Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr
. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. H*****, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Höhe der Alterspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. März 2019, GZ 11 Rs 23/19k-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. Jänner 2019, GZ 10 Cgs 236/18f-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der 1943 geborene Kläger bezieht seit 1. 4. 2005 von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Alterspension in Höhe von 2.315,13 EUR monatlich. Zusätzlich erhält er aufgrund einer direkten Leistungszusage eine Pensionsleistung der Energie AG Oberösterreich in Höhe von 2.719,21 EUR monatlich (2017). Dieses Unternehmen unterliegt gemäß § 15 Abs 1 RHG 1948 der Kontrolle des Rechnungshofs.
Mit Bescheid vom 4. 9. 2018 sprach die beklagte Partei ua unter Berufung auf § 711 ASVG aus, dass die Alterspension des Klägers ab 1. 1. 2018 nicht erhöht werde, weil sein monatliches Gesamtpensionseinkommen 4.980 EUR überschreite.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Leistung der um 1,6 % erhöhten Alterspension ab 1. 1. 2018. Seine Firmenpension gelte nicht als Teil des Gesamtpensionseinkommens nach § 711 Abs 2 ASVG, weil sie keine Leistung sei, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz (SpBegrG, BGBl I 2014/46) erfasst sei. Da sein Gesamtpensionseinkommen somit 4.980 EUR nicht übersteige, gebühre ihm ab 1. 1. 2018 eine Erhöhung der Alterspension im Ausmaß von 1,6 %.
Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen. Die Höhe der vom Kläger bezogenen Firmenpension sei ihr vom auszahlenden Rechtsträger gemäß § 711 Abs 2 dritter Satz ASVG (als der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegend) bekanntgegeben worden, sodass diese Leistung – sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – als vom SpBegrG erfasst anzusehen sei und einen Teil des Gesamtpensionseinkommens bilde. Nach § 20 SpBegrG seien Ruhe- und Versorgungsgenüsse aus direkten Leistungszusagen der Verbund AG und anderer Konzernunternehmungen gemäß § 15 AktG, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen und die ihren Sitz im Inland haben, zum Gesamtpensionseinkommen nach § 711 Abs 1 ASVG hinzuzuzählen.
Der Kläger replizierte, dass die Energie AG Oberösterreich kein Konzernunternehmen des Verbundkonzerns sei. Mehrheitseigentümer sei das Land Oberösterreich (und nicht die Verbund AG).
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Rechtlich ging es davon aus, das Gesamtpensionseinkommen sei für das Kalenderjahr 2018 gemäß § 711 Abs 1 ASVG um 1,6 % zu erhöhen, sofern es über 2.000 EUR bis zu 3.355 EUR monatlich betrage. Übersteige es jedoch 4.980 EUR, unterbleibe eine Valorisierung. Das Gesamtpensionseinkommen einer Person sei die Summe aller ihrer Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung sowie aller Leistungen die vom SpBegrG erfasst seien (§ 711 Abs 2 ASVG). Die von der Energie AG Oberösterreich bezogene Pension des Klägers sei im SpBegrG nicht ausdrücklich erwähnt. Art 1 SpBegrG enthalte jedoch eine an die Landesgesetzgeber gerichtete bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung (im Wege einer Änderung des Art 10 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre [BezBegrBVG, BGBl I 1997/64 idgF]), vergleichbare Regelungen wie im SpBegrG für (ehemalige) Funktionäre und Bedienstete von Rechtsträgern vorzusehen, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 2 B-VG der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Eine derartige Regelung sei mit dem am 1. 