TE OGH 2019/7/23 9Ob6/19a

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Veröffentlicht am 23.07.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

 Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. I*****, vertreten durch Dr. Georg Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. A*****, vertreten durch Zumtubel Kronberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, 2. M*****, vertreten durch Hübel & Payer Rechtsanwälte OG in Salzburg, 3. Dr. L*****, 4. Ing. W*****, 5. A*****, 3.-5.beklagte Partei vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen Einverleibung des Eigentums (Streitwert 85.063,22 EUR) und Unterlassung (Streitwert 1.270.000 EUR), hier wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der erst- und zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Dezember 2018, GZ 3 R 159/18z-43, mit dem dem Rekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 24. Oktober 2018, GZ 5 Cg 51/18y-37, Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der erstbeklagten und dem außerordentlichen Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 3.587,40 EUR (darin 597,90 EUR USt) und der zweitbeklagten Partei die mit 3.587,50 EUR (darin 597,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 7.167,20 EUR (darin 717,45 EUR USt und 2.862,50 EUR Barauslagen) und der zweitbeklagten Partei die mit 7.167,16 EUR (darin 717,44 EUR USt und 2.862,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zweitbeklagte ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****, zu deren Gutsbestand unter anderem das Grundstück 447 gehört. Im Grundbuch ist eine Rangordnung für die Veräußerung bis 29. 1. 2019 eingetragen.

Über Teilflächen des Grundstücks 447 wurden mit ca 30 Personen Pachtverträge abgeschlossen, jeweils verbunden mit dem Recht zur Errichtung einer Seehütte als Superädifikat.

Am 22. 7. 1999 unterfertigte die Drittbeklagte als Vertreterin der Klägerin einen solchen Pachtvertrag. Festgehalten wurde, dass Pachtgegenstand eine von den Parteien einvernehmlich festgelegte Teilfläche der Parzelle 447 ***** ist und das Pachtverhältnis rückwirkend mit 1. 1. 1992 auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen wird. Weiters heißt es: „Dem Pächter steht das Vorkaufs- und Vorpachtrecht zu.“ Die Pachtfläche war abgegrenzt und den Parteien bekannt.

Auch die Erstbeklagte ist eine Pächterin eines Teilgrundstücks auf der Liegenschaft. Der Pachtvertrag datiert vom 17. 7. 1993 und enthält folgende Bestimmungen:

„Pachtgegenstand ist ein von den Parteien einvernehmlich festgelegte Teilfläche der Parzellennummer 447 *****. (...)

Das Pachtverhältnis beginnt rückwirkend mit 1. 1. 1993 und wird auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. (…) Dem Pächter steht das Vorkaufs- und Vorpachtrecht zu.“

Mit Kaufvertrag vom 7. 8. 2017 verkaufte die Zweitbeklagte das Grundstück 447 zu je einem Drittel an die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagte um 1.270.000 EUR. Im Kaufvertrag heißt es unter anderem: „Die Käufer sind in Kenntnis der bestehenden Pachtverträge. (...) Festgestellt wird, dass im Großteil der Pachtverträge ein nicht näher definiertes Vorkaufs- und Vorpachtrecht enthalten ist, welches den jeweiligen Pächtern zusteht. Die Käufer erklären, in Kenntnis dieser Vereinbarung zu sein und erklären dies auch nach erfolgter Rechtsbelehrung, auf eine schriftliche Verzichtserklärung sämtlicher Pächter diesbezüglich ausdrücklich zu verzichten. Die Verkäuferin wird auch in diesem Punkt schad- und klaglos gehalten.

