Quotenplatz zugewiesen werden.

Am 17. Juni 2019 wurde ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für das gemeinsame, am *** geborene Kind der Beschwerdeführerin und des Herrn D gestellt.

Über diesen Antrag wurde bis dato noch nicht entschieden.

Mit beiden Anträgen ist die Familienzusammenführung mit dem Ehegatten der Beschwerdeführerin, Herrn D, geb. ***, StA: Indien, wohnhaft ***, ***, beabsichtigt.

Herr D ist im Besitz eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, gültig bis 15.08.2019. Einen Verlängerungsantrag hat er noch nicht gestellt.

Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrem Kind in Indien im Haus ihrer Eltern. In Österreich hat sie sich noch nie aufgehalten. Die Beschwerdeführerin bezieht kein Einkommen, da sie sich um das gemeinsame Kind kümmert. Für den Lebensunterhalt kommt Herr D auf.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben keine Verwandten in Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat in Indien die Schule besucht und unter anderem an der *** studiert, wo sie mit dem Master auf Science das Studium der Informationstechnologie erfolgreich abgeschlossen hat.

Herr D ist seit 20.03.2019 bei der G GmbH angestellt. Aus dieser Beschäftigung bezieht er einen Basis Monatslohn von € 1.441,34 brutto, exkl. Diäten laut Kollektivvertrag.

In den Monaten April bis Juni 2019 hat Herrn D einen Lohn von insgesamt

€ 5.120,35 aus dieser Beschäftigung bezogen.

Bei Herrn I war Herr D bis 06.04.2017 bis 17.11.2018 und von 03.03.2019 bis 13.05.2019 beschäftigt.

An Miete für die Wohnung an der oben genannten Wohnadresse hat Herr D monatlich € 579,40 zu bezahlen, zuzüglich Stromkosten in der Höhe von umgerechnet monatlich € 66,67.

Herr D hat weiters monatliche Kreditraten in der Höhe von € 107,70 und Haftpflichtversicherung für sein KFZ in der Höhe von € 81,37 zu bezahlen.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Daten der Beschwerdeführerin, ihres Universitätsabschlusses und zur Antragstellungen sind unbestritten und dem Akteninhalt zu entnehmen.

Dass die Beschwerdeführerin am *** ein Kind geboren hat, dessen leiblicher Vater der Ehemann der Beschwerdeführerin ist, ergibt sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde und der Aussage des Zeugen D in der mündlichen Verhandlung.

Meine Frau arbeitet zurzeit nicht, da sie sich um unser gemeinsames Kind kümmert. Mein Kind ist viereinhalb Monate alt.“

Dort hat der Zeuge auch ausgesagt, dass ein Antrag zur Erteilung eines Aufenthaltstitels für das gemeinsame Kind bereits gestellt worden sei, über den aber noch nicht entschieden worden sei.

Ich habe auch schon einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für mein Kind gestellt.

Diesen Antrag habe ich erst am 17. Juni gestellt. Über den Antrag wurde bis dato nicht entschieden.

Dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann keine Verwandten in Österreich haben, ist der Aussage des Zeugen D zu entnehmen:

„Meine Frau hat keine Verwandten hier in Österreich.

Ich habe eine Adoptivmutter in Österreich.

Die Adoption wurde beantragt, ist aber noch nicht darüber entschieden worden und auch nicht rechtskräftig.

Weitere Verwandte in Österreich habe ich nicht. In Indien habe ich auch keine mehr. Nur meine Frau hat viele Verwandte in Indien.“

Die Feststellungen zu den persönlichen Daten des Herrn D, der von ihm bewohnten Wohnung und seines Aufenthaltstitels sind unbestritten und dem Akteninhalt eindeutig zu entnehmen.

Dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Kind in Indien im Haus ihrer Eltern lebt und kein Einkommen bezieht, da sie sich um das gemeinsame Kind kümmert, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen D, ebenso wie die Feststellung, dass dieser für den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin aufkommt.

„Meine Frau lebt in Indien bei ihren Eltern. Ein eigenes Haus hat sie nicht.

