Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §229;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der Bauherrengemeinschaft RA in R, bestehend aus HK und weiteren 188 Miteigentümern einer Liegenschaft laut angeschlossener Liste, alle vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schmerlingstraße 2/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 17. Juli 1998, Zl. RV88/1-T7/98, betreffend Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer für 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. März 1996, 96/14/0011 - auf dieses wird zur weiteren Sachverhaltsdarstellung verwiesen -, den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hatte, gab die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren mit Berufungsentscheidung vom 20. Juni 1996 der Berufung Folge. Sie brachte im Spruch ihrer Entscheidung zum Ausdruck, daß der erstinstanzliche Umsatzsteuerbescheid für 1986 "ersatzlos aufgehoben" werde.
Weil die Beschwerdeführerin für das Jahr 1986 Umsatzsteuergutschriften (Vorsteuern) in Höhe von 41,467.310 S geltend gemacht und das Finanzamt eine entsprechende Auszahlung vorgenommen hatte, weist das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin einen Rückstand in etwa dieser Höhe auf. Um die Grundlage für einen Rückstandsausweis nach § 229 BAO zu erwirken, erließ das Finanzamt einen Bescheid mit Ausfertigungsdatum 7. Mai 1998. Im Spruch dieses Bescheides wird ausgesprochen, eine Veranlagung zur Umsatzsteuer für 1986 finde mangels Unternehmereigenschaft nicht statt, bisher sei ein Steuerbetrag von "-41,467.310 S", also eine Gutschrift, "vorgeschrieben" gewesen, hinsichtlich der Fälligkeit (der Rückforderung) werde auf die Buchungsmitteilung verwiesen. Das Finanzamt begründete den Bescheid damit, daß die belangte Behörde mit Berufungsentscheidung vom 20. Juni 1996 den Umsatzsteuerbescheid für 1986 - gemäß § 63 Abs 1 VwGG der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - aufgehoben habe.
In der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes brachte die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe mit Berufungsentscheidung vom 20. Juni 1996 den Umsatzsteuerbescheid für 1986 "ersatzlos" aufgehoben. Es liege daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1986 eine rechtskräftig entschiedene Sache vor. Wegen des Grundsatzes "ne bis in idem" dürfe daher weder das Finanzamt noch die belangte Behörde in dieser Sache eine neuerliche Entscheidung treffen.
In der mündlichen Berufungsverhandlung führte der Vertreter der Beschwerdeführerin aus, es stehe ausschließlich eine verfahrensrechtliche, nicht hingegen eine materiellrechtliche Frage in Streit. Durch die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 20. Juni 1996 sei rechtskräftig über die Sache Umsatzsteuer 1986 abgesprochen, weshalb der in der Folge ergangene und ebenfalls Umsatzsteuer 1986 betreffende Bescheid des Finanzamtes nicht mehr hätte ergehen dürfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die mit Berufungsentscheidung vom 20. Juni 1996 ausgesprochene ersatzlose Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1986 habe sich nur auf den damals bekämpften Veranlagungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1986 beziehen können. Dem in Rechtskraft erwachsenen Ausspruch dieser Berufungsentscheidung komme daher nur der normative Inhalt zu, daß in dieser Sache ein Veranlagungsbescheid nicht mehr ergehen dürfe. Dieser Ausspruch stehe aber der Erlassung eines Nichtveranlagungsbescheides durch das Finanzamt nicht entgegen. Durch den Bescheid des Finanzamtes vom 7. Mai 1998 sei die bescheidmäßige Grundlage für den Rückstandsausweis und die zwangsweise Einbringung der für das Jahr 1986 zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge geschaffen worden. Da der Vorsteuer-Rückforderungsanspruch einbringungsrechtlich nur auf die bescheidmäßig auszusprechende Nichtfestsetzung bzw Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer 1986 gestützt werden könne, habe das Finanzamt zu Recht den Bescheid vom 7. Mai 1998 erlassen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht verletzt, daß in der mit Berufungsentscheidung vom 20. Juni 1996 rechtskräftig entschiedenen Sache (Umsatzsteuer 1986) keine weitere abgabenbehördliche Entscheidung ergehe. Mit der genannten Berufungsentscheidung sei der Umsatzsteuerbescheid 1986 ersatzlos aufgehoben worden. Die Rechtskraft der Berufungsentscheidung stehe nicht nur der neuerlichen Erlassung eines Umsatzsteuer-Veranlagungsbescheides, sondern auch der Erlassung eines - dieselbe Sache betreffenden - Nichtveranlagungsbescheides entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug festgestellt, daß eine Veranlagung zur Umsatzsteuer für 1986 nicht stattfinde, und damit auch Vorsteuer in Höhe von S 41,467.310,-- rückgefordert. Ein solcher Bescheid betreffend Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer darf ergehen, wenn die Voraussetzungen für die Veranlagung zur Umsatzsteuer darf ergehen, wenn die Voraussetzungen für die Veranlagung zur Umsatzsteuer nicht gegeben sind.
Gemäß § 289 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz - vom Fall der Zurückweisung der Berufung abgesehen - immer in der Sache selbst zu entscheiden. Dabei umfaßt die Sache bei veranlagten Abgaben nicht nur die Feststellung der Steuerpflicht und die Festsetzung der Abgabenbemessungsgrundlage und der Abgabe, sondern auch die Prüfung der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Veranlagung vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, 89/14/0302).
Die normative Wirkung der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 20. Juni 1996 erschöpft sich darin, daß der erstinstanzliche Umsatzsteuerbescheid aufgehoben werde. Der im Spruch der Berufungsentscheidung verwendete Ausdruck "ersatzlos" erweitert diesen normativen Gehalt nicht. Die Berufungsentscheidung enthält - mag darin auch ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 289 Abs 1 BAO gelegen sein - keine bescheidmäßige Feststellung, daß eine Veranlagung zur Umsatzsteuer unterbleibe. Solcherart steht aber die Rechtskraft der in Rede stehenden Berufungsentscheidung dem angefochtenen Bescheid nicht entgegen.
Die Beschwerdeführerin ist daher durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl 416/1994.
Wien, am 24. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998140144.X00Im RIS seit
11.07.2001