In der Folge erwirkte die Erstbeklagte zu AZ ***** des Bezirksgerichts Mattighofen eine einstweilige Verfügung gegen die Zweitbeklagte, wonach ihr die Veräußerung, Belastung und Verpfändung des Grundstücks verboten wird und angeordnet wurde, dieses Verbot im Grundbuch einzutragen. In der Folge klagten 16 Pächter von Teilflächen, darunter die Erstbeklagte, die Zweitbeklagte auf Einverleibung des Eigentumsrechts an diesem Grundstück zu je einem 16-tel Anteil. Die dortigen Kläger brachten vor, dass ihnen trotz Vorkaufsrechts die Einlösung nicht angeboten worden sei. Sie hätten ihrerseits der Zweitbeklagten die Einlösung des Vorkaufsrechts und den Eintritt in den Kaufvertrag erklärt. Der Kaufpreis sei treuhändig hinterlegt worden. In diesem Verfahren traten die hier Dritt-, Viert- und Fünftbeklagte als Nebenintervenienten auf Seiten der hier Zweitbeklagten auf.

In der Tagsatzung vom 8. 5. 2018 stellte die dortige Erstklägerin (hier Erstbeklagte) das Klagebegehren dahingehend um, dass die (hier) Zweitbeklagte schuldig sei, in die Einverleibung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft zugunsten der (hier) Erstbeklagten einzuwilligen. Die (hier) Zweitbeklagte anerkannte dieses Klagebegehren, woraufhin ein Anerkenntnisurteil gefällt wurde, das aufgrund eines Rechtsmittelverzichts in Rechtskraft erwuchs.

Mit Schreiben vom 14. 5. 2018 erklärte der Vertreter der Klägerin gegenüber dem Rechtsvertreter der Zweitbeklagten, dass die Klägerin von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch mache. Das Teilanerkenntnis im Verfahren AZ ***** des Landesgerichts Salzburg stelle einen Vorkaufsfall dar. Der Kaufpreis von 1.270.000 EUR wäre auf ein Treuhandkonto bezahlt worden.

Die Klägerin bringt vor, dass ihr ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden sei. Die Zweitbeklagte habe die Liegenschaft an die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagte verkauft. Weiters habe sie im Verfahren AZ ***** des Landesgerichts Salzburg den Anspruch der Erstbeklagten auf Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstbeklagten anerkannt. Darüber hinaus habe sie bereits eine Rangordnung für die Veräußerung erwirkt. Eine weitere Rangordnung sei zugunsten der Dritt- bis Fünftbeklagten ausgestellt worden. Die Zweitbeklagte habe der Klägerin die Einlösung des Kaufvertrags nicht angeboten. Die Klägerin habe dessen ungeachtet diese Einlösung mit Schreiben vom 14. 5. 2018 erklärt. Der Kaufpreis sei treuhändig hinterlegt worden. Das Bestehen des Vorkaufsrechts der Klägerin sei den Beklagten bekannt gewesen. Das Vorkaufsrecht der Klägerin datiere mit 1. 1. 1992, das der Erstbeklagten jedoch mit 1. 1. 1993. Das Vorkaufsrecht der Klägerin gehe daher vor. Jedenfalls bestehe zumindest ein Mitvorkaufsrecht. Die Beklagten hätten wissentlich in dieses Vorkaufsrecht der Klägerin eingegriffen. Sie beantrage daher, die Zweitbeklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin ob dem Grundstück 447 *****, einzuwilligen. Weiters seien sämtliche Beklagten schuldig zu erkennen, die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Erst- und Dritt- bis Fünftbeklagte zu unterlassen.

Zugleich mit der Klage beantragte die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es den Beklagten verboten werde, das Eigentumsrecht der Erst- und Dritt- bis Fünftbeklagten einverleiben zu lassen; den Beklagten solle geboten werden, die einzige Beschlussausfertigung der zu TZ 303/2018 angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bei Gericht zu hinterlegen, soweit sich die Beschlussausfertigung in ihrem Besitz oder im Besitz einer Person befinde, gegenüber der sie einen Herausgabeanspruch hätten, bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits hierüber nicht zu verfügen und für den Fall, dass die Eintragung des Eigentumsrechts bereits beantragt worden sei, die grundbücherliche Eintragung aber noch nicht erfolgt sei, unverzüglich das Grundbuchsgesuch selbst oder (Erg: durch) einen bevollmächtigten Vertreter zurückzuziehen; weiters dass der Zweitbeklagten verboten werde, das Grundstück zu veräußern und dieses Verbot der Veräußerung im Grundbuch anzumerken.

