Entscheidungsdatum
22.05.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W257 2156448-2/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX , Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch Ing. Michael Schober, wohnhaft in 4600 Schloßheim, Traunstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom XXXX , Zl. 1052861409-170932776, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.05.2019:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben. XXXX , geboren am XXXX , ist gemäß § 88 Absatz 2a Fremdenpolizeigesetz ein Fremdenpass auszustellen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang
1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer der subsidiäre Schutz verlängert. Er hat eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 05.04.2020.
1.2. Am 10.08.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte. Er begründete die Ausstellung damit, dass er im Herkunftsland Afghanistan keine Verwandten mehr hätte und auch keine Identitätsdokumente vorlegen könne. Mit einem Verbesserungsauftrag wurde er aufgefordert, darzulegen, weswegen er sich keinen afghanischen Reisepass bei der afghanischen Botschaft in Österreich besorgen könne. Er brachte dagegen vor, dass ihm die Einholung bei der afghanischen Botschaft nicht zugemutet werden könne. Er müsse nämlich bei der afghanischen Botschaft persönlich vorstellig werden, dies ihm wegen dem laufenden Asylverfahren nicht zugemutet werden könne.
1.3. Die Behörde wies den Antrag mit dem im Spruch erwähnten Bescheid, gestützt auf § 88 Abs. 2a FPG ab. Sie begründete die Abweisung damit, dass dem Beschwerdeführer, nachdem dieser seit seinem ersten Lebensjahr im Iran aufgewachsen sei und keiner Verfolgung von Afghanistan ausgesetzt sei, in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument aus Afghanistan besorgen zu können. Erst das Fehlen der Zumutbarkeit würde die Ausstellung des beantragen Fremdenpasses ermöglichen. Ihm sei jedoch die Antragstellung bei der afghanischen Botschaft zumutbar.
1.4. Dagegen wurde am 11.12.2018 Beschwerde erhoben. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf die Ausstellung eines Fremdenpasses hätte. Erst wenn Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung würden dagegenstehen würden, wäre dies ein Versagungsgrund.
1.5. Am 26.11.2018 erteilte der Beschwerdeführer Herrn XXXX die Vollmacht, ihn in diesem Verfahren zu vertreten (OZ 5).
1.6. Der Verwaltungsakt langte am 14.12.2017 beim Gericht ein und wurde wegen der Anhängigkeit zu dem Verfahren XXXX der Gerichtsabteilung W257 zugeteilt.
1.7. Am 21.05.2019 wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt und der Beschwerdeführer zu dem Sachverhalt befragt. Im Zuge dieser Verhandlung legte er eine Bestätigung vom 11.07.2018 vor, dies er bis dato nicht zur Vorlage brachte. Die afghanische Botschaft bestätigte darin, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses stellte, jedoch nicht alle Anforderungen erfüllt hätte. Deswegen könne ihm kein Reisepass ausgestellt werden. In der mündlichen Verhandlung am 21.05.2019 erklärte er dazu, dass er lediglich die Tatzkira seines Vaters hätte vorlegen können. Nachdem er allerdings nicht in Afghanistan gelebt hätte, könne er sich keine Tatzkira ausstellen. Dies hätte zur Ablehnung geführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang geschilderter Sachverhalt entspricht der Tatsache.
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der islamischen Republik Afghanistan und subsidiär Schutzberechtigter. Er hat um einen Fremdenpass angesucht.
Ihm ist es nicht möglich ein nationales afghanisches Dokument zu beschaffen.
Es stehen keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung gegen die Ausstellung eines Fremdenpasses.
2. Beweiswürdigung
Der Richter nahm Einsicht in das Fremden- und Informationssystem. Daraus ist zu entnehmen, dass er subsidiär Schutzberechtigter ist.
Es bestand kein Grund an der Richtigkeit des Verwaltungsaktes oder der vorgelegten Bestätigung der afghanischen Botschaft vom 11.07.2018 zu zweifeln. Die übrige Beweiswürdigung ergibt sich aus Punkt 3.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor und ist der angefochtene Bescheid mittels Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Ausstellung eines Fremdenpasses:
Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, Fremdenpässe auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegen stehen.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2013/68, Z 73 und 74, wird ausgeführt, dass die Statusrichtlinie die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vorsieht. Art. 25 Abs 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wird durch § 88 Abs 2a umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläut RV BGBL I. 2013/68).
Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses nach § 88 Abs 2a FPG ist somit - neben dem Status des subsidiär Schutzberechtigten- ,dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, sprich, dass die Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert.
Die eindeutige Gesetzesbestimmung des § 88 Abs 2a FPG statuiert somit kein Ermessen der Behörde und verlangt auch kein "Interesse der Republik" (wie in den Fällen des § 88 Abs 1 Z 1-5 FPG), sondern sieht unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vor, weshalb die zur Bestimmung des § 88 Abs 1 ergangene Judikatur auf die neu eingeführte Bestimmung des Abs 2a nicht übertragbar ist.
Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bundesgebiet zukommt haben das subjektive Recht auf Ausstellung eines Fremdenpasses, sofern diese nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatlandes zu beschaffen und dem keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand: 15.1.2016, § 88 FPG, K7).
Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert. Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die "zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (Schrefler-König/Szymanski (Hrsg.), Fremdenpolizei und Asylrecht, Anmerkung 2 zu § 88 FPG 2005).
Vor diesem Hintergrund, in Bezug auf den gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer nachweislich im Juni 2018 um die Ausstellung eines afghanischen nationalen Reisepasses bemüht hat. Bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung verweigerte er dies, weil er vermeinte, dass es ihm nicht zugemutet werden könne mit der afghanischen Botschaft in Österreich Kontakt aufzunehmen. Die Behörde hielt dieser Meinung berechtigterweise entgegen, dass er nicht in Afghanistan verfolgt werde und deswegen wäre es ihm zumutbar sich an die Afghanische Botschaft zu wenden. Aus diesem Grund wurde sein Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen. Mittlerweile hat er sich um die Ausstellung bemüht und es nach derzeitigem Erhebungsstand ist der Fall eingetreten, dass er nicht in der Lage ist, sich ein nationales afghanisches Reisedokument zu beschaffen. Dies ist durch die in der mündlichen Verhandlung am 21.05.2019 vorgelegte Bestätigung der afghanischen Botschaft vom 01.07.2018 erwiesen und wird unterstützt durch die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer seit seinem ersten Lebensjahr im Iran befindet und dort aufgewachsen ist. Ohne der Vorlage einer Tatzkira oder ähnliche semiprofessionellen Ausweisdokumente ist es Personen, welche nicht in Afghanistan leben oder dort aufgewachsen sind, schwer möglich, sich ein nationales Ausweisdokument zu besorgen.
Zudem hat die belangte Behörde in ihrem Bescheid keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung, die gegen die Ausstellung eines Reisedokumentes sprechen, vorgebracht und es scheint auch nach Einsicht in das Strafregister keine Straffälligkeit der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet auf.
Der Beschwerdeführerin ist daher ein Fremdenpass auszustellen.
Gemäß § 5 Abs. 1a 23 Fremdenpolizeigesetz obliegt die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (und nicht dem Bundesverwaltungsgericht).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Vielmehr trifft § 88 Abs 2a FPG eine klare, eindeutige, Regelung weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Fremdenpass, Reisedokument, subsidiärer SchutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W257.2156448.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.08.2019