Entscheidungsdatum
18.06.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W250 2217087-1/17E
Schriftliche Ausfertigung des am 12.04.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch RA Mag. Sabine ZAMBAI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.04.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 30.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Italien.
2. Am 17.07.2017 wurde der BF in XXXX von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und am 18.07.2017 von der Landespolizeidirektion XXXX einvernommen. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er XXXX heiße, am XXXX geboren und senegalesischer Staatsangehöriger sei. Er sei am 02.07.2017 von Italien kommend nach Österreich eingereist um seine Freundin in XXXX zu besuchen. An einer schwerwiegenden Krankheit leide er nicht und er habe einen Wohnsitz in Italien. Über Familienangehörige verfüge er in Österreich nicht, er könne aber bei seiner namentlich genannten Freundin wohnen. In Italien habe er einen positiven Asylbescheid erhalten. Er habe seine Tasche, in der sich seine Dokumente befunden haben verloren oder die Tasche sei ihm gestohlen worden. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde dem BF mitgeteilt, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte.
Am 02.08.2017 wurde der BF erneut von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in XXXX aufgegriffen und neuerlich von der Landespolizeidirektion XXXX niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF wiederum seine bereits am 18.07.2017 genannten Identitätsdaten an. Als Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich nannte er den 02.06.2017. Ergänzend gab er an, dass er selbstständig nach Italien reisen wolle, da er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe. Er sei seit 2015 anerkannter Flüchtling in Italien und habe eine bis 27.12.2017 gültige italienische Aufenthaltsberechtigung.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2017 wurde als gelinderes Mittel die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung angeordnet.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist. Da dem Bundesamt weder eine Abgabestelle bekannt war noch eine solche festgestellt werden konnte wurde der Bescheid vom 03.08.2017 durch Hinterlegung im Akt zugestellt.
Am 12.09.2017 wurde der BF in XXXX aufgegriffen und gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Landespolizeidirektion XXXX im Wesentlichen an, dass er nach Italien gehen wolle. Bei dieser Einvernahme gab er neuerlich seine am 18.07.2017 angegebenen persönlichen Daten an. Nach Anordnung der Schubhaft über den BF wurde er am 02.10.2017 nach Italien überstellt.
3. Am 01.12.2017 wurde der BF nach illegaler Einreise aus Italien kommend im Bundesgebiet aufgegriffen und nach Italien zurückgeschoben.
4. Nach neuerlicher unrechtmäßiger Einreise stellte der BF am 25.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner Erstbefragung am 25.01.2018 nannte er die im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Identitätsdaten und gab im Wesentlichen an, dass er nicht nach Italien zurückkehren könne, da sein Asylverfahren negativ abgeschlossen und auch die von ihm eingelegte Berufung negativ beschieden worden sei.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Italien für die Prüfung des Antrages zuständig ist. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist. Dieser Bescheid wurde dem BF am 08.03.2018 persönlich zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
5. Der BF befand sich von 25.01.2018 bis 16.03.2018 in Schubhaft. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.03.2018 wurde als gelinderes Mittel die periodische Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion angeordnet. Dieser Meldeverpflichtung kam der BF nach und wurde am 20.06.2018 nach Italien überstellt.
6. Seit 02.07.2018 verfügt der BF unter seinen am 25.01.2018 angegebenen Identitätsdaten über eine Meldeadresse im Bundesgebiet.
7. Auf Grund einer Verständigung durch das zuständige Standesamt über die Ermittlung der Ehefähigkeit wurde das Bundesamt auf den neuerlichen Aufenthalt des BF in Österreich aufmerksam und führte am 22.02.2019 nach erfolgter Ladung eine Einvernahme des BF durch. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er keinen Aufenthaltstitel in Italien habe. Trotz ausdrücklicher Aufforderung in der Ladung vom 28.01.2019 legte der BF seinen Reisepass dem Bundesamt nicht vor. Die bisher von ihm bekannt gegebenen falschen Identitätsdaten seien ein Irrtum der italienischen Behörden, er habe dort seinen richtigen Namen angegeben. Auch in Österreich habe er seine Daten richtig stellen wollen, doch sei dies nur auf Grund von Originaldokumenten möglich gewesen, die er jedoch nicht besessen habe. Die Einreisebestimmungen habe er missachtet, da er in Italien ein Bleiberecht aber keine Möglichkeit gehabt habe, sich dort den Lebensunterhalt zu verdienen. Er wolle mit seiner Verlobten und deren Kindern zusammenleben.
