Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §2 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/05/0208Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerden des J, vertreten durch Dr. H und Dr. C, Rechtsanwälte,
1. gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Juni 1997, Zl. RU1-B-9703/00 (protokolliert zu Zl. 97/05/0207), betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe und einer Haft gemäß § 5 VVG, und
2. gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Mai 1997, Zl. RU1-V-97016/00 (protokolliert zu Zl. 97/05/0208), betreffend Baueinstellung und Anordnung der Herstellung des konsensmäßigen Zustandes gemäß § 109 Abs. 4 Nö Bauordnung 1976 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Brand-Laaben), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 25.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Zum Verfahren gemäß § 109 Nö Bauordnung 1976:
Im April 1995 beantragte der Beschwerdeführer die Baubewilligung für ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude. Der agrartechnische Sachverständige (Gutachten vom 17. August 1995) und die Baubehörde kamen bei ihrer Beurteilung dieses Bauvorhabens zu dem Schluß, daß das als landwirtschaftliches Betriebsobjekt eingereichte Projekt hinsichtlich der konstruktiven Ausführung, der Materialien, der Raumanordnung und -größen, der Fensteranordnung und -gestaltung, der Kaminwahl, der Dachform, der Stiegenhausanordnung, der Senkgrube für Abwässer der WC-Anlage, usw. einem Wohnhaus und nicht einem Schafstall ähnlich wäre. Auch das in der Folge im März 1996 vorgelegte Vorhaben des Beschwerdeführers wurde vom agrartechnischen Sachverständigen als zu groß und zu aufwendig geplant beurteilt.
In der Folge reichte der Beschwerdeführer Planunterlagen (vom August 1996) ein, die den Ausführungen des agrartechnischen Sachverständigen entsprachen. Nach Durchführung einer Bauverhandlung erteilte der Bürgermeister der im vorliegenden Beschwerdeverfahren mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 25. Oktober 1996 die letztlich beantragte baubehördliche Bewilligung für den Neubau eines landwirtschaftlichen Gebäudes sowie die Errichtung einer Düngerstätte und eines Abstellplatzes.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. November 1996 wurde in Spruchpunkt 1. die Fortsetzung der Arbeiten an dem mit Bescheid vom 25. Oktober 1996 bewilligten Vorhaben untersagt. In Spruchpunkt 2. wurde die Herstellung des konsensmäßigen Zustandes entsprechend der Baubewilligung vom 25. Oktober 1996 angeordnet. In Spruchpunkt 2. sind die Abweichungen, die nach der Begründung des Bescheides im Rahmen eines Lokalaugenscheines am 21. November 1996 festgestellt worden seien (über diesen Lokalaugenschein findet sich kein Protokoll im vorgelegten Verwaltungsakt) und wodurch die bebaute Fläche um ca. 95 m2 gegenüber der bewilligten Fläche vergrößert worden sei, wie folgt angeführt:
"a) Die Außenmauer an der Ostseite wurde um 6,50 m in nördlicher Richtung zum Servitutsweg hin verlängert.
b) Im Anschluß daran wurde eine Außenmauer mit einer Länge von 14,10 m in westlicher Richtung hin parallel zum Servitutsweg verlaufend errichtet.
c) An diese anschließend wurde eine Außenmauer mit einer Länge von 1,15 m an der Westseite in südlicher Richtung hin errichtet.
d) Die Außenmauer an der Südseite wurde um 0,5 m in westliche Richtung hin verlängert;
e) Daran anschließend wurde eine Außenmauer mit einer Länge von 7,00 m in nördlicher Richtung errichtet.
f) Weiters haben Sie eine nichtbewilligte, 5,60 m lange Zwischenwand aufgestellt, die in der Baubewilligung nicht enthalten ist."
