TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/20 96/02/0162

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Veröffentlicht am 20.11.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/02 Novellen zum B-VG;
41/02 Melderecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art151 Abs9 idF 1994/504;
B-VGNov betreffend Hauptwohnsitz 1994;
HauptwohnsitzG 1994 Art8;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/02/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des E H in W, vertreten durch Dr. Arnold Köchl und Mag. Christian Köchl, Rechtsanwälte in Villach, 10. Oktober Straße 17, gegen die Bescheide

1. der Wiener Landesregierung vom 7. November 1995, Zl. MA 65-PB/84/95 (protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0162) und 2. des Berufungssenates der Stadt Wien vom 7. November 1995, Zl. MA 65-PB/83/95 (protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0163), betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörde vom 7. November 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. September 1995 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im

9. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone dieses Bezirkes für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 20.00 Uhr geltenden Parkzeitbeschränkung von 11 Stunden gemäß § 45 Abs. 4 hinsichtlich der Bundesstraßen mit dem zitierten Bescheid der Wiener Landesregierung (betreffend das zur hg. Zl. 96/02/0162 anhängige Beschwerdeverfahren) und hinsichtlich der Gemeindestraßen mit dem zitierten Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien (betreffend das zur hg. Zl. 96/02/0163 anhängige Beschwerdeverfahren) abgewiesen.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 4030/95, B 4031/95 ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, daß der Antragsteller für eine Bewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben muß und durch die 19. StVO-Novelle als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert ist, daß der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen haben muß (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1966, Zlen. 95/02/0532, 0533).

Weiters hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zlen. 96/02/0221, 0222, klargestellt, daß die Regelung im § 45 Abs. 4 StVO (in der zitierten Fassung) weder durch die B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 504/1994, noch durch das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994, die beide nach der 19. StVO-Novelle in Kraft getreten sind, eine Änderung erfahren hat und daß in diesem Regelungszusammenhang nur EIN Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden ist) in Betracht kommt.

Daß der Beschwerdeführer diesen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nicht im 9. Wiener Gemeindebezirk hat, konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum annehmen: Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß er einen Doppelwohnsitz habe und daher berechtigt sei, zu wählen bei welcher Behörde er die Zulassung für sein Kraftfahrzeug beantrage. Im günstigsten Fall sei es bei ihm die Bundespolizeidirektion V. gewesen. Der Standort eines Kraftfahrzeuges werde durch die tatsächliche Verfügung darüber bestimmt, d.h. daß sich bei Begründung eines neuen Wohnsitzes und Beibehaltung des bisherigen nicht unbedingt der Standort eines Kraftfahrzeuges ändere. Die Zuerkennung eines "Parkpickerls" könne sich demnach nicht an der Zulassung eines Fahrzeuges orientieren. Ferner legte der Beschwerdeführer einen Meldezettel vor, aus dem hervorgeht, daß er seit 11. September 1995 den Hauptwohnsitz im 9. Wiener Gemeindebezirk begründet habe. An diesem Wohnort befinde sich auch der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen, weil er an der Wirtschaftsuniversität Wien einem Studium nachgehe und neben dem Studium mehrmals in der Woche in G. arbeite, um damit seine Berufschancen nach Beendigung seines Studiums zu verbessern bzw. seinen Lebensunterhalt als Student abzusichern. Zur Erreichung der Arbeitsstelle sei er auf ein Fahrzeug angewiesen, weil aufgrund der Verbindung seine Arbeitsstätte G. zu Zeiten eines normalen Dienstbeginnes nicht erreichbar sei. Dazu hat die belangte Behörde im wesentlichen ausgeführt, daß nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften die Zulassung eines Fahrzeuges durch die örtlich zuständige Behörde jenes Ortes zu erfolgen habe, an dem das Fahrzeug seinen Standort habe. Somit spreche der Umstand, daß für das gegenständliche Kraftfahrzeug von der Bundespolizeidirektion V. ein Kennzeichen zugewiesen worden sei, für den Wohnsitz des Beschwerdeführers in V. Auch habe er außer der bloßen Behauptung eines Studiums in Wien und der Ausübung einer Nebenbeschäftigung in der unmittelbaren Umgebung Wiens nicht dargetan, was für die Annahme spräche, der überwiegende Teil seiner Lebensinteressen sei in Wien gelegen.

Diesen Ausführungen der belangten Behörde vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen, zumal die von ihm (erstmals) in seiner Beschwerde zur Untermauerung seines Standpunktes bekanntgegebenen weiteren Voraussetzungen für die Annahme des Lebensmittelpunkts in Wien, nämlich daß er in der Wählerevidenz der Stadt Wien eingetragen und mit 1. Juli 1996 im Bereich der Garnison Wien zum Bundesheer einberufen worden sei, in diesem Zusammenhang schon aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltenden Neuerungsverbotes nicht berücksichtigt werden können. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren lediglich auf seine Ausbildung in Wien, nicht jedoch auf private Lebensumstände hingewiesen, welche die belangte Behörde bei der Beurteilung der Frage, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers tatsächlich liegt, berücksichtigen hätte können. Darauf, ob er einen Wohnsitz im 9. Wiener Gemeindebezirk hat, kam es nach den obigen Darlegungen für sich allein nicht an. Auch übersieht der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde die Zulassung des Kraftfahrzeuges in V. lediglich als ein weiteres Indiz für das Fehlen des Mittelpunktes seiner Lebensinteressen in Wien gewertet hat.

Was schließlich die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Parteiengehörs anlangt, ist er auf die ständige hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Oktober 1990, Zl. 89/03/0272) zu verweisen, wonach allfällige Verfahrensmängel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei diese Wesentlichkeit in der Beschwerde darzustellen ist. Es ist Sache des Beschwerdeführers darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Dies hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall aber unterlassen, weshalb der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermag, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die vorliegenden Beschwerden erweisen sich sohin als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend den Vorlageaufwand in doppelter Höhe war abzuweisen, weil die Verwaltungsakten nur von einer der belangten Behörden vorgelegt wurden.

Wien, am 20. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996020162.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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