1. 2015 in Kraft getretenen § 43 des Oö Bezügegesetzes 1995 idF LGBl 2014/121 (BezügeG) geschaffen worden. Diese Norm sehe vor, dass Bezugsberechtigte von Ruhe- und Versorgungsbezügen aus direkten Leistungszusagen (ua) von Landesunternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, einen Pensionssicherungsbeitrag an jenes Unternehmen zu leisten haben, von dem sie die Leistungen beziehen, soweit ihre Pension die Höchstbemessungsgrundlage nach § 40 Abs 2 Oö GG 2001 überschreite. Von § 43 Oö BezügeG sei auch die Sonderpension der Energie AG Oberösterreich erfasst, da es sich dabei um einen Rechtsträger handle, der der Kontrolle des Rechnungshofs unterliege. Da § 711 Abs 2 ASVG seinem Wortlaut nach auf das SpBegrG und nicht auf landesgesetzliche Regelungen abstelle, sei die von der Energie AG Oberösterreich an den Kläger geleistete Pension nicht im Sinn des § 711 Abs 2 ASVG vom SpBegrG „erfasst“. Diese Leistung sei daher nicht zu seinem Gesamtpensionseinkommen hinzuzuzählen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Rechtlich ging es davon aus, dass die auszahlende Stelle gemäß § 43 Oö BezügeG – ebenso wie nach § 10 Abs 5 BezBegrBVG bzw Art 20 SpBegrG – erst für jenen Teil der Pension einen Pensionssicherungsbeitrag einzubehalten habe, der über 100 % der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liege. Wie sich aus § 40 Abs 4 Oö GehaltsG ergebe, sei die in § 43 Oö BezügeG genannte Höchstbeitragsgrundlage grundsätzlich im Gleichklang mit jener des ASVG zu sehen. Die vom Kläger bezogene Firmenpension erreiche die für die Jahre 2017 und 2018 geltenden Höchstbeitragsgrundlagen nach dem ASVG (von 4.980 EUR bzw 5.130 EUR) bei weitem nicht, sodass kein Pensionssicherungsbeitrag einzubehalten sei. In Übereinstimmung mit der auch vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht sei jedoch – unabhängig von einer allfälligen ausdrücklichen Nennung eines ehemaligen Arbeitgebers im SpBegrG bzw unabhängig von dem nunmehr die Firmenpension auszahlenden Unternehmen – darin keine vom SpBegrG erfasste Leistung zu sehen. Die Pension des Klägers sei daher um 1,6 % zu erhöhen.
Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Interpretation des in § 711 Abs 2 letzter Satz ASVG enthaltenen Verweises auf das SpBegrG BGBl I 2014/46 bestehe. Diese Frage sei potentiell für sämtliche vom SpBegrG erfasste Sonderpensionen relevant, weshalb ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin macht zusammengefasst geltend, die von der Energie AG Oberösterreich erbrachte Leistung sei direkt iSd § 711 Abs 2 ASVG von Art 20 SpBegrG erfasst, weil die Verbund AG an diesem Unternehmen prozentuell beteiligt sei und dieses der Kontrolle des Rechnungshofs unterliege. Ob bei den vom SpBegrG erfassten Pensionen die inhaltlichen Voraussetzungen für die Einbehaltung eines Pensionssicherungsbeitrags (etwa nach § 43 Oö BezügeG) vorlägen, sei für die Auslegung des § 711 Abs 2 ASVG nicht von rechtlicher Relevanz.
Dazu ist auszuführen:
1. § 711 Abs 1 ASVG idF BGBl I 2017/151 (PAG 2018) sieht für das Jahr 2018 eine nach der Höhe des Gesamtpensionseinkommens abgestufte Pensionserhöhung vor. Gemäß § 711 Abs 1 Z 3 ASVG ist das Gesamtpensionseinkommen für das Kalenderjahr 2018 um 1,6 % zu erhöhen, sofern es über 2.000 EUR bis zu 3.355 EUR monatlich beträgt. Beträgt das Gesamtpensionseinkommen mehr als 4.980 EUR monatlich, so findet keine Erhöhung statt (§ 711 Abs 1 letzter Satz ASVG).
