TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/13 W235 2191054-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2019
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Entscheidungsdatum

13.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2191054-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. 1091048510-151553426, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährige Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.10.2015 gab der Beschwerdeführer zunächst zu seiner Person an, dass er am XXXX .1998 in Teheran geboren, Angehöriger der persischen Volksgruppe und Christ sei. Er sei ledig und habe in Teheran zehn Jahre lang die Grundschule besucht. Vor ca. 30 Tagen habe er den Iran illegal ohne Reisedokument verlassen und sei über die Türkei nach Griechenland gereist. Da er in Griechenland keinen Asylantrag gestellt habe, habe er einen Landesverweis erhalten und sei in der Folge ohne Schlepperunterstützung über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Ungarn nach Österreich gelangt.

Sein Heimatland habe der Beschwerdeführer verlassen, da er seine Religion habe wechseln wollen und dabei "erwischt" worden sei. Sein Vater sei ein Basiji - die Basiji seien so eine Art Revolutionsgarde - und daher sei es für ihn lebensgefährlich gewesen. Eines Abends habe der Beschwerdeführer mit seinem Vater diskutiert und ihm mitgeteilt, dass er den Islam nicht verstehe. Daher habe er sich am nächsten Tag zu einer Kirche im Iran begeben und sich taufen lassen. Dabei sei er von seinem Vater "erwischt" und in der Folge "gejagt" worden. Auch seine Freunde habe sein Vater auf ihn gehetzt. Daher habe der Beschwerdeführer seine Flucht organisiert. Da im Iran die Todesstrafe auf Konversion stehe, habe er Angst um sein Leben, da er zum Christentum konvertiert sei.

1.3. Da das Bundesamt am Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei am XXXX .1998 geboren und sohin minderjährig Zweifel hatte (vgl. hierzu "Indikatoren für Altersfeststellung"; AS 31), wurde eine Untersuchung zur Bestimmung des Knochenalters der linken Hand durch "Röntgen am Ring" veranlasst. Dem Untersuchungsergebnis vom 28.10.2015 ist zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer "GP 31, Schmeling 4" vorliegt (vgl. AS 33).

In der Folge beauftragte das Bundesamt ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Thema "Sachverständige Tatsachenfeststellung bzgl. der Unterscheidung Minder- vs. Volljährigkeit".

Das diesbezügliche Gutachten vom 11.03.2016 kommt aufgrund der Zusammenschau der Ergebnisse der radiologischen Untersuchungen der Hand, der Schlüsselbeine und des Gebisses zum Untersuchungszeitpunkt am 04.03.2016 zu einem Mindestalter von 19 Jahren. Das vom Beschwerdeführer angegebene Alter zum Untersuchungszeitpunkt von 17 Jahren und neun Monaten könne aufgrund der erhobenen Befunde aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht belegt werden (vgl. AS 81).

In der Folge wurde das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2016 auf den XXXX .1997 festgesetzt (vgl. AS 89).

1.4. Am 25.10.2016 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi. Im Rahmen dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Lediglich sein Auge sei etwas entzündet. Im Iran habe er seine Geburtsurkunde und seine nationale ID-Karte bei seinen Eltern. Er sei jedoch geflüchtet und habe keinen Kontakt zu seinen Eltern. Er sei am XXXX .1998 geboren, aber hier vom Arzt auf ein Jahr älter geschätzt worden. Sein Geburtsdatum wisse er einfach, aber weil er keine Dokumente gehabt habe, habe man ihn zum Arzt geschickt. Früher sei er schiitischer Moslem gewesen. Aber nächsten Monat werde der Beschwerdeführer getauft und gehöre einer protestantischen Kirche an. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er keine Probleme im Iran gehabt. Seine Eltern und sein Bruder würden im Heimatland leben. Darüber hinaus habe er noch sechs Onkel, sieben Tanten und zwei Großmütter. Nicht alle Angehörigen würden in Teheran leben. Eine Großmutter lebe in XXXX , im Norden des Iran. Kontakt habe er nur zu einer Tante, einer Schwester seines Vaters. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe er keine Verwandten. Er besuche einen Deutschkurs und gehe in die Kirche. Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch die Grundversorgung. In Teheran habe der Beschwerdeführer elf Jahre die Schule besucht. Er habe nur Sommerjobs und kein regelmäßiges Einkommen gehabt. Seine Eltern hätten ihn unterstützt; diese seien Beamte im Unterrichtsministerium. Der Beschwerdeführer sei nicht politisch tätig gewesen und habe auch niemals Probleme mit den Behörden im Iran gehabt.

