TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/24 98/05/0197

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Veröffentlicht am 24.11.1998
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Index

L67002 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GVG Krnt 1994 §21 Abs1;
GVG Krnt 1994 §21 Abs5 litb;
GVG Krnt 1994 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer, und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Helga Sert in Bruchköbel/Deutschland, vertreten durch Dr. Albert Ritzberger und Dr. Helmut Binder, Rechtsanwälte in Villach, Widmanngasse 43, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. Februar 1996, Zl. Agrar 11-31/3/96, betreffend Versagung der Aufnahme einer Wohnung in den Freizeitwohnsitzkataster nach dem Kärntner Grundverkehrsgesetz 1994 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Millstatt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu einem Fragenkatalog zum Freizeitwohnsitzkataster vom 6. Juli 1995, der namens der Beschwerdeführerin unterfertigt wurde, teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Juli 1995 mit, daß eine Aufnahme der Wohnung Tor Nr. 3 im Wohnhaus Überfuhrgasse 48 in den Freizeitwohnsitzkataster nicht erfolgen könne, weil die Beschwerdeführerin einerseits in der Wohnung laut Auskunft des Meldeamtes zum Hauptwohnsitz gemeldet sei und andererseits für diese Wohnung bis dato keine pauschalierte Kurtaxe entrichtet worden sei. Auf dieses Schreiben entgegnete die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30. Juli 1995, sie hätte es in Unkenntnis der Sachlage versäumt, bereits im vergangenen Herbst ihren Hauptwohnsitz abzumelden und einen Zweitwohnsitz anzumelden. Die Änderung habe sie durchführen lassen und füge als Anlage die Kopien der Meldezettel bei (dem Schreiben sind zwei Meldezettel vom 18. Juli 1995 beigelegt). Es sei der Beschwerdeführerin zur Zeit kaum möglich, ihre Eigentumswohnung in Millstatt zu bewohnen. Die Pflege ihrer fast 90-jährigen Mutter und geschäftliche Verpflichtungen seien der Grund gewesen, weshalb sie sich von September 1994 bis Juni 1995 nicht in Millstatt aufgehalten habe.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde holte daraufhin eine Rechtsauskunft des Amtes der Kärntner Landesregierung ein, die der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 zur Kenntnis gebracht wurde. Dem Begleitschreiben des Bürgermeisters ist zu entnehmen, daß beabsichtigt sei, das Begehren um Aufnahme der genannten Wohnung in den Freizeitwohnsitzkataster abzuweisen.

Mit Schreiben vom 20. November 1995 bestätigte die Beschwerdeführerin den Erhalt des Schreibens des Bürgermeisters und wies darauf hin, daß sie nach wie vor der Meinung sei, daß ihre Wohnung in den Freizeitwohnsitzkataster aufgenommen werden sollte. Die Wohnung sei bereits im vergangenen Jahr ein Freizeitwohnsitz gewesen, weil sei schon damals (aus familiären und geschäftlichen Gründen) nicht in der Lage gewesen sei, diese als festen Wohnsitz zu benützen. Auf Verlangen könne sie jederzeit den Beweis hiefür erbringen.

Mit "Feststellungsbescheid" vom 11. Dezember 1995 lehnte der Bürgermeister der Marktgemeinde Millstatt gemäß § 21 Abs. 6 des Kärntner Grundverkehrsgesetzes 1994 (kurz: KGVG), LGBl. Nr. 104, die Aufnahme einer näher genannten Wohnung der Beschwerdeführerin in den Freizeitwohnsitzkataster der Marktgemeinde Millstatt ab.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde. Gemäß § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, Kärntner LGBl. Nr. 77, wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, daß die Aufnahme eines Baugrundstückes (in den Freizeitwohnsitzkataster) nur dann zulässig sei, wenn das betreffende Objekt zum Zeitpunkt der Kundmachung des KGVG (23. Dezember 1994) oder (bei nachträglich begehrter Aufnahme) zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KGVG (31. Dezember 1994) nachweislich als Freizeitwohnsitz verwendet worden sei, ohne daß eine Widmung als Apartmenthaus oder als sonstiger Freizeitwohnsitz vorliege.