8. Der BF stellte am 22.02.2019 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG. Über diesen Antrag wurde bisher nicht entschieden.
9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.03.2019 wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 3 FPG aufgetragen, binnen drei Tagen bis zu seiner Ausreise in einer bestimmten Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 01.04.2019 an seiner Meldeadresse zugestellt. Der mit diesem Bescheid angeordneten Verpflichtung kam der BF nicht nach.
10. Am 05.04.2019 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG. Auf Grund dieses Festnahmeauftrages wurde der BF am 05.04.2019 festgenommen.
11. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.04.2019 wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass gegen den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Italien erlassen worden sei, welche in Rechtskraft erwachsen sei. Dem diesbezüglichen Verfahren habe sich der BF entzogen. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist und könne mangels Dokumenten nicht aus eigenem ausreisen. Der BF habe sich den italienischen und den österreichischen Verfahren und Behörden entzogen und versucht durch die Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin zu einem Aufenthaltstitel zu gelangen. Der BF sei in Österreich nicht beruflich verankert, er habe eine Freundin, die ihm trotz Kenntnis seines illegalen Aufenthaltes Quartier gewähre. Entsprechend seines bisherigen Verhaltens liege auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1 bis 8 FPG Fluchtgefahr vor. Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig, da das Bundesamt einen Termin für die Überstellung des BF nach Italien organisieren werde, um ihn ehebaldigst zu überstellen, sodass die Schubhaft so kurz wie möglich gestaltet werde. Aus dem bisherigen Verhalten des BF könne geschlossen werden, dass ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege, da der BF der Wohnsitzauflage nicht nachgekommen sei. Auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne nicht das Auslangen gefunden werden, da sich der BF bereits dem italienischen als auch dem österreichischen Verfahren und den Behörden entzogen habe und auch die Wohnsitzauflage nicht erfüllt habe, weshalb das Bundesamt begründet annehmen könne, dass sich der BF der Außerlandesbringung entziehen werde. Der BF sei auch nach bereits zwei Mal erfolgter Außerlandesbringung wieder illegal eingereist.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 05.04.2019 persönlich zugestellt.
12. Am 07.04.2019 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 05.04.2019. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass er 2017 illegal in das Bundesgebiet eingereist und bemüht gewesen sei, seine Identität aufzuklären. Er habe auf der Reise nach Österreich seine Dokumente verloren und dies aus eigenem der Behörde zur Anzeige gebracht und seine wahre Identität angegeben. Er sei in Haft genommen, jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Als er seiner Ausreiseverpflichtung habe nachkommen wollen, sei er auf dem Weg nach Italien ohne Papiere aufgegriffen und festgenommen worden. Nach seiner Abschiebung nach Italien sei er von den italienischen Behörden nicht in die Asylbetreuung aufgenommen worden, weshalb er die nächsten Monate unterstandslos auf der Straße verbringen habe müssen. Er habe weder über Geld noch über eine Krankenversicherung verfügt. Am 25.01.2018 sei der BF zu seiner Freundin nach Österreich gereist und habe einen Asylantrag gestellt. Er sei bestrebt gewesen, dieses Verfahren unter seiner wahren Identität zu führen. Es sei ihm bisher keine Entscheidung übermittelt worden, weshalb davon auszugehen sei, dass dieses Asylverfahren noch aufrecht sei. Dennoch sei der BF am 20.06.2018 wieder nach Italien abgeschoben worden und habe dort wieder unter erbärmlichen Umständen auf der Straße gelebt. Anfang Juli sei der BF zu seiner Verlobten und deren Kindern, für die er wie ein Vater sei, zurückgekehrt. Er versorge die Kinder, bringe und hole sie vom Kindergarten, bringe sie zu Untersuchungen und nehme an Kindergartenveranstaltungen teil. Seit seiner Rückkehr sei er an der Adresse seiner Verlobten gemeldet und wohnhaft. An dieser Adresse könnten ihm auch sämtliche Schriftstücke zugestellt werden. Er habe im Februar 2019 mit seiner Verlobten einen Einvernahmetermin beim Bundesamt wahrgenommen, alle Dokumente übergeben und aus eigenem bekannt gegeben, dass er am 05.04.2019 heiraten werde. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt ins Verborgene begeben sondern sei stets greifbar und verfügbar gewesen. Selbst das 2018 verhängte gelindere Mittel einer täglichen Meldung bei der Polizei habe er lückenlos erfüllt. Der BF habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass er Österreich nicht freiwillig verlassen wolle. Er habe Deutschkurse besucht und A2 positiv abgeschlossen. Obwohl der BF nach seiner Festnahme kooperativ mit der Behörde agiert habe, habe die Behörde den angefochtenen Mandatsbescheid erlassen. Der Bescheid sei daher bereits aus diesen Gründen rechtswidrig.
