TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 I420 2132089-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I420 2132089-1/12E

I420 2142315-1/10E

I420 2142317-1/10E

I420 2142319-1/10E

I420 2142320-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX, geb. XXXX, der XXXX, geb. XXXX, der minderjährigen XXXX, geb. XXXX, des minderjährigen XXXX, geb. XXXX, und der minderjährigen XXXX, geb. XXXX, die minderjährigen Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch XXXX, alle irakische Staatsbürger und vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.07.2016, Zl. 1089326409-151457222, vom 07.11.2016, Zl. 1089331801-151457249, vom 07.11.2016, Zl. 1089323004-151457257, vom 07.11.2016, Zl. 1089323309-151457265, und vom 07.11.2016, Zl. 1089323102-151457290, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Verfahren von XXXX (Erstbeschwerdeführer), seiner Ehefrau XXXX (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihrer drei minderjährigen Kinder (der am XXXX geborenen Drittbeschwerdeführerin XXXX, des am XXXX geborenen Viertbeschwerdeführers XXXX und der am XXXX geborenen Fünftbeschwerdeführerin XXXX) sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

Die Beschwerdeführer reisten unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellten am 24.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

Am 30.09.2015 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen und dabei u.a. zu ihrem Gesundheitszustand, ihren Lebensumständen im Irak, ihren bisherigen Lebensumständen in Österreich, ihren Familienangehörigen und ihren Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen befragt. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gaben an, aus Bagdad, Irak, zu stammen, miteinander verheiratet und sunnitische Muslime zu sein. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass er von der schiitischen Organisation Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) Morddrohungen erhalten habe, da er Sunnit sei und AAH ihn und seinen Vater kennen würden. Zudem gäbe es Anschläge bei der Schule seiner Kinder. Die Zweitbeschwerdeführerin führte zu ihren Fluchtgründen aus, dass die Familie vor dem Krieg geflüchtet sei sowie vom IS und der schiitischen Organisation Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) Morddrohungen erhalten hätten. Zudem seien bei der Schule ihrer Kinder bereits einige versteckte Sprengsätze explodiert und es würden Schüler entführt werden. Aus Angst um ihre Familie sei sie geflohen.

Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin wurden am 28.06.2016 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer legte zu seinen Fluchtgründen befragt dar, dass er als Mitarbeiter im Landwirtschaftsministerium Mitglied der Baath-Partei gewesen sei und daher bedroht worden sei. Zudem sei sein Vater als ehemaliger Naturheilpraktiker von Saddam Hussein im ganzen Land bekannt. Nach zweimaligem Umzug seien im Jahr 2011 terroristische schiitische Organisationen in das sunnitische Wohngebiet des Erstbeschwerdeführers gekommen und hätten die sunnitischen Bewohner vertrieben. Es sei zu keinen direkten Morddrohungen gekommen, doch sei der Erstbeschwerdeführer immer wieder zum Verlassen der Gegend aufgefordert worden. Im Jahr 2014 seien von der Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq in seiner Gegend Raketen zum Flughafen abgeschossen worden. Am nächsten Tag um 24 Uhr seien bewaffnete Männer von einer ihm unbekannten Miliz in das Haus des Erstbeschwerdeführers eingedrungen. Die zivil gekleideten, vermummten und mit Maschinengewehren bewaffneten Milizen hätten die Türe eingetreten und mit Waffen auf den Erstbeschwerdeführer und seine Familie gezielt. Die Milizen hätten den Erstbeschwerdeführer direkt beim Haus über seine Herkunft und Religionszugehörigkeit befragt. Der Erstbeschwerdeführer und seine Familie seien zum Verlassen der Gegend aufgefordert worden. Es hätten drei Personen mit dem Erstbeschwerdeführer gesprochen, der Anführer der Milizen habe weiter weg außer Haus gewartet. Dadurch, dass der Erstbeschwerdeführer bedroht worden sei, seien auch seine Ehefrau und seine Kinder bedroht worden. Nach dem Vorfall habe ihm ein schiitischer Arbeitskollege, dessen Verwandten bei den Milizen tätig seien, den Rat gegeben, das Gebiet zu verlassen, da die Kinder des Erstbeschwerdeführers entführt oder Lösegeld verlangt bzw. die ganze Familie getötet werden könnte. Zudem gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es auf dem Schulweg seiner Kinder zu Bombardierungen durch schiitische Milizen komme. Außerdem sei es in der Verwandtschaft zu Entführungen und Tötungen gekommen. Die Zweitbeschwerdeführerin führte in der behördlichen Einvernahme zu ihrem Fluchtgrund befragt aus, dass sie und ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten. Ihr Ehemann sei von der schiitischen Miliz namens Asaib bedroht worden. Um 24 Uhr habe die Miliz die Tür eingetreten, daraufhin habe sich die Zweitbeschwerdeführerin mit ihren Kindern in einem Zimmer versteckt. Sie habe nicht mithören können und könne sich auch nicht an das genaue Datum hinsichtlich des Vorfalles erinnern. Neben dieser Bedrohung sei ihr Ehemann auch ein zweites Mal - zwei Monate vor der Ausreise - bedroht worden. Darüber hinaus seien in der Schule ihrer Kinder bereits drei Mal Sprengsätze explodiert. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Angst vor dem IS und den schiitischen Milizen.

