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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Dr. Elfriede Rieder in Höflein, 2. des Dipl. Ing. Wilfried Rieder in Wien, 3. des Wilhelm Otto in Wien und 4. des Dipl. Ing. Wolfgang Fabich in Wien, sämtliche vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 49/28, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 17. Juni 1998, Zl. MD-VfR - B VI - 3 und 5/97, betreffend Kostenvorschreibung nach § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einem Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 4. Dezember 1996 ist - wie sich aus dem vorgelegten Behördenakt ergibt - festgestellt worden, daß am Gebäude der Beschwerdeführer nachstehende Baugebrechen bestehen, die eine Gefahr für die körperliche Sicherheit bilden:
Verputz- und Mauerwerksteile des Krönungsgesimses der Straßenschaufläche drohen auf den Gehsteig zu fallen.
Folgende Sicherungsmaßnahmen wären zu treffen:
Abschlagen der absturzgefährdeten Verputz- und Mauerwerksteile des Krönungsgesimses bzw. Herstellen eines entsprechenden Schutzgerüstes entlang der Straßenfront.
Der zuständige Sachbearbeiter der Baubehörde ersuchte die MA 37 in einem Telefax vom 4. Dezember 1996 um Anordnung weiterer Sicherungsmaßnahmen und zwar "Entglasen der zerbrochenen Fensterscheiben in der Straßenfront".
Am 5. Dezember 1996 erfolgte der baubehördliche Auftrag im Sinne
des § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien an ein hiezu befugtes Unter nehmen. Die Beschwerdeführer wurden von diesem Auftrag mit Mitteilung
vom 17. Dezember 1996 verständigt.
Das beauftragte Unternehmen legte der Behörde nach Ausführung der Arbeiten eine Rechnung vom 13. Dezember 1996 über den Gesamtbetrag von S 44.250,-- (inklusive Mehrwertsteuer) "für die Sicherungsarbeiten" mit dem detaillierten Hinweis "Sicherungsmaßnahmen lt. Bestellung und Kollaudierung (siehe Beilage)". In der Beilage ist eine "Aufstellung" mit vier Positionen enthalten und zwar:
vom Krankorb aus Gesimse abschlagen S 21.300,--
Fenster sichern, gebrochene Gläser entfernen,
Weichfaserplatten anbringen S 8.500,--
Material, Tel-Wolle, Weichfaserplatten,
Befestigungsmaterial S 5.075,--
Schuttabtransport S 2.000,--.
Bezüglich der durchgeführten Sicherungsmaßnahmen legte die MA 48 eine Abrechnung für den Zeitraum vom 4. Dezember 1996 bis 13. Dezember 1996 mit dem Vermerk "schadhafte Fassade abgesichert und beleuchtet" über einen Betrag von S 3.300,--, wobei die Kontrolle für sieben Tage mit a S 300,-- und das Aufstellen und Einziehen der Sicherungsmaßnahmen je mit a S 600,-- angegeben worden sind.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 17. Juni 1998 wurde den Beschwerdeführern als Eigentümerin der Liegenschaft Wien VI, Ägidigasse 10, unter Berufung auf § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien Kosten zur Zahlung binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution vorgeschrieben, und zwar:
unter Spruchpunkt I. S 44.250,--
"für die Durchführung folgender dringender Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen ...
-
Abschlagen der absturzgefährdeten Verputz- und Mauerwerksteile;
-
Entglasen der zerbrochenen Fensterscheiben"
und
unter Spruchpunkt II. S 3.300,--
"für durchgeführte Sicherungsmaßnahmen".
In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, die Baubehörde habe am 4. Dezember 1996 festgestellt, daß Verputz- und Mauerwerksteile des Krönungsgesimses der Straßenschaufläche auf den Gehsteig zu fallen drohten. Die Beschwerdeführer hätten am 5. Dezember 1996 anläßlich der Anordnung der notstandspolizeilichen Maßnahmen an einem Ortsaugenschein teilgenommen und selbst keine Sicherungsarbeiten in Auftrag gegeben, weil sie der Ansicht gewesen seien, die Kosten der Maßnahmen seien dem Bauführer vorzuschreiben. Der Verpflichtete müsse es hinnehmen, wenn die Kosten der für die Durchführung eines baupolizeilichen Auftrages erforderlichen und auch tatsächlich verrichteten Arbeiten höher seien, als sie bei Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten gewesen wären. Dies gelte auch bei Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen. Die Abschrankung habe erst nach Abschluß der Arbeiten entfernt werden können. Die Arbeiten seien erst am 12. Dezember 1996 beendet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht mit einer Kostenvorschreibung nach § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien belastet zu werden. Sie tragen im wesentlichen vor, entgegen dem Verursacherprinzip zur Behebung der Schäden herangezogen worden zu sein, obwohl sie die Kosten nicht verschuldet hätten. Die Behörde hätte Überlegungen dahingehend anstellen müssen, wie es zu den Beschädigungen am Haus gekommen sei. Die Behörde habe ihrem Bescheid Rechnungen zugrunde gelegt, welche keine detaillierten Einzelaufstellungen enthielten, vielmehr in Pauschalpreisen gehalten seien. Es sei nicht einmal die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der durchgeführten Arbeiten überprüft worden, geschweige denn der notwendige zeitliche Ablauf, dies insbesondere was die Abschrankungsmaßnahmen betreffe, die sich über einen Zeitraum erstreckt hätten, der weit über den Behebungszeitraum hinausginge. Es seien daher Kosten von Behebungsarbeiten betreffend Abschlagen absturzgefährdeter Verputz- und Mauerwerksteile sowie Entglasen zerbrochener Fensterscheiben zu Unrecht den Beschwerdeführern angelastet worden, ebenso zu Unrecht die Kosten einer notwendigen Abschrankung.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien kann die Behörde bei Gefahr im Verzuge auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage anordnen und sofort vollstrecken lassen.
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der von den festgestellten Maßnahmen betroffenen Liegenschaft. Der belangten Behörde kann daher kein Rechtsirrtum vorgeworfen werden, wenn die Beschwerdeführer zur Kostentragung der notstandspolizeilichen Maßnahmen als (Mit-)Eigentümer herangezogen worden sind. § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien ist für notstandspolizeiliche Maßnahmen im Sinne des Abs. 6 dieser Gesetzesstelle nicht heranzuziehen.
Ob die Voraussetzungen des § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien vorgelegen und die von der Behörde dem ausführenden Unternehmen in Auftrag gegebenen Arbeiten demnach notwendig und zweckmäßig waren, kann im Verfahren über die Kosten dieser Maßnahmen nicht mehr überprüft werden.
Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden nämlich die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (siehe hiezu auch § 2 Z. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. Nr. 53/1990).
Unterläßt aber die von einem Akt der Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist rechtlich davon auszugehen, daß ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmebeschwerde Befugten nicht in dessen subjektiv-öffentlichen Rechte rechtswidrig eingegriffen hat. Wurden daher die nach § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien durchgeführten notstandspolizeilichen Maßnahmen nicht vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft, dann kann die Frage ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden, weil insoweit eine Bindung der Behörde an die mangels Bekämpfung geltende Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen besteht, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfaßt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1997, Zl. 96/07/0106).
Die Kostenaufstellung des beauftragten Unternehmens ist hinreichend detailliert, um eine Überprüfung der Höhe derselben auch für die Beschwerdeführer zu ermöglichen. Gegen die Höhe der vorgeschriebenen Kosten wird in der Beschwerde auch nichts vorgebracht.
Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050131.X00Im RIS seit
18.02.2002