TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/6 W220 2196219-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W220 2196219-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nepal, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2018, Zl. 1102047108-160079825, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nepal, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der am darauffolgenden Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, er sei Christ und stamme aus

XXXX im Distrikt XXXX , wo seine Eltern und seine Geschwister noch leben würden. Eine Schwester wohne in XXXX . Er habe acht Jahre die Schule besucht und in der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Er habe Nepal im Jahr 2015 verlassen, anschließend sieben Monate auf einer Baustelle im Irak gearbeitet und sei dann über die Türkei und Griechenland letztlich nach Österreich gelangt. Zum Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in seiner Heimat Streit mit einigen Dorfbewohnern gehabt hätte. Sie wären hinter ihm her gewesen und hätten ihn umbringen wollen. Seine Eltern hätten sich Sorgen um sein Leben gemacht und deshalb seine Ausreise organisiert. Im Fall der Rückkehr habe er Angst, von seinen Feinden getötet zu werden.

3. Am 15.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab er an, obwohl seine Eltern noch lebten, sei er im Waisenhaus aufgewachsen und habe anschließend fünf Jahre in XXXX gelebt, wo seine Schwester noch immer aufhältig sei. Seine Eltern besäßen eine familieneigene Landwirtschaft mit vielen Grundstücken, auf welcher der Beschwerdeführer gearbeitet habe. Im Heimatdorf finde jedes Jahr ein großes Fest statt, wo Leute von drei Dörfern zusammenkämen. Der Beschwerdeführer habe wegen eines Mädchens mit einem Mann namens

XXXX , genannt XXXX , Streit gehabt, viele Personen wären betrunken gewesen und hätten auch drei Polizisten an dem Fest teilgenommen. Es sei dann zu einer Schlägerei mit Verletzten gekommen und habe der Beschwerdeführer mit seinen Freunden XXXX umbringen wollen. Zuletzt sei auch der Beschwerdeführer von namentlich genannter Person mit dem Tode bedroht worden, sodass der Vater des Beschwerdeführers dessen Ausreise organisiert habe.

Im Anschluss an seine niederschriftliche Befragung wurden dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zu seinem Heimatland zur Kenntnis gebracht, worauf der Beschwerdeführer aber verzichtete.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2018, Zl. 1102047108-160079825, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl u.a. nachstehend fest:

"1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und ca. 30,4 Mio. Einwohner. Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 3.2017a). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 3.2017a; vgl. AA 3.2017b). Nepals Parlament wählte Sher Bahadur Deuba im Juni 2017 zum neuen Ministerpräsidenten Nepals. Der 70-Jährige wurde somit zum vierten Mal Regierungschef des Landes. Deubas Vorgänger, Pushpa Kamal Dahal, war knapp zwei Wochen zuvor nach zehn Monaten im Amt zurückgetreten. Verschiebungen wie diese sind in der nepalesischen Politik keine Seltenheit. Seit dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 2006 wird Nepal von oft sehr kleinteiligen Koalitionsregierungen geführt, was zu häufigen Personalwechseln auch auf Ministerebene führt (DS 6.6.2017).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Im Februar 1996 wurde der Kampf der maoistischen Rebellenbewegung unter Führung der United Communist Party of Nepal - Maoist (UCPN-M) gegen das bestehende politische System mit dem Ziel der Etablierung einer Volksrepublik aufgenommen. Der Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Maoisten eskalierte nach 1999 landesweit und forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als

1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Das 12-Punkte-Friedensabkommen wurde im Jahr 2006 unterschrieben (AA 3.2017b; vgl. GIZ 6.2017).