Im Zuge des behördlichen Verfahrens wurden drei Dienstausweise sowie ein Dienstzettel des Landwirtschaftsministeriums für den Erstbeschwerdeführer, eine irakische Meldebestätigung des Landwirtschaftsministeriums für den Erstbeschwerdeführer, irakische Personalausweise der Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer und eine irakische Heiratsurkunde vorgelegt.

In der Folge wurden die Anträge der Beschwerdeführer mit den im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 14.07.2016 und vom 07.11.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 14.07.2017 erteilt (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide).

Gegen Spruchpunkt I. der im Spruch genannten Bescheide wurde fristgerecht mit einem Schreiben vom 31.07.2016 betreffend den im Spruch angeführten Bescheid des Erstbeschwerdeführers sowie mit einem Schreiben vom 06.12.2016 betreffend die im Spruch angeführten Bescheide der Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführerin, des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG durchführen; die angefochtenen Entscheidungen hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und den Beschwerdeführern Asyl zuerkennen; sowie in eventu die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG beheben und zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverweisen.

Hierzu führten die Beschwerdeführer begründend aus, dass sie Verfolgung aus religiösen Gründen bzw. wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zu befürchten hätten. Der Erstbeschwerdeführer sei Sunnit und sei seitens radikaler Schiiten Todesdrohungen ausgesetzt gewesen, einerseits wegen seiner Religionszugehörigkeit andererseits wegen der prominenten politischen Tätigkeit seines Vaters zu Zeiten Saddam Husseins. Auch die Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer seien als Sunniten sowohl vor dem IS als auch vor Todesdrohungen seitens radikaler Schiiten geflohen. Mangels Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit der irakischen Behörden hätten die Beschwerdeführer fliehen müssen. Schiitische Milizen würden für den irakischen Staat einen elementaren Bestandteil im Kampf gegen die sich als "Islamischen Staat" bezeichneten Terroristen darstellen. Der Erstbeschwerdeführer habe seinen Fluchtgrund detailliert, substantiiert und mit Zeit- und Ortsangaben sowie Wahrnehmungen und Emotionen geschildert. Zudem würden die Schilderungen durch die Länderberichte bestätigt werden.

Beschwerden und Bezug habende Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.08.2016 vorgelegt. Am 07.08.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugewiesen.

Am 29.01.2019 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehalten, in welcher der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin im Beisein ihrer Rechtsvertretung befragt wurden; im Vorfeld war den Beschwerdeführern das Länderinformationsblatt zum Irak zugeschickt worden.