Hinsichtlich des angefochtenen Bescheides liege Aktenwidrigkeit vor, da die Behörde ausführe, dass der in Österreich gestellte Asylantrag negativ beschieden worden sei. Die Behörde stelle auch fest, dass der BF den Asylantrag gestellt habe, um das Verfahren zu verzögern. Diesbezüglich lägen jedoch keinerlei Beweisergebnisse vor und widerspreche diese Feststellung auch den Tatsachen. Dem BF sei tatsächlich jedoch nie ein negativer Asylbescheid zugestellt worden, weshalb das Asylverfahren in Österreich auf Grund eines Zustellmangels noch offen sei. Der angefochtene Bescheid habe daher auf Grund des nicht abgeschlossenen Asylverfahrens in Österreich nicht erlassen werden dürfen.
Die Behörde führe auch aus, dass sich der BF im Juli bei seiner Lebensgefährtin abgemeldet habe. Der BF habe sich jedoch im Juli bei seiner Lebensgefährtin angemeldet und sei seither an dieser Adresse aufhältig. Diese Aktenwidrigkeit sei wesentlich, da der BF entgegen den Feststellungen der Behörde greifbar gewesen sei. Da sich der BF - entgegen den Behauptungen der Behörde - der Behörde nicht entzogen habe, leide der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund an Rechtswidrigkeit.
Die Behörde erachte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Sinne einer vorgreifenden Beweiswürdigung die Schubhaft als angemessen und verhältnismäßig. Gerade dies sei aber nicht objektiv geprüft worden und sei die Wahl des Mittels zur Sicherung der Überstellung überschießend und keinesfalls angemessen erfolgt.
Dem BF sei jedenfalls die Möglichkeit genommen worden, ein gesetzeskonformes Verfahren zu erhalten, weshalb ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliege. Bei einem gesetzeskonformem Verhalten hätte die Behörde festgestellt, dass der BF kooperativ sei und keine Fluchtgründe vorlägen. Dadurch habe die Behörde ein an Willkür grenzendes Verhalten gesetzt. Die Behörde habe sich auf Grund vorgreifender Beweiswürdigung nicht mit der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft auseinandergesetzt und dem BF unterstellt, er habe einen Asylantrag zur Verfahrensverzögerung gestellt und habe die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur schließen wollen, um seinen illegalen Status zu legalisieren. Dabei übersehe die Behörde, dass sie hier ihre Kompetenz und ihr Ermessen überschieße. Die Behörde verkenne, dass die Eheschließung nicht vom Aufenthaltstitel eines Verlobten abhänge und nicht der Zustimmung des Bundesamtes unterliege. Die Behörde verkenne die Rechtslage, wenn sie zu Ungunsten des BF feststelle, dass dieser durch die Heirat den illegalen Status legalisiere. Auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung gelange die Behörde zu für den BF nachteiligen Feststellungen und erlasse auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung den angefochtenen Mandatsbescheid. Die Behörde habe daher dadurch Willkür geübt, dass sie es unterlassen habe, eine nachvollziehbare Begründung dahingehend vorzunehmen, weshalb die Anordnung von Schubhaft erforderlich gewesen sei. Insofern seien der Behörde grobe Begründungsmängel unterlaufen.