Damit werde deutlich, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Baugrundstückes (oder einer Wohnung) nicht gegeben seien, wenn zu den vorgenannten Zeitpunkten kein Freizeitwohnsitz begründet gewesen sei. Es sei den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Zuge des Vorstellungsverfahren, sie habe diese Wohnung nicht im Sinne des § 5 KGVG als Hauptwohnsitz benutzt, sondern nur zum Aufenthalt während des Wochenendes oder Urlaubes, entgegenzuhalten, daß sie im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens ausdrücklich erklärt habe, sich von September 1994 bis Juni 1995 nicht in Millstatt (somit auch nicht in der dortigen Wohnung) aufgehalten zu haben.

Daß die Beschwerdeführerin zu den maßgeblichen (vorgenannten) Zeitpunkten an dieser Wohnung (noch) ihren Hauptwohnsitz gemeldet gehabt habe, sei zwar allein noch nicht ausschlaggebend für die Annahme des Bestehens eines Hauptwohnsitzes, stelle aber im gegenständlichen Kontext zumindest ein weiteres Indiz dafür dar, daß diese Wohnung im fraglichen Zeitraum nicht (aktiv) als Freizeitwohnsitz verwendet worden sei. Dies gelte auch hinsichtlich des schon vom Bürgermeister festgestellten Faktums, daß von der Beschwerdeführerin in der Zeit von September 1994 bis Dezember 1994 auch keine Kurtaxe entrichtet worden sei.

Es liege auf der Hand, daß die von der Beschwerdeführerin mehrfach vorgebrachte Behauptung, die gegenständliche Wohnung sei (zu den maßgeblichen Zeitpunkten) deshalb als Freizeitwohnsitz zu qualifzieren, weil die Beschwerdeführerin aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, diese als Hauptwohnsitz zu benutzen, den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht werde.

Die Beschwerdeführerin sei daher mangels Erfüllung der diesbezüglichen Voraussetzungen durch den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Millstatt in ihrem subjektiven Recht auf Aufnahme der in ihrem Eigentum befindlichen, näher genannten Wohnung in den Freizeitwohnsitzkataster der Marktgemeinde Millstatt nicht verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Begriff des Baugrundstückes umfaßt nach § 4 Abs. 2 KGVG auch Gebäude oder Teile von Gebäuden, wie Wohnungen.

Gemäß § 5 leg. cit. ist Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes der Hauptwohnsitz (Art. 6 Abs. 3 B -VG) sowie jener Wohnsitz, an dem sich eine Person in der nachweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen - beschränkt auf die Berufsausbildung und die Berufsausübung - zu haben.

Nach § 6 Abs. 1 leg. cit. ist ein Freizeitwohnsitz jener Wohnsitz, der nicht Wohnsitz im Sinne des § 5 ist, sondern zum Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder sonst nur zeitweilig zu Freizeit- oder Erholungszwecken dient.

Die Nutzung des Baugrundstückes zu Wohnzwecken als Freizeitwohnsitz ist jedenfalls nach § 6 Abs. 2 leg. cit. auch dann anzunehmen, wenn ein Wohnsitz im Sinne des § 5 nicht vorliegt oder wenn keine unbedingte Notwendigkeit an einer Wohnnutzung besteht.

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. ist jede Gemeinde - unabhängig davon, ob sie in einem Genehmigungsgebiet liegt oder nicht - verpflichtet, durch den Bürgermeister einen Freizeitwohnsitzkataster anzulegen. In den Freizeitwohnsitzkataster sind jene Baugrundstücke (§ 4) aufzunehmen, die zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Gesetzes nachweislich als Freizeitwohnsitz verwendet werden, ohne daß eine Widmung als Apartmenthaus oder als sonstiger Freizeitwohnsitz vorliegt, es sei denn, daß es sich um Gebäude handelt, für die die erforderlichen landesgesetzlich vorgesehenen Bewilligungen nicht erteilt worden sind. Die Aufnahme der Baugrundstücke hat unter Angabe ihrer Grundstücksnummer, der Katastralgemeinde - handelt es sich nicht um ganze Grundstücke, auch durch sonstige nähere Beschreibung des Grundstücksteiles - zu erfolgen, wobei insbesondere Gebäude, Gebäudeteile oder Wohneinheiten ebenfalls zu beschreiben sind.

Eine Veränderung des Freizeitwohnsitzkatasters ist gemäß § 21 Abs. 5 lit. b leg. cit. u.a. nur zulässig, wenn ein Eigentümer eines Baugrundstückes nach der Erstellung des Freizeitwohnsitzkatasters die Aufnahme eines Baugrundstückes verlangt, das nachweislich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits als Freizeitwohnsitz verwendet wurde.

Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gemeinde und dem Eigentümer des Baugrundstückes darüber, ob ein Baugrundstück in den Freizeitwohnsitzkataster aufzunehmen ist, hat gemäß § 21 Abs. 6 leg. cit. der Bürgermeister hierüber einen Feststellungsbescheid zu erlassen. Ein Feststellungsbescheid ist weiters zu erlassen, wenn eine Streichung nach Abs. 5 lit. d erfolgen soll. Gegen Feststellungsbescheide ist eine Berufung an den Gemeindevorstand nicht zulässig.

Wesentlich für den Beschwerdefall ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 oder Abs. 5 lit. b KGVG die Frage, ob die gegenständliche Wohnung zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Gesetzes (23. Dezember 1994) oder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (31. Dezember 1994) nachweislich als Freizeitwohnsitz verwendet wurde.

Im Hinblick auf die Verwendung des Begriffes "oder" in § 6 Abs. 2 KGVG ist entweder das fehlende Vorliegen eines Hauptwohnsitzes oder das Fehlen einer unbedingten Notwendigkeit an einer Wohnnutzung für die Annahme des Vorliegens eines Freizeitwohnsitzes ausreichend. Die erforderliche "Wohnnutzung" eines Objektes geht schon aus dem Einleitungssatz dieser Bestimmung hervor und ist auch begrifflich von der Bezeichnung "Freizeitwohnsitz" mitumfaßt, sodaß auch nicht die Gefahr einer allfälligen Aufnahme von "Industrie-, Gewerbe- oder Geschäftsgebäuden" in den Freizeitwohnsitzkataster besteht.

Zufolge der Verwendung des Begriffes "nachweislich" in § 21 Abs. 5 lit. b KGVG gibt der Gesetzgeber zu erkennen, daß es grundsätzlich demjenigen, der eine Aufnahme eines Baugrundstückes in den Freizeitwohnsitzkataster begehrt, obliegt, der Behörde nachzuweisen, daß zu den maßgeblichen Zeitpunkten (23. oder 31. Dezember 1994) eine Verwendung eines solchen Baugrundstückes als Freizeitwohnsitz vorlag.

In der Verfahrensrüge wird ausgeführt, die Verwaltungsbehörden seien gemäß § 39 Abs. 2 AVG verpflichtet, von Amts wegen und von sich aus alle erforderlichen Beweisaufnahmen durchzuführen und den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen.

Dieses Beschwerdevorbringen ist insofern berechtigt, als der Verwaltungsgerichtshof schon in seinen Erkenntnissen vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0149, und vom 22. September 1998, Zl. 98/05/0046, ausgesprochen hat, daß auch dort, wo die Nachweispflicht (Beweislast) einer Partei statuiert ist, die Behörde auf die Verpflichtung zur Beibringung der entsprechenden Nachweise hinzuweisen hat. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Die Behörde hatte zwar nicht von sich aus zu ermitteln, ob die Beschwerdeführerin entgegen den Meldedaten und trotz des Umstandes, daß für die gegenständliche Wohnung von September 1994 bis Dezember 1994 keine Kurtaxe entrichtet wurde, keinen Hauptwohnsitz mehr begründet hatte, sondern ein Freizeitwohnsitz vorlag, sie hätte aber, da die Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens unter Hinweis auf persönliche und berufliche Umstände, jedoch ohne näheren Nachweis behauptete, ihren Hauptwohnsitz an der gegenständlichen Wohnung bereits im September 1994 aufgegeben zu haben, und daß seither ein Freizeitwohnsitz vorgelegen sei, bei Bestehen von Zweifeln an der Richtigkeit dieser Angaben der Beschwerdeführerin Gelegenheit geben müssen, innerhalb angemessener Frist für diese Behauptung Nachweise beizubringen. Dies ist jedoch - soweit aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich ist - nicht erfolgt. Da die Vorstellungsbehörde diesen wesentlichen Verfahrensmangel nicht aufgegriffen und den Bescheid des Bürgermeisters nicht zwecks Verfahrensergänzung aufgehoben hat, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Beschwerdeführerin rügt daher im Ergebnis zu Recht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Behörde erster Instanz bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050197.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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