Die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg, Anfang April 2008 gewählte, erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19.11.2013 gewählt. Nach der Interimsverfassung vom 15.1.2007 war der Präsident Staatsoberhaupt. Die Exekutive lag beim Premierminister und der Regierung. Die endgültige Staatsform, Regierungs- und Wahlsystem sowie die künftige föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16.9.2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet und am 20.9.2015 verkündet wurde. Aus den vorausgegangenen Wahlen am 19.11.2013 waren die vormaligen Oppositionsparteien, Nepali Congress (NC) und die Communist Party of Nepal-United Marxist Leninist (CPN-UML), mit 196 bzw. 175 Sitzen als deutliche Sieger hervorgegangen. Herbe Verluste hingegen musste die vorherige Regierungspartei United Communist Party of Nepal - Maoist (UCPN-M) hinnehmen. Sie konnte, ehemals stärkste Fraktion in der verfassungsgebenden Versammlung, lediglich noch 80 Sitze erringen. Einen Achtungserfolg erzielte die royalistische Rastriya Prajatantra Party - Nepal (RPP-N) mit 24 Sitzen an vierter Stelle. Insgesamt 100 Mandate entfallen auf kleine und kleinste Parteien. Insgesamt konkurrierten 134 politische Parteien bzw. 6.000 Kandidaten um 575 Sitze, die im Verhältnis 40 zu 56 nach Mehrheits- und Verhältniswahlrecht in den 240 Wahlkreisen vergeben wurden. Hinzu kommen 26 vom Präsidenten zu ernennende Mitglieder. Ihr Mandat beträgt fünf Jahre (AA 3.2017b; vgl. LIP 6.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Nepal, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Nepal_node.html, Zugriff 21.6.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017b): Nepal - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nepal/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.6.2017

-

DS - Der Standard (6.6.2017): Deuba wird zum vierten Mal Ministerpräsident Nepals,

https://derstandard.at/2000058826478/Deuba-wird-zum-vierten-Mal-Ministerpraesident-Nepals, Zugriff 21.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 21.6.2017

3. Sicherheitslage

Nepal befindet sich in einer politischen Übergangsphase. Seit Inkrafttreten der Verfassung am 20.9.2015 haben sich die politischen Spannungen erhöht, da sie nicht von allen politischen Parteien und Gesellschaftsgruppen akzeptiert wird. Zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 führten zahlreiche Proteste und Generalstreiks auf nationaler, regionaler und Distrikt-Ebene zu mehrmonatigen Versorgungsengpässen; vor allem die Treibstoffversorgung war stark eingeschränkt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 1.6.2017).

Großflächig angelegte Generalstreiks und auch gewalttätige Protestaktionen sind nicht auszuschließen. Im Terai und anderen Gebieten, selbst in Kathmandu, waren in der Vergangenheit vereinzelt auch Fahrzeuge von Diplomaten und internationalen Organisationen Ziel von Angriffen. Auf Grund der politischen Instabilität und der Unzuverlässigkeit des Rechtssystems ist eine steigende Gewaltbereitschaft und Kriminalität im ganzen Land feststellbar. Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch (AA 17.5.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (17.5.2017): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NepalSicherheit_node.html, Zugriff 21.6.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (1.6.2017): Reishinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 21.6.2017

3.1. Regionale Problemzone Terai

Politische und ethnische Spannungen sind im Terai und in den östlichen Hügelgebieten ausgeprägter als in anderen Teilen des Landes. Es besteht deshalb ein höheres Risiko von lokalen Unruhen, Blockaden und Streiks (Bandhs), besonders in Siraha, Sarlahi, Dhanusha, Bara, Kailali, Dang und Kapilbastu, sowie in den östlichen Hügeldistrikten inklusive Jhapa (EDA 1.6.2017; vgl. AA 17.5.2017; BMEIA 5.4.2017).

Am 8. August 2015 einigten sich vier der wichtigsten Parteien darauf, Nepal in der neuen Verfassung als föderale Republik zu definieren und in sieben föderal verwaltete Bundesstaaten aufzuteilen. Ethnische Gruppen im Süden und mittleren Westen von Nepal protestierten gegen die neue Struktur, die ihnen ihrer Meinung nach die politische Repräsentanz verweigerte. In der Folge kam es zu gewalttätigen Protesten in der Terai-Region. Die Sicherheitskräfte wendeten bei mehreren Zusammenstößen mit Protestierenden exzessive, unverhältnismäßige oder unnötige Gewalt an. Bis Oktober 2015 waren mindestens 47 Zivilpersonen und zehn Polizeiangehörige bei diesen Auseinandersetzungen ums Leben gekommen (AI 24.2.2016). Von Ende August 2015 bis zum Frühjahr 2016 forderten Unruhen im westlichen Terai mehrere Todesopfer und Verletzte und es wurde eine Ausgangssperre verhängt (EDA 1.6.2017; vgl. AA 17.5.2017; BMEIA 5.4.2017).