Der angefochtene Bescheid sei ohne Rechtsgrundlage erlassen worden. Die Behörde beziehe sich auf die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 und zitiere diesbezüglich § 76 iVm § 57 AVG. Diese Rechtsgrundlage sei nicht geeignet, die Schubhaft zu verhängen. Mangels Rechtsgrundlage sei der Bescheid sohin bereits aus diesem Grund zu beheben. Selbst wenn man davon ausgehe, dass § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zur Anwendung gelangen solle, so leide der Bescheid dennoch an Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Behörde habe gerade die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des BF zu Ungunsten des BF nicht vorgenommen. Es bleibe unberücksichtigt, dass der BF aus eigenem beispielhaft mit der Behörde Kontakt aufgenommen habe, seine Identität offen gelegt habe, die Dokumente übergeben habe und seinen Hochzeitstermin dargelegt habe. Auf Grund richtiger rechtlicher Beurteilung habe daher keine Fluchtgefahr festgestellt werden können. Die Anordnung der Schubhaft sei unverhältnismäßig. Da der BF in einer aufrechten Beziehung lebe, sei eine Flucht wohl eher denkunmöglich.
Die Behörde habe sich mit der Gesamtsituation in keinster Weise auseinandergesetzt und daher einen unverhältnismäßigen Mandatsbescheid erlassen, welcher nunmehr an Rechtswidrigkeit leide. Die Behörde verkenne, dass ein gelinderes Mittel anzuwenden sei. Die Behörde unterliege deshalb einer fehlerhaften Ermessensübung, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben sei.
Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, festzustellen, dass der Mandatsbescheid vom 05.04.2019 und die Anhaltung rechtswidrig seien sowie den Mandatsbescheid ersatzlos zu beheben und die Anhaltung aufzuheben.
13. Das Bundesamt legte am 08.04.2019 den Verwaltungsakt vor und gab am 09.04.2019 eine Stellungnahme ab, aus der sich nach einer ausführlichen Schilderung des Sachverhaltes insbesondere ergibt, dass das mit Italien eingeleitete Konsultationsverfahren durch den BF verzögert werde, da er sich standhaft weigere, an der erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.
Das Bundesamt beantragte die Beschwerde abzuweisen, festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen sowie dem Bundesamt Kostenersatz in der gesetzlichen Höhe zuzuerkennen.
14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.04.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Englisch, im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers sowie von zwei Vertretern des Bundesamtes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer sowie die in der Beschwerde beantragte Zeugin befragt wurden. Der BF gab im Wesentlichen an, dass er am 30.10.2014 einen Asylantrag in Italien gestellt habe, wobei sein Name falsch buchstabiert worden sei. Sein Geburtsdatum habe er korrekt angegeben, jedoch sein von den italienischen Behörden das Geburtsjahr mit XXXX angesetzt worden, um den BF in die Kindergruppe zu bringen. Als Staatsangehörigkeit habe er Senegal angegeben, da man als Gambier keine Chance bekomme. Den Stand seines Asylverfahrens in Italien kenne er nicht. Im Juli 2017 sei er zum ersten Mal nach Österreich gekommen um seine Freundin zu besuchen. Damals habe er über einen noch sechs Monate gültigen Aufenthaltstitel in Italien verfügt, den er verloren habe. Er habe in Österreich eine Verlustanzeige darüber gemacht. Gewohnt habe er damals bei seiner Freundin, gemeldet sei er nicht gewesen. Bei seiner Einvernahme durch die Polizei habe er angegeben, XXXX zu heißen, am XXXX geboren worden zu sein und aus Senegal zu stammen. Am 02.10.2017 sei er zum ersten Mal von Österreich nach Italien abgeschoben worden. Im Dezember 2017 habe er in Österreich um Asyl ansuchen wollen, sei jedoch nach Italien zurückgeschoben worden. Er habe nicht gewusst, dass in Österreich eine aufrechte Anordnung zur Außerlandesbringung bestehe und er nicht einreisen durfte, über die Einreisebestimmungen habe er sich nicht informiert. Er sei danach am 24.01.2018 nach Österreich eingereist und habe am 25.01.2018 in Österreich einen