Mit Beschluss vom 22. 5. 2018 erließ das Erstgericht ohne Anhörung der Gegner die beantragte einstweilige Verfügung.

Gegen diesen Beschluss erhoben die Erst- und Zweitbeklagte Widerspruch mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung aufzuheben, in eventu wurde ein Rekurs erhoben.

Sie brachten vor, das Vorkaufsrecht der Erstbeklagten gehe dem der Klägerin vor, weil es im Pachtvertrag vom 17. 7. 1993 eingeräumt worden sei. Der Vertrag mit der Klägerin datiere vom 22. 7. 1999. Die Klägerin habe ihr Vorkaufsrecht auch nicht gehörig und zeitgerecht eingelöst. Das Teilanerkenntnisurteil im Vorprozess stelle keinen Vorkaufsfall dar. Die Klägerin habe die Einlösung des Vorkaufsrechts nur hinsichtlich des von ihr gepachteten Teils erklärt. An diese Erklärung sei sie gebunden. Ein Vorkaufsrecht auf das gesamte Grundstück könne ihr daher nicht zukommen. Darüber hinaus habe sie bereits mit Schreiben vom 6. 9. 2017 die Ausübung ihres Vorkaufsrechts erklärt, dieser Erklärung sei jedoch keine Einlösung gefolgt. Damit sei ihr Vorkaufsrecht erloschen. Aus einem Schreiben des Vertreters der Klägerin ergebe sich, dass der Kaufpreis, der bei ihm hinterlegt sei, nur unter der Bedingung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags zwischen Zweitbeklagter mit Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten zur Verfügung stehe. Eine bedingte Einlösung sei jedoch nicht zulässig. Darüber hinaus werde von Dritt- bis Fünftbeklagter die Unwirksamkeit des Kaufvertrags bestritten. Auch sei der Treuhänder bei der Verfügung über den treuhändig hinterlegten Betrag, der tatsächlich die Kaufsumme aus dem Kaufvertrag zwischen Zweitbeklagten mit Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten darstelle, gebunden. Es sei auch keine wissentliche Beeinträchtigung fremder Forderungsinteressen durch die Erstbeklagte erfolgt, vielmehr sei sie überrascht gewesen, dass die Klägerin ein Pachtrecht und ein Vorkaufsrecht habe. Die Erstbeklagte verfüge darüber hinaus über einen Titel der sie zur Einverleibung des Eigentums berechtige. Es fehle auch an der Behauptung des drohenden unwiederbringlichen Schadens.

Mit Beschluss vom 24. 10. 2018 hob das Erstgericht die einstweilige Verfügung zur Gänze auf. Es führte aus, dass das Vorkaufsrecht der Erstbeklagten dem der Klägerin vorgehe. Die Rückdatierung im Vertrag der Klägerin habe auf die Entstehung des Vorkaufsrechts keinen Einfluss, sondern könne nur für das Rechtsverhältnis der Vertragspartner wirksam sein, jedoch keinen Einfluss auf die Rechtsposition Dritter haben. Damit habe die Klägerin das Bestehen eines Vorkaufsrechts nicht bescheinigen können. Daher sei die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Klägerin gab das Rekursgericht Folge und sprach aus, dass den Widersprüchen der erst- und zweitgefährdenden Partei nicht Folge gegeben werde und die einstweilige Verfügung vom 22. 5. 2018 bestätigt werde.