Die Verfahren der Beschwerdeführer wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichts zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden die Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch getrennt voneinander u.a. zu ihrer Identität, ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, ihren Familienverhältnissen und ihren Fluchtgründen befragt. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde ein Lebenslauf des Erstbeschwerdeführers und eine Bestätigung des AMS hinsichtlich der Kurszeiten des Erstbeschwerdeführers vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in die die Beschwerdeführer betreffenden und dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakte des BFA, insbesondere in die Befragungsprotokolle;

-

Befragung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.01.2019;

-

in das Verfahren eingeführte Länderberichte zur Situation im Herkunftsstaat;

-

Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Irak. Es handelt sich bei den Beschwerdeführern um einen volljährigen Mann (Erstbeschwerdeführer), seine volljährige Ehefrau (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihre drei minderjährigen Kinder (Drittbeschwerdeführerin, Viertbeschwerdeführer und Fünftbeschwerdeführerin).

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest.

Die Beschwerdeführer gehören der Volksgruppe der Araber an und sind sunnitische Muslime.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben im Irak sowohl standesamtlich als auch nach islamischem Recht geheiratet und sind Eltern sowie gesetzliche Vertreter der minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer halten sich seit spätestens 24.09.2015 in Österreich auf.

Im Bundesgebiet leben die Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt und sind strafrechtlich unbescholten.

II.1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würden.

II.1.3. Zur Situation im Irak:

Zur allgemeinen Lage:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte. Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt, mit sich brachte. Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Als Reaktion darauf verbot die irakische Zentralregierung u.a. internationale Flüge in die Region. Die irakische Zentralregierung bat zudem die beiden Länder Türkei und Iran darum, ihre Grenzen zu den kurdischen Autonomiegebieten zu schließen sowie jeglichen Handel einzustellen. Die Grenzübergänge von der KRI zum Iran und der Türkei sind seit dem Referendum nur mehr teilweise geöffnet (s. Karte unten). Die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) haben außerdem begonnen, Checkpoints an diesen Grenzübergängen einzurichten. Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Neben den militärischen Maßnahmen fasste die Zentralregierung in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum eine Reihe weiterer Maßnahmen, darunter: Die Sanktionierung kurdischer Banken, das Einfrieren von Fremdwährungstransfers, sowie das Einstellen von Flugverbindungen und mobilen Kommunikationsnetzen.

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.

In den südlichen Provinzen ist der Großteil der Gewalt, die dort stattfindet, nicht terroristischer Natur, sondern krimineller und "tribaler" (d.h. stammesbezogener) Natur. Die Provinz BASRA war nicht direkt von der Offensive der Gruppe Islamischer Staat (IS) im Juni 2014 betroffen und sind dort keine direkten Auseinandersetzungen zwischen IS-Kämpfern und irakischen Truppen festzustellen gewesen. Es wird zwar über Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Stämmen berichtet, jedoch finden sich keine Berichte über Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten. Auch wird über kriminelle Banden berichtet, die für Entführungen zur Erpressung von Lösegeld, einen Anstieg von Gewalttaten, von Diebstahl, von bewaffneten Raubüberfällen, Tötungen und Drogenhandel verantwortlich gemacht werden (OSAC 07.03.2017). Die Bestrebungen der ISF gehen dahin, die Sicherheit in Stadt und Provinz BASRA aufrecht zu erhalten, während bewaffnete Gruppen um die vorhandenen Ressourcen kämpfen/rivalisieren (OSAC 07.03.2017).

Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten.

Quelle:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN.

Zur Lage Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft in der Stadt Bagdad:

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch kommt es vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden.

Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad stets zu. Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert. In Hinblick auf Bagdad kam es seitdem verstärkt zur Spaltung Bagdads in konfessionelle Linien, zu interkonfessioneller Gewalt und zu Vertreibungen und schließlich zur Bildung von separaten sunnitischen und schiitischen Vierteln. In Bezug auf Bagdad ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die dort lebenden Sunniten einer Gruppenverfolgung bzw. einer systematischen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt wären.

Quellen:

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BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

-

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

-

Al-Araby, 'Don't enter Baghdad': Wave of murder-kidnappings grips Iraq capital,

https://www.alaraby.co.uk/english/news/2017/5/17/dont-enter-baghdad-wave-of-murder-kidnappings-grips-iraq-capital, 17.05.2017 (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht.

Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in Bagdad gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, sie sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent.