Asylantrag gestellt. Der Stand seines Asylverfahrens in Italien sei ihm damals nicht bewusst gewesen. Ab 25.01.2018 sei er in Schubhaft angehalten worden und sei in den Hungerstreik getreten, um wieder nach Hause zu kommen. Im Juni 2018 sei er zum letzten Mal nach Italien abgeschoben worden. Am 01.07.2018 sei er wieder nach Österreich eingereist. Er habe über einen Reisepass verfügt und sich am 02.07.2018 an der Adresse seiner Freundin angemeldet. Den Stand seines Asylverfahrens in Italien zu diesem Zeitpunkt kenne er nicht. Seiner mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019 auferlegten Verpflichtung an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen, sei er nicht nachgekommen, da seine Frau bei der auf dem Bescheid genannten Telefonnummer angerufen habe, um mitzuteilen, dass der BF in den nächsten fünf Tagen heiraten werde. Daraufhin sei von der Polizei gesagt worden, dass man in zwei Wochen eine Berufung machen könne und er es nicht so eilig machen müsse. Er habe angenommen, dass er sich seit er über einen Meldezettel verfügt habe rechtmäßig in Österreich aufhalte. Mit dem Bundesamt habe er nicht Kontakt aufgenommen. Seit seiner Festnahme sei er einmal aufgefordert worden, seine Fingerabdrücke abzugeben. Er habe das nicht gemacht, da er den Grund dafür nicht gewusst habe. Aus der Schubhaft entlassen würde er sich an der Adresse seiner Verlobten aufhalten, der mit Bescheid des Bundesamtes auferlegten Unterkunftnahme werde er nicht nachkommen, da er zwei Kinder habe, mit denen er gerne beisammen sein wolle. Nach Italien werde er nicht ausreisen, außer vom Bundesamt werde dies verlangt. Er habe in Österreich keine Verwandten, seine leibliche Familie lebe in Gambia und Senegal. Die Freunde seiner Freundin seien nunmehr auch seine Freunde. Einer legalen Beschäftigung sei er bislang in Österreich nicht nachgegangen und er besitze kein Vermögen. Seinen Aufenthalt in Österreich habe er sich seit Juli 2018 durch seine Verlobte finanziert.
15. Mit Schriftsatz vom 18.04.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht am 25.04.2019, beantragte der BF die schriftliche Ausfertigung des am 12.04.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang
Der unter I.1. bis I.15. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Der BF ist volljährig und ein Staatsangehöriger Gambias, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.
2.2. Der BF ist gesund und nimmt keine Medikamente ein.
2.3. Der BF wird seit 05.04.2019 in Schubhaft angehalten.
3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr
3.1. Der BF hat am 30.10.2014 in Italien und am 25.01.2018 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz gestellt, entsprechend den Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung ist Italien für das Asylverfahren des BF zuständig.
3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2017 wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen, dem diesbezüglichen Verfahren hat sich der BF entzogen, sodass eine Zustellung dieses Bescheides durch Hinterlegung im Akt erfolgte. Auf Grund dieses Bescheides wurde der BF am 02.10.2017 nach Italien überstellt. Er reiste am 01.12.2017 sowie am 24.01.2018 trotz aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung wieder nach Österreich ein.
3.3. Der BF stellte am 25.01.2018 einen Asylantrag in Österreich. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2017 erlassene Anordnung zur Außerlandesbringung noch aufrecht und es lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Auf Grund dieses Bescheides wurde der BF am 20.06.2018 nach Italien überstellt. Er reiste am 01.07.2018 trotz aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung wieder nach Österreich ein.
3.5. Die mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 erlassene Anordnung zur Außerlandesbringung ist weiterhin aufrecht. Es liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.6. Der BF hat sich durch seine unrechtmäßigen Einreisen von Italien nach Österreich seinem Asylverfahren in Italien bzw. seiner Abschiebung aus Italien entzogen.
