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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §73 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des C M O, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den am 5. Februar 2019 gefassten und mit 29. Mai 2019 schriftlich ausgefertigten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-151/088/13378/2018-28, betreffend Aufenthaltskarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das über Säumnisbeschwerde des Revisionswerbers zuständig gewordene Verwaltungsgericht Wien (VwG) das Verfahren hinsichtlich des Antrages des Revisionswerbers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 54 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 55 Abs. 6 erster Satz NAG ein. Weiters sprach das VwG aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Das VwG stellte im Wesentlichen fest, der Revisionswerber habe am 8. Februar 2018 den gegenständlichen Antrag unter Berufung auf seine am 21. Oktober 2017 geschlossene Ehe mit einer slowakischen Staatsangehörigen gestellt. Am 30. August 2018 sei gegen den Revisionswerber eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwachsen, sodass das Verfahren gemäß § 55 Abs. 6 erster Satz NAG einzustellen gewesen sei.
3 Gegen diesen Beschluss wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung aus, dass eine rechtskräftige Aufenthaltsbeendigung nicht vorliege, weil diese "aufgrund Erlangung der Rechtsstellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger ex lege erloschen" sei (Hinweis auf VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn. 14). 8 Dazu ist auszuführen, dass gemäß § 55 Abs. 6 erster Satz NAG ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen ist, wenn eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwächst. Im gegenständlichen Fall wurde eine Aufenthaltsbeendigung erst nach Eheschließung und der Berufung auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht rechtskräftig. Dies unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt von jenem, der dem zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, Ra 2017/21/0151 zugrunde lag. Demnach ist in Rn. 14 des angeführten Beschlusses auch ausgeführt, dass die Erlangung der Rechtsstellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger der "weiteren Existenz" einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe und der Eintritt eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes eine rechtliche Position begründe, mit der eine Rückkehrentscheidung "nicht länger" kompatibel sei und diese "gegebenenfalls ex lege" erlösche. Da im vorliegenden Fall eine Aufenthaltsbeendigung erst während des gegenständlich anhängigen Verfahrens rechtskräftig wurde, lagen die Voraussetzung für die Einstellung gemäß § 55 Abs. 6 erster Satz NAG vor. Angesichts dieser rechtskräftigen Entscheidung kann dahinstehen, ob die getroffene Maßnahme der Rechtslage entsprochen hat (siehe nochmals Ra 2017/21/0151, Rn. 16).
9 Soweit die Revision weiters vorbringt, der EuGH habe mit Urteil vom 27. Juni 2018, Diallo, C-246/17, entschieden, dass dem Antragsteller binnen sechs Monaten bekanntzugeben sei, ob sein Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte positiv oder negativ entschieden werde, wird ebenfalls keine Rechtsfrage dargelegt, der grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gemäß der in der Revision zitierten Rn. 43 des angeführten EuGH-Urteils hat die nationale Behörde "die Entscheidung, die Ausstellung der Aufenthaltskarte zu verweigern innerhalb derselben Sechsmonatsfrist zu erlassen und dem Antragsteller bekannt zu geben". Inwiefern mit dem gegenständlichen Einstellungsbeschluss keine Entscheidung, mit der die Ausstellung der Aufenthaltskarte verweigert wurde, vorliege, legt die Revision nicht dar. Dass die Entscheidung nicht innerhalb von sechs Monaten ab Antragstellung erfolgt ist, steht der Verweigerung der Ausstellung der Aufenthaltskarte nicht entgegen (vgl. Rn. 56 des angeführten Urteiles des EuGH vom 27. Juni 2018, C-246/17).
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. Juli 2019
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220136.L00Im RIS seit
16.09.2019Zuletzt aktualisiert am
16.09.2019