In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, daß nach dem Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 12. Juni1996 für die mit dem Beschwerdeführer erhobenen betrieblichen Verhältnisse und die vorhandene Maschinen- und Gebäudeausstattung ein Gebäude im Ausmaß von 14,05 m x 13,60 m ausreichend sei, was eine Gesamtfläche von 191 m2 ergebe. Es stehe somit fest, daß die konsenslose Vergrößerung der bebauten Fläche nicht nachträglich bewilligungsfähig und der Abbruch aufzutragen gewesen sei.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde insbesondere das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 12. Juni 1996 gerügt, das nach Auffassung des Beschwerdeführers den tatsächlichen Anforderungen nicht entspreche. Ua. machte der Beschwerdeführer geltend, daß die geplante Pferdezucht bei der "behördlichen Reduktion" der ursprünglich geplanten Gebäudeabmessungen nicht mitberücksichtigt worden sei. Weiters besitze der Beschwerdeführer einen Ladewagen mit Kranaufbau mit einer Breite von 2,7 m und einer Höhe von 3,75 m bzw. beladen mit einer Höhe von mindestens 4 m. Um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu ermöglichen, sei es jedenfalls unerläßlich, dieses Gerät auch innerhalb des Gebäudes verwenden zu können und es sei somit auch die Gebäudeabmessung entsprechend festzusetzen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Dezember 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer nicht einmal selbst bestreite, von der rechtskräftigen Baubewilligung vom 25. Oktober 1996 abgewichen zu sein. Auch wenn er die von ihm durchgeführten Änderungen "herabspielt" und als geringwertig einschätze bzw. darzustellen versuche, bringe er trotzdem damit zum Ausdruck, daß die verfügte Baueinstellung offensichtlich doch zutreffend erfolgt sei, was im übrigen auch dem im vorgelegten Gemeindeakt bzw. bekämpften Bescheid durchaus nachvollziehbar festgestellten Sachverhalt entspreche. Aufgrund der Aktenlage ergebe sich, daß der Beschwerdeführer zwar entgegen seiner ursprünglich dokumentierten Absicht letztlich ein dem Gutachten vom 12. Juni 1996 entsprechendes Bauprojekt zur baubehördlichen Bewilligung eingereicht habe. Aus verschiedenen Stellungnahmen des beigezogenen agrartechnischen Sachverständigen im Rahmen des Projektgenehmigungsverfahrens ergebe sich eindeutig, daß, ausgehend von der damals vorliegenden bzw. vom Beschwerdeführer als beabsichtigt angegebenen betrieblichen Situation, nur ein Vorhaben im letztlich bewilligten Umfang zulässig sei. Durch die erfolgte Abänderung der Planunterlagen hätte der Bauwerber selbst die Voraussetzungen für die Konsensfähigkeit seines Bauvorhabens erfüllt. Seine ursprünglichen Pläne aus dem Jahre 1995 seien mangels Erforderlichkeit im Sinne des § 19 Abs. 4
Nö Raumordnungsgesetz 1976 einer Baubewilligung nicht zugänglich gewesen. Auf die in der Berufung gegen den baupolizeilichen Auftrag vom 21. November 1996 angeführte "geplante Pferdezucht" habe im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens schon deshalb nicht eingegangen werden können, weil der Beschwerdeführer bis dahin lediglich einmal - in seinem Schreiben vom 13. Dezember 1995 - in völlig abstrakter Weise angegeben habe, "es sollte möglich sein, dieses Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt zur Pferde- und Rinderzucht zu verwenden". Konkrete Vorstellungen über die Realisierung diesbezüglicher Pläne habe der Beschwerdeführer jedoch nicht geäußert. Das seinerzeit der Baubewilligung zugrunde gelegte agrartechnische Gutachten, dem der Beschwerdeführer im damaligen Verfahren nicht entgegengetreten sei, hätte auf eine Pferde- und Rinderzucht ebenfalls nicht Bedacht zu nehmen gehabt. Die nun im baupolizeilichen Auftragsverfahren ins Treffen geführten, nicht näher erläuterten bzw. keineswegs ausreichend fundierten Absichten hätten die Feststellung der mangelnden nachträglichen Konsensfähigkeit für die getätigten Abweichungen nicht zu entkräften vermocht.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem durch § 109 Nö Bauordnung 1976 gewährleisteten Recht verletzt, nach dem die Baubehörde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes nur zu verfügen habe, wenn eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt werden könne.
Die belangte Behörde hat zu diesem Beschwerdeverfahren Zl. 97/05/0208 die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
2. Zum Verfahren betreffend § 5 VVG:
Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Brand-Laaben vom 25. November 1996 teilte dieser der Bezirkshauptmannschaft mit, daß der Beschwerdeführer trotz der verfügten Baueinstellung (siehe Pkt. I.1.) seine Bautätigkeiten offenbar nicht einstelle und bereits Vorkehrungen getroffen habe, die auf eine baldige Fortsetzung der Arbeiten, nämlich auf die Errichtung der Decke auf dem Untergeschoß, schließen ließen. Der Beschwerdeführer habe den Bescheid vom 21. November 1996 am 22. November 1996 eigenhändig zugestellt erhalten. Am 22. November 1996 sei der Gemeinde ein Schreiben des Beschwerdeführers übermittelt worden, in dem er bekanntgegeben habe, daß er das Vorhaben abgeändert ausführen wolle. Auf dieses Schreiben werde die Baubehörde im Rahmen der Nö Bauordnung 1976 eingehen. Abschließend ersuchte der Bürgermeister in diesem Schreiben um die Durchsetzung der verfügten Baueinstellung. Diesem Schreiben des Bürgermeisters war ein Einreichplan angeschlossen, in dem die Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben rot eingezeichnet sind.
Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft vom 28. November 1996 wurde unter Verweis auf den Bescheid vom 21. November 1996, mit dem in Spruchpunkt I. mit sofortiger Wirkung angeordnet worden sei, die Arbeiten an dem mit Bescheid vom 25. Oktober 1996 bewilligten landwirtschaftlichen Gebäude einzustellen, im Falle der Nichterfüllung dieser Verpflichtung in einer Frist von zwei Tagen nach Zustellung dieses Schreibens die Verhängung von Zwangsstrafen, nämlich einer Geldstrafe in Höhe von S 8.000,-- und einer Haft von einer Woche, gemäß § 5 VVG angedroht. Dieses Schreiben betreffend die Androhung der Zwangsstrafen wurde dem Beschwerdeführer am 3. Dezember 1996 zugestellt.
Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 5. Dezember 1996 teilte die Gemeinde der Bezirkshauptmannschaft mit, daß der Beschwerdeführer die Bauführung bisher nicht eingestellt habe. Der Beschwerdeführer habe mittlerweile über einem Teil des Kellergeschosses eine Decke errichtet. Dies sei am 27. November 1996 bei einem Lokalaugenschein vom Bürgermeister festgestellt und auch durch Fotografien bildlich festgehalten worden. Der errichtete Teil der Decke erstrecke sich naturgemäß auch über den nichtbewilligten Teil des Bauwerkes, da dieses sowohl in der Länge als auch in der Breite konsenslos vergrößert worden sei.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Dezember 1996 wurden gegenüber dem Beschwerdeführer die bereits angedrohten Zwangsstrafen verhängt. Trotz des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft vom 28. November 1996, mit dem eine Zwangsstrafe angedroht worden sei, sei der Beschwerdeführer der Aufforderung, die Arbeiten an dem bewilligten landwirtschaftlichen Gebäude (Schafstall, Heu- und Strohlager) einzustellen, nach Mitteilung des Bürgermeisters der betroffenen Gemeinde bis zum Tage der Entscheidung nicht nachgekommen.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und begründete diese damit, daß keine weiteren Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Die Baufirma habe lediglich die bestellten Deckenelemente gemäß dem Lieferschein vom 26. November 1996 geliefert und an der Baustelle abgelegt.
Diese Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem erstangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und nach Anführung des § 5 Abs. 1 VVG im wesentlichen damit begründet, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, es seien lediglich die bestellten Deckenelemente geliefert und an der Baustelle abgelegt worden, durch die dem Akt angeschlossenen Fotos widerlegt würden, die eindeutig nicht bloß gelagerte Deckenelemente zeigten, sondern bewiesen, daß diese Deckenelemente auch bereits ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt worden seien. Daß dies aber im Rahmen weiterer Bauarbeiten geschehen sein müsse, sei wohl nicht zu bezweifeln und entspreche auch den weiteren Informationen durch die Gemeinde. Da sich das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht zutreffend erwiesen habe, er dem ursprünglich angedrohtem Zwangsmittel zuwider gehandelt habe bzw. die Bautätigkeit auch nach Ablauf der von der Vollstreckungsbehörde gesetzten Frist nicht eingestellt habe, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des VVG, insbesondere dessen § 5, verletzt.
Die belangte Behörde hat auch zu diesem Beschwerdeverfahren Zl. 97/05/0207 die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Zum Verfahren gemäß § 109 Abs. 4 Nö Bauordnung 1976:
Gemäß § 109 Abs. 4 Nö Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, hat die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten zu untersagen und die Herstellung des konsensmäßigen Zustandes zu verfügen, wenn Abweichungen, die einer Bewilligung bedürfen, nachträglich nicht bewilligt werden können.