Am 6. März 2017 kam es im Distrikt Saptari (östliches Terai) zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der United Democratic Madhesi Front (UDMF) und Sicherheitskräften, die mehrere Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderten (AA 17.5.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (17.5.2017): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NepalSicherheit_node.html, Zugriff 21.6.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (5.4.2017): Reiseinformation - Nepal, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nepal/, Zugriff 21.6.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (1.6.2017): Reishinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 21.6.2017

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Gerichtsbarkeit ist formell unabhängig und gemäß internationalen Maßstäben des Rechtsdenkens ausgerichtet, das Justizwesen ist jedoch anfällig für politischen Druck, Bestechung und Drohungen. Das Gerichtswesen ist dreistufig: an der Spitze steht der Oberste Gerichtshof, darunter rangieren die Appellations- und die Distriktgerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständig. Die Behörden setzen Gerichtsbeschlüsse, einschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, nicht konsequent um. Der Respekt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und das Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane sind erodiert. Die formelle Justiz ist in Nepal für Konfliktparteien oft kaum erreichbar, unzuverlässig und zu teuer. Die weit verbreitete Korruption der Polizeibehörden und der Staatsverwaltung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane setzt (GIZ 6.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).

Bei der Umsetzung und Mittelausstattung für die beiden Übergangsmechanismen der Justiz, der Wahrheitskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) und der Untersuchungskommission für erzwungenes Verschwinden von Personen (Commission on the Investigation of Enforced Disappeared Persons - CIEDP), kommt es zu Verzögerungen. Während der Konfliktzeit begangene Verbrechen werden nur ungenügend strafverfolgt (USDOS 3.3.2017).

Am 26. Februar 2015 hob der Oberste Gerichtshof Bestimmungen die im Gesetz zur Einsetzung einer Kommission für Wahrheit und Versöhnung festgeschriebene Empfehlung von Amnestien für völkerrechtswidrige Straftaten, auf. Das Gesetz war im April 2014 von der Verfassunggebenden Versammlung verabschiedet worden. Die Regierung lehnte das Urteil des Obersten Gerichtshofs ab und reichte einen Antrag auf Überprüfung ein. Die Kommission für Wahrheit und Versöhnung und die Kommission zur Untersuchung von Fällen des Verschwindenlassens, die durch das Gesetz von 2014 geschaffen wurden, nahmen trotz der Amnestiebestimmungen ihre Tätigkeit auf und riskierten so die weitere Straffreiheit für Verantwortliche von Völkerrechtsverbrechen, die während des bewaffneten Konflikts begangen worden waren (AI 24.2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 21.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

5. Sicherheitsbehörden

Die Aufgabe der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, für die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, für die Unterstützung bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF können Fahndungs- und Haftbefehle ohne gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Überprüfung erlassen. Beide Einheiten verfügen, genauso wie die Armee (Nepal Army - NA), über eine Menschenrechtskommission, aber nur die Kommissionen von NP und NA haben eine unabhängige Ermittlungsbefugnis. Alle Sicherheitskräfte erhalten eine Menschenrechtsschulung. Die NP stellt fest, dass die Missbrauchsvorwürfe bezüglich der Zeit des Bürgerkriegs durch die Truth and Reconciliation Commission (TRC) behandelt werden sollten. Die Menschenrechtskommission der NP berichtet zwischen Juli 2015 und Juli 2016 über drei Beschwerden in Zusammenhang mit Folter; und seit August 2016 über weitere zwei Beschwerden in Zusammenhang mit anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Wegen der drei Folterfälle wurden zehn Polizeibeamte betraft. In den anderen zwei Fällen wurden zwei Polizisten bestraft. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) und das Advocacy Forum (AF) berichten jedoch unabhängig voneinander, dass sie seit August 2016 mehrere Beschwerden wegen Polizeigewalt bei den Bezirksgerichten einreichten, die alle noch anhängig sind. AF informiert weiters, dass es keine Beschwerden mehr an die Menschenrechtskommission der NP richtet, da diese auf keine der über 100 Beschwerden, welche AF seit 2010 eingereicht hat, reagierte. Die Polizeikorruption, vor allem bei unterbezahlten niederen Polizeibeamten, und die mangelhafte Bestrafung polizeilichen Missbrauchs bleiben weiterhin Probleme (USDOS 3.3.2017).