Es führte aus, dass ein Vorkaufsrecht sich nicht nur auf ganze Liegenschaften, sondern auch auf Teile erstrecken könne. Unstrittig sei, dass an insgesamt 30 Pächter Teilflächen verpachtet worden seien und im Großteil dieser Pachtverträge ein mit gleichen Worten umschriebenes Vorkaufs- und Vorpachtrecht wie in den Verträgen mit der Klägerin und der Erstbeklagten festgeschrieben worden sei. Nach dem erkennbaren Zweck der Regelung, die Investitionen des jeweiligen Pächters für das auf den Pachtobjekten zu errichtende Holzhaus und der einvernehmlich als Pachtfläche festgelegten Teilflächen abzusichern, sei die Einräumung des Vorkaufsrechts objektiv dahin auszulegen, dass sich das Vorkaufsrecht des einzelnen Pächters auf die ihm verpachteten Teilflächen beziehe. Damit sei hinsichtlich der einzelnen Vorkaufsrechte eine reale Zuteilung des Objekts vorgenommen worden. Es komme daher auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrags oder dessen Wirksamkeitsbeginn nicht an. Es lägen vielmehr wirksam und gleichrangig begründete Vorkaufsrechte vor. Sei nur ein Teil der Liegenschaft mit einem Vorkaufsrecht belastet, werde aber die gesamte Liegenschaft veräußert, bleibe der Vorkaufsfall grundsätzlich auf den belasteten Liegenschaftsanteil beschränkt. Der Vorkaufsberechtigte habe nur Anspruch auf Anbietung des belasteten Liegenschaftsteils. Dass die Zweitbeklagte das Gesamtgrundstück verkauft habe, löse gegenüber jenen Pächtern, denen ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden sei, den Vorkaufsfall aus. Damit habe sie aber den Berechtigten die Einlösung anzubieten. Ohne dieses Anbieten werde die Einlösungsfrist nicht in Gang gesetzt. Der Klägerin sei jedoch weder die Einlösung des gesamten Grundstücks noch des der Pachtfläche entsprechenden realen Grundstücksteils oder des ideellen Anteils angeboten worden. Damit sei ein Vorkaufsrecht nach wie vor aufrecht. Biete der Verpflichtete nicht an und übe der Berechtigte das Vorkaufsrecht aus, nachdem er vom Vorkaufsfall erfahren habe, stünde ihm gegenüber dem Verpflichteten ein Erfüllungsanspruch auf die Sache selbst zu, sofern nicht durch den Eigentumserwerb des Drittkäufers die Erfüllung vereitelt sei.

Gegen den Dritten habe der bloß obligatorische Vorkaufsberechtigte unter der Voraussetzung der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte einen Anspruch auf Schadenersatz und vor Verbücherung auf Unterlassung. Dritt- bis Fünftbeklagte hätten im Wissen um das Vorkaufsrecht den Kaufvertrag abgeschlossen. Die Klägerin habe daher gegen sie einen Anspruch auf Unterlassung der Einverleibung ihres Eigentumsrechts. Auch die Erstbeklagte habe in Kenntnis der im Großteil der Pachtverträge vereinbarten Vorkaufsrechte und der seitens der Zweitbeklagten unterbliebenen gehörigen Anbietung der Einlösung die Einwilligung der Zweitbeklagten und die Einverleibung des Eigentumsrechts für sich allein beantragt und erwirkt. Dass sie davon habe ausgehen dürfen, dass die Klägerin ausnahmsweise kein Vorkaufsrecht vereinbart habe, habe sie nicht bescheinigt. Auch gegenüber der Zweitbeklagten habe daher die Klägerin einen Unterlassungsanspruch.

Der Unterlassungsanspruch zu dessen Sicherung die einstweilige Verfügung beantragt worden sei, sei daher ausreichend bescheinigt. Darauf, ob der Klägerin die Bescheinigung eines Anspruchs auf Einwilligung in die Einverleibung gelungen sei, komme es daher nicht an. Ohne einstweilige Verfügung würde der Anspruch der Klägerin auf Unterlassung vereitelt. Dem Rekurs sei daher stattzugeben.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde vom Rekursgericht nicht zugelassen, da ausreichend höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Beschluss richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten mit den Anträgen, die Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen. In eventu werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, die Revisionsrekurse zurückzuweisen, in eventu, ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentlichen Revisionsrekurse sind zur Klarstellung zulässig, sie sind auch berechtigt.

