Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin A*****, vertreten durch Mag. H*****, Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, gegen die Antragsgegnerin M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Breit, Mag. Dr. Thomas Mayr, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12a MRG iVm § 25 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Jänner 2019, GZ 40 R 188/18w-37, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 7. Mai 2018, GZ 9 Msch 54/17y (9 Msch 53/17a)-31, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Rekursgericht bestätigte mit seiner von der Anfechtung der Antragstellerin erfassten Entscheidung den Sachbeschluss des Erstgerichts, mit dem dieses im verbundenen Verfahren AZ 9 Msch 53/17a den gesetzlich zulässigen Mietzins für das von der Antragstellerin mitgemietete Inventar zum Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptmietvertrags mit 16,85 EUR netto wertgesichert feststellte und aussprach, dass die Antragsgegnerin durch die tatsächlichen Mietzinsvorschreibungen im Zeitraum bis 30. 5. 2017 das gesetzlich zulässige Ausmaß mit monatlich 1,15 EUR und im Mai 2017 mit 1,19 EUR netto überschritten hat. Nach der Rechtsprechung zu § 25 MRG habe die Berechnung des angemessenen Entgelts nach der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gelegenen restlichen Nutzungsdauer zuzüglich eines angemessenen Gewinns zu erfolgen. Im Vollanwendungsbereich des MRG werde die in § 1096 ABGB geregelte (umfangreiche) gesetzliche Erhaltungspflicht zwar von § 3 MRG verdrängt, sodass sich die Erhaltungspflicht des Vermieters ausschließlich nach dieser Bestimmung richte. Der Umstand, dass § 3 MRG keine gesetzliche Erhaltungspflicht des Vermieters betreffend mitvermietete Einrichtungsgegenstände normiere, habe jedoch keine Auswirkungen auf die Höhe des dafür zulässigen Mietzinses. Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht über Antrag gemäß § 63 Abs 3 AußStrG für zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob sich im Vollanwendungsbereich des MRG die Höhe der zulässigen Inventarmiete danach richte, dass sich der Vermieter vertraglich zur Erhaltung der Inventargegenstände verpflichtet habe, noch nicht Stellung bezogen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig. Das ist kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG):
1. Das Fehlen einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung, begründet für sich genommen noch keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0102181). Lässt sich – wie im vorliegenden Fall – die für erheblich erachtete Rechtsfrage durch Anwendung der bestehenden Rechtsprechung klären, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl RS0118640).
2.1 Im Vollanwendungsbereich des MRG ist nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Erhaltungspflicht des Vermieters abschließend in § 3 MRG geregelt (RS0124632). Eine subsidiäre Geltung des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB für Erhaltungspflichten ist aufgrund der Systematik und des Wortlauts der Bestimmung des § 3 MRG auszuschließen (5 Ob 17/09z; 1 Ob 55/11m ua). Ausgehend von diesen Grundsätzen vertritt die Revisionswerberin zu der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage – zusammengefasst – den Standpunkt, es bedürfe eines, allenfalls nach billigem Ermessen vorzunehmenden Abschlags von dem für das Inventar errechneten angemessenen Mietzins, weil den Vermieter insoweit keine gesetzliche Erhaltungspflicht treffe und eine solche im Mietvertrag auch nicht vereinbart worden sei.
2.2 Dieser Argumentation liegt erkennbar die Überlegung zugrunde, die Unanwendbarkeit des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB in Bezug auf die mitgemieteten Gegenstände führe zu einer Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten des Mieters, was durch eine Reduktion des Mietzinses auszugleichen sei. Dabei lässt die Antragsgegnerin jedoch unberücksichtigt, dass der Bestandnehmer gemäß § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit des Bestandstücks von der Entrichtung des Zinses befreit ist, wenn dieses schon bei der Übergabe so mangelhaft war oder während der Bestandzeit ohne Verschulden des Bestandnehmers derart mangelhaft wurde, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt. Diese Zinsbefreiung (Zinsminderung) tritt ex lege ein und besteht ab Beginn der Unbrauchbarkeit oder Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandgegenstands bis zu deren Behebung (RS0107866, RS0021326, RS0021457 [T4, T7]). Bestandzinsüberzahlungen können nach § 1431 ABGB, also im Falle des Irrtums (auch Rechtsirrtums) bei der Zahlung, zurückgefordert und/oder gegen laufende oder spätere Bestandzinsforderungen aufgerechnet werden (RS0021337 [T2]).
2.3 Das Recht zur Zinsminderung greift auch dann ein, wenn die Erhaltungspflicht nach § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB abbedungen wurde (Iro/Rassi in KBB5 § 1096 ABGB Rz 9 mwN) oder im Vollanwendungsbereich des MRG durch die abschließende Regelung des § 3 MRG verdrängt wird (RS0021326 [T7]; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 3 MRG Rz 6j; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1096 Rz 102 [für den „Graubereich“] je mwN). Bereits daraus folgt, dass die Äquivalenz zwischen dem ermittelten angemessenen Mietzins für das mitgemietete Inventar und dessen zum vereinbarten Gebrauch erforderlichen Zustand (anderes wird bei der Übergabe auch nicht geschuldet) losgelöst von der Frage nach der Erhaltungspflicht gewahrt bleibt. Die von den Vorinstanzen unter Berufung auf die in der Judikatur vertretenen Grundsätze (vgl dazu RS0117864) vorgenommene Berechnung des angemessenen Mietzinses stellt die Antragstellerin ohnedies nicht in Frage.
3. Bereits in der Entscheidung zu 6 Ob 226/18f hat der Oberste Gerichtshof die Ansicht abgelehnt, dass ein wegen des Entfalls der Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB allenfalls durch den Zeitablauf zu erwartender Wertverlust dadurch kompensiert werden müsse, dass die (vereinbarte) Wertsicherung (also der Ausgleich des Kaufkraftverlusts) unzulässig sei (vgl RS0020760 [T8]). Auf ein solches Ergebnis zielen letztlich auch die weiteren Ausführungen der Revisionsrekurswerberin ab, wenn sie meint, ohne Übernahme der Erhaltungspflicht durch den Vermieter sei eine Wertanpassung aufgrund einer Wertsicherungsklausel unzulässig. Ihre rein auf wirtschaftlichen Überlegungen basierende Ansicht lässt zudem wiederum außer Ansatz, dass ihr im Fall der Unbrauchbarkeit der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände zur vereinbarten Verwendung das Recht zur Zinsminderung zusteht.
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG).
5. Eine Kostenentscheidung konnte entfallen, weil sich die Antragsgegnerin am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt hat.
Textnummer
E125875European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00079.19G.0731.000Im RIS seit
26.08.2019Zuletzt aktualisiert am
29.12.2021