Bemühungen, die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten, werden weiterhin dadurch stark untergraben, dass die Polizei die zur Einleitung von Ermittlungen erforderlichen Berichte (First Information Reports) nicht anfertigt, keine Untersuchungen einleitet und gerichtliche Anweisungen nicht befolgt. Dies gilt selbst in Fällen von mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt sowie von Folter und anderen Misshandlungen (AI 24.2.2017).

Die angeblich unangemessene Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte bei den Protesten zwischen August 2015 und Februar 2016 - besonders in der Region Terai - wird kritisiert und als erhebliches Menschenrechtsproblem betrachtet (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl sich sowohl die Interimsverfassung von 2007 als auch die Verfassung von 2015 mit dem Thema befassen, wird Folter nicht explizit kriminalisiert und das Gesetz enthält keine klaren Leitlinien zur Bestrafung der Täter. Das Folter-Entschädigungs-Gesetz sieht eine Entschädigung für Folteropfer vor; das Opfer muss eine Beschwerde einbringen und den Fall vor Gericht verfolgen. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) erklärt, dass Folteropfer wegen der Einschüchterungen durch Sicherheitskräfte und aus Angst vor Repressalien oft zögern, eine offizielle Beschwerde einzureichen. Weiters wurden laut THRDA zahlreiche Folterfälle vom Gericht aufgrund fehlender glaubwürdiger Beweise, insbesondere medizinischer Befunde, zurückgewiesen. In Fällen, in denen die Gerichte dem Opfer einen Schadenersatz zusprachen oder eine Disziplinarmaßnahme gegen die Polizei verordneten, wurden die Urteile nur selten umgesetzt. In den ländlichen Teilen der Terai-Region ist gemäß NGO-Angaben keine Verbesserung bezüglich Polizeigewalt feststellbar. Berichten zufolge wird der Polizei im Distrikt Kailali willkürliche Verhaftung, Folter und andere Misshandlungen bzw. erzwungene Geständnisse im Zusammenhang mit der Tötung von Demonstranten und einem Kind in Tikapur im August 2015 vorgeworfen (USDOS 3.3.2017).

Vor allem während der Untersuchungshaft kommt es nach wie vor zu Fällen von Folter um Geständnisse zu erzwingen und Personen einzuschüchtern. Im September 2016 wurde der Gesetzesentwurf über Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dem Parlament vorgelegt, aber bis Ende des Jahres nicht verabschiedet. Der Gesetzesentwurf enthält Bestimmungen, die nicht internationalen Menschenrechtsnormen entsprechen (AI 22.2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/336579/479257_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

7. Korruption

Obwohl das Gesetz Strafen für Behördenkorruption vorsieht, gibt es weiterhin Berichte, dass korrupte Praktiken ungestraft ausgeübt werden. Es gibt zahlreiche Meldungen über korrupte Handlungen von Regierungsbeamten, politischen Parteien und Parteiorganisationen, also auf allen Regierungsebenen. Korruption und Straflosigkeit stellen auch innerhalb der Polizei weiterhin ein Problem dar, vor allem in den unteren Rängen, (USDOS 3.3.2017).

Nepal liegt im 2016 Corruption Perceptions Index von Transparency

International mit einer Bewertung von 29 (von 100) (0=highly

corrupt, 100=very clean) auf Platz 131 (von 176) (je höher, desto

schlechter). 2015 war das Land mit Bewertung 27 auf Platz 130 (von 167) (TI 2015/2016).

Quellen:

-

TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index, http://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 21.6.2017

-

TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 21.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

Ein freiwilliger Militärdienst ist im Alter von 18 Jahren möglich, eine Wehrpflicht gibt es nicht (CIA 30.5.2017).