2. § 711 Abs 2 ASVG definiert das Gesamtpensionseinkommen einer Person als die Summe aller ihrer Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, auf die nach den am 31. Dezember 2017 in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. „Als Teil des Gesamteinkommens gelten auch alle Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014 erfasst sind, wenn die pensionsbeziehende Person am 31. Dezember 2017 darauf Anspruch hat.“ (§ 711 Abs 2 letzter Satz ASVG; Hervorhebung nicht im Original).
§ 711 Abs 2 ASVG bezieht in seinem letzten Satz somit alle vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz erfassten Leistungen in das nach § 711 Abs 1 ASVG relevante Gesamtpensionseinkommen ein.
2.1 Aus den Gesetzesmaterialien zu § 711 ASVG ergibt sich – soweit für den vorliegenden Fall von Interesse –, dass die vorgeschlagene abgestufte Pensionserhöhung für das Jahr 2018 eine soziale Komponente in sich trägt und Ruhe- und Versorgungsbezüge, die über der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage 2017 liegen, nicht erhöht werden (ErläutRV 1767 BlgNR 25. GP 1).
2.2 Im Zuge der Beratungen im Nationalrat wurde in § 711 Abs 6 ASVG eine in der Regierungsvorlage nicht enthaltene Verfassungsbestimmung aufgenommen. Nach dieser darf „die Anpassung für das Kalenderjahr 2018 von Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz ... erfasst sind, ... die Erhöhung nach Abs. 1 unter Heranziehung des Gesamtpensionseinkommens (Abs. 2) nicht überschreiten“ (Hervorhebung nicht im Original).
Der entsprechende (Gesetz gewordene) Abänderungsantrag ist folgendermaßen begründet:
„Durch eine besondere Begrenzungsregelung, die im Verfassungsrang stehen soll, wird die Anpassung der 'Sonderpensionen' für das Kalenderjahr 2018 entsprechend der im § 711 Abs. 1 ASVG festgelegten Staffelung unter Berücksichtigung des gemeldeten Gesamtpensionseinkommens limitiert.“ (AA-239 25. GP 3).
2.3 § 711 Abs 6 ASVG betrifft ausschließlich die Anpassung der „Sonderpensionen“ und nicht die der Pensionsleistungen nach dem ASVG.
3.1 Für die Beurteilung der Frage, ob die vom Kläger von der Energie AG Oberösterreich bezogene Pension einen Teil seiner Gesamtpension nach § 711 Abs 2 ASVG bildet, weil sie als vom SpBegrG BGBl I 2014/46 „erfasste“ Leistung anzusehen sei, ist auf die Systematik dieses Gesetzes und auf die hinter der Regelung stehende Absicht des Gesetzgebers einzugehen:
3.2 Mit dem SpBegrG 2014, einem 27 Einzelnovellen umfassenden Sammelgesetz, wurden einerseits (verfassungsändernd) das in Verfassungsrang stehende BVG über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und andererseits eine Vielzahl von Sondergesetzen novelliert. Ziel des SpBegrG 2014 war die Fortsetzung der nachhaltigen Sicherung und verstärkten Harmonisierung von Pensionsregelungen in Bereichen mit Sonderpensionsrechten. Der Begriff „Sonderpensionen“ soll dabei Zusatzpensionsleistungen abseits der üblichen Pensionsregelungen erfassen. Über die Oesterreichische Nationalbank, die Sozialversicherungsträger und Kammern hinaus sollen von Sonderpensionsregelungen weitere Rechtsträger umfasst werden, soweit diese Rechtsträger der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen (ErläutRV 140 BlgNR 25. GP 2).
