Entscheidungsdatum
13.06.2019Norm
EisbG §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (Verkehrs-Arbeitsinspektorat) gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 28. Dezember 2018, Zl. ***, betreffend Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (mitbeteiligte Partei: A AG), durch Verkündung nach Schluss der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2019 zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird auf Grund der Beschwerde der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt und wesentlicher Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde fest, dass die Eisenbahnkreuzung in km *** der ***-Strecke *** – *** mit der *** gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV durch Bewachung mittels Armzeichen eines Bewachungsorgans, das sich rechts der Bahn auf der Seite „***“ aufzustellen habe, und unter Zuhilfenahme einer örtlich bedienten Schrankenanlage mit Halbschranken als Hilfseinrichtung zu sichern sei.
In der Begründung dieses Bescheides stützte sich die belangte Behörde auf Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen für Eisenbahntechnik und –betrieb, das dieser im Zuge eines Ortsaugenscheins an der Eisenbahnkreuzung am 6. September 2018 erstattet hatte. Im Befund ging dieser davon aus, dass die Eisenbahnkreuzung zum damaligen Zeitpunkt auf Grund eines Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. November 2009 gemäß § 10 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 (EKVO 1961) durch Bewachung zu sichern war, wobei die vorhandene ortsbediente Halbschrankenanlage als Hilfseinrichtung heranzuziehen war. Weiters hielt der Sachverständige fest, dass die Fahrzeugfrequenz auf der *** 4.800 Fahrten/Tag und deren asphaltierte Breite 7 m betrage. Auf der (eingleisigen) Bahnstrecke würden zwei Fahrten/Tag durchgeführt. Die örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Bahn betrage 40 km/h. Trotz einer ins Auge gefassten dauerhaften Einstellung des Eisenbahnverkehrs sei die Kreuzung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV durch Armzeichen eines Bewachungsorgans zu sichern, wobei als Hilfsmittel beidseits der Bahn auf den jeweils zuführenden Fahrstreifen eine örtlich bediente Schrankenanlage mit Halbschranken zu verwenden sei.
Die in der Verhandlung anwesenden Vertreter der mitbeteiligten Partei äußerten sich dazu nicht. Die beschwerdeführende Bundesministerin war in der Verhandlung nicht anwesend, gab jedoch am 14. November 2018 schriftlich eine Stellungnahme zum Verhandlungsergebnis ab. Darin vertrat sie die Auffassung, dass eine Bewachung mit einem Schranken als Hilfseinrichtung nicht mehr zulässig sei, da der Schranken einen Bestandteil der Sicherung gemäß § 10 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) darstelle und damit keine Hilfseinrichtung sein könne. Da die Armzeichen gemäß § 37 StVO 1960 zu geben seien, könne die ortsbediente Einrichtung nicht von jenem Bewachungsorgan betätigt werden, das den Straßenverkehr mit den Armzeichen anhalte. Es seien daher mindestens zwei Bewachungsorgane erforderlich.
Die belangte Behörde ging auf Grund des Gutachtens vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 EisbKrV für eine Sicherung durch Bewachung aus; die Ansicht, dass Schranken nicht als Hilfseinrichtung verwendet werden dürften, teilte sie nicht.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die beschwerdeführende Bundesministerin, gestützt auf § 10 Abs. 1 lit. c EisbKrV und den dazu ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. November 2017, ***, wiederum die Auffassung vertritt, Schranken seien Sicherungseinrichtungen und daher keine Hilfseinrichtungen iSd § 83 Abs. 3 EisbKrV. Außerdem könne dem Verordnungsgeber nicht zugesonnen werden, dass er mit einer Sicherung durch Bewachung mit Armzeichen unter Zuhilfenahme eines Schrankens letztlich eine Sicherungsart zulasse, die sich von der Sicherung durch Lichtzeichen mit Schranken gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 EisbKrV nur dadurch unterscheide, dass an die Stelle der Lichtzeichen die Armzeichen des Bewachungsorgans treten. Die Bundesministerin beantragt daher eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und die Festlegung einer neuen (anderen) Sicherungsart.
