Entscheidungsdatum
13.06.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
G306 2219997-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2019, Zl XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX, geb. XXXX, StA: Albanien, beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG idgF. § 22 BFA-VG idgF. rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei (bfP) stellte am 16.11.2018 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte diese im Wesentlichen vor, dass er in Albanien Probleme mit seinem Schwager (Bruder seiner Frau) gehabt hätte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.12.2018 abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist. Zur freiwilligen Ausreise wurde eine Frist von zwei Wochen gewährt. Die bfP brachte dagegen keine Beschwerde ein, sodass der Bescheid mit 12.01.2019 in Rechtskraft erwuchs. Die bfP reiste, unter Gewährung einer Rückkehrhilfe, nach Albanien aus.
Die bfP stellte am 13.03.2019 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag begründete die bfP abermals damit, dass der Schwager (Bruder der Ex-Gattin) in Albanien Probleme machen würde. Dieser zweite Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 03.04.2019 bezüglich Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es wurde kein subsidiärer Schutz gewährt. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist. Zur freiwilligen Ausreise wurde keine Frist gewährt. Die bfP brachte dagegen keine Beschwerde ein, sodass der Bescheid mit 20.04.2019 in Rechtskraft erwuchs.
Die bfP wurde am 28.05.2019 von den deutschen Behörden nach Österreich rücküberstellt. Am selben Tag stellte die bfP nunmehr ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz. Auch den dritten Antrag begründete die bfP damit, dass sie in Albanien mit dem Ex-Schwager Probleme habe und dass der Vater die bfP aus dem Haus geworfen habe. Des Weiteren gehe es der bfP gesundheitlich nicht so gut.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 11.06.2019 vor dem BFA, verkündete der Leiter der Amtshandlung, dass der faktische Abschiebeschutz gem. § 12, 12a Abs 2 AsylG idgF aufgehoben werde. Die Behörde traf dabei Feststellungen zur Person und zum Herkunftsstaat auf Grundlage des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, aktueller Stand, und kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen würden.
Am 13.06.2019 langte der Verwaltungsakt zur amtswegigen Überprüfung gem. § 22 BFA-VG beim BVwG ein und wurde die Behörde vom Einlangen unverzüglich verständigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der oben festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
(1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.
(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies
1. zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;
2. notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder
3. für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.
Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.
(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.
§ 12 a Abs. 2 AsylG normiert, dass, wenn ein Fremder einen Folgeantrag stellt und kein Fall des Absatz 1 vorliegt, das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben kann, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG ergehen solche Entscheidungen des Bundesamtes betreffend die Aufhebung des Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 AsylG mündlich in Bescheidform.
Daraus folgt:
Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Zu den Voraussetzungen des § 12 a AsylG 2005, auf die gegenständlichen Fälle bezogen, im Detail:
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine Ausweisung, ist notwendiges Tatbestandselement des §12a Abs. 2 Asylgesetz 2005. Gegen den BF besteht nach Rechtskraft des Bescheides des BFA (zweite Antragstellung betreffend internationalen Schutz), seit dem 20.04.2019, eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und der Feststellung, dass gemäß gemäß § 46 FPG die Abschiebung des BF nach Albanien zulässig ist.
Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen jedenfalls hinsichtlich der Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei gleich geblieben. Es gab diesbezüglich auch kein gegenteiliges Vorbringen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf. Bereits in den beiden zuvor geführten Asylverfahren wurde seitens des BFA festgestellt, dass die bfP bei ihrer Rückkehr in ihrem Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt ist oder für sie als Zivilpersonen als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Auch im aktuellen Verfahren vor dem BFA ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung der bfP in ihren Heimatstaat Albanien im Sinne dieser Bestimmungen spräche.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das BFA ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; der bfP wurde ein Parteiengehör eingeräumt.
Dem BFA ist beizupflichten, wenn es feststellte, dass das nunmehrige Vorbringen - im Folgeantrag - dieselben Fluchtgründe beinhalte wie in den bereits rechtskräftigen abgeschlossenen Asylverfahren. Das BVwG schließt sich den Feststellungen des BFA vollinhaltlich an.
Den Feststellungen wurden das Vorbringen in den vorangegangenen Verfahren sowie das gegenständliches Vorbringen zugrunde gelegt.
Das nunmehrige Vorbringen bezog sich auf das Vorbringen der Vorverfahren. Es hat sich bezüglich der Fluchtgründe nichts wesentliches entscheidungsrelevantes geändert.
Im nunmehrigen dritten Asylantrag hat die bfP offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.
In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus betont, dass das Vorbringen in den beiden Vorverfahren nicht für asylrelevant befunden wurde.
Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen.
Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes § 12 a (2) lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund des Vorbringens er bfP eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.
Die Lage in im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem nunmehrigen selben Vorbringen wie bei der Erst- und Zweitantragstellung droht der bfP keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 beschrieben.
Das BVwG schließt sich der Beweiswürdigung des Bundesamtes an, zumal diese auf Grundlage eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens beruht und schlüssig ist.
Da insgesamt die Voraussetzung des § 12 a Abs. 2 Asylgesetz 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 11.06.2019 rechtmäßig.
Gem. § 22 Abs 1 BFA-VG konnte eine Verhandlung entfallen. Auf Grund der Aktenlage ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass dessen ungeachtet eine Verhandlung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich wäre.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung desVerwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 133 Abs. 4 V-BVG aus.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Fluchtgründe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2219997.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.08.2019