3.3 Zur verfassungsgesetzlichen Absicherung der zur Erreichung dieser Ziele nötigen einfachgesetzlichen Eingriffe in bestehende Leistungen von Bediensteten und Pensionisten rechnungshofkontrollierter Institutionen enthält Art 1 des SpBegrG eine Änderung des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre. Im Wege einer bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung werden Eingriffe des einfachen Gesetzgebers in die bestehenden Leistungen von Bediensteten und Pensionisten der genannten Institutionen zugelassen. Gleichzeitig wird auch die zulässige Art der Eingriffe bundesverfassungsgesetzlich festgelegt. Abgesehen von der Festlegung von Obergrenzen für Bezüge und Ruhe- und Versorgungsbezüge (§ 10 Abs 2 und 3 BezBegrBVG), ist die Bundesgesetzgebung befugt, für Funktionäre und Bedienstete von Rechtsträgern, die der Kontrolle durch den Rechnungshof unterliegen, Beiträge von Bezügen und Sicherungsbeiträge von Ruhe- und Versorgungsbezügen vorzusehen (§ 10 Abs 4 und 5 BezBegrBVG; siehe VfGH G 478/2015 ua, VfSlg 20088/2016). Für Eingriffe in Pensionsansprüche durch Sicherungsbeiträge wird ein absolutes Höchstausmaß festgelegt (ErläutRV 140 BlgNR 25. GP 1).
4. Regelungen betreffend Rechtsträger, die auf einem Organisationsgesetz des Bundes beruhen bzw betreffend die von diesen ausgezahlten Leistungen finden sich im Besonderen Teil des SpBegrG in den Art 2 ff.
Regelungen für Bedienstete der Länder und Gemeinden, der Landwirtschaftskammern und Landarbeiterkammern sowie für Bedienstete von Rechtsträgern iSd Art 14b Abs 2 Z 2 B-VG, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, werden in den Art 2 ff SpBegrG im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht getroffen (S. Zankel, Der neue § 711 ASVG, Eine kuriose Variante der Pensionsanpassung, ASok 2018, 218 [219]).
4.1 Nach den Gesetzesmaterialien soll das SpBegrG zur Beseitigung überdurchschnittlich hoher Bezüge und Ruhebezüge vor allem bei Rechtsträgern beitragen, die auf einem Organisationsgesetz des Bundes beruhen (ErläutRV 140 BlgNR 25. GP 1). Die in Art 1 SpBegrG neu geschaffene bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung (in Form des neuen § 10 Abs 6 BezBegrBVG) ermächtigt die Landesgesetzgeber, für die Landes- und Gemeindeebene vergleichbare Regelungen, wie sie im BezBegrBVG vorgesehen sind, für Funktionäre und Bedienstete von Rechtsträgern im Sinne des Art 14b Abs 2 Z 2 B-VG, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen (Z 1) sowie für ehemalige Funktionäre und Bedienstete von solchen Rechtsträgern sowie deren Angehörige und Hinterbliebene (Z 2) zu erlassen (in diesem Sinn auch 8 Ob 142/17s, wonach das Ziel der gesetzlichen Maßnahme die Ausdehnung der bestehenden gesetzlichen Pensionsbegrenzungen auf weitere Rechtsträger ist, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen).
4.2 Obwohl § 10 Abs 6 BezBegrBVG nach dem Wortlaut nur eine Kompetenznorm darstellt, sind die Länder nach den Gesetzesmaterialien dazu „angehalten“ im Rahmen der ihnen eingeräumten Gesetzgebungskompetenz vergleichbare Regelungen wie im SpBegrG zu treffen (ErläutRV 140 BlgNR 25. GP 2). Offenbar war es dem Bundesgesetzgeber ein Anliegen, dass vergleichbare legistische Maßnahmen auch auf Landesebene getroffen werden sollten. Ob die „Ermächtigungskonstruktion“ im SpBegrG erforderlich war, ist im Hinblick auf die Kompetenzverteilung im B-VG jedenfalls fraglich (S. Zankel, ASok 2018, 218 [219 f]).
5.1 Zweifellos erfasst das SpBegrG die Ruhe- und Versorgungsgenüsse aus direkten Leistungszusagen aller explizit im Besonderen Teil (Art 2 ff) des SpBegrG genannten Rechtsträger (S. Zankl, ASok 2018, 218; Resch, Die Sonderpensionserhöhung 2018 gemäß § 711 ASVG, RdW 2019/316, 397 [398]).