3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 13. Mai 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Vertreter der beschwerdeführenden Bundesministerin sowie der mitbeteiligten Partei anwesend waren. Die belangte Behörde hat hingegen an dieser Verhandlung (wie schon zuvor von ihr angekündigt) nicht teilgenommen.
Nach Schluss der Verhandlung wurde das vorliegende Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet.
4. Am 14. Mai 2019 beantragte die belangte Behörde eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses. Dieser Antrag wurde am 17. Mai 2019 den übrigen Parteien übermittelt.
5. Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt bzw. aus dem Gerichtsakt und ist insoweit unbestritten.
II. Rechtsvorschriften
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, lauten:
„[…]
Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
2. Gemäß § 68 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV), BGBl. II 216/2012, lauten:
„[…]
Sicherung und Bewachung
§ 39. (1) Eine Eisenbahnkreuzung kann durch Bewachung gesichert werden, wenn
1. über die Eisenbahnkreuzung im Regelfall innerhalb von 24 Stunden nicht mehr als 20 Zug- und Nebenfahrten stattfinden;
2. über die Eisenbahnkreuzung Verschub erfolgt.
(2) Die Bewachung kann durch Bewachungsorgane, Bewachungsorgane mit Hilfseinrichtungen oder durch Bewachungsorgane mit Lichtzeichen erfolgen.
(3) Die vom Bewachungsorgan gegebenen Armzeichen oder die vom Bewachungsorgan durch Armzeichen und unter Zuhilfenahme von Hilfseinrichtungen gegebenen Zeichen müssen für die Straßenbenützer leicht und rechtzeitig erkennbar sein. Diese sind dann leicht und rechtzeitig erkennbar, wenn sie von den Straßenbenützern bei gehöriger Aufmerksamkeit aus einer solchen Entfernung wahrgenommen werden können, die den Straßenbenützern ein rechtzeitiges Anhalten vor der Eisenbahnkreuzung ermöglicht.
(4) Die erforderliche Anzahl der Bewachungsorgane richtet sich nach den Anforderungen für eine leichte und rechtzeitige Erkennbarkeit der vom Bewachungsorgan gegebenen Armzeichen oder der vom Bewachungsorgan unter Zuhilfenahme von Hilfseinrichtungen gegebenen Armzeichen und sonstigen Zeichen für die Straßenbenützer. Wird eine Eisenbahnkreuzung durch Bewachungsorgane mit Lichtzeichen gesichert, genügt ein Bewachungsorgan.
(5) Die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung durch Bewachung ist unabhängig von den Anforderungen des Abs. 1 als Maßnahme im Störungsfall gemäß § 95 zulässig.
[…]
11. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Übergangsbestimmungen
§ 102. (1) Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 errichtet und in Betrieb genommen wurden, sind innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden beziehungsweise darüber zu entscheiden, ob die bestehende Art der Sicherung nach Maßgabe des Abs. 3 bis 5 beibehalten werden kann.
[…]
§ 103. (1) Eisenbahnkreuzungen, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 in Verbindung mit den Bestimmungen des § 4 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes oder des § 6 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gesichert sind, sind innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden.
[…]
§ 104. Bei Eisenbahnkreuzungen, bei denen bisher keine Andreaskreuze anzubringen waren, sind Andreaskreuze, die dieser Verordnung entsprechen, innerhalb von drei Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung anzubringen.
[…]
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
§ 106. (1) Diese Verordnung tritt an dem der Kundmachung dieser Verordnung folgenden dritten Monatsersten in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 21. Dezember 1960 über die Sicherung und Benützung schienengleicher Eisenbahnübergänge (Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961), BGBl. Nr. 2/1961, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 123/1988, außer Kraft.“
4. § 10 der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 (EKVO), BGBl. 2/1961, lautete:
„§ 10. Bewachung.
(1) Eine Sicherung durch Bewachung ist, abgesehen von den Bestimmungen der §§ 14 und 15, zulässig wenn
a) Eisenbahnkreuzungen nur selten durch Schienenfahrzeuge befahren werden;
b) über Eisenbahnkreuzungen Verschubbewegungen stattfinden.
(2) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf die Verkehrsverhältnisse zu bestimmen, ob der Straßenverkehr durch Armzeichen, durch Lichtzeichen oder durch Hilfseinrichtungen zu regeln ist.