Dezidiert zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass seine Eltern sehr religiös seien und sein Vater zu den Basiji gehöre. Sein Vater habe ihn immer dazu gezwungen, religiöse Zusammenkünfte zu besuchen, was er nicht gemocht habe. Am Schulweg gebe es eine Kirche und habe ihm sein Vater oft gesagt, er dürfe am Haus der Ungläubigen nicht vorbeigehen. Ein Schulfreund des Beschwerdeführers, dem er erzählt habe, dass er den Islam nicht wolle, habe ihm gesagt, dass er Christ sei. Ein bis zwei Wochen später habe ihn sein Freund angerufen und ihm gesagt, er würde den Beschwerdeführer am Sonntag an einem bestimmten Platz abholen. Dies habe er auch getan und den Beschwerdeführer zu einer Hauskirche geführt. In der Folge habe der Beschwerdeführer jeden zweiten Sonntag Versammlungen in der Hauskirche besucht. Es sei für ihn sehr schwierig gewesen, da er an einer "persönlichen Wende" gewesen sei und nicht gewusst habe, wie er sich entscheiden solle. Er sei ca. zehnmal in der Hauskirche gewesen und sei dort aus der Bibel gelesen sowie CDs mit Lobliedern gespielt worden. Einmal habe sein Vater sein Handy durchsucht und ihm seine Tasche abgenommen. In der Tasche habe sein Vater eine Bibel und ein Foto des Beschwerdeführers mit seinem Freund entdeckt. Als ihn sein Vater nach der Bibel gefragt habe, sei der Beschwerdeführer sofort davongelaufen. Das sei am XXXX .2015 gewesen. Dann sei er zu seiner Tante gegangen und habe sich ihr anvertraut. Ca. eine Woche sei er bei der Tante geblieben und habe sie ihm danach zur Flucht verholfen. In dieser Woche habe er das Haus nicht verlassen. Einmal habe jemand an der Tür geklopft. Das sei ein Hauptmann gewesen, der nach dem Beschwerdeführer gefragt habe. Er habe gesagt, die Hauskirche sei zerschlagen worden und seine Tante müsse helfen, den Beschwerdeführer festzunehmen. Auch sein Freund sei verhaftet worden. Seit März 2015 sei er am Christentum interessiert.

Der Beschwerdeführer bekenne sich zum protestantischen Zweig des Christentums. Er gehe am Sonntag in die Kirche, wo es auch einen Dolmetscher gebe. Am Montag gebe es Gebetsstunden. Er glaube an Gott und Jesus Christus, an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Der Beschwerdeführer sei viermal bei den Taufvorbereitungskursen gewesen. Dort sei über die Sünde, über die Entstehung der Menschheit, über die Liebe Jesus Christus und über das Bündnis Gott mit dem Volke Israel gesprochen worden. Die Taufe sei ein neues Leben in Christus. Der Heilige Geist sei der saubere Geist, der reine Geist Gottes. Der Beschwerdeführer habe die Bibel auf Persisch gelesen. Die Bibel habe 66 Bücher. An die Bergpredigt könne er sich nicht erinnern. Es gebe vier Evangelien, die der Beschwerdeführer jedoch nicht ganz gelesen habe. Auch die Bibel habe er nicht fertig gelesen. Er höre die Predigten in der Kirche. Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe in der Erstbefragung gesagt, er habe sich am Tag nach der Diskussion mit seinem Vater in der Kirche taufen lassen, gab er an, das stimme nicht. Nach einer Woche in Österreich habe der Beschwerdeführer gehört, dass man aus Traiskirchen mit einem Auto abgeholt und zur Kirche in XXXX gebracht werde. Das habe er gemacht.

1.5. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden nachstehende Unterlagen vorgelegt:

* Bestätigung von Pastor XXXX vom XXXX .2016, dass der Beschwerdeführer regelmäßiges Mitglied der Pfingstgemeinde " XXXX " ist;

* "Certificate of Baptism", demzufolge der Beschwerdeführer am XXXX .2016 getauft wurde;

* Karte von " XXXX " mit einem Stundenplan;

* (undatierte) Bestätigung der Direktion der Tourismusschule XXXX , dass der Beschwerdeführer seit XXXX .2017 die dortige Übergangsstufe besucht;

* Teilnahmebestätigung "Deutschkurse für AsylwerberInnen" auf dem Sprachniveau A1 vom XXXX .2017;

* eine Teilnahmebestätigung an einem integrativen Workshop Zirkus und Pantomime, einschließlich Deutschkurs Level 1, vom XXXX .2017;

* Abrechnung für zwölf Stunden à € 5,00 eines interkulturellen Wohnheims;

* Einladung zu einer Vorführung eines Kurzfilms in persischer Sprache, in dem der Beschwerdeführer mitgewirkt hat sowie

* eine Farbkopie eines Fotos von der Taufe des Beschwerdeführers und zwei weitere Fotos

1.6. Am 27.02.2018 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer ergänzenden Einvernahme unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme.