5.2 Mit Art 20 SpBegrG wurden beispielsweise „Pensionssicherungsbeiträge im Verbund-Konzern“ eingeführt, und zwar von „Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus direkten Leistungszusagen der Verbund AG und anderer Konzernunternehmen gemäß § 15 Aktiengesetz, BGBl. Nr. 98/1965 in der jeweils geltenden Fassung, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen und ihren Sitz im Inland haben, ...“. Die Ruhe- und Versorgungsgenüsse aus direkten Leistungszusagen der Verbund AG sind daher im Sinn des § 711 Abs 2 ASVG als vom SpBegrG „erfasst“ anzusehen.
5.3 Zur Frage, ob es sich bei der Energie AG Oberösterreich um ein Konzernunternehmen der Verbund AG handelt und daher im Wege des Art 20 SpBegrG auch die an den Kläger ausgezahlte (Sonder-)Pensionsleistung als vom SpBegrG „erfasst“ anzusehen sei hat die beklagte Partei in der Revision allein vorgebracht, dass „die pensionsleistende Stelle, Energie AG Oberösterreich (früher Oberösterreichische Kraftwerke AG, kurz OKA) ein regionales Energieversorgungs- und Infrastrukturunternehmen [ist], das seinen Sitz im Inland hat und an dem die VerbundAG prozentuell beteiligt ist.“. Damit geht die beklagte Partei nicht näher auf die von Art 20 SpBegrG normierten Voraussetzungen ein, dass nicht bloß eine Beteiligung der Verbund AG maßgeblich ist, sondern dass es sich um ein Konzernunternehmen gemäß § 15 AktG handeln muss.
5.4 § 15 Abs 1 AktG definiert den Konzern als Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung. Abs 2 umschreibt einen Sachverhalt, der als Konzern „gilt“, nämlich die Situation, in der ein rechtlich selbständiges Unternehmen aufgrund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens steht (anstatt vieler Auer in Artmann/Karollus, AktG I6 [2018] § 15 Rz 4).
5.5 Hinweise darauf, dass die Verbund AG und die Energie AG Oberösterreich unter einheitlicher Leitung stehen, sind nicht hervorgekommen. Ebenso wenig gibt es Hinweise, dass die Energie AG Oberösterreich unter dem beherrschenden Einfluss der Verbund AG stünde; dies wird auch von der beklagten Partei nicht behauptet, die von einer Beteiligung spricht.
5.6 Nach dem Geschäftsbericht 2017/2018 der Energie AG Oberösterreich sind die fünf größten Aktionäre der Energie AG Oberösterreich die OÖ Landesholding GmbH zu 52,63 %, die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft (Konsortium) zu 13,96 %, die Linz AG zu 10,34 %, die TIWAG zu 8,27 % und die VERBUND AG zu 5,20 % (der Geschäftsbericht der Verbund AG 2018 weist nur den Wert der Beteiligung aus, nicht jedoch den prozentuellen Anteil).
6. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Energie Oberösterreich AG kein Konzernunternehmen der Verbund AG ist, weshalb die vom Kläger bezogene (Sonder-)Pensionsleistung nicht dem Art 20 SpBegrG unterliegt.
7. Im Verfahren hat die beklagte Partei nicht nur Art 20 SpBegrG als „direkten“ Ansatzpunkt dafür genannt, dass die Sonderpension des Klägers als vom SpBegrG erfasste und daher zum Gesamtpensionseinkommen iSd § 711 Abs 2 ASVG zählende Leistung gilt, sondern erstmals in ihrer Berufung alternativ auch noch einen „indirekten“ Ansatzpunkt angeführt, wonach sich § 711 Abs 2 ASVG – durch die Schaffung des § 10 Abs 6 BezBegrBVG mit dem SpBegrG – auch auf die auf dem SpBegrG beruhenden landesgesetzlichen Regelungen beziehe, in concreto auf die Regelung des § 43 Oö Bezügegesetz 1995; diese Bestimmung erfasse auch den Kläger und beziehe ihn (auf indirektem Weg) in § 711 Abs 2 ASVG ein.