(3) Bei der Regelung durch Armzeichen muß das Bewachungsorgan so ausgerüstet sein und sich so aufstellen, daß es von den Straßenbenützern bei gehöriger Aufmerksamkeit leicht gesehen werden kann. Die Armzeichen sind im Sinne des § 37 der Straßenverkehrsordnung 1960 zu geben.
(4) Die Einrichtungen zur Abgabe von Lichtzeichen sind deutlich erkennbar anzubringen. Als Anhaltegebot haben sie gelbes nicht blinkendes Licht und anschließend rotes nicht blinkendes Licht zu zeigen; das rote Licht ist oben anzuordnen.
(5) Als Hilfseinrichtungen können Signalscheiben oder sonstige in ihrer Bedeutung leicht verständliche Hilfsmittel verwendet werden.
(6) Eine Anzeige der Eisenbahnkreuzung durch Andreaskreuze ist nur anzuordnen, wenn die Eisenbahnkreuzung durch Straßenverkehrszeichen (§ 50 Z 6b und 6c der Straßenverkehrsordnung 1960) angekündigt wird, wenn die Gleisanlage schlecht erkennbar ist oder wenn es die örtlichen Verhältnisse sonst erfordern.“
III. Rechtliche Beurteilung
1. Der 11. Abschnitt der EisbKrV (§§ 102 ff) enthält seiner Überschrift nach „Schlussbestimmungen“. Als solche ordnet § 106 Abs. 2 leg.cit. insbesondere das Außerkrafttreten der EKVO 1961 gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der EisbKrV an.
Wie aber schon die davor in den §§ 102 bis 104 EisbKrV getroffenen Übergangsbestimmungen zeigen, führt dies nicht dazu, dass mit diesem Zeitpunkt (das ist infolge der am 26.06.2012 erfolgten Kundmachung der EisbKrV der 01.09.2012) auf Grund der EKVO 1961 getroffene Sicherungsentscheidungen wirkungslos würden. Vielmehr hat der Verordnungsgeber in § 102 Abs. 1 und § 103 Abs. 1 EisbKrV jeweils die Überprüfung bestimmter auf Grundlage eines Bescheides nach § 2 Abs. 3 EKVO 1961 bestehender Sicherungen innerhalb einer Frist von zwölf Jahren angeordnet und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass diese Bescheide bis zum Ergehen einer Entscheidung über die Art der Sicherung gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 4 EisbKrV ihre Geltung behalten.
Für bestehende Schrankenanlagen gemäß § 8 EKVO 1961 und bestehende Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 EKVO 1961 räumt § 102 Abs. 3 EisbKrV unter den dort genannten Voraussetzungen zusätzlich einen Rechtsanspruch des Eisenbahnunternehmens auf Beibehaltung dieser Anlagen für einen bestimmten Zeitraum ein (vgl. dazu VwGH 05.09.2018, Ro 2018/03/0017). Demgegenüber enthält § 103 für die Sicherung durch Andreaskreuze und Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes gemäß § 4 EKVO 1961 bzw. durch Andreaskreuze und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gemäß § 6 EKVO 1961 keinen vergleichbaren Bestandschutz. Bei solchen Kreuzungen ist daher auf Grund des Ergebnisses der Überprüfung erforderlichenfalls die Herstellung einer der EisbKrV entsprechenden Sicherung innerhalb einer angemessenen Leistungsfrist aufzutragen. Vom Erfordernis einer geänderten Art der Sicherung, das dem § 103 EisbKrV zugrunde liegt, wird allerdings regelmäßig nur dann ausgegangen werden können, wenn die bestehende Art der Sicherung den Anforderungen des § 49 Abs. 2 EisbG und den näheren Präzisierungen der EisbKrV nicht mehr entspricht oder eine andere Art der Sicherung gegenüber dem Bestand nach den maßgeblichen Kriterien des § 49 Abs. 2 EisbG und § 5 Abs. 1 EisbKrV relevante Vorteile aufweisen würde (vgl. dazu jüngst VwGH 08.04.2019, Ro 2018/03/0058).
