Entscheidungsdatum
24.06.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W115 2204029-1/12E
W115 2203977-1/12E
W115 2204021-1/12E
W115 2204024-1/12E
W115 2204018-1/12E
W115 2204032-1/12E
W115 2204027-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom
XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom
XXXX Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom
XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
V. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
VI. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom
XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
VII. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom
XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Zweitbeschwerdeführer, und ihren fünf gemeinsamen minderjährigen Kindern, der Drittbeschwerdeführerin, dem Viert-, dem Fünft-, dem Sechst- und dem Siebtbeschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer am XXXX für sich und ihre minderjährigen Kinder die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
1.1. Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gaben die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari übereinstimmend zusammengefasst an, dass sie und ihre Kinder afghanische Staatsangehörige seien, der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehören würden. Vor ca. 20 Tagen hätten sie gemeinsam von der Provinz XXXX aus Afghanistan verlassen und seien über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien schlepperunterstützt bis nach Österreich gereist.
Befragt zu ihren Familienverhältnissen gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie mit dem Zweitbeschwerdeführer verheiratet sei und mit ihm und den gemeinsamen Kindern, der Drittbeschwerdeführerin, dem Viert-, dem Fünft-, dem Sechst- und dem Siebtbeschwerdeführer, Afghanistan verlassen hätte. In Afghanistan würden sich noch ihre Eltern sowie ihre zwei Brüder und ihre Schwester aufhalten. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass in Afghanistan Krieg herrschen würde und sie und ihre Familie von den Taliban mit dem Tod bedroht worden seien, da ihre Tochter zur Schule gegangen sei. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte sie entweder von den Taliban oder dem IS getötet zu werden.
Befragt zu seinen Familienverhältnissen gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er mit der Erstbeschwerdeführerin verheiratet sei und mit ihr und den gemeinsamen Kindern, der Drittbeschwerdeführerin, dem Viert-, dem Fünft-, dem Sechst- und dem Siebtbeschwerdeführer, Afghanistan verlassen hätte. In Afghanistan würden noch seine Mutter, seine drei Brüder sowie fünf von seinen Schwestern leben. Eine weitere Schwester sowie sein Neffe würden sich in Österreich aufhalten. Sein Vater sei bereits verstorben. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er und seine Familie von den Taliban bedroht worden seien, da seine Tochter die Schule besucht habe. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, von den Taliban umgebracht zu werden.
1.2. Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.
1.3. Nach Zulassung des Verfahrens durch Ausfolgung von Aufenthaltsberechtigungskarten wurden die Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer sowie die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Kurzbezeichnung BFA; in der Folge belangte Behörde genannt) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen.
Die Erstbeschwerdeführerin gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dass ihre bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Sie sei afghanische Staatsangehörige und gehöre der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an. Sie sei in der Provinz XXXX geboren. Sie sei sieben Jahre in die Schule gegangen und sei dann Hausfrau gewesen. Ihre Muttersprache sei Dari und sie könne in dieser Sprache lesen und schreiben. Mittlerweile könne sie auch ein wenig Deutsch. Befragt zu ihren Familienverhältnissen gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie und ihr Ehemann vor 17 Jahren geheiratet hätten. Mit diesem habe sie fünf Kinder und sie würden gemeinsam hier in Österreich leben. Weiters würde noch ein Neffe bei ihnen leben. In Afghanistan würden noch ihre Mutter sowie ihre beiden Brüder und ihre Schwester leben. Ihr Vater sei vor ca. acht Monaten verstorben. Weiters verfüge sie über eine Cousine, die in XXXX leben würde. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die Erstbeschwerdeführerin zusammengefasst an, dass ihr Ehemann von den Taliban bedroht worden sei. Zudem habe ein gefährlicher Mann, der ebenfalls ein Terrorist gewesen sei, ihre Familie bedroht. Sie hätten sich zwar an die Polizei gewandt, diese habe ihnen jedoch keinen Schutz bieten können. Aus diesen Gründen hätten sie Afghanistan verlassen müssen. Zu ihrer Situation in Österreich befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie hier einen Deutschkurs besuche. In ihrer Freizeit lerne sie Deutsch oder gehe - auch alleine - einkaufen oder spazieren. Weiters gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass ihre Angaben auch für ihre Kinder gelten würden, diese hätten keine eigenen Fluchtgründe.