Der Beschwerdeführer rügt in der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid zunächst, daß die belangte Behörde - wie die Behörde erster Instanz - die Untersagung der Fortsetzung der Arbeiten nicht im Hinblick darauf differenziert habe, ob diese fortgesetzten Arbeiten im Rahmen des Konsenses stattfinden oder jene Anlagenteile beträfen, die nicht von der ursprünglichen Baubewilligung in dieser Form erfaßt seien. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, daß ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/05/0034). Abgesehen davon handelt es sich bei den vorliegenden Abweichungen vom bewilligten Vorhaben jedenfalls nicht um trennbare Teile des Bauvorhabens.
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, sein Antrag um nachträgliche Baugenehmigung vom 21. November 1996 sei dahingehend zu überprüfen, ob die vergrößert ausgeführten Bauteile, um deren nachträgliche Genehmigung eingekommen worden sei, überhaupt konsensfähig seien. Es sei im konkreten Fall also in erster Linie zu überprüfen, ob auf den vergrößerten Bauteil das Kriterium der Erforderlichkeit nach § 19 Abs. 4 Nö Raumordnungsgesetz zutreffe. Diese Erforderlichkeitsprüfung sei auf der Grundlage des bei der Behörde zweiter Instanz gemachten Vorbringens durchzuführen. Da das von der Baubehörde erster und zweiter Instanz herangezogene Gutachten des Nö Gebietsbauamtes III vom 12. Juni 1996 gerade auf die beabsichtigte Pferde- und Rinderzucht nicht eingehe, diesbezüglich aber nachträglich noch ein Vorbringen erstattet worden sei, wäre es daher die Verpflichtung der Gemeinde gewesen, hier ein ergänzendes Sachverständigengutachten einzuholen. Obwohl dies unterlassen worden sei, habe die Baubehörde zweiter Instanz die Auffassung vertreten, die Konsensfähigkeit sei für die Abweichungen jedenfalls nicht gegeben. Bei Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens wären die Behörden zu einem anderen Ergebnis gekommen. Es werde ein Gutachten der Nö Landwirtschaftskammer vom 20. März 1997 vorgelegt, aus dem hervorgehe, daß das Gutachten vom 12. Juni 1996 unrichtig sei. Ein ergänzendes Gutachten hätte zu Tage gebracht, daß der vorhandene Maschinenpark unrichtig beurteilt worden sei, da der Beschwerdeführer mittlerweile in der Lage gewesen sei, darauf hinzuweisen, daß der seinerzeit schon vorhandene Heukranwagen der zum Beschicken des Heulagers unerläßlich sei, gar nicht in das (dann bewilligte) Gebäude eingefahren werden könne.
Zunächst ist festzustellen, daß das Schreiben des Beschwerdeführers vom 21. November 1996 - wie dies die Behörde erster Instanz gegenüber dem Beschwerdeführer zutreffend festgestellt hat - keinen Antrag auf nachträgliche Baugenehmigung darstellt.
Im übrigen ist der Beschwerdeführer mit dem eben wiedergegebenen Vorbringen im Ergebnis im Recht. Die belangte Behörde hat kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, in dem die Frage der Bewilligungsfähigkeit des von der Baubewilligung vom 25. Oktober 1996 abweichenden Bauvorhabens im Sinne des § 109 Abs. 4 Nö Bauordnung 1976 geprüft worden wäre. Ein Abstellen auf die rechtskräftig erteilte Baubewilligung und auf die dieser Bewilligung im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte landwirtschaftliche Tätigkeit (siehe insbesondere das Gutachten vom 12. Juni 1996) zugrundeliegenden Ermittlungsergebnisse war im Verfahren gemäß §109
Abs. 4 Nö Bauordnung 1976 nicht zulässig, weil Gegenstand dieses Bauverfahrens gerade nicht das Bauvorhaben in der abweichenden Form war. Im Rahmen der Ermittlungen der Baubehörde zur Klärung der Frage, ob das Bauvorhaben in der geänderten Form nachträglich bewilligungsfähig ist, hat die Behörde zu prüfen, ob das Bauvorhaben in der geänderten Form im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 i. V.m. Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 für die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Ausübung der Land- und Forstwirtschaft erforderlich ist. Sofern der Beschwerdeführer in Bezug auf seine landwirtschaftliche Tätigkeit geänderte Absichten verfolgt, wird er zur Vorlage eines entsprechenden Betriebskonzeptes aufzufordern sein. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß die Tätigkeit einer Rinder- und Pferdezucht nur dann von Bedeutung ist, wenn diese Tätigkeit nach Errichtung des geänderten Bauvorhabens beabsichtigt wäre. Es ist somit der für das vorliegende Verfahren gemäß § 109 Abs. 4 AVG maßgebende Sachverhalt im Sinne des § 37 AVG nicht ermittelt worden. Da die belangte Behörde diese Verletzung einer Verfahrensvorschrift nicht aufgegriffen hat, war der zweitangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