7.1 § 43 Oö BezügeG 1995 idF LGBl 2014/121 („Pensionsregelungen für Landes- und Gemeindeunternehmungen und -institute, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen“) lautet wie folgt:
„(1) Bezugsberechtigte von Ruhe- und Versorgungsbezügen aus direkten Leistungszusagen von Landes- und Gemeindeunternehmungen und -instituten und deren Tochterunternehmungen, die auf Grund einer Mehrheitsbeteiligung des Landes und/oder einer bzw mehreren Gemeinden oder einer tatsächlichen Beherrschung durch die genannten Gebietskörperschaften auf Grund von finanziellen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Maßnahmen der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, haben, soweit ihre Pension die Höhe der jeweiligen monatlichen Höchstbemessungsgrundlage nach § 40 Abs 2 Oö GG 2011 überschreitet, für jene Anteile, welche den aus dem ASVG stammenden Teil übersteigen, einen Pensionssicherungsbeitrag an jenes Unternehmen oder Institut zu leisten, von dem sie die Bezüge oder Leistungen beziehen. Dies gilt auch für Sonderzahlungen.
(2) Der Pensionssicherungsbeitrag ist von der auszahlenden Stelle einzubehalten und beträgt: …
1. 5 % für jenen Teil des Ruhe- und Versorgungsgenusses, der über 100 % der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegt, aber nicht mehr als 150 % der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage beträgt...,
2. ...“
Diese Regelung ist – gleichzeitig mit dem SpBegrG – am 1. 1. 2015 in Kraft getreten.
7.2 In ihrer Revision wendet sich die beklagte Partei gegen die vom Berufungsgericht zu § 43 Oö BezügeG vertretene Rechtsansicht und macht geltend, § 711 Abs 2 ASVG sei nicht dahin auszulegen, dass – unabhängig von einer ausdrücklichen Nennung des ehemaligen Arbeitgebers im SpBegrG – allein maßgeblich sei, ob von den Sonderpensionen tatsächlich ein Solidarbeitrag in Form eines Pensionssicherungsbeitrags bzw sonstige Beiträge zu leisten bzw einzubehalten seien. Wie in der Revision zutreffend aufgezeigt wird, würde § 711 Abs 2 ASVG zu weit ausgelegt, wollte man die inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen der einzelnen (bundes- oder landesgesetzlichen) Normen für den Einbehalt eines Pensionssicherungsbeitrags als Teil der verweisenden Norm des § 711 Abs 2 ASVG ansehen. Ob die in § 43 Oö BezügeG idF LGBl 2014/121 enthaltenen inhaltlichen Voraussetzungen für die Leistung eines Pensionssicherungsbeitrags erfüllt oder nicht erfüllt sind, kommt bei der Beurteilung der Frage, ob die Pensionsleistung des Klägers iSd § 711 Abs 2 ASVG vom SpBegrG „erfasst“ ist, keine Bedeutung zu.
7.3 Die beklagte Partei kommt in ihrer Revision nicht mehr auf ihren alternativen Ansatzpunkt zurück, durch die Schaffung des § 10 Abs 6 BezBegrBVG mit dem SpBegrG beziehe sich § 711 Abs 2 ASVG nicht nur auf die im SpBegrG ausdrücklich genannten Unternehmungen bzw auf die von diesen erbrachten Pensionsleistungen, sondern auch auf die auf dem SpBegrG beruhenden landesgesetzlichen Regelungen, in concreto auf die Regelung des § 43 Oö Bezügegesetz 1995.
Lässt der Revisionswerber in seiner Revision bestimmte Rechtsgründe fallen, bedarf es keiner inhaltlichen Auseinandersetzung damit (RS0043352 [T35]; RS0043338 [T15]).
8. Die Revision ist daher nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 ASGG und § 41 ZPO.
Textnummer
E125907European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00059.19B.0730.000Im RIS seit
27.08.2019Zuletzt aktualisiert am
21.05.2021