Der Zweitbeschwerdeführer gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Er sei afghanischer Staatsangehöriger und würde der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehören. Er sei in der Provinz XXXX geboren und habe dort gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen fünf Kindern bis zu ihrer Ausreise gelebt. Befragt zu seinen Familienverhältnissen gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er zusammen mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern in Österreich leben würde. Er und seine Ehefrau hätten vor 17 Jahren geheiratet. In Afghanistan würden noch seine Mutter, seine drei Brüdern und fünf von seinen Schwestern leben. Seine sechste Schwester würde gemeinsam mit ihrer Familie ebenfalls in Österreich leben. Weiters halte sich hier noch sein Neffe auf. Dieser würde beim Zweitbeschwerdeführer und seiner Familie leben. Weiters verfüge er noch über eine Cousine und einen Cousin in Deutschland. Sein Vater sei bereits verstorben. Befragt zu seiner Schul- und Berufsausbildung gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er in Afghanistan sieben Jahre die Grundschule besucht habe. Danach habe er als Großhändler für Lebensmittel gearbeitet. Seine Muttersprache sei Dari und er könne in dieser Sprache lesen und schreiben. Mittlerweile könne er auch ein wenig Deutsch. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Zweitbeschwerdeführer zusammengefasst an, dass er von den Taliban mit dem Tod bedroht worden sei, nachdem er sich geweigert habe, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus seien er und seine Familie von einem Kommandanten, der ein Terrorist gewesen sei, bedroht worden. Er hätte sich zwar an die Polizei gewandt, diese habe ihm und seiner Familie jedoch keinen Schutz bieten können. Aus diesen Gründen hätten sie Afghanistan verlassen müssen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er entweder von den Taliban oder von diesem Kommandanten getötet zu werden. Zu seiner Situation in Österreich befragt, gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er hier einen Deutschkurs besuche und dreimal in der Woche ehrenamtlich arbeiten würde.
Die Drittbeschwerdeführerin gab im Beisein ihrer Mutter als gesetzliche Vertreterin zusammengefasst an, dass sie afghanische Staatsangehörige sei und der Volksgruppe der Tadschiken sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehöre. Sie sei in der Provinz XXXX geboren und habe dort mit ihrer Familie bis zur gemeinsamen Ausreise gelebt. Befragt zu ihrer Schul- und Berufsausbildung gab die Drittbeschwerdeführerin an, dass sie in Afghanistan sieben Jahre in die Schule gegangen sei. Eine Berufsausbildung habe sie nicht absolviert. Ihre Muttersprache sei Dari. In Österreich habe sie Deutsch und Englisch gelernt. Sie könne auch lesen und schreiben. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die Drittbeschwerdeführerin an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe haben würde. Zu ihrer Situation in Österreich befragt, gab sie an, dass sie zurzeit die Neue Mittelschule besuchen würde. Diese würde sie in einigen Wochen beenden und nach den Sommerferien eine dreijährige Fachschule besuchen. Sie habe sich in dieser Schule bereits angemeldet und sei auch aufgenommen worden. Befragt zu ihren Zukunftsplänen gab die Drittbeschwerdeführerin an, dass sie zuerst die Fachschule abschließen und danach arbeiten wolle. Neben ihrer Arbeit habe sie vor, die Matura zu machen und anschließend Jus zu studieren. In ihrer Freizeit treffe sie sich gerne mit ihren Freunden. Weiters sei sie seit zwei Jahren ehrenamtlich bei der Feuerwehr tätig. Im Unterscheid zu Afghanistan, könne sie sich hier frei bewegen und werde als Frau respektiert.
