Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Mag. D*****, vertreten durch die Hock & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Unterlassung und Feststellung (hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 28. Juni 2019, GZ 16 R 83/19x-22, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Dauerschuldverhältnisse können nach ständiger Rechtsprechung durch einseitige Erklärung aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt (RIS-Justiz RS0027780). Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Schuldners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar machen (vgl Reidinger in Schwimann/Kodek4 § 918 ABGB Rz 56).
1.2 Der Revisionsrekurswerber zieht die Qualifikation des zwischen ihm und der Klägerin auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Optionsvertrag über den Ankauf einer Liegenschaft als Dauerschuldverhältnis durch das Rekursgericht, das die Entscheidung des Erstgerichts, mit dem dieses seine einstweilige Verfügung vom 15. 3. 2019 über seinen Widerspruch aufrecht erhielt, bestätigte, nicht in Zweifel. Welche schwerwiegenden Gründe die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses bewirken und zu dessen Auflösung berechtigen, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls (RS0042834, RS0111817 ua). Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung sind mit deren Beurteilung regelmäßig nicht verbunden (RS0042834 [T1]), es sei denn, dem Rekursgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Das ist nicht der Fall:
2.1 Es trifft zwar zu, dass die Klägerin die vereinbarten Optionsentgelte für die Jahre 2018 und 2019 erst am 25. 1. 2019 und damit nicht fristgerecht überwiesen hat. Bereits das Rekursgericht hat aber zutreffend herausgestrichen, dass der Beklagte am 17. 4. 2018 einer Verlängerung der Option ausdrücklich zustimmte, obwohl die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Optionsentgelt für das Jahr 2018 in Verzug war und auch das Entgelt für das Jahr 2017 nicht termingerecht bezahlt worden war. Auch hat der Beklagte Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung des Optionsentgelts bis zur Auflösungserklärung vom 22. 1. 2019 nie beanstandet, sodass es nicht der Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung bedarf, wenn das Rekursgericht darin keinen Grund zu erblicken vermochte, der die Aufrechterhaltung des Vertrags dem Beklagten selbst unzumutbar erscheinen ließe, sodass sie ihm billigerweise nicht mehr zugemutet werden könnte (vgl RS0018377 [T15]), und damit den Anspruch der Klägerin als bescheinigt erachtete.
2.2 Der Umstand, dass die Klägerin den Optionsvertrag auch einseitig um 24 Monate verlängern konnte, führt entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers zu keiner anderen Beurteilung. Wichtige Gründe, die die vorzeitige außerordentliche Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigen könnten, müssen bei sonstigem Verlust ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden (RS0027780 [T67]). Demgegenüber war sich der Beklagte bereits im April 2018 sicher, dass die Klägerin die Option annehmen werde, was nach dem bescheinigten Sachverhalt auch eingetreten ist und nach dem Vertrag zur Folge hat, dass das Optionsentgelt zur Gänze auf den Kaufpreis für die Liegenschaft anzurechnen ist, sodass bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, dass Zahlungsverzögerungen für den Beklagten keinen wichtigen Grund zur Vertragsauflösung bilden sollten (vgl 8 Ob 97/16x; vgl auch Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1117 Rz 19) und er deswegen die Zahlungsverzögerungen vor seiner Erklärung vom 22. 1. 2019 nie thematisierte.
3.1 Die Gefährdung des Anspruchs im Sinn des § 381 EO ist durch Glaubhaftmachung konkreter Tatsachen darzutun (RS0011600 [T1]). Die bloße Bestreitung des behaupteten Anspruchs rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Anspruchs gefährdet werden könnte. Es müssten zu dieser Bestreitung weitere Umstände hinzukommen, die eine solche Besorgnis begründet erscheinen lassen (RS0005369 [T13]). Ob das der Fall ist, kann stets nur anhand des im Einzelfall als bescheinigt angesehenen Sachverhalts beurteilt werden (vgl RS0005118).
3.2 Der Beklagte bestreitet das Recht der Klägerin zur Ausübung der Option und stellt nicht in Abrede, dass er bereits eine Immobilienmaklerin mit der Vermittlung der Liegenschaft beauftragt hat (vgl dazu RS0005175 [T1; T14]). Er ging bereits im Jahr 2018 davon aus, dass es zu der von der Klägerin betriebenen Widmungsänderung kommen werde, und verfolgt nach dem bescheinigten Sachverhalt das Ziel, die Liegenschaft um einen deutlich höheren Preis zu veräußern, als mit der Klägerin vereinbart. Damit bedarf aber auch die Ansicht des Rekursgerichts, dass die Klägerin eine drohende Vereitelung des Hauptanspruchs im Falle des Unterbleibens einer Sicherungsverfügung ausreichend konkretisiert habe, keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Soweit der Revisionswerber meint, im Entfall der Kaufgelegenheit liege für sich kein unwiederbringlicher Nachteil, und der Klägerin anlastet, sie habe zur Berechnung eines Schadens auch kein Vorbringen erstattet, verkennt er, dass bei Verlust einer Liegenschaft durch Veräußerung an einen (gutgläubigen) Dritten Geldersatz nicht adäquat ist (RS0005270 [T7]; 6 Ob 2031/96m ua).
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 10 ZPO iVm § 78 EO).
5. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil sie vor ihrer Freistellung durch den Obersten Gerichtshof nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dient (RS0124792).
Textnummer
E125853European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00121.19H.0731.000Im RIS seit
21.08.2019Zuletzt aktualisiert am
21.08.2019