1. Voranzustellen ist, dass Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens nur die gegen Erst- und Zweitbeklagte erlassene einstweilige Verfügung ist, hinsichtlich Dritt- bis Fünftbeklagter ist der Beschluss in Rechtskraft erwachsen.

2. Gemäß § 381 Z 1 EO können einstweilige Verfügungen zur Sicherung anderer Ansprüche (als von Geldforderungen) getroffen werden, wenn zu besorgen ist, das sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Erkennbar macht die Klägerin einen solchen Anspruch geltend. Auf die Bescheinigung des unwiederbringlichen Schadens iSd § 381 Z 2 EO kommt es daher nicht an.

3. Gemäß § 389 Abs 1 EO muss die gefährdete Partei den behaupteten Anspruch glaubhaft machen (RS0005381). Darüber hinaus ist auch die Gefährdung des Anspruchs iSd § 381 Z 1 oder Z 2 EO durch Glaubhaftmachung konkreter Tatsachen darzutun (RS0011600 [T1]). Der mit einer während eines Rechtsstreits zu erlassenden einstweiligen Verfügung zu sichernde Anspruch hat sich im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruchs zu halten (RS0004815 [T2]; RS0004861 [T13]) und kann vom Prozessgericht nur zur Sicherung dieses konkreten geltend gemachten Anspruchs angeordnet werden (RS0004861 [T8]). Außerdem müssen die nach § 381 EO in Frage kommenden Sicherungsmittel je nach Beschaffenheit des Falls zur Erreichung des angestrebten Zwecks tauglich sein.

4. Im konkreten Fall hat die gefährdete Partei zwei unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht, wobei der erste auf Einverleibung des Eigentums nur gegen die Zweitbeklagte gerichtet war, der zweite Anspruch, der Unterlassungsanspruch, hingegen gegen sämtliche Beklagten. Die einstweilige Verfügung wurde zur Sicherung beider Ansprüche erlassen. Dem Rekursgericht kann daher nicht darin gefolgt werden, dass nur die Bescheinigung des Anspruchs auf Unterlassung ausreicht, die einstweilige Verfügung insgesamt zu rechtfertigen.

Die Bescheinigung der Voraussetzungen zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist für beide Ansprüche getrennt zu beurteilen:

5. Die Klägerin leitet ihren Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechts aus dem im Pachtvertrag enthaltenen Vorkaufsrecht und einem Vorkaufsfall ab, den sie in der Vereinbarung der Zweitbeklagten mit der Erstbeklagten bzw der Zweitbeklagten mit den Dritt- bis Fünftbeklagten sieht. Dabei argumentiert sie damit, dass sich ihr Vorkaufsrecht auf die gesamte Liegenschaft bezieht. Davon abweichend ist das Rekursgericht mit beachtlichen Argumenten davon ausgegangen, dass die Vorkaufsrechte der einzelnen Pächter sich nur auf das jeweilige Pachtgrundstück beziehen. Unabhängig davon, welche dieser Auslegungen man vertritt, ist der Anspruch der Klägerin auf Einverleibung des Eigentums nicht bescheinigt:

Geht man davon aus, dass sich das Vorkaufsrecht auf die Gesamtliegenschaft bezieht, ist dem Erstgericht darin zu folgen, dass das Vorkaufsrecht der Erstbeklagten zeitlich vor dem der Klägerin vereinbart wurde, woran auch die Rückdatierung im Vertrag der Klägerin, an dem die Erstbeklagte nicht beteiligt war, nichts ändert.