3.7. Der BF hat die mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019 erlassene Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 57 FPG verletzt indem er nicht innerhalb der vom Bundesamt festgesetzten Frist in der vom Bundesamt festgesetzten Betreuungseinrichtung Unterkunft genommen hat. Zu diesem Zeitpunkt lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.8. Der BF verweigert die Mitwirkung an der erkennungsdienstlichen Behandlung und verzögert dadurch das Überstellungsverfahren.
3.9. Dem mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.03.2018 angeordneten gelinderen Mittel kam der BF nach.
3.10. Der BF verfügt seit 02.07.2018 über eine Meldeadresse in Österreich, an der er für das Bundesamt erreichbar war. Das Bundesamt erlangte erst durch die Verständigung des Standesamtes XXXX vom Aufenthalt des BF in Österreich Kenntnis.
3.11. Der BF gab in Österreich unterschiedliche Identitätsdaten betreffend seinen Vor- und Nachnamen, sein Geburtsdatum, seine Staatsangehörigkeit und die Namen seiner Eltern, an.
4. Familiäre und soziale Komponente
4.1. In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen des BF.
4.2. Der BF wohnt bei seiner Freundin, die er zu heiraten beabsichtigt, sowie bei den beiden Kindern seiner Freundin. Über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt der BF nicht. Er hat Freunde und Bekannte im Bundesgebiet.
4.3. In Österreich geht der BF keiner legalen Beschäftigung nach, er verfügt über kein Vermögen. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er auf Grund der finanziellen Unterstützung durch seine Freundin.
4.4. Die Verlobte des BF gewährte ihm während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Jahr 2017 sowie seit seiner unrechtmäßigen Einreise am 01.07.2018 Unterkunft.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes und den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes und dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Die Identität des BF steht fest, da er über einen von 09.05.2018 bis 09.05.2023 gültigen Reisepass der Republik Gambia verfügt, bei dem es sich entsprechend der Mitteilung des Bundesamtes vom 09.04.2019 um ein unbedenkliches Dokument handelt. Eine Kopie dieses Dokumentes liegt im Akt des Bundesamtes ein. Aus diesem Dokument ergibt sich, dass der BF ein volljähriger Staatsangehöriger Gambias ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich im Verwaltungsakt ebensowenig wie dafür, dass er Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist. Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde rechtskräftig zurückgewiesen. Die Unbescholtenheit des BF konnte nach einer Einsichtnahme in das Strafregister festgestellt werden.
2.2. Hinweise auf eine Erkrankung des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Insbesondere gab der BF bei seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 22.02.2019 an, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Auch in seiner Beschwerde vom 07.04.2019 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden keine gesundheitlichen Probleme des BF vorgebracht und gab der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass er sich geistig und körperlich in der Lage fühle, an der Verhandlung teilzunehmen.
2.3. Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf
3.1. Die Feststellungen zu den vom BF in Italien und in Österreich gestellten Anträgen auf internationalen Schutz beruhen auf den im Zentralen Fremdenregister vermerkten Daten, die vom BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestätigt wurden. Dass Italien für das Asylverfahren des BF zuständig ist, ergibt sich zum einen aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 sowie daraus, dass der BF nach Durchführung eines Konsultationsverfahrens mit Italien entsprechend der - vom BF in der mündlichen Verhandlung bestätigten - Eintragung im Zentralen Fremdenregister am 20.06.2018 nach Italien überstellt wurde.