2. Zum Verfahren gemäß § 5 Abs. 1 VVG:
Diesem Vollstreckungsbescheid wird, wenn die belangte Behörde in Anwendung des § 63 Abs. 1 VwGG den Titelbescheid behebt, die Grundlage entzogen. Er erweist sich aber schon jetzt aus folgenden Gründen als rechtswidrig:
Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung, Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist. Zwangsmittel dürfen gemäß § 5 Abs. 3 VVG in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von S 10.000,--, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß § 5 VVG die Behörde nur dazu ermächtige, Verpflichtungen durch Geldstrafen oder durch Haft zu erzwingen. Eine kumulative Verhängung, wie sie im vorliegenden Fall erfolgt sei, erscheine durch das Gesetz nicht gedeckt.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. § 5 Abs. 1 VVG sieht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen als Vollstreckungsmaßnahme vor, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Zur Auslegung des in diesem Zusammenhang verwendeten Wortes "oder" ist vor allem im systematischen Zusammenhang § 5 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 VVG heranzuziehen. So spricht § 5 Abs. 2 VVG davon, daß das angedrohte Zwangsmittel beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen ist. Gleichzeitig ist gemäß § 5 Abs. 2 VVG für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. § 2 Abs. 1 VVG ordnet überdies an, daß bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten haben, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist. Aus diesen Anordnungen ergibt sich, daß als Zwangsstrafe gemäß § 5 Abs. 1 VVG immer nur eine Zwangsstrafe verhängt werden darf, die jeweils dem Gebot des § 2 Abs. 1 VVG entsprechen muß. Der erstangefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Verhängung der Zwangsstrafe nur bei Zuwiderhandeln gegen die auferlegte Verpflichtung in der im Schreiben betreffend die Androhung der Zwangsstrafe (das am 3. Dezember 1996 dem Beschwerdeführer zugestellt wurde) auferlegten zweitägigen Frist zulässig ist. Nach dem angefochtenen Bescheid habe der Bürgermeister der Vollstreckungsbehörde am 5. Dezember 1996, also noch innerhalb der Erfüllungsfrist, mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer die Bauführung bisher nicht eingestellt habe. Wenn man - was die Berufungsbehörde konzediere - lediglich das Aufsetzen von Deckenelementen auf die Mauern als auslösenden Verstoß für die Haftverhängung annehme, so habe der Beschwerdeführer im Verfahren bewiesen, daß bereits am 29. November 1996, also am Tag nach Erlassung der Androhung der Zwangsstrafe und lange vor deren Zustellung, der inkriminierte Zustand bereits hergestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe somit gegen das Gebot der Unterlassung der Fortsetzung der Arbeiten nicht verstoßen.
Es erweist sich auch als Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides, daß die Zwangsstrafen ausgesprochen wurden, ohne daß ermittelt worden wäre, ob der Beschwerdeführer innerhalb der bei Androhung der Zwangsstrafe gesetzten zweitägigen Erfüllungsfrist der ihm obliegenden Verpflichtung entsprochen hat oder nicht. Aus dem von der belangten Behörde angeführten Schreiben der Gemeinde vom 5. Dezember 1996 geht hervor, daß der Bürgermeister bei einem Lokalaugenschein am 27. November 1996 festgestellt hat, daß mittlerweile über einen Teil des Kellergeschosses eine Decke errichtet worden sei, was auch aufgrund von Fotos, die am 29. November 1996 erstellt worden seien, dokumentiert sei. Daraus ergibt sich aber, daß die Nichterfüllung der Verpflichtung, die näher bezeichneten Bauarbeiten einzustellen, nach Zustellung des Schreibens betreffend die Androhung der Zwangsstrafe vom 28.November 1996 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 3. Dezember 1996) innerhalb der statuierten zweitägigen Erfüllungsfrist (also am 4. und 5. Dezember 1996) nicht ermittelt wurde.
Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer allerdings, wenn er meint, daß es sich bei dem Auflegen von gelieferten Deckenelementen mittels LKW-Kran auf das entsprechende Niveau nicht um Arbeiten betreffend das Bauvorhaben im Sinne des § 109 Nö Bauordnung 1976 handle.
Der erstangefochtene Bescheid war daher gleichfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Hinblick auf beide Beschwerdeverfahren gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050207.X00Im RIS seit
03.04.2001