Das obligatorische Vorkaufsrecht begründet ein Recht des Vorkaufsberechtigten zum bevorzugten Erwerb der Sache für den Fall, dass der aus dem Recht Verpflichtete diese verkaufen will (§ 1072 ABGB). Wie von den Vorinstanzen zitiert, geht die herrschende Auffassung davon aus, dass ein mehreren Personen gleichzeitig eingeräumtes Vorkaufsrecht im Zweifel von allen gemeinsam auszuüben ist (RS0020211 [T3]). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, da das Vorkaufsrecht der Erstbeklagten von einem wesentlich früheren Zeitpunkt datiert als das der Klägerin. Damit hätte aber die Erstbeklagte aufgrund ihres älteren und früher ausgeübten Vorkaufsrechts jedenfalls einen Anspruch auf Erwerb der Gesamtliegenschaft, dies unabhängig davon, ob ihr das später eingeräumte Vorkaufsrecht der Klägerin bekannt war. Ein Anspruch der Klägerin, dass die Liegenschaft stattdessen ihr zu übertragen ist und nicht der Erstbeklagten, besteht daher nicht. Allfällige Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Zweitbeklagte sind hier nicht zu prüfen.

Geht man wie das Rekursgericht davon aus, dass sich das Vorkaufsrecht der Pächter jeweils nur auf die eigene Parzelle bezieht, ist das Klagebegehren, das auf Einverleibung des Gesamtgrundstücks gerichtet ist, unschlüssig. Ist nur ein Teil der Liegenschaft mit einem Vorkaufsrecht belastet und wird das gesamte Grundstück veräußert oder wird die mit dem Vorkaufsrecht belastete Sache mit anderen – unbelasteten – Sachen zu einem Gesamtkaufpreis veräußert, ist der Vorkaufsfall grundsätzlich auf den belasteten Liegenschaftsanteil beschränkt (5 Ob 274/07s). Der Vorkaufsberechtigte hat nur Anspruch auf Anbietung des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaftsanteils (5 Ob 87/06i). Lediglich dem Verpflichteten kommt es nach herrschender Ansicht – jedenfalls wenn anzunehmen ist, dass der mit dem Vorkaufsrecht belastete Teil in untrennbaren Zusammenhang mit dem Verkauf der unbelasteten restlichen Liegenschaft steht – das Gestaltungsrecht zu, das Vorkaufsrecht auf die gesamte Liegenschaft zu erweitern und diese dem Vorkaufsberechtigten mit der Rechtsfolge anzubieten, dass er sie bei sonstigem Verlust des Vorkaufsrechts einlösen muss (RS0020347). Da im vorliegenden Fall davon kein Gebrauch gemacht wurde, hat die Klägerin allenfalls einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der Teilliegenschaft, die ihrer Parzelle entspricht, nicht jedoch der übrigen Liegenschaft. Das Klagebegehren, zu dessen Sicherung die Klägerin aber die Erlassung der einstweiligen Verfügung beantragt hat, ermöglicht keine Bestimmbarkeit auf welchen Teil der Liegenschaft ein Anspruch besteht. Das Begehren verweist weder auf einen integrierten Teilungsplan noch enthält die Klagserzählung oder das Klagebegehren eine genaue Beschreibung der vereinbarten Teilfläche in der Natur. Damit wäre in dieser Form eine Klagsstattgebung nicht möglich. Eine richterliche Anleitung zur Behebung von Inhaltsmängeln eines Sicherungsantrags, die – wie ungenügende und einander widersprechende Tatsachenbehauptungen – zur Abweisung des Provisorialbegehrens führen, kommt jedoch im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach ständiger Rechtsprechung nicht in Betracht (vgl 5 Ob 170/07x; 1 Ob 138/02d; 7 Ob 322/01f ua). Nach § 389 Abs 1 EO hat die gefährdete Partei (unter anderem) die den Sicherungsantrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen. Im Zusammenhang mit § 390 Abs 1 EO ergibt sich daraus, dass die Voraussetzungen des zu sichernden Anspruchs behauptet und bescheinigt werden müssen (5 Ob 130/15a mwN). Nach § 389 EO sind daher in dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung die den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen darzulegen und in urkundlicher Form zu bescheinigen oder iSd § 274 ZPO durch sofort ausführbare Beweise glaubhaft zu machen. Entspricht ein Antrag nicht diesen Voraussetzungen so trifft das Gericht keine Pflicht, von Amts wegen auf eine entsprechende Stoffsammlung zu drängen und vor Erlassung der einstweiligen Verfügung dem Prozess einen Prozess voranzuschicken. Ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der gefährdeten Partei Bedenken gegen diesen Antrag, so kann dem Antrag nicht Folge gegeben werden. Es ist aber kein Platz für amtswegige Erhebungen, ob diese Bedenken nicht vielleicht zerstreut werden können (7 Ob 197/17x).