In Bagdad gibt es Bezirke und Stadtteile, in denen überwiegend Sunniten leben. Als solche werden in den Länderberichten insbesondere Adhamiya, Mansour und Abu Ghraib genannt.

Quellen:

-

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

-

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Aktivitäten der Asa'ib Ahl al-Haqq, insbesondere Verhalten gegenüber sunnitischen MuslimInnen 02.02.2018,https://www.ecoi.net/de/dokument/1424853.html (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

-

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

-

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

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BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

Laut UNHCR wurden in fast allen Teilen des Landes für Binnenflüchtlinge verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit des Vorweisens von Bürgen, die Registrierung bei lokalen Behörden sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch mehrere verschiedene Sicherheitsbehörden. Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person.

Quellen:

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BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees, Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

Berufsgruppen und Menschen, die einer bestimmten Beschäftigung nachgehen

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats sind besonders gefährdet. Auch Mitarbeiter der Ministerien sowie Mitglieder von Provinzregierungen werden regelmäßig Opfer von gezielten Attentaten (AA 12.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 27.9.2018

-

IWPR - Institute for War and Peace Reporting (25.11.2009): Fear chokes Nasiriya's Song,

https://iwpr.net/global-voices/fear-chokes-nasiriyas-song. Zugriff 2.10.2009

-

USDOS - United States Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394979.html. Zugriff 2.10.2018

-

USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 21.9.2018

Zur Lage von Frauen im Irak:

In der Verfassung der Republik Irak ist die Gleichstellung der Geschlechter verankert und nach Art. 49 Abs. 4 der Verfassung im Irak eine Frauenquote von 25 % im Parlament (Autonomieregion Kurdistan: 30 %) vorgesehen. Dadurch sind im irakischen Parlament derzeit 82 von 328 Abgeordnete Frauen. Die irakische Verfassung spricht auch in der Präambel der Verfassung davon, den Rechten der Frauen besondere Aufmerksamkeit schenken zu wollen und Art. 22 Abs. 1 der irakischen Verfassung regelt das Recht auf Arbeit für alle irakischen Staatangehörigen.

Dennoch finden diese verfassungsgesetzlichen Garantien auf einfachgesetzlicher Ebene oftmals keine entsprechende Umsetzung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht. Die Diskriminierung von Frauen ist im Irak auch im sozialen und religiösen Kontext Alltag. Vor allem in schiitisch dominierten Bereichen herrschen oftmals islamische Regeln, die auch umgesetzt werden, zB Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten und durch Unterdrückung eines "westlichen" bzw. "nicht konservativen" Lebens- und Kleidungsstils. Dadurch werden die Freizügigkeit der Frauen und somit auch deren Teilnahme am öffentlichen Leben eingeschränkt. Eine Reihe von AktivistInnenplattformen, NGO und andere internationale Akteure, z. B. UN Women, Iraqi Women Network, Iraqi Women Journalist's Forum und Organization of Women's Freedom in Iraq, kämpfen im Irak gegen die soziale, religiöse und rechtliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frauen an. So arbeitet z.B. das UN Women Nationalkomitee im Irakmit der irakischen Regierung zusammen um die Ziele des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen (UNDAF) für den Referenzzeitraum 2015 - 2019 zu erreichen, zu welchem auch die Miteinbeziehung und Förderungen von Frauen und Mädchen zählen. So hat die irakische Regierung gegenüber der UNDAF die Zusage zur Förderung von Frauen und Mädchen im politischen und wirtschaftlichen Bereich auch für den Zeitraum von 2015 bis 2019 wiederholt.

Im Jahr 2014 lag die Erwerbsquote von Frauen im Irak bei ca 14 %, stieg allerdings in den letzten Jahren an und lag im Jahr 2016 bei 17,8 %. Die Anzahl möglicher Betätigungsfelder für Frauen im Irak steigt stetig an, so sind Frauen nicht nur im öffentlichen Sektor tätig, sondern etablieren sich, trotz der nach wie vor vorherrschenden gesellschaftlichen Ressentiments und Widerständen, zunehmend als Unternehmerinnen bzw. Eigentümerinnen von Geschäftigen (zB Buchgeschäften oder Kaffeehäusern) etc.