In weiterer Folge legte er seine iranische Wehrdienstkarte, ausgestellt am XXXX .2014, vor, der als Geburtsdatum (umgerechnet) der XXXX .1993 zu entnehmen ist (vgl. AS 181). Hierzu brachte er vor, dass er zuvor ein falsches Alter angegeben habe. Er sei am XXXX .1993 in Teheran geboren. Die Lüge tue ihm leid und er wolle jetzt die Wahrheit sagen. Er sei einmal in die Türkei gereist und habe dort eine Person kennen gelernt, die ihm das Christentum erklärt habe. Der Beschwerdeführer sei in den Iran zurückgekehrt und habe das seiner religiösen Familie erzählt. Seine Familie habe sich darüber aufgeregt, dass er sich über das Christentum erkundigt habe. Dann habe er den Iran verlassen, weil er immer wieder von anderen darauf angesprochen worden sei. Er sei in die Türkei gereist und habe dort gearbeitet, allerdings keinen Lohn bekommen. Dann sei er nach Österreich gereist und Christ geworden. Er habe sein Leben geändert und sei nicht mehr ängstlich, die Wahrheit zu sagen. Er wisse, dass er im Iran umgebracht werde und mehr Feinde habe als vorher. Sein Leben sei im Iran zerstört worden. Man habe ihm gesagt, dass er in der Türkei zum Christ geworden sei.