Meine Frau arbeitet zurzeit nicht, da sie sich um unser gemeinsames Kind kümmert.“

Die Höhe des Einkommens aus der Beschäftigung zur G GmbH ergibt sich aus den Auszügen des auf Herrn D lautende Konto Nr. *** über die Auszahlung der Löhne durch die G GmbH.

Die Belastungen des Herrn D sind den vorgelegten Kontoauszügen, dem Mietvertrag und seiner Zeugenaussage zu entnehmen.

„Für die Wohnung an meiner Wohnadresse zahle ich Miete in der Höhe von ca. 579 Euro. In dieser Miete sind Betriebskosten und Heizung inkludiert. Nur Strom ist extra zu zahlen.

Ich bezahle für Strom ca. 200 Euro im Quartal.

Eine Jahresrechnung von der *** habe ich noch nicht bekommen.

In den 214 Euro ist auch eine Mahnung inkludiert. Die Mahnungsgebühr beträgt 14 Euro.

Ich habe noch dazu Kosten für die Versicherung meines Autos in der Höhe von ca. 80 Euro bei der J Versicherung.

Wenn mir die Übersicht der Kontoumsätze im Akt der belangten Behörde vom 14. März 2019 vorgehalten wird, gebe ich an, dass die darin aufgeführten Abbuchungen für die H GmbH in der Höhe von 107,70 Euro Kreditraten sind für das Auto. Ich muss noch ca. 2 Jahre diesen Kredit bedienen.

Angesprochen auf den im KSV-Auszug ausgewiesenen Insolvenzantrag, der mangels Kostendeckung abgewiesen wurde, gibt der Zeuge an:

Ich war damals beim KSV, mir konnte jedoch nicht gesagt werden, worum es sich dabei handelt.

Ich wurde auch damals nicht vom Gericht verständigt, dass ein Insolvenzantrag gegen mich eingebracht worden ist.

Unter Vorhalt der im Versicherungsdatenauszug angeführten nicht bezahlten Beiträge BSVG, GSVG und FSVG gibt der Zeuge an:

Ich war einmal selbständig. Es kann sein, dass da noch Beträge offen sind.“

Die Feststellungen zu den Beschäftigungszeiten bei der G GmbH und bei Herrn I gründen sich auf den Versicherungsdatenauszug im Akt des erkennenden Gerichts.

Die zur rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes maßgeblichen Bestimmungen des NAG lauten wie folgt:

§ 11

(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

         1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

         2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

         3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

         4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

         5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

         6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

         1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

         2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

         3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

         4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

         5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

         6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

         7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

         1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

         2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

         3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

         4.       der Grad der Integration;

         5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

         6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

         7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

         8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

         9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

         1.       sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

         2.       der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

§ 46 Abs. 1

Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1. …

1a. …

2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a)       …,

b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,

Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen wie folgt:

Die strittige Frage, ob der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, ist wie folgt zu entscheiden:

Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, ist bei der Beurteilung, ob ausreichende Unterhaltsmittel für den zuziehenden Drittstaatsangehörigen vorliegen, das Einkommen des zusammenführenden Familienangehörigen heranzuziehen.

Zur Errechnung der Unterhaltsmittel, die mindestens zur Verfügung stehen müssen, ist laut NAG der Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG heranzuziehen.

Für das Jahr 2019 beträgt der Richtsatz € 1.398,97.

Der Richtsatz für jedes Kind gemäß § 252 ASVG, dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht, beträgt für das Jahr 2019 € 143,97.

Unter Berücksichtigung der regelmäßigen Belastungen (Miete, Strom, Kreditraten Haftpflichtversicherung) von insgesamt € 834,51 und unter Abzug des Wertes der freien Station des Jahres 2019 von € 294,65 ergibt das von Herrn D als Zusammenführenden zu erreichende Mindesteinkommen eine Höhe von

€ 2.082,80.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass Herr D in den Monaten April bis Juni 2019 einen Lohn aus seiner Beschäftigung zur G GmbH von insgesamt € 5.120,35 bezogen hat. Herangezogen wurden jene drei Monate, in denen der Zusammenführende zur Gänze im Unternehmen beschäftigt war.