Der Viertbeschwerdeführer gab im Beisein seiner Mutter als gesetzlichen Vertreter zusammengefasst an, dass er afghanischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Tadschiken sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehöre. Er sei in der Provinz XXXX geboren und habe dort mit seiner Familie bis zur gemeinsamen Ausreise gelebt. Befragt zu seiner Schul- und Berufsausbildung gab der Viertbeschwerdeführer an, dass er in Afghanistan fünf Jahre in die Schule gegangen sei. Eine Berufsausbildung habe er nicht absolviert. Seine Muttersprache sei Dari. Er beherrsche auch die Sprache Deutsch und ein wenig Englisch. Er könne auch lesen und schreiben. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Viertbeschwerdeführer an, dass er keine eigenen Fluchtgründe haben würde. Zu seiner Situation in Österreich befragt, gab er an, dass er hier die Schule besuchen würde. Später wolle er einmal Ingenieur werden. In seiner Freizeit sei er ehrenamtlich bei der Feuerwehr tätig. Auch habe er schon viele Freunde in Österreich gefunden.
Weiters wurden der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer von der belangten Behörde Länderfeststellungen zu Afghanistan vorgehalten und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Im Zuge der Einvernahme wurde von den Beschwerdeführern ein Konvolut an Unterlagen, darunter u.a. die Tazkiras der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers sowie integrationsbescheinigende Unterlagen, in Vorlage gebracht.
1.4. Mit Schreiben vom XXXX wurde zu den im Rahmen der Einvernahme vom XXXX vorgehaltenen Länderfeststellungen im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund ihres Fluchtvorbringens und der dortigen aktuellen Situation für Frauen eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohen würde. Auch aufgrund der schlechten Versorgungs- und Sicherheitslage sei eine Rückkehr nach Afghanistan für die Beschwerdeführer unzumutbar. Weiters sei die bereits erfolgte gute Integration der Beschwerdeführer in Österreich zu beachten.
1.5. Mit den im Spruch genannten Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
1.6. Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom XXXX wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
1.7. Gegen die im Spruch genannten Bescheide der belangten Behörde erhob der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführer fristgerecht eine gemeinsame Beschwerde, mit der die Bescheide vollinhaltlich angefochten wurden. In der Begründung wurde der Beweisführung sowie der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde substantiiert entgegengetreten. Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
2. Die gegenständlichen Beschwerden samt Verwaltungsakte langten der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.
2.1. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte in der Folge eine mündliche Verhandlung für den XXXX an. Mit Schreiben vom XXXX wurde von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Teilnahme eines Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Es werde aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt und um Übersendung des Verhandlungsprotokolles ersucht.
2.2. Mit Schriftsatz vom XXXX wurden vom bevollmächtigten Vertreter weitere integrationsbescheinigende Unterlagen in Vorlage gebracht.
2.3. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX brachten die Beschwerdeführer nach Erläuterung des bisherigen Verfahrensganges und des Akteninhaltes im Beisein des bevollmächtigten Vertreters sowie einer Dolmetscherin für die Sprache Dari auf richterliche Befragung im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass ihre bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Sie seien afghanische Staatsangehörige und würden der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams angehören. Ihre Muttersprache sei Dari. In diesem Zusammenhang wurde von der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer angegeben, dass sie weiters auch noch über Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen würden. Von der Drittbeschwerdeführerin wurde angegeben, dass sie neben Dari auch noch Englisch und Deutsch beherrsche. Weiters lerne sie gerade Französisch. Befragt zu ihrer Schul- und Berufsausbildung gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie in Afghanistan sechs Jahre die Grundschule besucht habe und danach Hausfrau gewesen sei. Vom Zweitbeschwerdeführer wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass er in Afghanistan sieben Jahre in die Grundschule gegangen sei. In beruflicher Hinsicht habe er ein Geschäft für Lebensmittelgroßhandel betrieben. Die Drittbeschwerdeführerin gab an, dass sie in Afghanistan sieben Jahre die Grundschule besucht habe. In Österreich sei sie zwei Jahre in die Neue Mittelschule gegangen und besuche zum jetzigen Zeitpunkt eine dreijährige landwirtschaftliche Fachschule. Befragt zu ihrem Herkunftsort gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie in der Provinz XXXX geboren worden sei und nach ihrer Heirat gemeinsam mit ihrem Ehemann und den Kindern in der Provinz XXXX gelebt habe. Auch alle ihre Kinder seien dort geboren worden. Der Zweitbeschwerdeführer gab an, dass er in der Provinz XXXX geboren worden sei und dort mit seiner Ehefrau und den Kindern bis zur gemeinsamen Ausreise im Jahr XXXX gelebt habe. Zu ihren Familienmitgliedern befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie zu diesen keinen Kontakt mehr haben würde. Zuletzt hätten ihre Mutter, ihre zwei Brüder und ihre Schwester in der Provinz XXXX gelebt. Darüber hinaus verfüge sie dort über je zwei Tanten und je zwei Onkeln väterlicher- sowie mütterlicherseits. Eine Cousine von ihr würde zudem in XXXX leben. Ihr Vater sei bereits verstorben. Der Zweitbeschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang an, dass er ebenfalls keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen in Afghanistan haben würde. Als er Afghanistan verlassen habe, hätten in der Provinz XXXX seine Mutter, seine drei Brüder sowie fünf von seinen Schwestern gelebt. Seine sechste Schwester würde gemeinsam mit ihrer Familie in Österreich leben. In Österreich lebe zudem sein Neffe. Dieser würde beim Zweitbeschwerdeführer und seiner Familie im Haushalt leben. Weiters gab der Zweitbeschwerdeführer an, dass er in Deutschland noch über je einen Cousin und eine Cousine väterlicherseits verfüge. Sein Vater sei bereits verstorben.