Das "Vater Unser" könne er auf Deutsch nicht. Er könne nur den Satz "Gott unser Vater im Himmel gib uns unser tägliches Brot." Auf die Frage nach seinem neuen christlichen Leben gab der Beschwerdeführer an, dass er am Sonntag in die Kirche gehe und an Kursen teilnehme. Letzten Sonntag sei er in der Kirche gewesen und da sei "dieser Herr" dagewesen, der über die Vergebung Gottes, den Glauben und über die Schöpfung gesprochen habe. Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe die Behörde über sein Alter getäuscht und einen falschen Fluchtgrund angegeben und auf die Frage, wie er das Bundesamt jetzt von seinem Glauben überzeugen wolle, gab er an, er habe sein Leben geändert und versuche, mehr über Jesus zu erfahren und aktiv als Christ zu leben. Er gehe in die Kirche. Zu Weihnachten sei er in der Kirche gewesen und es sei über Jesus gesprochen worden. Das nächste christliche Fest sei Pfingsten; das sei, wenn Jesus von den Toten auferstehe. Vor Pfingsten sei das Pessah Fest und Weihnachten. Auf die Frage, ob er schon etwas von Ostern gehört habe, gab der Beschwerdeführer an, das gebe es nur bei Katholiken. Er lese einmal pro Woche auf Persisch in der Bibel und sonst, wenn er es für notwendig erachte. Gestern Abend habe er im Johannesevangelium gelesen. Da habe er auch gebetet, dass ihm Gott seinen Weg zeigen solle. Auf die Frage, welche Kontakte er zur Kirche in Österreich habe, gab er an, es gebe Personen, die bezeugen könnten, dass der Beschwerdeführer in die Kirche gehe. Die Frage zu seiner inneren Überzeugung zum Christentum beantwortete er mit: "Was genau wollen Sie wissen?"; er glaube, dass Gott seinen Geist im Körper eingesetzt habe und dass dieser Sohn zur Errettung der Menschen kommen werde.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihm unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Weiters wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und unter Spruchpunkt V. gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer XXXX heiße und am XXXX .1993 in Teheran geboren sei. Seine Angaben zu seinem Alter - geboren am XXXX .1998 - seien nicht glaubwürdig. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger des Iran, stamme aus Teheran, gehöre der Volksgruppe der Perser an und sei als schiitischer Moslem geboren. Er habe der Behörde nicht glaubhaft vermitteln können, vor seiner Ausreise zum Christentum konvertiert zu sein. Der Beschwerdeführer habe elf Jahre lang die Schule besucht und diverse Sommerjobs verrichtet. Er sei ledig, habe keine Kinder und seine Angehörigen würden noch im Iran leben. Ferner sei er gesund, nehme keine Medikamente und sei arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer werde vom österreichischen Staat versorgt. Die von ihm vorgebrachten Beweggründe für das Verlassen des Herkunftsstaates seien nicht glaubhaft. Er verfüge im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte und sei die elementare Grundversorgung im Iran gegeben. In Österreich habe er keine dauerhaft zum Aufenthalt berechtigten Angehörige. Derzeit besuche er die Übergangsstufe der Tourismusschule XXXX und sei nicht Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer spreche kaum Deutsch und es könne keine Integrationsverfestigung festgestellt werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 18 bis 38 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage im Iran.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Behörde hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Alter (geboren am XXXX .1998) nicht von deren Glaubhaftigkeit ausgehe, zumal das Altersgutachten von einem Mindestalter von 19 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt am 04.03.2016 ausgehe. Weiters sei sein Geburtsdatum nach Vorlage seiner Wehrdienstkarte mit XXXX .1993 festgestellt worden. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunftsregion, Volksgruppenzugehörigkeit und zur ursprünglichen Religionszugehörigkeit würden auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren beruhen. Weiters werde auch den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem persönlichen Umfeld, zu seiner Arbeitsfähigkeit sowie Berufstätigkeit, zu seinen familiären Anknüpfungspunkten und zu seinem Gesundheitszustand Glauben geschenkt. Allerdings habe er seine Konversion zum Christentum nicht glaubhaft vermitteln können, da die von ihm präsentierte Geschichte widersprüchlich geschildert worden sei und sich auf Allgemeinplätze beschränkt habe. Der Beschwerdeführer habe bei seiner unsubstanziierten Schilderung über seine Bedrohungen keine konsistenten und nachvollziehbaren Angaben tätigen können, zumal er auch bei seinen niederschriftlichen Befragungen sein Vorbringen in Zusammenhang mit der Konversion ausgewechselt habe. Auch eine Änderung seiner inneren Überzeugung habe nicht festgestellt werden können, obwohl der Beschwerdeführer eine Bestätigung über seine Taufe durch die Pfingstgemeinde - XXXX - vom XXXX .2016 vorgelegt habe. Da der Beschwerdeführer seit November 2016 getauft sei, wäre zu erwarten gewesen, dass er über entsprechende Kenntnisse des christlichen Glaubens verfüge. Es wäre zu erwarten gewesen, dass er ein vertiefendes Wissen der christlichen Glaubensinhalte zu Protokoll geben könne, weshalb auf kein übermäßiges Interesse generell am Christentum rückgeschlossen werden könne und die Vorlage der Taufbescheinigung asylzweckbezogen gewirkt habe. Hierfür spreche auch der fehlenden Enthusiasmus an seiner neuen Religion und die eingeschränkte, selbst geschilderte Ausübung des Christentums in Österreich. Mit näherer Begründung und unter Anführung von Beispielen wurde weiters ausgeführt, dass alleine aufgrund der Teilnahmebestätigung an Gottesdiensten nicht auf eine glaubhafte Konversion und auf ein übermäßiges Interesse am christlichen Glauben geschlossen werden könne. Die Feststellungen zu den Erwerbsmöglichkeiten und zur Grundversorgung im Iran seien anhand der Länderfeststellungen getroffen worden. Betreffend die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben gebe es für die Behörde keine Gründe, warum der Beschwerdeführer hierzu unwahre Angaben gemacht haben solle. Die Feststellungen zum Iran würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass die geschilderte Konversion zum Christentum nicht glaubhaft sei und daher die Voraussetzungen für eine Asylgewährung nicht vorliegen würden. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei, elf Jahre Schulausbildung und Berufserfahrung besitze. Daher könne er sich im Fall der Rückkehr eine Existenz aufbauen. Zudem verfüge er über familiäre Anknüpfungspunkte. Seine Eltern und weitere Angehörige würden in Teheran leben. Daher sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Weiters wurde zu Spruchpunkt III. festgehalten, dass im Fall des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte hervorgekommen seien, dass Gründe für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vorlägen. Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zwar bereits erste Anstrengungen zur Integration unternommen habe, sich allerdings erst seit etwas mehr als zwei Jahren in Österreich aufhalte. Daher sei alleine aufgrund der Kürze des Aufenthalts nicht von einer verfestigten Integration in Österreich auszugehen und sohin kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Privatleben gegeben. Da kein Familienleben in Österreich vorliege, sei auch kein Eingriff in das Familienleben gegeben. Daher werde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Schließlich wurde unter Spruchpunkt V. festgestellt, dass im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig sei und unter Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde die Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer am 08.03.2018 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 26.03.2018 im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde unter Verweis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 27.02.2018 und nach Zitierung eines undatierten Berichts der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zur Apostasie im Wesentlichen ausgeführt, dass Lebensgefahr nicht nur von staatlicher Seite, sondern auch von privater Seite aus drohe und der Staat nicht gewillt sei, Apostaten vor Übergriffen zu schützen. Auch wenn die Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenke, da seine Fluchtgründe widersprüchlich und unplausibel seien, lasse sich mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zur Ausreise nicht schlüssig begründen, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft angegeben, dass er ein ernsthaftes Interesse am christlichen Glauben habe. Er sei seit drei Jahren Christ, besuche regelmäßig den Gottesdienst und habe zum Teil allgemeine Fragen zum Christentum korrekt beantworten können. Dass die in der ersten Einvernahme angegebene Fluchtgeschichte unwahr gewesen sei, tue dem Beschwerdeführer leid. In der Richtigstellung und in den wahrheitsgemäßen Angaben in der zweiten Einvernahme manifestiere sich auch sein christlicher Glaube. Bezüglich seines Geburtsdatums habe der Beschwerdeführer nicht aufgrund der eventuell positiven Verfahrensfolgen gelogen, sondern weil er gewollt habe, dass er in Traiskirchen untergebracht werde, da er sich auf der Flucht schwere Nierenprobleme zugezogen habe. Infolge seiner echten, inneren Konversion drohe dem Beschwerdeführer jedenfalls eine asylrelevante Verfolgung im Iran. Der Beschwerdeführer lebe seinen Glauben aktiv und öffentlich aus, was im Iran unmöglich sei und bei der Ausübung zu einer massiven Verfolgung des Beschwerdeführers durch den iranischen Staat führen würde. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für den Beschwerdeführer nicht.