In den Jahren 2014 und 2015 kam es immer wieder zu Anschlägen auf Cafés und Restaurants in BAGDAD und BASRA, wobei der Umstand, dass dort Frauen beschäftig werden bzw. waren, oftmals als Motiv genannt wurde, jedoch auch als Vorwand gesehen wird, ein unliebsames Lokal zu schließen. Gegen die Zahlung von Schutzgeld war es Lokalbesitzern in BASRA möglich, auch Kellnerinnen einzustellen, die freizügiger angezogen waren. Grundsätzlich schützen die irakischen Gesetze Frauen, die in Kaffeehäusern oder Casinos arbeiten, es besteht seitens der irakischen Regierung ein Problembewusstsein für diese Thematik. Dennoch kommt es bei Frauen, die als Kellnerinnen arbeiten, oftmals zu Übergriffen.

Quellen:

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Adnan Abu Zeed, Nightclubs, cafes still risky business for Iraqi women, 05.12.2017,

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/12/nightclub-girls-club-baghdad-iraq-harassment.html#ixzz56XBcW5nl (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

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BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Ergänzende Informationen zu Vorschriften zur Frauenbekleidung durch Gesellschaft und Milizen sowie Ergänzungen zur Lage von Kellnerinnen, 13.11.2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1418160/5209_1511256710_irak-mr-sog-bekleidungsvorschriften-fuer-frauen-lage-von-kellnerinnen-ergaenzende-afb-2017-11-10ke.doc (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

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BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

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Mustafa Saadoun, Iraq's female booksellers turn the page on gender roles, 19.10.2017,

https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/10/iraqi-women-take-another-male-profession-in-bookstores.html (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

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UN-Women, Humanitarian actors highlight women's role in recovery and peacebuilding in Iraq, 20.09.2017, http://www.unwomen.org/en/news/stories/2017/9/news-humanitarian-actors-highlight-womens-role-in-recovery-and-peacebuilding-in-iraq (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

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UN-Women, Iraq [Stand: 2016], http://arabstates.unwomen.org/en/countries/iraq (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

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UN-Women, UN Women meets with Women Leaders and Civil Society Organizations in Baghdad [EN/AR/KU], 02.08.2017 https://reliefweb.int/report/iraq/un-women-meets-women-leaders-and-civil-society-organizations-baghdad-enarku (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

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WKO Länderprofile, 10/2017,

http://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-irak.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

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Zahra Ali, Women's rights are under threat in Iraq, 20.11.2017, https://www.washingtonpost.com/news/monkey-cage/wp/2017/11/20/womens-rights-are-under-threat-in-iraq/?utm_term=.781f3d0fb747, (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

Zur Lage von Kindern im Irak:

Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind von Gewaltakten betroffen, sei es direkt, oder dadurch, dass ihre Familienmitglieder zu Opfern von Gewalt wurden (AA 7.2.2017). Laut einem UNICEF-Bericht von 2016 wird der Irak als eines der tödlichsten Länder für Kinder erachtet. 3,6 Millionen Kinder seien dort der Gefahr ausgesetzt, getötet, verletzt, ausgebeutet oder Opfer sexueller Gewalt zu werden (HRW 12.1.2017). Tötungen und Verstümmelungen sind die am häufigsten gemeldeten Formen von Gewalt gegen Kinder. Kinder werden durch militärische Operationen verletzt und getötet, und Berichten zufolge sind sie von den sich verschlechternden humanitären Bedingungen unverhältnismäßig stark betroffen (UNHCR 14.11.2016).

Laut UNICEF sind Kinder im Irak seit der Intensivierung der Kämpfe in einer endlosen Schleife von Gewalt und Armut gefangen. Mehr als fünf Millionen Kinder sind auf dringende humanitäre Hilfe angewiesen. Seit 2014 sind1.075 Kinder getötet worden, mehr als 150 Kinder in den ersten sechs Monaten des Jahres 2017 (UN 22.6.2017).

