TE OGH 2019/7/30 10ObS80/19s

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Mag. Jakob Weinrich, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Witwenpension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. April 2019, GZ 8 Rs 30/19v-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und der Versicherte lebten trotz der im Jahr 2000 erfolgten Scheidung ihrer 1985 geschlossenen Ehe bis zum Tod des Versicherten im Jahr 2016 in der ehemaligen Ehewohnung zusammen und wirtschafteten wie ein Ehepaar. Beide waren berufstätig; sie hatten ein gemeinsames Konto, von dem die Kosten für die gemeinsame Haushaltsführung abgebucht wurden. Beide Lebensgefährten behoben von diesem Konto, um Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung und Gesundheit sowie für Reparaturen und Urlaube zu bestreiten. Am Ende des Monats wurde der am Konto verbliebene Restbetrag mittels Abschöpfungsauftrag auf ein Sparkonto der Klägerin überwiesen. Die auf dem Sparkonto liegenden Beträge wurden vereinbarungsgemäß für die Ausbildung der beiden gemeinsamen Kinder (Pilotenausbildung und Studium) verwendet und sollten weiters der Absicherung der Klägerin im Hinblick auf ihre allenfalls niedrigeren Pensionsbezüge dienen.

Das Erstgericht wies die auf Gewährung der Witwenpension gerichtete Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Sowohl der Gesetzeswortlaut des § 258 Abs 4 lit d ASVG als auch die Gesetzesmaterialien stellen darauf ab, dass die von einem der ehemaligen Ehegatten nach der Scheidung der Ehe gegenüber dem anderen erbrachten Leistungen einen Unterhaltsbedarf decken müssen. Werden jedoch Leistungen erbracht, die nicht Unterhaltscharakter haben, sondern anderen Zwecken dienen, können sie nicht zur Begründung eines Witwenpensionsanspruchs führen (RIS-Justiz RS0116507). Wirtschaften ehemalige Ehegatten – wie die Klägerin und der Versicherte – nach der Scheidung als Lebensgefährten „aus einem gemeinsamen Topf“, so liegen keine Unterhaltsleistungen vor, weshalb die Voraussetzungen nach § 258 Abs 4 lit d ASVG nicht erfüllt sind (RS0116507 [T4]).

2. Nach ständiger Rechtsprechung dient der Unterhalt der Befriedigung der notwendigen und üblichen materiellen menschlichen Bedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Heizung, Stromversorgung, Hygiene, medizinische Betreuung, Erholung, Religionsausübung, Kultur- und Freizeitgestaltung etc). Die Vermögensbildung zu Sparzwecken (wie im vorliegenden Fall zur Absicherung der Klägerin) ist hingegen nicht als Unterhaltsleistung zu beurteilen (RS0125634; Gitschthaler/Höllwerth, Kommentar zum Ehe- und Partnerschaftsrecht [2011], § 94 ABGB Rz 5 mwN, Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 94 ABGB Rz 7). Von dieser Rechtsprechung weichen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ab.

Mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

Textnummer

E125855

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00080.19S.0730.000

Im RIS seit

22.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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