4. Am 19.03.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi statt, an der der Beschwerdeführer und sein Vertreter teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer Verhandlung verzichtet. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Seine Augenentzündung über die er am 25.10.2016 gesprochen habe, sei schon geheilt. Im Zuge der Flucht habe er Nierenprobleme bekommen, weil er nicht auf die Toilette gehen habe können. Allerdings würden Nierenprobleme in seiner Familie liegen. Durch den Konsum von Flüssigkeiten könne er das Problem etwas vermeiden. Derzeit habe er "im Großen und Ganzen" keine Probleme mit seinen Nieren. Im Verfahren vor dem Bundesamt seien ihm die Niederschriften rückübersetzt worden und er habe die jeweiligen Dolmetscher auch gut verstanden. Allerdings habe er weder bei der Erstbefragung noch bei der ersten Einvernahme vor dem Bundesamt die Wahrheit gesagt. Die letzte Einvernahme entspreche der Wahrheit. Über sein Alter habe der Beschwerdeführer nicht die Wahrheit gesagt, da er krank und sein Leben in Gefahr gewesen sei. Daher habe er sein Alter als nicht volljährig angegeben, um in Traiskirchen aufgenommen zu werden.

An Dokumenten habe er nur die bereits vor dem Bundesamt vorgelegte Wehrdienstkarte. Der Beschwerdeführer sei am XXXX .1993 geboren. Auf Vorhalt, er habe bei der Antragstellung ein falsches - nämlich den XXXX .1998 - Geburtsdatum angegeben, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe damals nur an sein Leben gedacht. Er sei krank gewesen und habe ärztliche Versorgung gebraucht. Er habe Angst gehabt, wenn er die Wahrheit sagen würde, würde man ihn wieder in das vorherige Land zurückschicken. Er habe Jesus Christus um Hilfe gebeten, damit er die Wahrheit sagen könne. Jesus Christus habe ihm dieses Selbstbewusstsein gegeben, dann habe er die Wahrheit ausgesagt. Die Wehrdienstkarte habe er schon bei der Ausreise aus dem Iran mit sich geführt. Auf Vorhalt, das Bundesverwaltungsgericht gehe davon aus, er habe ein falsches Geburtsdatum genannt, um Vorteile im Asylverfahren zu erhalten und als er erkannt habe, dass die behauptete Minderjährigkeit durch das Altersfeststellungsgutachten widerlegt worden sei, habe er sein tatsächliches Geburtsdatum bekannt gegeben, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich nicht sehr viel jünger gemacht und habe eigentlich nur aufgenommen werden wollen. Es mache für ihn keinen Unterschied, ob man 17 Jahre und ein paar Monate oder 18 Jahre alt sei. Er habe nicht die Privilegien für Minderjährige ausnützen wollen. Er sei krank sowie hungrig gewesen und habe ein Dach über dem Kopf gebraucht. Wenn er diese Lüge hätte aufrecht erhalten wollen, hätte er dies bis zum heutigen Tag tun können. Aber der Glaube an Jesus Christus habe ihm geholfen, die Wahrheit zu sagen. Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer sei bei der Antragstellung jedoch nicht 18, sondern 22 Jahre alt gewesen, gab er an, dass er krank sowie hungrig und auf der Straße gewesen sei. Eine Person habe ihm gesagt, wenn er sein Alter niedriger angebe, würde man ihn hineinlassen und er werde betreut. Der Beschwerdeführer sei zum Lügen gezwungen gewesen. Er habe Hilfe gebraucht und in Not so gehandelt.

Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos. Er sei iranischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Mazandaran an. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er im Iran keine Probleme gehabt. Im Iran - in Teheran - würden noch seine Eltern und ein jüngerer Bruder leben. Eine Großmutter lebe in Teheran, die zweite Großmutter lebe in der Nähe der Stadt XXXX in XXXX . Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer noch fünf Tanten väterlicherseits, drei Tanten mütterlicherseits, zwei Onkel väterlicherseits und vier Onkel mütterlicherseits sowie Cousins und Cousinen. Der Beschwerdeführer sei in Teheran geboren, habe mit seiner Familie eine Zeit lang in XXXX gelebt und sei dann wieder nach Teheran gezogen. Als er selber ein Problem gehabt habe, habe er von Ende 2014 bis Anfang 2015 vier Monate lang alleine In XXXX gewohnt. Danach sei er nach Teheran gekommen. Der Beschwerdeführer stehe noch mit seiner Mutter in Kontakt. Diese wolle sich von seinem Vater scheiden lassen. Seine Mutter wisse, dass er konvertiert sei. Zu anderen Verwandten habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt. Er habe die Matura im Bereich Maschinenbau gemacht. Danach sei er zum Militär gegangen. Sein Beruf sei das Bedrucken von T-Shirts und Kleidern gewesen. Dabei habe er bei zwei verschiedenen Firmen jeweils nur für kurze Zeit gearbeitet. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt ausgesagt, sein letzter Schultag sei der XXXX .2015 gewesen und er sei bei Zugrundelegung seines tatsächlichen Geburtsdatums damals schon über 21 Jahre alt gewesen, gab der Beschwerdeführer an, er habe falsche Angaben machen müssen, damit die Daten übereinstimmen würden. Seinen Lebensunterhalt habe er im Iran durch eigene Arbeit bestritten. Die wirtschaftliche Situation sei etwas unter dem Durchschnitt gewesen. Zu den mit der Ladung übermittelten Länderberichten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Lage im Iran wollte der Vertreter des Beschwerdeführers keine Stellungnahme abgeben.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er alleine in einem Flüchtlingsquartier lebe und in Österreich keine Verwandten habe. Er habe auch keine Freundin. Deutschkurse habe er gemacht und sich im September 2018 in einer HTL habe einschreiben wollen, die er jedoch nicht besuchen habe können, weil er nicht in Wien, sondern in Niederösterreich wohne. Zuvor sei er in einer anderen HTL gewesen. Der Beschwerdeführer lebe von der Grundversorgung. Manchmal mache er gemeinnützige Arbeiten und auch Arbeiten gegen Bezahlung im Flüchtlingsheim wie beispielsweise Rasen mähen, Straßenreinigung und Reinigung im Flüchtlingsquartier. Im Rahmen der gemeinnützigen Tätigkeit habe er auch im Bereich "Film" gearbeitet. Ausbildungen habe er in Österreich nicht absolviert. Der Beschwerdeführer besuche die Kirche. Letzte Woche habe er einen IT-Kurs, der durch die Kirche organisiert worden sei, besucht. Dieser Kurs finde viermal für vier Tage im Abstand von sechs Monaten statt. Derzeit besuche er auch einen Kurs in der Kirche, wo es um das grundlegende Wissen über die Religion gehe. Der Beschwerdeführer habe sehr viele Freunde in Österreich. Er sei froh, dass er in Österreich sei.

Zu seinen Reisebewegungen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe den Iran im XXXX des Jahres 1394 [Anm.: zwischen XXXX .2015 und XXXX .2015] verlassen und sei in die Türkei gereist, wo er gearbeitet habe. Allerdings sei er um sein Geld betrogen worden und habe ihm die Familie seiner Tante väterlicherseits geholfen, indem sie in die Türkei gekommen sei und einen Schlepper organisiert habe. Schlepperunterstützt sei er dann nach Griechenland gebracht worden und sei von dort aus über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien mit dem Zug nach Ungarn gefahren. Aus Ungarn sei er zu Fuß über die österreichische Grenze gekommen und habe ein Taxi nach Wien genommen. Die gesamte Reise habe weniger als eine Woche gedauert. In Griechenland, Kroatien, Slowenien oder Ungarn habe er keinen Asylantrag gestellt, da diese Länder nicht seine Zielländer gewesen seien.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, er habe nach Ableistung seines Wehrdienstes im Jahr 2014 den Iran verlassen. Außerhalb des Iran habe er eine Person kennen gelernt, die mit ihm über das Christentum gesprochen habe. Damals habe er jedoch noch kein Interesse am Christentum gehabt und sei in den Iran zurückgekehrt. Mit Freunden und mit seiner Familie habe er über "das Thema" gesprochen. Außerhalb des Iran habe der Beschwerdeführer das Christentum nicht akzeptiert bzw. nicht angenommen. Als er in den Iran zurückgekehrt sei, habe er nachgedacht und habe dann Christ werden wollen. Dann hätten seine Probleme begonnen. Der Grund seiner Probleme sei gewesen, dass er mit Freunden und der Familie über "dieses Thema" gesprochen habe. Die Freunde seien in der Sepah oder Basiji oder in der Moschee tätig gewesen. Der Beschwerdeführer sei von ihnen diskriminiert und unter Druck gesetzt worden. Daher sei er nach XXXX umgezogen. Er sei auch mit dem Tod bedroht worden. Alle seine Verwandten hätten "davon" erfahren; die Verwandten seien alle sehr religiös eingestellt. Der Beschwerdeführer sei dazu gezwungen gewesen, seinen Wohnort zu wechseln, weil sich alle in sein Privatleben eingemischt hätten und ihn von der Konversion abbringen wollten. Eines Tages habe er zu beten begonnen. Zu dieser Zeit habe er Jesus Christus nicht gekannt, da man im Iran nicht die Möglichkeit habe, sich über andere Religionen zu informieren. Wenn man im Iran konvertiere, werde man als abtrünnig bezeichnet und zum Tode verurteilt. Der Beschwerdeführer habe zu Jesus Christus gebetet und habe einen oder zwei Tage nach dem Gebet eine Stimme in seinem Ohr gehört, die ihm gesagt habe, er solle von dort weggehen. In seinen Gedanken habe er viele Sachen, die später vorgefallen seien, schon vor der Ausreise aus dem Iran gesehen. Es sei wie ein Wunder gewesen. Der Beschwerdeführer sei oft bedroht und auch geschlagen worden. Später habe er von einem Freund erfahren, dass geplant gewesen sei, ihn der Polizei zu übergeben. Er habe jedoch den Iran verlassen können, bevor er festgenommen worden sei. Nachgefragt, gab der Beschwerdeführer an, mit "2014 außerhalb des Iran" meine er, dass er in der Türkei, in Istanbul gewesen sei. Dort sei er ungefähr von XXXX .2014 bis XXXX .2014 gewesen. Die Person, die ihm vom Christentum erzählt habe, sei eine "ganz normale" Person gewesen. Den Namen und das Gesicht habe der Beschwerdeführer vergessen. Er sei im Iran weder getauft worden noch habe er Hauskirchen oder Ähnliches besucht. Er sei "auf der Suche" gewesen, habe jedoch gleichzeitig Angst gehabt, dass ihm etwas passieren könne. Im Iran habe er weder eine Bibel gehabt noch in der Bibel gelesen. Viele seiner Angaben in der Ersteinvernahme hätten nicht der Wahrheit entsprochen. Das, was er heute aussage, sei die reine Wahrheit. Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer bringe in der mündlichen Verhandlung erstmals vor, dass er bei der Polizei angezeigt sowie, dass er bedroht und geschlagen worden sei, gab er an, er habe "das" gesagt, es könne sein, dass es nicht niedergeschrieben worden sei. Bei der zweiten Einvernahme sei er nicht ausführlich befragt worden.

