TE Lvwg Erkenntnis 2019/8/1 LVwG-2018/46/2419-1

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Veröffentlicht am 01.08.2019
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Entscheidungsdatum

01.08.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, geboren am XX.XX.XXXX, vertreten durch BB Rechtsanwälte, Adresse 1, Z gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 24.09.2018, Zl *****, betreffend eine Übertretung nach dem LMSVG,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 24.09.2018, Zl *****, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC GmbH mit Sitz in Y, Adresse 2, zu verantworten, dass bei der im Zuge einer Lebensmittelkontrolle am 31.01.2018 im Betrieb DD in X, Adresse 3, entnommenen Probe des verpackten Lebensmittels *** „*** *** *** ***“, welches für die Lieferung an Endverbraucher bestimmt ist, die Kennzeichnungselemente der Nährwertkennzeichnung, trotz ausreichendem Platzangebot, nicht untereinander in tabellarischer Form angeordnet sind.

Sie haben daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH mit Sitz in Y, Adresse 2, gegen Art 34 Abs 2 LMIV iVm Art 30 Abs 1 und 2 LMIV verstoßen, welche gemäß § 4 LMSVG von der gefertigten Behörde zu vollziehen ist.

Gemäß § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG wird über Sie eine Geldstrafe in Höhe von EUR 100,- verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden.

Ferner haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, (VStG) idgF EUR 10,--zu bezahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher EUR 110,-.

Sie haben unter Bezug auf die Gebührennote der EE GmbH, Adresse 4, W, gemäß §71 Abs. 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz die Kosten der Untersuchung zu U-Zahl ***** von EUR 168,- zu ersetzen.“

Dagegen brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein und führte darin im Wesentlichen aus, dass es bei solchen Lebensmitteln wie das vorliegende geradezu typisch sei, dass das Etikett kleiner gehalten werde, um eine Einsicht durch die Verpackung hindurch zu gewähren. Es wäre eine Vergrößerung des Etiketts und damit eine Darstellung der Nährwerte in Tabellenform nicht möglich. Der Schutzzweck der Norm des Art 34 Abs 2 LMIV sei, dass die Verbraucher in übersichtlicher Weise über die Nährwerte informiert würden. Dieser Anforderung werde durch das vorliegende Etikett jedenfalls Genüge geleistet, sodass eine Beanstandung nicht gerechtfertigt sei.

Des Weiteren sei festzuhalten, dass dem gegenständlichen Gutachten der EE keine Angaben hinsichtlich der Größe der Verpackung zu entnehmen sei. Erst im bekämpften Straferkenntnis seien Größenangaben der Verpackung bzw des Glases enthalten, wobei nicht nachvollziehbar sei, woher die Behörde diese Maßangaben nehme. Des Weiteren sei das Gutachten nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt.

Darüber hinaus würden die Kosten der EE angefochten und wurden dazu Ausführungen getätigt.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, dabei insbesondere in den Spruch des Straferkenntnisses vom 24.09.2018, Zl *****.

II.      Sachverhalt:

Am 31.01.2018 wurde im Betrieb DD in X, Adresse 3, eine Probe des verpackten Lebensmittels *** „*** *** *** ***“ entnommen. Diese Probe wurde der EE GmbH zur Untersuchung übermittelt.

Vertreiber der gegenständlichen Probe ist die Firma „CC GmbH“ Y, Adresse 2. Handelsrechtlicher Geschäftsführer war zum Tatzeitpunkt der Beschwerdeführer. Ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG war nicht bestellt.

Der Beschwerdeführer war damit grundsätzlich verwaltungsstrafrechtlich nach dem LMSVG verantwortlich.

Wann und von wo aus das gegenständliche Produkt von der Firma CC GmbH an die Firma DD GmbH in X geliefert wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich in unbedenklicher Weise aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Z vom 24.09.2018, Zl *****.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 120/2016, lauten wie folgt:

„§ 44a.

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

§ 45.

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

[…]

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

[…]

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, wie als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44a lit a VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass erstens die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, durch die die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zweitens die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (Verfassungssammlung 11894A/1985). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a lit a und b VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen einer bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (vgl VwGH vom 26.01.1998, Zl 97/10/0156).

Die Umschreibung der Tat hat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist. Der Spruch hat sohin die Ausführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat zu umfassen. Wenn der Spruch des Straferkenntnisses unrichtige Angaben über den Zeitpunkt der Tat oder den Tatort enthält, belastet dies das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl VwGH vom 09.11.1988, Zl 88/03/0043).

Eine Verwaltungsübertretung ist regelmäßig als dort begangen anzusehen, wo der Täter gehandelt hat oder, bei Unterlassungsdelikten, hätte handeln sollen (vgl VwGH vom 20.02.2014, Zl 2013/09/0046 uva). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der Frage, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen, steht auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen (vgl VwGH vom 14.02.2017, Zl Ra 2016/02/0015).

Es ist festzuhalten, dass § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG generell Handlungen, Rechtsakten der europäischen Gemeinschaft zuwider unter Strafe stellt. Das Tatbild der Verwaltungsübertretung ist also gegenständlich komplett dem LMIV zu entnehmen.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass die am 31.01.2018 im Betrieb DD in X, Adresse 3, gezogene Probe mit der Bezeichnung „*** *** *** ***“ den gesetzlichen Vorschriften über die Kennzeichnung nicht entsprach. Dabei handelte es sich um den Tag der Lebensmittelkontrolle durch das Lebensmittelaufsichtsorgan, welche in X durchgeführt wurde. Geliefert wurde das gegenständliche Produkt jedoch von der Firma CC GmbH mit Y, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist. Wann diese an die Firma DD geliefert wurde, ließ sich nicht mehr feststellen. Somit ist jedoch der Tatvorwurf sowohl in seitlicher Hinsicht als auch in Hinblick auf den Tatort falsch.

So wurde auch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.03.2019, Zl Ra 2017/10/0147, festgehalten, dass für den Fall des Vorwurfs einer unzulässigen nährwertbezogenen Angabe auf der Verpackung eines vorverpackten Lebensmittels durch den Hersteller des Lebensmittels auf dessen in Verkehr bringen im Sinne des Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr 178/2002 abzustellen ist. Da gemäß Art 2 Abs 1 lit a der Verordnung (EU) Nr 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (in der Folge LMIV) die Begriffsbestimmungen für das Inverkehrbringen der Verordnung (EG) Nr 178/2002, zu verwenden sind gilt dies auch für den vorliegenden Fall. Für einen Fall wie den Vorliegenden ist daher als Tatort der Ort anzusehen, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde. Im Fall der Lieferung durch einen Erzeugungs- oder Importbetrieb wird die Verwaltungsübertretung am Sitz dieses Betriebes in dem Augenblick begangen, in dem die Ware expediert wird. Korrespondierend zum Tatzeitpunkt ist der Tatort der Ort, von dem aus das Lebensmittel aufgeliefert wird (vgl VwGH vom 24.10.2018, Zl Ra 2017/10/0169). Da die belangte Behörde in Ansehung des vorgeworfenen Tatbestandes nicht auf diesen Tatzeitpunkt und Tatort abgestellt hat, hat sie insofern die Rechtslage verkannt. Der Beschwerde war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, da der Beschwerde Folge gegeben worden ist. Gleiches gilt für die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und die Untersuchungskosten (§ 71 Abs 3 LMSVG).

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Tatort;
Tatzeit;
Falscher Tatvorwurf;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.46.2419.1

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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