TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/14 G312 2218865-1

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Veröffentlicht am 14.06.2019
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Entscheidungsdatum

14.06.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G312 2218865-1/7Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX, vom 12.04.2019,

Zl. XXXX, betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides) zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5

BFA-VG

z u e r k a n n t.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), ein aus XXXX stammender sunnitischer Araber, beantragte am 19.10.2015 in Österreich internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er bei der Erstbefragung zunächst an, er habe seine Heimat wegen seiner Festnahme vom IS - er sei Soldat bei der irakischen Armee gewesen und habe nach 8 Tagen flüchten können - und der Verletzung bei den Kampfhandlungen verlassen. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 15.04.2019 gab er als Fluchtgrund an, er sei bei der irakischen Armee gewesen, sei bei den Kampfhandlungen verletzt worden und seine Mutter sei getötet worden.

Mit Bescheid vom 12.04.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), ihm kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak festgestellt (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.), einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VII.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.) und festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.09.2016 verloren habe (Spruchpunkt IX).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der Verbleib des BF in Österreich iSd § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sodass seine sofortige Ausreise erforderlich sei. Der BF sei mehrmals rechtskräftig verurteilt worden.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde, mit der auch unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Judikatur die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt wird, da dem BF im Falle einer Abschiebung eine Verletzung von Art 3 und 8 EMRK drohe.

Das BFA legte dem BVwG die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo sie am 14.05.2019 (und am folgenden Tag in der zuständigen Gerichtsabteilung der XXXX) einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist am 24.10.2015 illegal nach Österreich eingereist und stellte den gegenständlichen Asylantrag.

Mit dem seit 20.09.2016 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 16.09.2016, XXXX, wurde er wegen versuchter Körperverletzung und gefährlicher Drohung nach § 15, 83 Abs. 1 iVm 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt auf 3 Jahre verurteilt, wobei die Probezeit mit 29.08.2017 auf 5 Jahre verlängert wurde und schließlich mit 14.11.2017 widerrufen wurde.

Mit dem seit 14.11.2017 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 16.09.2016,XXXX, wurde er wieder wegen versuchter Körperverletzung und gefährlicher Drohung sowie wegen schwerer Körperverletzung gemäß §§ 270 Abs. 1, 15, 87 Abs. 1, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2, 105 und 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt, wobei der BF aus der Freiheitsstrafe am 08.02.2019 bedingt auf 3 Jahre entlassen wurde.

Der BF erklärte, dass er Mitglied in der irakischen Armee gewesen sei und aufgrund dessen vom IS gesucht und verhaftet worden sei, wobei ihm nach 8 Tagen die Flucht gelungen sei. Er sei bei den Kampfhandlungen, an denen er als Armeeangehöriger teilgenommen habe, verletzt worden und sei schließlich aus dem Irak geflohen.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Die getroffenen Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet wurde.

Konkrete Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stützt, wurden in der Beschwerde vorgebracht.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung und zum Strafvollzug basieren auf dem aktenkundigen Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft vom 22.07.2017, den Strafurteilen, dem Strafregister und der Vollzugsinformation.

Rechtliche Beurteilung:

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (Spruchpunkt A.):

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG ist nicht zwingend, sondern setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen gegenüberzustellen (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146).

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Die belangte Behörde hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass der Verbleib des BF im Bundesgebiet - aus den bereits zum Einreiseverbot dargelegten Erwägungen - eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, welche eine sofortige Ausreise erforderlich mache. Dies überdies auch wegen seiner wiederkehrenden Delinquenz und zur Verhinderung weiterer derartiger schwerwiegender Straftaten.

Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Die zur Verfügung stehende Aktenlage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausreichend, um dies zu beurteilen. Die Fragen der (psychischen) Gesundheit und des Privat- und Familienlebens spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des etwaigen Vorliegens einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK für den Fall einer Rückkehr in den IRAK (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).

Die beschwerdeführende Partei macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Bestimmungen geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt.

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der hier maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2218865.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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