Dies ergibt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von € 1.706,78.

Damit wird das erforderliche Mindesteinkommen nicht erreicht. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass betreffend die Person des Zusammenführenden im Versicherungsdatenauszug vom 04.02.2019 im Akt der belangten Behörde „nicht bezahlte Beiträge BSVG, GSVG, FSVG“ im Zeitraum 01.07.2014 -30.04.2016 angeführt sind.

Ob und in welcher Höhe Beiträge ausständig sind, konnte der Zeuge in der Verhandlung nicht angeben, sodass noch weitere Belastungen nicht ausgeschlossen werden können.

Weiters ist laut dem vom Zusammenführenden vorgelegten KSV-Auszug ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zusammenführenden mangels Masse abgewiesen worden. Der Zusammenführende konnte als Zeuge weder angeben, wer den Antrag eingebracht hat, noch welche Forderungen in welcher Höhe damit geltend gemacht wurden.

Nach der Judikatur des VwGH (Entscheidung vom 20.10.2011, Zl. 2009/18/0122) hat die Prüfung, ob der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, ob also ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, durch Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu erfolgen (vgl. E 21. Juni 2011, 2009/22/0060).

Diese Prognose muss zu Lasten der Beschwerdeführerin ausfallen, da das Einkommen des Zusammenführenden den erforderlichen Richtsatz bei Weitem unterschreitet, wobei allfällige Forderungen der Sozialversicherungsträger und anderer Gläubiger noch gar nicht berücksichtigt sind.

Ein im Hinblick auf die Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG relevantes Vorbringen im Sinne eines aus Art. 8 EMRK abzuleitenden Anspruches auf Familiennachzug ist dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere auch der Beschwerde, nicht zu entnehmen.

Auch in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2019 hat die Vertreterin der Beschwerdeführerin dazu kein Vorbringen erstattet.

Der Zusammenführende lebt seit 8 Jahren in Österreich und verfügt nur über einen befristeten Aufenthaltstitel. Er hat in Österreich keine Verwandten. Über den vom Zusammenführenden als Zeugen in der mündlichen Verhandlung behaupteten Adoptionsantrag wurde bis dato nicht rechtskräftig entschieden.

Die Beschwerdeführerin und ihr Kind sind in ihrem Heimatland sozial integriert. Eine Integration in Österreich wurde nicht behauptet und konnte auch nicht festgestellt werden.

Auch wenn die Beschwerdeführerin durch ihren Universitätsabschluss einen die Voraussetzung des § 21a Abs. 1 NAG erfüllenden Nachweis erbracht hat, ist in Bezug auf die Integrationswilligkeit auszuführen, dass sie bis dato keinen Nachweis erbracht hat, dass sie am Erwerb der deutschen Sprache Interesse gezeigt hätte.

Es wurden auch keine Gründe vorgebracht und sind auch keine erkennbar, die gegen ein Fortführen des Familienlebens der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann in Indien sprechen.

Die Beschwerdeführerin musste sich bei der Eheschließung bewusst sein, dass damit kein automatisches Recht zum Aufenthalt in Österreich verbunden ist.

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 08.10.2003, Zl. 6119/03, festgestellt, dass der

Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Judikatur einer

Ausländerfamilie nicht das unbedingte Recht auf ein gemeinsames Familienleben in

einem Vertragsstaat zugesteht. Art. 8 EMRK umfasst nicht die generelle

Verpflichtung eines Vertragsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die

verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer

Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Auch beinhaltet Art. 8 EMRK nicht das

Recht, den bestgeeigneten Ort für die Entwicklung des Familienlebens zu wählen.

Des Weiteren besteht laut EGMR nicht die grundsätzliche Verpflichtung zur

Herstellung des Familienlebens. Jeder Vertragsstaat habe das Recht, die Einreise von Nichtstaatsangehörigen einer Kontrolle zu unterwerfen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Fremden- und Aufenthaltsrecht; Rot-Weiß-Rot-Karte plus; Familienangehöriger; Einkommen; Prognose; finanzielle Belastung; Gebietskörperschaft; Interessenabwägung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.497.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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