3.2. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.08.2017 erlassenen Anordnung zur Außerlandesbringung beruhen auf der im Verwaltungsakt einliegenden Bescheidausfertigung. Im Verwaltungsakt befindet sich auch ein Aktenvermerk des Bundesamtes vom 07.08.2017, aus dem sich ergibt, dass der Behörde weder eine Abgabestelle des BF bekannt war noch eine solche festgestellt werden konnte. Der BF gab in der Beschwerdeverhandlung an, dass er in diesem Zeitraum bei seiner Freundin in Österreich gewohnt habe, nach den Bestimmungen des Meldegesetzes jedoch nicht gemeldet gewesen sei. Der Bescheid vom 03.08.2017 wurde entsprechend der im Verwaltungsakt befindlichen Beurkundung gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 Zustellgesetz durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Im Verwaltungsakt befindet sich kein Hinweis darauf, dass gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel eingebracht wurde und wurde dies vom BF auch nicht behauptet. Es steht daher fest, dass der Bescheid vom 03.08.2017 in Rechtskraft erwachsen ist und sich der BF dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen hat. Entsprechend den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister wurde der BF am 02.10.2017 nach Italien überstellt, was vom BF auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestätigt wurde. Dass er am 01.12.2017 wieder nach Österreich einreiste ergibt sich zum einen aus der im Verwaltungsakt einliegenden Sachverhaltsdarstellung vom 01.12.2017, aus der sich ergibt, dass der BF um 14.00 Uhr dieses Tages mit dem Zug illegal über den Brenner nach Österreich eingereist ist, sowie aus der Aussage des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, in der er angab, dass er im Dezember 2017 beabsichtigt habe, in Österreich um Asyl anzusuchen, jedoch wieder nach Italien zurückgeschoben worden sei. Dass er am 24.01.2018 neuerlich nach Österreich einreiste, gab der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an. Das Datum dieser Einreise ist insofern plausibel, als er am 25.01.2018 in Österreich - entsprechend dem im Verwaltungsakt befindlichen Protokoll über die Erstbefragung des BF im Asylverfahren vom 25.01.2018 - einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.
3.3. Dass der BF am 25.01.2018 einen Asylantrag in Österreich gestellt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie den damit übereinstimmenden Angaben des BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung. Da die neuerlichen Einreisen des BF nach Österreich am 01.12.2017 sowie am 24.01.2018 innerhalb eines Zeitraumes von weniger als 18 Monaten seit der Überstellung des BF nach Italien auf Grund der mit Bescheid vom 03.08.2017 erlassenen Anordnung zur Außerlandesbringung am 02.10.2017 erfolgt sind, konnte einerseits die Feststellung getroffen werden, dass der BF trotz aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich nach Österreich eingereist ist und andererseits dass zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag.
3.4. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 erlassenen Anordnung zur Außerlandesbringung und der Rechtskraft dieses Bescheides beruhen auf der im Verwaltungsakt einliegenden Bescheidausfertigung einschließlich des diesbezüglich vom BF eigenhändig unterschriebenen Zustellnachweises. Dass der BF am 20.06.2018 nach Italien überstellt wurde ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister und wurde auch vom BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung eingeräumt. Dass der BF am 01.07.2018 neuerlich nach Österreich eingereist ist, ergibt sich aus seiner diesbezüglichen Aussage in der Beschwerdeverhandlung. Diese Aussage erscheint insofern nachvollziehbar, als der BF seit 02.07.2018 entsprechend den Angaben im Zentralen Melderegister über eine Meldeadresse in Österreich verfügt.
3.5. Da seit der Überstellung des BF nach Italien am 20.06.2018 ein Zeitraum von weniger als 18 Monaten vergangen ist, konnte die Feststellung getroffen werden, dass die mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 erlassene Anordnung zur Außerlandesbringung weiterhin aufrecht ist und eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt.
3.6. Die Feststellung, wonach sich der BF durch seine unrechtmäßigen Einreisen von Italien nach Österreich seinem Asylverfahren in Italien bzw. seiner Abschiebung aus Italien entzogen hat, ergibt sich aus der Aussage des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. So gab er mehrmals an, dass er vor seinen Ausreisen keinen Kontakt zu den italienischen Fremdenbehörden hatte bzw. dass er vor seiner Einreise am 01.12.2017 den italienischen Fremdenbehörden mitgeteilt habe, dass er in Österreich um Asyl ansuchen wolle, dass er jedoch die Antwort erhalten habe, dass die italienischen Fremdenbehörden nichts machen können, da der BF in Italien seine Fingerabdrücke abgegeben habe. Da er ohne Zustimmung der italienischen Fremdenbehörden das Land verlassen hat, hat sich der BF seinem Asylverfahren bzw. seiner Abschiebung in Italien entzogen.