Quellen:

-

CIA - Central Intelligence Agency (30.5.2017): The World Factbook

-

Nepal,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/np.html, Zugriff 21.6.2017

9. Allgemeine Menschenrechtslage

Nach dem verheerenden Erdbeben am 25.4.2015 wurde innerhalb weniger Monate eine neue Verfassung verabschiedet, die im September 2015 in Kraft trat. Sie wies zahlreiche Defizite in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte auf und sah eine föderalistische Staatsstruktur vor, die von den ethnischen Gruppen in der Terai-Region abgelehnt wurde. Die Verfassungsänderung folgten gewalttätige Zusammenstöße zwischen Protestierenden und Polizei - besonders in den Gebieten der Terai, und führten von August 2015 bis Februar 2016 zu mehr als 50 Toten. In diesem Zusammenhang wurden den Sicherheitskräften schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die Vorwürfe von Folter, unnötiger und übermäßiger Gewalt durch die Sicherheitsbeamten wurden jedoch nicht effizient untersucht und die marginalisierten Gruppen zeigen sich weiterhin unzufrieden mit der Verfassungsänderung aufgrund der mangelnden Klauseln gegen Diskriminierung (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017). Im August 2016 genehmigte jedoch die Regierung die Gründung einer unabhängigen Juristischen Kommission, um Menschenrechtsverletzungen während der Unruhen bezüglich der Verfassungsänderung zu untersuchen. Aber seit September wurde die Arbeit noch nicht aufgenommen (USDOS 3.3.2017).

Durch eine ungleiche Verteilung der Katastrophenhilfe nach dem Erdbeben wurden benachteiligte Gruppen diskriminiert; in allen betroffenen Gebieten kam es zu Verzögerungen beim Wiederaufbau. Den zehntausenden vom Erdbeben betroffenen Menschen wurde 2016 weiterhin das Recht auf angemessenes Wohnen und auf andere Menschenrechte verweigert (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017).

Weitere Menschenrechtsprobleme sind die Schikanierung von Medien und die Einschränkung der Presse durch Selbstzensur. Die Regierung begrenzte die Versammlungsfreiheit vor allem in den Gebieten, wo die gewalttätigen Proteste gegen die Verfassungsänderung stattfanden. Die Freiheitsrechte von Flüchtlingen, insbesondere tibetischer Herkunft, wurden teilweise eingeschränkt. Die Staatsbürgerschaftsgesetze und -regelungen sind diskriminierend aufgrund von Geschlecht und somit tragen zur Entstehung von Staatenlosigkeit bei. Früh- und Zwangsehen sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt gegen Frauen, einschließlich Mitgiftmorde, sind nach wie vor ernsthafte Probleme. Es wird weiterhin über Gewalt gegen Kinder, auch in Waisenhäusern, berichtet; die Vorfälle werden jedoch selten gerichtlich verfolgt. Menschenhandel mit Kindern und Erwachsenen zu Zwecken sexueller Ausbeutung kommen häufig vor. Personen mit Behinderung und einige ethnische Minderheiten leiden unter Diskriminierung (USDOS 3.3.2017). Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige "unberührbarer Kasten" (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 6.2017). Die Schikanierung aufgrund von Geschlecht oder Zugehörigkeit zu sexuellen Minderheiten ist nach wie vor verbreitet. Die Arbeitnehmerrechte werden teilweise eingeschränkt. Bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gibt es nur geringe Fortschritte. Trotz Verbots sich diese weiterhin gebräuchlich. Bei der Bekämpfung von Kinderarbeit gibt es moderate Fortschritte (USDOS 3.3.2017).