Der IS veröffentlicht regelmäßig Videos von Kindersoldaten in seinen Reihen. Es liegen Berichte über Umerziehungskampagnen an mehreren Tausend Kindern in den vom IS beherrschten Gebieten vor (AA 7.2.2017). Darüber hinaus wurde gemeldet, dass bewaffnete Gruppen, die gegen den IS kämpfen, einschließlich der Volksmobilisierungskräften (PMF), sunnitischer Stämme, Kurdischer Arbeiterpartei (PKK) und sonstiger bewaffneter kurdischer Gruppen sowie turkmenischer und jesidischer Selbstverteidigungsgruppen, Kinder für Unterstützungs- und Kampfhandlungen rekrutieren (UNHCR 14.11.2016, vgl. USDOS 3.3.2017).

Zahlreiche Jugendliche sind nach Angaben der Vereinten Nationen wegen Terrorvorwürfen angeklagt oder verurteilt. Es fehlt an Jugendstrafanstalten; laut IKRK werden jugendliche Häftlinge mittlerweile meist getrennt von erwachsenen Straftätern inhaftiert, ihnen wird aber oft der regelmäßige Kontakt zu ihren Familien verwehrt (AA 7.2.2017). Eine große und Berichten zufolge steigende Zahl von Kindern wird willkürlich festgenommen, für terroristische Handlungen verantwortlich gemacht und teilweise für lange Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Hafteinrichtungen, Polizeistationen und Rehabilitationszentren der irakischen Regierung und der KRG-Behörden untergebracht (UNHCR 14.11.2016).

Die Sicherheitslage, die Einquartierung von Binnenvertriebenen und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist, besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig. In den vom IS beherrschten Gebieten findet kein regulärer Schulunterricht statt (AA 7.2.2017). Über 3,7 Millionen Kinder im Schul-Alter sind von der derzeitigen Krise im Irak betroffen. Am Ende des Schuljahres 2016 hatten nur 60 Prozent der vom Konflikt betroffenen Kinder Zugang zu irgendeiner Art von Bildung (OCHA 7.3.2017).

UNICEF schätzt, dass sich die Zahl der arbeitenden Kinder seit 1990 verdoppelt hat, und nunmehr 575.000 beträgt (HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

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HRW - Human Rights Watch (2017): World Report 2017 - Iraq - Events of 2016,

https://www.hrw.org/world-report/2017/country-chapters/iraq, Zugriff 6.8.2017

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OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (7.3.2017): Humanitarian Needs Overview, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/irq_2017_hno.pdf, Zugriff 16.6.2017

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UN - United Nations - Meetings Coverage and Press Releases (22.6.2017): Daily Press Briefing by the Office of the Spokesperson for the Secretary-General,

https://www.un.org/press/en/2017/db170622.doc.html, Zugriff 30.6.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (14.11.2016): UNHCR Position on Returns to Iraq,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1479283205_2016-11-14-unhcr-position-iraq-returns.pdf, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1485247972_opendocpdf.pdf, Zugriff 6.8.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Iraq,

http://www.ecoi.net/local_link/337187/479950_de.html, Zugriff 6.8.2017

II.2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerden folgende Erwägungen getroffen:

II.2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt.

II.2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, denen auch in den gegenständlichen Beschwerden nicht entgegengetreten wurde.

Die Identität der Beschwerdeführer ergibt sich aus der vorgelegten irakischen Personalausweisen.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Aussagen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen betreffend die Einreise und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer beruhen auf den Aussagen des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.01.2019.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

II.2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer:

Dem Fluchtvorbingen des Erstbeschwerdeführers, dass dieser aufgrund seiner Religionszugehörigkeit sowie aufgrund seiner Tätigkeit als Staatsbediensteter beim Landwirtschaftsministerium bzw. als Mitglied der Baath-Partei von schiitischen Milizen bedroht worden sei, sprach bereits das BFA die Glaubwürdigkeit ab. Diese Beurteilung ist nach Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht zu beanstanden, da es dem Erstbeschwerdeführer nicht gelungen ist, sein Fluchtvorbringen annähernd plausibel darzulegen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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