3.7. Dass der BF die mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019 erlassene Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 57 FPG verletzt hat indem er nicht innerhalb der vom Bundesamt festgesetzten Frist in der vom Bundesamt festgesetzten Betreuungseinrichtung Unterkunft genommen hat, räumt der BF - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsakt - in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein. Zu diesem Zeitpunkt lag auf Grund der mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 erlassenen und nach der Überstellung des BF am 20.06.2018 weiterhin aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.8. Die Feststellung, wonach der BF die Mitwirkung an der erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert und dadurch das Überstellungsverfahren verzögert, ergibt sich zum einen aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 09.04.2019. Dass er tatsächlich die Abgabe der Fingerabdrücke verweigert hat, räumte der BF auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein.
3.9. Dass der BF dem mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.03.2018 angeordneten gelinderen Mittel nachkam ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wurde vom Bundesamt auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestätigt.
3.10. Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass der BF seit 02.07.2018 über eine Meldeadresse in Österreich verfügt. Dass er an dieser Adresse für das Bundesamt erreichbar war, steht insofern fest, als ihm sowohl die Ladung für seine Einvernahme am 22.02.2019 als auch der Bescheid vom 29.03.2019 an dieser Adresse zugestellt werden konnten. Dass das Bundesamt erst durch die Verständigung des Standesamtes XXXX vom Aufenthalt des BF in Österreich Kenntnis erlangte ergibt sich aus dem diesbezüglich im Verwaltungsakt einliegenden Schreiben des Standesamtes.
3.11. Die Feststellung, wonach der BF in Österreich unterschiedliche Identitätsdaten betreffend seinen Vor- und Nachnamen, sein Geburtsdatum, seine Staatsangehörigkeit und die Namen seiner Eltern angab, steht auf Grund der mit ihm aufgenommenen Niederschriften fest und wurde vom BF auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt. So gab der BF am 18.07.2017 bei seiner unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Englisch von der Landespolizeidirektion XXXX durchgeführten Einvernahme an, XXXX zu heißen, am XXXX geboren worden zu sein und Staatsangehöriger Senegals zu sein. Sein Vater heiße XXXX , seine Mutter XXXX . Diese Daten gab er auch in seiner am 02.08.2017 von der Landespolizeidirektion XXXX durchgeführten Einvernahme an. Bei seiner Erstbefragung im Asylverfahren am 25.01.2018 hingegen gab der BF an, dass er XXXX heiße, am XXXX geboren und Staatsangehöriger Gambias sei. Sein Vater heiße XXXX , seine Mutter heiße XXXX . In der mündlichen Beschwerdeverhandlung räumte der BF zwar ein, dass er in Italien eine falsche Staatsbürgerschaft angegeben habe. Sein Name sei falsch protokolliert worden und sein Geburtsdatum sei von den italienischen Behörden abgeändert worden, um mit dem BF ein Asylverfahren entsprechend den Bestimmungen für minderjährige Asylwerber durchführen zu können. Auf den Vorhalt, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass von den italienischen Behörden ein Verfahren nach den für Minderjährige geltenden Bestimmungen angestrebt wurde, jedoch ein Geburtsdatum angenommen wurde, wonach der BF zwei Monate nach Antragstellung 19 Jahre alt geworden wäre, konnte der BF keine plausible Erklärung abgeben. Er räumte lediglich ein, dass die italienischen Behörden einen Asylwerber nicht lange im Verfahren für Minderjährige lassen, damit man schneller in ein großes Lager komme. Außerdem habe sich der BF immer beschwert, damit er nicht in das Verfahren für Minderjährige komme. Es steht daher fest, dass der BF bereits in Italien sowohl einen falschen Namen als auch ein falsches Geburtsdatum und eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben und diese Identitätsdaten auch in Österreich verwendet hat.
4. Familiäre und soziale Komponente
Die Feststellungen zu den mangelnden Familienangehörigen des BF in Österreich, seiner Freundin und deren Kinder, seiner Wohnmöglichkeit, seiner mangelnden Berufsausübung und seinen Vermögensverhältnissen beruhen auf den Angaben des BF sowie der einvernommenen Zeugin im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1
FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.
"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erken