Die Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen, aufzuklären (GIZ 6.2017). Diesbezüglich wurden bereits die ersten Initiativen ergriffen. Die Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen (Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons - CIEDP), hat eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die darauf zielt, Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen. Daneben möchte der CIEDP auch solche Fälle untersuchen, in denen die Opfer des erzwungenen Verschwindens auch gefoltert wurden oder anderen Verbrechen ausgesetzt waren. Die o.g. Forderungen wurden jedoch bis jetzt von der Regierung ignoriert. Die Regierung hatte die Kommission gebildet, ohne ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, das das erzwungene Verschwinden von Personen kriminalisiert, womit sie Vorgaben des Obersten Gerichts ignorierte, den Transitional Justice Act entsprechend zu überarbeiten. Sie sah sich deshalb dem Vorwurf von Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft ausgesetzt, eine zahnlose Übergangsjustiz etablieren zu wollen, bei der die schweren Verbrechen aus der Konfliktzeit nicht mehr strafrechtlich aufgearbeitet würden. Laut CIEDP dienen die Maßnahmen der Regierung nur dazu, die Erlassung der erforderlichen Gesetze und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen verzögern zu können (SAB 1.2016; vgl. THT 25.3.2017). Bis Juni 2017 erhielt der CIEDP 3.093 Beschwerden über erzwungenes Verschwinden. Eine weitere Aufsichtsbehörde, die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) nahm trotz fehlender Ressourcen bereits ihre Arbeit auf; sie ist in sieben Provinzen anwesend und bis Juni 2017 erhielt sie 58.000 Beschwerden bezüglich Menschenrechtsverletzungen vor allem aus der Zeit des Bürgerkriegs. Der Vorsitzende der TRC berichtet, dass Gerechtigkeit für die Opfer von außergerichtlicher Tötung, Verschwindenlassen, Vergewaltigung und Folter, aufgrund der mangelhaften Gesetzeslage nicht gewährleistet werden kann (THT 8.7.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/336579/479257_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 21.6.2017

-

SAB - Südasienbüro (1.2016): Nepal: Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen, http://www.suedasienbuero.de/index.php/suedasien-bestellen/99-meldungen/nepal-meldungen/964-1-2016-untersuchungskommission-zum-erzwungenen-verschwinden-von-personen, Zugriff 21.6.2017

-

THT - The Himalaya Times (8.7.2017): Transnational justice bodies await revision of related acts, https://thehimalayantimes.com/kathmandu/transitional-justice-bodies-await-revision-related-acts/, Zugriff 21.6.2017

-

THT - The Himalaya Times (25.3.2017): CIEDP handicapped as legally there's very little it can do,

https://thehimalayantimes.com/nepal/commission-of-investigation-on-enforced-disappeared-persons-handicapped-legally/, Zugriff 21.6.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

10. Haftbedingungen

Laut Menschenrechtsorganisationen entsprechen die Haftbedingungen nicht internationalen Standards. Nach offiziellen Angaben gab es im August 2016 19.078 Häftlinge verteilt in 74 Gefängnissen, was unter der offiziellen Kapazität von 10.978 liegt. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) berichtet dennoch, dass Überbelegung ein ernstes Problem ist, jedoch eine gewisse Verbesserung festzustellen ist, da es neue Haftzentren eröffnet wurden. Weiters bemängelt das Büro des Generalstaatsanwalts (OAG) in manchen Haftanstalten das Fehlen von natürlichem Tageslicht, sanitären Einrichtungen, Kücheneinrichtung und Betten. Laut Advocacy Forum (AF) hatten einige Insassen keinen Zugang zu sauberem Wasser und erhielten unzureichendes Essen. Außerdem wurde ein Mangel an Belüftung, Heizung und Bettwäsche festgestellt. Häftlinge in Untersuchungshaft werden generell getrennt von verurteilten Personen untergebracht. Aufgrund des Mangels an Jugendstrafvollzugsanstalten werden jedoch teilweise auch Minderjährige in Einrichtungen für Erwachsene inhaftiert. Kinder dürfen manchmal mit ihren inhaftierten Eltern im Gefängnis bleiben. Nicht alle Haftanstalten verfügen über separate Bereiche für Frauen. Die NGO Child Workers in Nepal berichtet, dass Minderjährige, die in Gefängnissen für Erwachsene untergebracht werden, oft Mobbing durch ältere Insassen ausgesetzt sind, von der Polizei schlecht behandelt und oft gezwungen werden, die Toiletten zu reinigen. Die medizinische Versorgung ist in den Gefängnissen gemäß THRDA und AF unzureichend (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016).

