TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/27 96/21/0325

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Veröffentlicht am 27.11.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des EK, (geboren am 8. August 1971), in Wien, vertreten durch Dr. Michl Münzker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landskrongasse 5 (Tuchlauben 20), gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. Jänner 1996, Zl. Fr 4882/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 9. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 26. Oktober 1995 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Er sei nicht im Besitz des erforderlichen Reisedokuments oder einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich gewesen. Am 30. Oktober 1995 habe er einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 8. November 1995 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, abgewiesen worden sei. Dieser Paragraph besage, daß die Asylbehörde einem Asylantrag nur dann stattzugeben habe, wenn es sich bei dem Asylwerber um einen Flüchtling handle und der Tatbestand der direkten Einreise vorliege. Das Bundesasylamt Traiskirchen habe dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung komme nur jenen Asylwerbern zu, die gemäß § 6 Asylgesetz direkt in das Bundesgebiet eingereist seien. Da beim Beschwerdeführer der Tatbestand der direkten Einreise nicht habe vorgefunden werden können, komme ihm somit auch nicht die von ihm behauptete Aufenthaltsberechtigung zu. Deshalb, und da sein Antrag auf Gewährung von Asyl abgewiesen worden sei, seien die fremdengesetzlichen Bestimmungen auf ihn anwendbar. Der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizei nicht erforderlich. Mit Ghana bestehe kein Sichtvermerksabkommen, der Beschwerdeführer sei daher zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet nicht berechtigt und damit unter Mißachtung der Bestimmungen des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet gelangt. Er sei innerhalb eines Monates nach seiner Einreise betreten worden, der Bescheid der Erstbehörde sei innerhalb eines Monates erlassen worden. Zum Einwand des Beschwerdeführers, daß gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention Flüchtlinge wegen rechtswidriger Einreise nicht zu bestrafen seien, führte die Behörde aus, daß es sich beim gegenständlichen Verfahren um kein Strafverfahren, sondern um ein verwaltungsbehördliches Verfahren handle. Die Rechtsordnung messe der Beachtung der zwischenstaatlichen Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher (nunmehr fremdengesetzlicher) Vorschriften ein solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliegen würden. Bei der Erlassung des Ausweisungsbescheides sei nicht zu prüfen, in welches Land der Beschwerdeführer allenfalls abgeschoben werde, § 37 FrG sei nicht anzuwenden. Mit der Verfügung der Ausweisung sei aber nicht zwangsläufig seine Abschiebung in sein Heimatland verbunden. Auch eine neuerliche Einreise in das Bundesgebiet sei ihm durch die verfügte Ausweisung nicht verwehrt. Die vom Beschwerdeführer angeführten Mittel zu seinem Unterhalt, nämlich eine Unterbringung und Versorgung durch die Caritas, erachtete die belangte Behörde nicht als ausreichend, da eine nicht bloß vorübergehende Sicherung des künftigen Unterhaltes daraus mangels eines durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden könne.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 FrG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 436/1996 können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie innerhalb eines Monates nach der Einreise den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen (Z. 4) oder wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen eines Monates betreten werden (Z. 6).

In der Beschwerde bleibt die Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer ohne das erforderliche Reisedokument und ohne Aufenthaltsberechtigung in das Bundesgebiet gelangt sei, unbestritten. Auf dem Boden dieser Annahme ist der von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG unbedenklich.

Der Beschwerdeführer macht aber geltend, daß ihm infolge seiner rechtzeitigen diesbezüglichen Antragstellung sowie infolge des Nichtvorliegens eines rechtskräftigen abschlägigen Bescheides eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukomme.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ist § 17 FrG auf Asylwerber anzuwenden, wenn ihnen weder eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 noch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 leg. cit. zukommt. Die Annahme der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukomme, ist unbedenklich. Nach den unbestrittenen Feststellungen gelangte der Beschwerdeführer nämlich weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich; ferner liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, er hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste, zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm die Einreise formlos gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991).

Der in den Akten des Verwaltungsverfahrens einliegenden Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren vom 31. Oktober 1995 zufolge hat er sich vor seiner im Luftweg über Tunesien erfolgten Einreise nach Österreich etwa eine Woche in Burkina Faso aufgehalten. Sein Vorbringen, er sei deswegen nach Europa weitergereist, weil er befürchtet habe, von Burkina Faso wegen der Nähe zu Ghana dorthin zurückgeschoben zu werden, läßt keine ausreichend substantiierte Gefahr einer Rückschiebung von Burkina Faso nach Ghana erkennen. Dem Beschwerdeführer mußte daher die Einreise gemäß § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 nicht gestattet werden. Auch hat er weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde ausgeführt, ihm wäre die Einreise in Wien Schwechat im Hinblick auf § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 formlos gestattet worden.

Ein allenfalls fristgerechter Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1997, 96/21/0413).

Daß dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung (§ 8 leg. cit.) erteilt worden wäre, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen und wird in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Kann in der Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, so erübrigt sich die Prüfung, ob sie auch auf § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG gestützt werden konnte. Soweit der Beschwerdeführer im übrigen insoweit den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig hält, als § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG auf ihn als Flüchtling im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention nicht anwendbar sei, übersieht er, daß dieser Umstand im Grunde des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 die Anwendung auch des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG deswegen nicht gehindert hätte, weil ihm kein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zukam.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996210325.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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