Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §62 Abs4Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/02/0135Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision von
1. Dipl. Ing. J P und 2. Dipl. Ing. A P, beide in G und beide vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 29/I, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 9. Mai 2019, Zl. LVwG 30.12-963/2019-7, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde iA Übertretung der BauV (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss
Spruch
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Im Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 21. Februar 2019 heißt es unter anderem:
5 "Herr Dipl-Ing. J. P. (Erstrevisionswerber), geb. am 28.04.1958 (Geburtsdatum des Zweitrevisionswerbers Dipl. Ing. A. P., Bruder des Erstrevisionswerbers gleichen Familiennamens), hat ... als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. Bau Gesellschaft m.b.H. (eine Übertretung der BauV) zu verantworten...", weshalb über ihn eine Geldstrafe verhängt wurde. 6 In der Begründung dieses Straferkenntnisses ist die schriftliche Rechtfertigung, die von Dipl. Ing. A. P. namentlich gezeichnet wurde, wörtlich wiedergegeben, ansonsten ist vom Beschuldigten die Rede. Die Zustellverfügung nennt neben der P. Bau Gesellschaft m.b.H das zuständige Arbeitsinspektorat sowie Dipl. Ing. A. P. samt Geburtsdatum wie im Spruch.
7 Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Erstrevisionswerber (Dipl. Ing. J. P.) Beschwerde, die das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss mangels Parteistellung zurückgewiesen hat. 8 Nach der wesentlichen Begründung habe der Erstrevisionswerber Dipl. Ing. J. P. im Verfahren gegen seinen Bruder Dipl. Ing. A. P. (Zweitrevisionswerber) keine Parteistellung erlangt. Die Aufforderung zur Rechtfertigung sei Dipl. Ing. A. P. zugegangen, der sich daraufhin - dem Akt folgend -
schriftlich namentlich rechtfertigte. Sein Geburtsdatum sei im Spruch angeführt und die Zustellverfügung samt Geburtsdatum laute auf seinen Namen. Auch aus dem Inhalt des Straferkenntnisses ergebe sich als Partei Dipl. Ing. A. P. Es sei ein Flüchtigkeitsfehler, dass Dipl. Ing. J. P. in der ersten Zeile des Spruchs angeführt worden sei.
9 Soweit die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision für ihren Rechtsstandpunkt VwGH 9.8.2017, Ra 2017/09/0028, ins Treffen führen, kann nicht vom selben Sachverhalt ausgegangen werden, weil dort im Spruch unter Anführung von Vor- und Zunamen sowie Geburtsdatum eine andere Person als der Revisionswerber genannt wurde, während im vorliegenden Fall lediglich der Vorname anders lautete. 10 Auch VwGH 5.11.1997, 95/21/0348, ist mit dem Revisionsfall nicht vergleichbar, weil der dortige Beschwerdeführer zunächst unter falschem Namen und falschem Geburtsdatum auftrat. 11 Allerdings spricht die dort wiedergegebene Judikatur zur Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG, wonach es für die Offenkundigkeit einer Unrichtigkeit ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit erkennen können und diese von der Behörde hätte vermieden werden können, für den vom Verwaltungsgericht eingenommenen Standpunkt. 12 Von einer Berichtigung der Parteibezeichnung kann immer dann gesprochen werden, wenn nur die Bezeichnung des als bisherige Verfahrenspartei aufgetretenen Rechtssubjekts geändert wird, ohne dass dadurch ein anderes Rechtssubjekt an seine Stelle treten soll. Wenn das als bisherige Verfahrenspartei aufgetretene Rechtssubjekt keinen Zweifel haben kann, dass sich der Behördenwille auf dieses Rechtssubjekt als (unrichtig bezeichneten) Empfänger des Verwaltungsaktes bezieht, erlangt der Bescheid mit Erlassung gegenüber diesem Rechtssubjekt seine
rechtliche Existenz. Ein in einem Bescheid unrichtig
angegebener Vorname ist, sofern der Adressat zweifelsfrei feststeht, einer Berichtigung (im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG) jederzeit zugänglich, zumal ein unrichtig angegebener Vorname des zweifelsfrei feststehenden Bescheidadressaten so zu interpretieren ist, als ob er bereits berichtigt wäre (vgl. VwGH 22.2.2012, 2011/16/0216, mwN).
13 Der Zweitrevisionswerber konnte nach dem mit ihm geführten Rechtfertigungsverfahren, der Anführung seines Familiennamens und seines Geburtsdatums im Spruch und seines Namens in der Begründung des Straferkenntnisses vom 21. Februar 2019 sowie dessen Zustellung an ihn, keinen Zweifel haben, dass sich der Behördenwille auf ihn als (im Spruch nur mit falschem Vornamen bezeichneten) Empfänger des Verwaltungsaktes bezog. Er war daher Partei des Verfahrens und als solche beschwerdelegitimiert. 14 Der Zweitrevisionswerber hat nach der Aktenlage keine Beschwerde erhoben, gegen ihn hat sich der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes auch nicht gerichtet. Die Revision war daher diesbezüglich schon aus diesem Grund zurückzuweisen. 15 Der Erstrevisionswerber hat gar nicht behauptet, das Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 21. Februar 2019 zugestellt erhalten zu haben. Ihm gegenüber wurde es daher nicht erlassen, weshalb - abgesehen von seiner sich schon aus den obigen Ausführungen ergebenden mangelnden Parteistellung - die Revision auch diesbezüglich zurückzuweisen war.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Verwaltungsgericht von einem Mangel der Parteistellung des Erstrevisionswerbers ausging.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020134.L00Im RIS seit
06.09.2019Zuletzt aktualisiert am
06.09.2019