Dem Bericht der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) gibt es Beschwerdemöglichkeiten für Häftlinge nach einem vorgeschriebenen Verfahren. Diese Gelegenheit wird jedoch laut AF von den Insassen aus Angst vor Bedrohung und Einschüchterung nur selten genutzt. Auf Beschwerden, die von NGOs und internationalen Organisationen eingereicht werden, reagieren die Behörden schneller. Es gibt keinen Ombudsmann, um die Beschwerden von Gefangenen zu untersuchen. Es existiert kein institutioneller Mechanismus für die Überwachung der Gefängnisse. Einige unabhängige Menschenrechtsbeobachter, z.B. der UN-Hochkommissar für Menschenrechte und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC), dürfen Monitoringbesuche in Haftanstalten durchführen. Einigen NGOs wurden der Zugang oder Gespräche mit den Insassen jedoch verwehrt (USDOS 3.3.2017).

Die Regierung verhindert gründliche Untersuchungen bzw. das Ergreifen schwerwiegender Disziplinarmaßnahmen gegen Polizisten, die wegen Brutalität und Folter angeklagt wurden. Der UN-Ausschuss gegen Folter stellte fest, dass Folter von Verdächtigen in Untersuchungshaft weit verbreitet ist. Amnesty International berichtet von Fällen von Folterung von Frauen und Kindern (FH 27.1.2017).

Gemäß dem Folterbericht von AF waren 17,2% der 1.212 befragten Insassen im Jahr 2015 und 16,2% im Jahr 2014, einer körperlichen Misshandlung ausgesetzt. Der gleiche Report weist auf einen leicht erhöhten Anstieg der Folterfälle unter Häftlingen indigener Gruppen hin. Laut der Menschenrechtskommission der Nepal Police (NP) wurde der Großteil der angeblichen Vorfälle nicht offiziell angezeigt oder formell untersucht. Bis August 2016 besuchte die Menschenrechtskommission der NP sieben Haftanstalten in vier Distrikten, und befragte die Häftlinge über die Behandlung in der Haft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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FH - Freedom House (27.1.2017): Freedom in the World 2016 - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/327723/468405_de.html, Zugriff 21.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

11. Todesstrafe

Nepal gehört zu den Staaten, die die Todesstrafe völlig abgeschafft haben (AT 20.12.2016)

Quellen:

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AT - Amnesty Todesstrafe (20.12.2017): Staaten mit und ohne Todesstrafe, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=42, Zugriff 21.6.2017

12. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen. Die Einschränkungen der Flüchtlingsbewegungen werden aber nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung stellte seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund der fehlenden Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden (USDOS 3.3.2017). Um Frauen vor Menschenhandel oder Misshandlung zu schützen, führte die Regierung für Frauen ein Mindestalter von 24 Jahren für Auslandsreisen zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung ein. Diese Regelung wird jedoch von NGOs und Menschenrechtsaktivisten als diskriminierend und kontraproduktiv empfunden, da so Frauen auf informellem Weg über die indische Grenze migrieren (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/336579/479257_de.html, Zugriff 21.6.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 21.6.2017