Dem Mangel eines unschlüssig behaupteten Anspruchs kann auch nicht durch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung nach § 390 EO abgeholfen werden (RS0005452 [T9]).

6. Der zweite von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist darauf gerichtet, dass die Beklagten schuldig zu erkennen sind, die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Erst- und Dritt- bis Fünftbeklagte zu unterlassen.

Ein derartiger Unterlassungsanspruch kann grundsätzlich auch gegen Dritte, also andere Personen als dem eigentlichen Vertragspartner bestehen, wenn diesen ein doloser Eingriff in ein fremdes Recht vorzuwerfen ist. Ein solcher Anspruch ist grundsätzlich sicherungsfähig, dies freilich nur über die Erlassung einer (gesonderten) anspruchsgebundenen einstweiligen Verfügung gegen den Dritten bei Erfüllung der allgemeinen (sonstigen) Voraussetzungen des § 381 EO (vgl 7 Ob 86/03b).

Für derartige Unterlassungsansprüche gegen die Erstbeklagte gilt allerdings im Wesentlichen das zuvor Gesagte, nämlich dass dann, wenn sich die Vorkaufsrechte jeweils auf die Gesamtliegenschaft beziehen, die Erstbeklagte einen Anspruch auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts hat. Bezieht sich das Vorkaufsrecht nur auf einen Teil der Liegenschaft, ist das Klagebegehren jedenfalls zu weit gefasst. Ein Anspruch auf Unterlassung der Einverleibung des Eigentumsrechts auf die Gesamtliegenschaft zur Wahrung des Rechts der Klägerin auf Einverleibung des Eigentumsrechts auf einen Teil der Liegenschaft (ein Recht das sie in erster Instanz nie behauptet hat) ist nicht ausreichend konkretisiert, um ihn mit einstweiliger Verfügung, die ebenfalls auf die Gesamtliegenschaft bezogen ist, zu schützen.

Hinsichtlich der Zweitbeklagten gilt betreffend der Eintragung des Eigentums der Erstbeklagten dasselbe. Was die Eintragung des Eigentums von Dritt- bis Fünftbeklagter betrifft, hat die Klägerin kein Vorbringen erstattet, dass eine solche durch die Zweitbeklagte (gegen Dritt- bis Fünftbeklagte wurde die einstweilige Verfügung rechtskräftig erlassen) droht. Vielmehr hat sie sich darauf berufen, dass die Eigentumseintragung der Erstbeklagten unmittelbar bevorsteht. Darüber hinaus ist aufgrund einer einstweiligen Verfügung, die die Erstbeklagte erwirkt hat, um eine Übertragung an die Dritt- bis Fünftbeklagte zu verhindern, ein Veräußerungs- und Belastungsverbot auf der Liegenschaft eingetragen. Die Gefahr einer Eintragung von Dritt- bis Fünftbeklagter durch die Erstbeklagte ist daher nicht bescheinigt.

7. Den außerordentlichen Revisionsrekursen der Erst- und der Zweitbeklagten war daher Folge zu geben und der erstinstanzliche Beschluss wiederherzustellen.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 393, 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E125857

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00006.19A.0723.000

Im RIS seit

22.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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