In Österreich habe er jemanden kennen gelernt, der ihm gesagt habe, er könne in die Kirche in XXXX fahren. Eine Woche nach seiner Ankunft sei der Beschwerdeführer in diese Kirche gegangen und habe dort auch sein Glaubensbekenntnis abgelegt. Bis er nach XXXX umgezogen sei, habe er regelmäßig diese Kirche besucht und sei dort auch getauft worden. Jesus Christus sei die Person, die ihm Ruhe verleihe. Die Frage, wie die Kirche in XXXX heiße, beantwortete der Beschwerdeführer dahingehend, dass er von einer Visitenkarte " XXXX " XXXX ablas. In XXXX besuche er ebenfalls die Kirche und zwar die Freikirche XXXX . Er gehöre dem protestantischen Bekenntnis an. Seine Glaubensrichtung sei sowohl evangelisch als auch protestantisch. Die Freikirche sei ein Zweig der protestantischen Kirche und habe zu seinem Glauben besser gepasst. Befragt nach den Glaubensinhalten gab der Beschwerdeführer an, dass sie an Vater, Sohn und Heiligen Geist glauben würden. Wenn man an Jesus Christus glaube, werde man als Gottes Söhne anerkannt. Die Taufe sei ein Symbol, das zeige, dass sich jemand von den Sünden entfernen und beichten wolle. Er sei von zwei Personen getauft worden. Auf die Frage, ob das Männer oder Frauen gewesen seien bzw. wie diese heißen würden, gab der Beschwerdeführer an, es seien ein Mann und eine Frau gewesen. Er nehme an den Kursen teil und gehe am Sonntag in die Kirche. In der Messe werde zuerst gebetet, dann werde der Tagesablauf angekündigt und würden religiöse Lieder gesungen. Gott werde hochgepriesen und es werde nochmals gesungen. Dann komme die Predigt. Auf die Frage nach seiner inneren Überzeugung gab der Beschwerdeführer an, wenn man Jesus Christus akzeptiere und ihn als Rettung erkenne, werde Jesus Christus helfen, sich von den Sünden fern zu halten. Das sei der Fall, wenn man das von Gott möchte und das auch akzeptiere. Man müsse auch daran glauben, dass sich Jesus Christus habe kreuzigen lassen, um die Sünden zu reinigen. Nachdem er sich nicht gut Sachen merken könne, schreibe er sich Sachen auf. In der Folge las der Beschwerdeführer einen Vers aus seinem Notizbuch und gab dazu an, dass ihm dieser Vers das Gefühl gebe, dass allein der Glaube an Jesus Christus helfe, seine Ziele zu verfolgen und zu erreichen. Der Beschwerdeführer habe seine Ruhe im Christentum gefunden. Im Islam gehe es nur ums töten. Man könne auch nicht in Ruhe in der eigenen Muttersprache zu seinem Gott beten. Die Gebete seien arabisch und niemand verstehe, welche Texte das seien. Bei einer Rückkehr in den Iran befürchte der Beschwerdeführer, dass er nicht frei sein könne, sich als Christ anzugeben. Er habe Angst, getötet zu werden.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen (in Kopie zum Akt genommen) vor:

* Arztbrief eines Landesklinikums vom XXXX .2015 betreffend eine Abdomen-Untersuchung samt Blutbild und einer Ernährungsempfehlung (Beilage ./1);