13. Grundversorgung und Wirtschaft

Der zehnjährige Bürgerkrieg hat die wirtschaftliche Entwicklung Nepals deutlich beeinträchtigt. Mit dem 2006 eingeleiteten Friedensprozess haben sich die politischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bislang nur wenig verbessert. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren real zwischen 2 und 4 Prozent. Die schweren Erdbeben vom April / Mai 2015 und die innenpolitische Krise nach Verkündung der neuen Verfassung (20.09.2015) haben zu einem weiteren Einbruch der Wirtschaft geführt, von dem sich das Land nur langfristig erholen wird. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 733,7 US-Dollar (GTAI, prognostiziert für 2016) ist Nepal das zweitärmste Land Südasiens und zählt weiterhin zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die nepalesische Wirtschaft ist faktisch weitgehend privatwirtschaftlich verfasst, aber auch geprägt durch starre sozialstaatliche Elemente sowie durch privilegierte Staatsunternehmen. Ausgeprägte Bürokratie sowie unzureichende Infrastruktur beeinträchtigen das Investitionsklima und damit die wirtschaftliche Entwicklung. Nepal ist noch immer ein weitgehend von der Subsistenzwirtschaft geprägter Agrarstaat. Die Landwirtschaft beschäftigt mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen und trägt mehr als ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Der Anteil des verarbeitenden Sektors am BIP hingegen ist aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen für Industriebetriebe in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Der Tourismus im Kathmandu-Tal, im tropischen Regenwald des Terai und im Himalaja ist eine wichtige Deviseneinnahmequelle. Der Dienstleistungssektor profitiert stark vom zunehmenden Fremdenverkehr. Etwa 90% aller Unternehmen des Landes sind Kleinbetriebe, die einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung leisten, aber nur 4% zum BIP beitragen. Die Inflation ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und liegt aktuell bei etwa 8,5% (IWF, 2015). Ausländische Direktinvestitionen machen nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Staatshaushalt aus. Ein Drittel des Budgets wird von der Gebergemeinschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert (AA 3.2017c; vgl. GIZ 5.2017a).

Es existieren keine zuverlässigen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit. Die offizielle Erwerbslosenquote ist relativ niedrig, die Unterbeschäftigung ist jedoch weit verbreitet (BTI 2016). In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl jener, die das Land aufgrund der politischen Instabilität und der schweren wirtschaftlichen Krise verließen, exponentiell gestiegen. Neben dem traditionellen Zielland Indien sind mit dem Öl-Boom und dem wirtschaftlichen Aufstieg Asiens, Länder am Persischen Golf und in Südostasien zu attraktiven Destinationen geworden. Schätzungen gehen davon aus, dass heute vier bis fünf Millionen Nepalesen im Ausland arbeiten, deren Geldleistungen an die Familien im Heimatland 35% des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Mit der zunehmenden Emigration ist die Rekrutierung von Arbeitskräften zu einem lukrativen Geschäft geworden. Über 800 sogenannte "manpower companies" werben über lokale Agenten Arbeitswillige in den Dörfern an und organisieren Transport, Ausreisepapiere und Verträge mit den Arbeitgebern in den Zielländern. Die große Mehrheit der Arbeitsmigranten sind junge Männer. Der Anteil der Frauen hat mit der steigenden Nachfrage nach Hausangestellten in den Golfstaaten im letzten Jahrzehnt zwar zugenommen, Frauen machen aber erst etwa 10% der Arbeitskräfte im Ausland aus und sind besonders gefährdet (GIZ 5.2017b; vgl. GIZ 5.2017a, DR 25.4.2017).

Nach dem schweren Erdbeben, das am 25.04.2015 Nepal erschüttert und verheerende Schäden im Kathmandu-Tal und den Bergdörfern des Himalaya angerichtet hat, erholt sich das Land nur langsam. Damals kamen fast 9.000 Menschen ums Leben, 3,5 Millionen wurden obdachlos. Der Wiederaufbau läuft auch zwei Jahre später nur schleppend. Laut der Wiederaufbaubehörde wurde bisher erst rund 4.000 Menschen eine zweite Rate der zugesicherten Gelder ausgezahlt, nur 420 bekamen bisher die volle Zahlung. Trotz nationaler und internationaler Unterstützung beklagten die Hilfsorganisationen fehlende Vorgaben der Regierung für den notwendigen Wiederaufbau (DR 25.4.2017; vgl. GIZ 5.2017a).

Nepal verfügt außer den familiären sozialen Netzwerken über kein Wohlfahrtssystem. In bestimmten Fällen sind NGOs bemüht, diese Lücke zu füllen, aber deren Tätigkeit ist sehr stark von dem jeweiligen Standort und von internationalen Spenden abhängig, somit können nicht die gleichen Leistungen im ganzen Land angeboten werden. Es gibt nur vereinzelt Privatinitiativen; die öffentlichen Sozialdienste sind rückständig und unzureichend, obwohl sich die Situation in den letzten Jahren leicht verbesserte (BTI 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017c): Nepal - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nepal/Wirtschaft_node.html, Zugriff 21.6.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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