TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/16 W144 2183064-1

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Veröffentlicht am 16.05.2019
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Entscheidungsdatum

16.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W144 2183064-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. von Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.12.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.05.2019, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass damit XXXX kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 28.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Verlauf der Erstbefragung am 29.07.2015 durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich gab der BF an, traditionell verheiratet und schiitischer Hazara zu sein. Seine Ehefrau, sein fünfjähriger Sohn, seine neunjährige Tochter und drei Schwestern würden seit zwei bis drei Jahren in Wien leben. Seine Mutter halte sich seit Juli 2015 in Österreich auf. Ein Bruder und eine Schwester seien mit ihm mitgereist.

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 12.10.2017 gab der BF im Wesentlichen an, er sei verheiratet und habe zwei Söhne und eine Tochter. Seine Ehefrau lebe mit ihm in Wien und habe bereits den Flüchtlingsstatus erhalten. Sie hätten vor zirka 12 Jahren traditionell durch einen Mullah im Iran geheiratet.

Nachdem innerhalb der am 16.10.2017 eingeräumten, zweiwöchigen Frist zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme kein Schreiben eingelangt war, wies das BFA mit Bescheid vom 07.12.2017 den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idgF (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG idgF wurde auf Dauer für unzulässig erklärt und dem BF wurde eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zur Versagung des Status des Asylberechtigten im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Jedenfalls stünde ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in einer der als ausreichend sicher qualifizierten Städte wie etwa Kabul offen. Da die Ehe des BF lediglich traditionell geschlossen und nie registriert worden sei, sei er nicht als Familienangehöriger im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG anzusehen. Zudem sei kein Nachweis über die Eheschließung erbracht worden. Da den Kindern des BF der Status von Asylberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach § 34 AsylG zuerkannt worden sei, könne er von diesen nicht denselben Schutzumfang ableiten.

Der Bescheid wurde von der Rechtsvertretung des BF am 19.12.2017 übernommen.

Gegen die Spruchpunkte I. und II. richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, worin im Wesentlichen moniert wurde, dass die Ehe des BF sehr wohl gültig sei. Zum Beweis dessen, dass die Ehe im Iran geschlossen worden sei, werde eine Bestätigung der afghanischen Botschaft in Wien in Vorlage gebracht. Richtigerweise hätte sohin festgestellt werden müssen, dass der BF rechtsgültig verheiratet sei.

In weiterer Folge fand am 07.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der BF neben einem Konvolut von Integrationsunterlagen eine Heiratsurkunde des Standesamtes XXXX in Vorlage brachte und kein weiteres Vorbringen erstattete.

Das Standesamt XXXX bestätigte in dieser Heiratsurkunde vom 20.07.2018, Zl. XXXX , dass der BF am XXXX in Teheran/Iran die Ehe mit XXXX (geb. XXXX ) XXXX , XXXX geb., geschlossen hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der strafrechtlich unbescholtene BF, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 28.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er ist der Ehegatte der afghanischen Staatsangehörigen XXXX auch XXXX , geboren am XXXX , der mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des BFA vom 22.09.2015 der Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 AslyG 2005 zuerkannt wurde. Gegen die Ehefrau des BF ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Antragstellung des BF auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit des BF gründet auf seinen Angaben.

Dass der BF der Ehegatte der genannten afghanischen Staatsangehörigen ist, ergibt sich aus den im Laufe des Beschwerdeverfahrens in Vorlage gebrachten Beweismitteln. In einem Schreiben der Botschaft von Afghanistan in Wien vom 17.11.2015 wurde bestätigt, dass laut einer Heiratsurkunde der BF in Teheran im Jahr 2005 mit der genannten afghanischen Staatsangehörigen die Ehe geschlossen hat. Zudem stellte das Standesamt XXXX am 20.07.2018 eine Heiratsurkunde bezüglich des BF und seiner Ehegattin aus, worin als Tag der Eheschließung der XXXX und als Ort der Eheschließung Teheran, Iran - Islamische Republik, aufscheint. Der BF konnte sohin im Laufe des Beschwerdeverfahrens glaubhaft machen, dass er Ehegatte der genannten afghanischen Staatsangehörigen ist und die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat.

Dass der Ehegattin des BF der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid, aus einem Auszug aus dem IZR sowie aus dem in Vorlage gebrachten Konventionsreisepass der Ehegattin. Dass kein Aberkennungsverfahren in Bezug auf die Ehegattin anhängig ist, ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem IZR.

Die Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist (Z 1), einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist (Z 2) oder einem Asylwerber (Z 3) einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status (§ 7) anhängig ist (Z 3).

3.2. Da der BF der Ehegatte einer afghanischen Staatsangehörigen ist, der rechtskräftig der Status einer Asylberechtigten (originär) zuerkannt wurde, und die Ehe bereits im Jahr 2005 im Iran geschlossen wurde, ist der BF als Familienangehöriger im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten. Der BF ist nicht straffällig geworden und gegen seine Ehegattin ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig. Daher ist dem BF gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang wie seiner Ehegattin zu gewähren und ihm sohin im Familienverfahren der Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 AsylG 2005 zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind gemäß § 75 Abs. 24 AsylG 2005 die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016.

Der Vollständigkeit halber ist daher darauf hinzuweisen, dass der BF und seine Ehegattin ihre Anträge auf internationalen Schutz jeweils vor dem 15.11.2015 gestellt haben, sodass die in §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 normierte befristete Aufenthaltsberechtigung ("Asyl auf Zeit") im Falle des BF nicht zur Anwendung kommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2183064.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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