Zu ihrer Situation in Österreich befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie gerade einen Deutschkurs sowie eine "Basisbildung" besuche (Anmerkung: In diesem Zusammenhang wurden eine Bestätigung hinsichtlich des Besuches eines Deutschkurses vom XXXX sowie eine Bestätigung des XXXX vom XXXX über den Besuch des Lehrganges "Basisbildung XXXX " durch die Erstbeschwerdeführerin in Vorlage gebracht.). Weiters habe sie auch freiwillig beim XXXX gearbeitet. Im Moment besuche sie zudem noch ein Sprachcafe, das einmal pro Monat stattfinden würde (Anmerkung:
In diesem Zusammenhang wurden von der Erstbeschwerdeführerin eine Bestätigung des XXXX , Bezirksstelle XXXX , vom XXXX hinsichtlich ihrer dortigen Tätigkeit als freiwillige Mitarbeiterin sowie drei Farbfotos in Vorlage gebracht, auf den die Erstbeschwerdeführerin ohne Kopftuch im Rahmen des Sprachcafes zu sehen ist.). Ergänzend befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie den Deutschkurs ohne ihren Ehemann besuchen würde und alleine mit dem Bus dorthin fahre. In ihrer Freizeit treffe sie sich regelmäßig mit ihren österreichischen Freundinnen und Freunden. Sie würden sich im Park treffen, spazieren gehen oder zusammen einen Kaffee trinken. Seit einem Jahr würde sie auch kein Kopftuch mehr tragen. Zu ihrer Zukunft in Österreich gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie hier gerne einen Beruf als Verkäuferin oder als Köchin ergreifen wolle. Auch könne sie sich vorstellen in einem Büro zu arbeiten. Sie habe schon immer arbeiten wollen, die Umstände hätten es ihr jedoch nicht erlaubt. Hier in Österreich wolle sie aber beruflich tätig sein. Befragt zur Erziehung ihrer Kinder gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass es ihr wichtig sei, dass ihre Kinder hier in Österreich eine gute Schul- und Berufsausbildung erhalten und wenn sie dann erwachsen seien, ihre eigenen Entscheidungen treffen würden. Sie unterstütze ihre Kinder in dieser Hinsicht und besuche auch regelmäßig die Elternabende. Sie habe auch nichts dagegen gehabt, als ihre Tochter auf Schikurs gefahren sei bzw. jetzt im Sommer auf Sommersportwoche fahren werde. Befragt zu ihrer Ehe gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie sich gleichberechtigt neben ihrem Ehemann sehe. So könne sie selbst entscheiden, wann sie außer Haus gehe und was sie in ihrer Freizeit unternehme. Sie gehe auch alleine einkaufen und absolviere Behördenwege oder Arztbesuche ebenfalls alleine. Zudem verwalte sie das Familieneinkommen und teile sich die Erziehung der Kinder mit ihrem Ehemann. Ihr Mann helfe ihr auch im Haushalt.