2. Für eine Sicherung durch Bewachung gemäß § 10 EKVO 1961 enthält die EisbKrV keine speziellen Übergangsbestimmungen. Allerdings ordnet § 104 EisbKrV an, dass bei Eisenbahnkreuzungen, bei denen bisher keine Andreaskreuze anzubringen waren, solche innerhalb von drei Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung anzubringen sind. Diese Bestimmung betrifft insbesondere Eisenbahnkreuzungen, bei denen nach der EKVO 1961 eine Sicherung durch Bewachung vorgeschrieben war, weil gemäß § 10 Abs. 6 EKVO 1961 eine Anzeige der Eisenbahnkreuzung durch Andreaskreuze im Fall der Ankündigung durch Straßenverkehrszeichen nur anzuordnen war, wenn die Gleisanlage schlecht erkennbar war oder wenn es die örtlichen Verhältnisse sonst erforderten.
Damit zeigt sich aber, dass das Inkrafttreten der EisbKrV bei einem Bescheid nach § 10 EKVO 1961 nicht etwa zu dessen Gegenstandslosigkeit (wie sie nach dem Rechtskraftkonzept des AVG bei einer wesentlichen Änderung der Rechtslage eintritt, vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts11, 2019, Rz 463, 481 ff) und zum Erfordernis einer neuen Sicherungsentscheidung nach § 5 Abs. 1 iVm § 4 EisbKrV für die betroffene Eisenbahnkreuzung führen sollte. Vielmehr geht der Verordnungsgeber – anders als bei den Sicherungen nach den §§ 4, 6, 8 und 9 EKVO 1961 – bei durch Bewachung gesicherten Kreuzungen offenbar von einer grundsätzlich unbegrenzten Weitergeltung der auf Grundlage des § 10 EKVO 1961 ergangenen Sicherungsentscheidung aus, solange sich die für diese Sicherungsart maßgeblichen Voraussetzungen nicht wesentlich geändert haben.
Für dieses Ergebnis spricht auch die Erwägung, dass es dem Verordnungsgeber im Hinblick auf das aus den Erläuterungen zur EisbKrV klar hervorgehende Ziel der Vermeidung von Unfällen nicht unterstellt werden kann, er habe für die von den §§ 102 f EisbKrV nicht erfassten Sicherungen nach der EKVO 1961 bis zum Ergehen einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 EisbKrV keine verbindliche Sicherung vorschreiben wollen.
3. Dass aber eine wesentliche Änderung des seinerzeit entscheidungs-erheblichen Sachverhaltes vorliegen würde, wird weder in der Beschwerde behauptet noch liegen sonst Anhaltspunkte dafür vor. Insbesondere ergibt sich aus dem Befund des Sachverständigen, dass über die Kreuzung nur zwei Züge pro Tag verkehren, sodass jedenfalls die (gegenüber § 10 Abs. 1 Z 1 EKVO 1961 lediglich konkretisierte) Voraussetzung des § 39 Abs. 1 Z 1 EisbKrV jedenfalls nach wie vor erfüllt ist. Im Hinblick auf die Zugfrequenz und die Art des Zugverkehrs (Nebenfahrten) war im Zeitpunkt der Erlassung des ursprünglichen Bescheides möglicherweise eine größere Dichte gegeben, jedenfalls aber keine geringere.
Somit stand aber einer neuerlichen Entscheidung über die Sicherungsart die (sich insbesondere aus § 68 Abs. 1 AVG ergebende) Rechtskraft des nach wie vor geltenden Bescheides des Landeshauptmannes vom 12. November 2009 entgegen, weshalb der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist.
Im Hinblick darauf erübrigt sich ein näheres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen.
IV. Zulässigkeit der Revision
Die Revision ist zulässig, weil sich die Lösung der Rechtsfrage nicht klar aus dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen der EisbKrV ergibt und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Überleitung von bisher gemäß § 10 EKVO 1961 gesicherten Eisenbahnkreuzungen in das Regime der EisbKrV fehlt. Somit liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.
Schlagworte
Infrastruktur und Technik; Eisenbahnanlage; Eisenbahnkreuzung; Sicherung; Bewachung; Grundlage; Weitergeltung;Anmerkung
VwGH 18.12.2019, Ra 2019/03-0023-4, AufhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.90.001.2019Zuletzt aktualisiert am
04.02.2020