* Ambulanzkarte eines Landesklinikums vom XXXX .2015 samt Blutbild ohne Auffälligkeiten und mit der Diagnose "Ausschluss Appendizitis" (Beilage ./2);

* sechs Bestätigungen über die Leistung gemeinnütziger Arbeiten (Beilagenkonvolut ./3);

* Teilnahmebestätigung am Workshop " XXXX " vom XXXX .2018 (Beilage ./4);

* Teilnahmebestätigung "Basisbildung" seit XXXX .2018 (Beilage ./5);

* Halbjahres-Feedback einer Höheren Bundeslehranstalt für Tourismus und wirtschaftliche Berufe vom XXXX .2018 (Beilage ./6);

* zwei Empfehlungsschreiben (Beilagenkonvolut ./7);

* Absage-E-Mail des Direktors eines Abendgymnasiums vom XXXX .2018 (Beilage ./8) und

* Karte mit einem Hinweis auf ein Youtube-Video (Beilage ./9)

Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer eine 154-seitige Unterrichtsmappe in Farsi vor, bei der es sich um die Unterlagen für den Religionsunterricht seiner Kirche handelt; weiters seine Mitschrift des IT-Kurses in Farsi und 18 Fotos, die den Beschwerdeführer bei diversen Aktivitäten zeigen. Diese Unterlagen werden dem Beschwerdeführer nach Einsicht zurückgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der bereits im Zeitpunkt der Antragstellung volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Iran und Zugehöriger der Volksgruppe der Mazandaran . Er stammt aus der iranischen Hauptstadt Teheran, wo seine Eltern und sein jüngerer Bruder nach wie vor aufhältig sind. Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt verließ der Beschwerdeführer den Iran und begab sich unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 14.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen eines von ihm gegenüber Freunden und Familienangehörigen geäußerten Interesses am Christentum einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten der religiös eingestellten Verwandten und/oder der Freunde, die in der Sepah oder in der Moschee tätig sind, ausgesetzt ist. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer festgenommen hätte werden sollen bzw. ihm Verfolgung von Seiten des iranischen Staates droht. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Pfingstgemeinde " XXXX " in XXXX ist und dort am XXXX .2016 getauft wurde. Ein über den fallweisen Besuch von Gottesdiensten hinausgehendes Engagement in dieser oder einer anderen Freikirche kann nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist. Bei der behaupteten Konversion des Beschwerdeführers handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Iran aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Mazandaran einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schwerwiegenden psychischen noch an einer schwerwiegenden physischen Krankheit. Er ist ledig und kinderlos bzw. ohne Obsorgeverpflichtungen im Herkunftsstaat. Abgesehen von seinen Eltern und von seinem jüngeren Bruder verfügt der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat noch über zwei Großmütter, mehrere Tanten und Onkel sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits sowie über Cousins und Cousinen. Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage im Iran. Im Iran hat er die Schule mit Matura im Bereich Maschinenbau abgeschlossen und hat nach Absolvierung seines Militärdienstes seinen Lebensunterhalt mit dem Bedrucken von T-Shirts und Kleidern verdient. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer über eine mit Matura abgeschlossene Schulbildung sowie über Berufserfahrung verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Iran ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 14.10.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Fallweise verrichtet er kleinere Arbeiten gegen Bezahlung in der Flüchtlingsunterkunft, in der er lebt und ist manchmal auch gemeinnützig tätig. In Österreich hat er zumindest einen Deutschkurs gemacht und ist in der Lage, sich in einfachen Worten in deutscher Sprache zu verständigen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer zumindest einige Monate eine Tourismusschule besucht, hat an Workshops teilgenommen und besucht einen IT-Kurs. Der Beschwerdeführer verfügt über keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden, hat jedoch einen Freundeskreis in Österreich.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage im Iran:

1.2.1. Politische Lage:

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6.2018a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).

Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).

Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 6.2018a, FH 1.2018, BTI 2018).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind

Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).

Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6.2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6.2018a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).

Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB Teheran 9.2017).

Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.2018a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450, Zugriff 20.6.2018;

* AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran;

* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 22.3.2018;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html, Zugriff 21.3.2018;

* Kurier (9.5.2018): Trump kündigt Iran-Abkommen: So reagiert die Weltgemeinschaft,

https://kurier.at/politik/ausland/trump-kuendigt-iran-abkommen-so-reagiert-die-weltgemeinschaft/400033003, Zugriff 25.6.2018;

* GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a):

Geschichte und Staat Iran,

https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 25.4.2018 und

* ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

1.2.2. Sicherheitslage:

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in Teheran zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMeiA 20.6.2018).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am

6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (20.6.2018b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396, Zugriff 20.6.2018;

* BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/, Zugriff 20.6.2018 und

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.6.2018): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html, Zugriff 20.6.2018

1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 9.2017).

Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Obwohl das Beschwerderecht garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 20.4.2018). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die unter Anwendung von Folter gemacht wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 18.1.2018). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 18.1.2018).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 15.8.2017).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abwe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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