Zu seiner Situation in Österreich befragt, gab der Zweitbeschwerdeführer zusammengefasst an, dass er in Österreich bereits mehrere Deutschkurse besucht und erfolgreich die A1-Prüfung absolviert habe. Darüber hinaus sei er ehrenamtlich beim XXXX tätig und helfe auch bei Veranstaltungen in seiner Gemeinde mit (Anmerkung: In diesem Zusammenhang wurden vom Zweitbeschwerdeführer integrationsbescheinigende Unterlagen in Vorlage gebracht.).
Zu ihrer Situation in Österreich befragt, gab die Drittbeschwerdeführerin an, dass sie nach ihrer Ankunft ca. zweieinhalb Jahre die Neue Mittelschule besucht und diese positiv abgeschlossen habe. Seit XXXX besuche sie eine dreijährige landwirtschaftliche Fachschule (Anmerkung: In diesem Zusammenhang wurden von der Drittbeschwerdeführerin u.a. ihr Jahres- und Abschlusszeugnis der 4. Klasse der Neuen Mittelschule XXXX vom XXXX sowie eine Schulbesuchsbestätigung der landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschule XXXX vom XXXX für das Schuljahr XXXX lautend auf die Drittbeschwerdeführerin in Vorlage gebracht.). Zu ihrer Zukunft in Österreich gab die Drittbeschwerdeführerin an, dass sie zuerst ihre Schule abschließen und danach einen Beruf ergreifen wolle. Daneben wolle sie die Matura machen und anschließend Politikwissenschaften und Jus studieren. Schon als Kind sei ihr Berufswunsch Anwältin oder Richterin gewesen. Sie wolle sobald wie möglich selbstständig sein, ihr eigenes Geld verdienen und eine eigene Wohnung haben. Diese Möglichkeiten hätte sie in Afghanistan nicht gehabt. Ihr sei es wichtig, dass in Österreich eine Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern herrsche und dass sie hier kein Kopftuch tragen müsse. In diesem Zusammenhang wurde von der Drittbeschwerdeführerin angegeben, dass sie bereits nach fünf oder sechs Monaten nach ihrer Ankunft in Österreich darauf verzichtet habe ein Kopftuch zu tragen. Befragt, was sie in ihrer Freizeit unternehme, antwortete die Drittbeschwerdeführerin, dass sie Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr sei. Weiters helfe sie bei den verschiedensten Veranstaltungen der Gemeinde als Kellnerin oder in der Küche aus. Sie gehe nach der Schule im Sommer auch gerne mit ihren österreichischen Freundinnen ins Freibad zum Schwimmen. Dabei trage sie einen Bikini oder Badeanzug. Im Winter gehe sie mit ihren Freundinnen Eis laufen. Auch würden sie sich regelmäßig zum Einkaufen oder zum Essen treffen (Anmerkung: In diesem Zusammenhang wurde von der Drittbeschwerdeführerin ein Konvolut an integrationsbescheinigenden Unterlagen, darunter auch ein Feuerwehrpass des XXXX Landes-Feuerwehrverbandes lautend auf die Drittbeschwerdeführerin, in Vorlage gebracht.). Weiters gab die Drittbeschwerdeführerin ergänzend an, dass sie selbst entscheiden könne, wann sie sich mit ihren Freundinnen treffe. Ihre Eltern würden ihr in dieser Hinsicht nichts vorschreiben. Als sie noch die Neue Mittelschule besucht habe, habe sie auch mit auf Schikurs fahren können. Diesen Sommer fahre sie gemeinsam mit ihrer Klasse auf Sommersportwoche.
Nach Erörterung jener Länderberichte, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden, gaben die Beschwerdeführer und ihr bevollmächtigter Vertreter an, dass auf eine Stellungnahme dazu verzichtet werde.
2.4. Weiters wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine Kopie der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom XXXX der belangten Behörde übermittelt. Eine Stellungnahme dazu wurde von dieser nicht erstattet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Die Beschwerdeführer tragen die im Spruch genannten Namen und sind
am XXXX (Erstbeschwerdeführerin), am XXXX (Zweitbeschwerdeführer),
am XXXX (Drittbeschwerdeführerin), am XXXX (Viertbeschwerdeführer),
am XXXX (Fünftbeschwerdeführer), am XXXX (Sechstbeschwerdeführer) sowie am XXXX (Siebtbeschwerdeführer) geboren. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind verheiratet und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin sowie der minderjährigen Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebtbeschwerdeführer. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben vor 18 Jahren geheiratet.
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, gehören der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an. Die Erstbeschwerdeführerin ist in der Provinz XXXX geboren und hat bis zu ihrer Heirat dort gelebt. Danach hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in der Provinz XXXX gelebt. Der Zweitbeschwerdeführer, die Drittbeschwerdeführerin sowie der Viert-, der Fünft-, der Sechst- und der Siebtbeschwerdeführer sind in der Provinz XXXX geboren. Im Jahr XXXX haben die Beschwerdeführer gemeinsam Afghanistan verlassen und sind schlepperunterstützt nach Österreich gereist und haben hier am XXXX die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin sowie ihre beiden Brüder und ihre Schwester leben nach wie vor in der Provinz XXXX . Der Vater der Erstbeschwerdeführerin ist bereits verstorben. Weiters verfügt die Erstbeschwerdeführerin noch über je zwei Tanten und je zwei Onkeln mütterlicher- sowie väterlicherseits in der Provinz XXXX . Es besteht kein Kontakt zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen in Afghanistan. Darüber hinaus verfügt die Erstbeschwerdeführerin über eine Cousine in XXXX . Zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan haben sich in der Provinz XXXX noch die Mutter des Zweitbeschwerdeführers, seine drei Brüder und fünf von seinen Schwestern aufgehalten. Der nunmehrige Aufenthalt dieser Familienangehörigen ist dem Zweitbeschwerdeführer unbekannt, da zu ihnen kein Kontakt mehr besteht. Die sechste Schwester des Zweitbeschwerdeführers lebt in Österreich. Weiters hält sich noch der Neffe des Zweitbeschwerdeführers in Österreich auf und lebt mit diesem und seiner Familie in einem gemeinsamen Haushalt. Ein Cousin sowie eine Cousine väterlicherseits des Zweitbeschwerdeführers leben in Deutschland. Der Vater des Zweitbeschwerdeführers ist bereits verstorben.
Die Muttersprache der Beschwerdeführer ist Dari. Die Erstbeschwerdeführerin hat in Afghanistan sechs Jahre die Schule besucht und war danach Hausfrau. Über eine Berufsausbildung verfügt sie nicht. Der Zweitbeschwerdeführer hat in Afghanistan sieben Jahre die Schule besucht. Er hat in Afghanistan ein Geschäft für Lebensmittelgroßhandel betrieben. Die Drittbeschwerdeführerin hat in Afghanistan sieben Jahre die Schule besucht.
Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur Situation der Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan:
Bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um eine selbstständige Frau, die in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition und lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab. Sie kleidet sich nach westlicher Mode und schminkt sich. Auf das Tragen des Kopftuches wird verzichtet. Die Erstbeschwerdeführerin hat in Österreich bereits mehrere Deutschkurse besucht und ist bestrebt ihre bereits vorhandenen Kenntnisse der deutschen Sprache weiter zu verbessern. Zum Entscheidungszeitpunkt besucht sie neben einen weiteren Deutschkurs einen Lehrgang des XXXX . Sie beabsichtigt einen Beruf auszuüben, um in Österreich berufliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit zu erlangen. Sie bewältigt ihren Alltag in Österreich selbstständig und sieht sich als gleichberechtigt neben ihrem Ehemann an. Die Erstbeschwerdeführerin teilt sich die Erziehung der Kinder mit ihrem Ehemann und das Familieneinkommen wird von ihr verwaltet. Die Erstbeschwerdeführerin will ihre Kinder frei von Zwängen erziehen und ist sehr darum bemüht, dass ihre Kinder in Österreich eine gute Schul- und Berufsausbildung erhalten, damit sie ein selbstbestimmtes Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führen können. In dieser Hinsicht werden ihre Kinder aktiv von ihr unterstützt. So besucht die Erstbeschwerdeführerin z.B. regelmäßig die Elternabende ihrer schulpflichtigen Kinder und ermöglicht der Drittbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Schulklasse auf Schikurs bzw. auf Sommersportwoche zu fahren. Weiters geht die Erstbeschwerdeführerin alleine einkaufen bzw. absolviert falls erforderlich Arztbesuche und Behördenwege selbstständig. Außerdem besucht sie regelmäßig ein Sprachcafe. In ihrer Freizeit trifft sie sich regelmäßig mit ihren österreichischen Freundinnen bzw. Freunden und geht mit diesen spazieren, in den Park oder Kaffee trinken. Die von ihr angenommene Lebensweise ist zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden. Die Erstbeschwerdeführerin lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Die persönliche Haltung der Erstbeschwerdeführerin über die grundsätzliche Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft steht im eindeutigen Widerspruch zu den in Afghanistan bislang vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen sind. Sie würde im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan von dem dortigen konservativen Umfeld als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau angesehen werden.
Bei der Drittbeschwerdeführerin handelt es sich um eine junge selbstständige Frau, die in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition und lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab. Sie kleidet sich nach westlicher Mode und schminkt sich. Auf das Tragen des Kopftuches wird verzichtet. Sie spricht bereits sehr gut Deutsch und besucht derzeit eine landwirtschaftliche Berufs- und Fachschule. Nach dem Abschluss dieser Schule beabsichtigt die Drittbeschwerdeführerin einen Beruf auszuüben, um in Österreich berufliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit zu erlangen. Neben ihrer Berufstätigkeit möchte sie dann die Matura machen, um anschließend studieren zu können. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit ihren österreichischen Freundinnen und geht mit diesen schwimmen, Eis laufen, einkaufen oder etwas essen. Als sie noch die Neue Mittelschule besucht hat, ist die Drittbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Schulklasse auf Schikurs gefahren. Diesen Sommer fährt sie mit ihrer Schulklasse auf Sommersportwoche. Die von der Drittbeschwerdeführerin angenommene Lebensweise ist zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden. Sie lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Die persönliche Haltung der Drittbeschwerdeführerin über die grundsätzliche Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft steht im eindeutigen Widerspruch zu den in Afghanistan bislang vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen sind. Sie würde im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan von dem dortigen konservativen Umfeld als am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau angesehen werden.
Der Erst- und der Drittbeschwerdeführerin droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund ihrer Wertehaltung eine Verfolgung aus religiösen und/oder politischen Gründen. Vom afghanischen Staat können sie keinen effektiven Schutz erwarten.
Es besteht keine innerstaatliche Fluchtalternative.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen zur Lage in Afghanistan werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer getroffen:
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018, in der Fassung vom 04.06.2019:
Politische Lage (Verfassung):
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).
Sicherheitslage (Allgemein):
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).
Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).
Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).
Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).
Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).
Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).
Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;
1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).
Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).
Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).
Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:
das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).
Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).
Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).
Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).
Rechtsschutz/Justizwesen:
Gemäß Artikel 116 der Verfassung ist die Justiz ein unabhängiges Organ der Islamischen Republik Afghanistan. Die Judikative besteht aus dem Obersten Gerichtshof (Stera Mahkama, Anm.), den Berufungsgerichten und den Hauptgerichten, deren Gewalten gesetzlich geregelt sind. (Casolino 2011). Die wichtigste religiöse Institution des Landes ist der Ulema-Rat (Afghan Ulama Council - AUC, Shura-e ulama-e afghanistan, Anm.), eine nationale Versammlung von Religionsgelehrten, die u.a. den Präsidenten in islamrechtlichen Angelegenheiten berät und Einfluss auf die Rechtsformulierung und die Auslegung des existierenden Rechts hat (USDOS 15.8.2017; vgl. AB 7.6.2017, AP o.D.).
Das afghanische Justizwesen beruht sowohl auf dem islamischen [Anm.:
Scharia] als auch auf dem nationalen Recht; letzteres wurzelt in den deutschen und ägyptischen Systemen (NYT 26.12.2015; vgl. AP o.D.).
Die rechtliche Praxis in Afghanistan ist komplex: Einerseits sieht die Verfassung das Gesetzlichkeitsprinzip und die Wahrung der völkerrechtlichen Abkommen, einschließlich Menschenrechtsverträge, vor, andererseits formuliert sie einen unwiderruflichen Scharia-Vorbehalt. Ein Beispiel dieser Komplexität ist das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist (AP o.D.; vgl. vertrauliche Quelle 10.4.2018). Die Organe der afghanischen Rechtsprechung sind durch die Verfassung dazu ermächtigt, sowohl das formelle als auch das islamische Recht anzuwenden (AP o.D.).
Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist in der Verfassung verankert, wird aber in der Praxis selten umgesetzt. Die Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen ist innerhalb des Landes uneinheitlich. Dem Gesetz nach gilt für alle Bürger/innen die Unschuldsvermutung und Angeklagte haben das Recht, beim Prozess anwesend zu sein und Rechtsmittel einzulegen; jedoch werden diese Rechte nicht immer respektiert. Bürger/innen sind bzgl. ihrer Verfassungsrechte oft im Unklaren und es ist selten, dass Staatsanwälte die Beschuldigten über die gegen sie erhobenen Anklagen genau informieren. Die Beschuldigten sind dazu berechtigt, sich von einem Pflichtverteidiger vertreten und beraten zu lassen; jedoch wird dieses Recht aufgrund eines Mangels an Strafverteidigern uneinheitlich umgesetzt (USDOS 20.4.2018). In Afghanistan existieren keine Strafverteidiger nach dem westlichen Modell; traditionell dienten diese nur als Mittelsmänner zwischen der anklagenden Behörde, dem Angeklagten und dem Gericht. Seit 2008 ändert sich diese Tendenz und es existieren Strafverteidiger, die innerhalb des Justizministeriums und auch außerhalb tätig sind (NYT 26.12.2015). Der Zugriff der Anwälte auf Verfahrensdokumente ist oft beschränkt (USDOS 3.3.2017) und ihre Stellungnahmen werden während der Verfahren kaum beachtet (NYT 26.12.2015). Berichten zufolge zeigt sich die Richterschaft jedoch langsam respektvoller und toleranter gegenüber Strafverteidigern (USDOS 20.4.2018).
Gemäß einem Bericht der New York Times über die Entwicklung des afghanischen Justizwesens wurden im Land zahlreiche Fortbildungskurse für Rechtsgelehrte durch verschiedene westliche Institutionen durchgeführt. Die Fortbildenden wurden in einigen Fällen mit bedeutenden Aspekten der afghanischen Kultur (z. B. Respekt vor älteren Menschen), welche manchmal mit der westlichen Orientierung der Fortbildenden kollidierten, konfrontiert. Auch haben Strafverteidiger und Richter verschiedene Ausbildungshintergründe: Während Strafverteidiger rechts- und politikwissenschaftliche Fakultäten besuchen, studiert der Großteil der Richter Theologie und islamisches Recht (NYT 26.12.2015).
Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan üblicherweise akzeptiert wird, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang; oft werden die Bestimmungen des islamischen Rechts zugunsten des Gewohnheitsrechts missachtet, welches den Konsens innerhalb der Gemeinschaft aufrechterhalten soll (USIP 3.2015; vgl. USIP o.D.). Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem das Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, die Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.).
Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9.2016; vgl. USIP o.D., NYT 26.12.2015, WP 31.5.2015, AA 5.2018). Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz im Fall eines Konflikts zwischen dem traditionellen islamischen Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 5.2018).
Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten. Bei Angelegenheiten, wo keine klar definierte Rechtssetzung angewendet werden kann, setzen Richter und lokale Schuras das Gewohnheitsrecht (welches auch nicht einheitlich ist, Anm.) durch (USDOS 20.4.2018).
Gemäß dem "Survey of the Afghan People" der Asia Foundation (AF) nutzten in den Jahren 2016 und 2017 ca. 20.4% der befragten Afghan/innen nationale und lokale Rechtsinstitutionen als Schlichtungsmechanismen. 43.2% benutzten Schuras und Jirgas, währed 21.4% sich an die Huquq-Abteilung [Anm.: "Rechte"-Abteilung] des Justizministeriums wandten. Im Vergleich zur städtischen Bevölkerung bevorzugten Bewohner ruraler Zentren lokale Rechtsschlichtungsmechanismen wie Schuras und Jirgas (AF 11.2017; vgl. USIP o.D., USDOS 20.4.2018). Die mangelnde Präsenz eines formellen Rechtssystems in ruralen Gebieten führt zur Nutzung lokaler Schlichtungsmechani