TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W159 2183675-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W159 2183675-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 und 9 sowie 46 und 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan, gelangte (spätestens) am 16.04.2016 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Ebenfalls am selben Tag wurde er durch das XXXX einer Erstbefragung nach dem Asylgesetz unterzogen, wobei als Geburtsdatum der XXXX vermerkt wurde. Zu den Fluchtgründen gefragt, gab er an, dass die wirtschaftliche Lage in Afghanistan sehr schlecht sei und er keine Möglichkeit zur schulischen Ausbildung gehabt habe. Bei einer Rückkehr habe er nichts zu befürchten.

Am 02.02.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, wobei auch ein Vertreter des gesetzlichen Jugendwohlfahrtsträgers anwesend war. Der Antragsteller gab an, dass er derzeit eine Schule in XXXX besuche. Er sei schiitischer Moslem und sei gesund. Weiter sei er afghanischer Staatsbürger und ledig. Er sei im Jahr XXXX geboren worden, das habe ihm seine Mutter, als er in Ungarn gewesen sei, telefonisch mitgeteilt. Er sei von seiner Volksgruppe her Tadschike und spreche Dari. Er habe einen Reisepass und eine Tazkira gehabt, die Tazkira habe er bereits abgegeben, den Reisepass könne er sich nachschicken lassen. Er habe in XXXX die Schule bis zur fünften Klasse besucht. Am Nachmittag habe er seinem Onkel mütterlicherseits in einem Textilgeschäft geholfen. Seine Familienangehörigen würden in XXXX leben. Sein Vater sei arbeitslos und seine Mutter Hausfrau. Seine beiden älteren Brüder würden schon arbeiten. Einer betreibe ein Textilgeschäft. Weiters habe er noch Tanten und Onkeln väterlicherseits und mütterlicherseits in XXXX . In Europa lebe lediglich ein Onkel mütterlicherseits, nämlich in XXXX . Die finanzielle und wirtschaftliche Lage im Herkunftsland sei durchschnittlich gewesen. Seine Eltern und Geschwister, die älteren Brüder auch mit Familie, würden nach wie vor in XXXX leben. Sein Vater sei früher Naturheiler gewesen und habe Medikamente verkauft. Aber nunmehr sei er schon alt und könne nicht mehr arbeiten. Geld für die Flucht habe sein Bruder ausgeborgt. Gefragt zu den Fluchtgründen gab er an, dass in Afghanistan Krieg herrsche und die Sicherheitslage sehr schlecht sei. Er sei nach Österreich geflüchtet, um hier ein sicheres Leben zu haben. Weitere Fluchtgründe habe er nicht, aber es sei sein Leben in Gefahr, weil es dort Attentate gebe. Persönlich sei er jedoch niemals bedroht oder verfolgt worden. In anderen Teilen Afghanistan sei es noch schlimmer als in XXXX . Straffällig sei er in Afghanistan nicht geworden.

Der Beschwerdeführer legte in der Folge einen afghanischen Reisepass vor, aus dem als Geburtsdatum der XXXX ersichtlich ist. Laut Untersuchungsbericht der Kriminaltechnik Österreich seien aber im Bereich des Geburtsdatums Abänderungen durch mechanische Rasur mit anschließender Überschreibung durchgeführt worden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 28.11.2017, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt V. die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt und unter Spruchpunkt VI. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Afghanistan getroffen. Festgestellt wurde weiters, dass die Behörde von dem behaupteten Geburtsdatum XXXX ausgehe. Zu dem vorgelegten Reisepass wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass amtsbekannt sei, dass in Afghanistan echte Dokumente mit unwahrem Inhalt in erheblichem Umfang existieren würden und dass es entweder zu einer Abänderung oder Falscheintragung des Geburtsdatums oder eine Ausstellung des Reisepasses durch eine nichtautorisierte Stelle gekommen sei. Beweiswürdigend wurde zu den Fluchtgründen weiters ausgeführt, dass der Antragsteller keine aktuellen Fluchtgründe in Bezug auf sein Heimatland vorgebracht habe und seien keine Umstände amtsbekannt, dass in Afghanistan, speziell in XXXX eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dort zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Rechtlich begründend wurde zu Spruchteil I. insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus den in der GFK genannten Gründen nicht behauptet habe und etwaige wirtschaftliche Gründe, mangelnde Zukunftsperspektiven oder wirtschaftliche Überlegungen die Anerkennung als Flüchtling nicht rechtfertigen würden. Der Umstand, dass im Herkunftsland Unruhen herrschen, würde für sich allein noch keine Verfolgung im Sinne der GFK bedeuten. Aus der Kinderrechtskonvention oder der EU-Ratsrichtlinie betreffend Kinderrechte lasse sich keine Verpflichtung zur Asylgewährung ableiten. Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der Bezug habenden Rechtslage und Judikatur insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Antragsteller um einen gesunden jungen Mann mit Schulbildung und Einblicken ins Berufsleben handeln würden und im Hinblick auf die gegebenen Umstände ein reales Risiko einer den Art. 2 und 3 EMRK widersprechenden Behandlung sich nicht erkennen lasse. Der Antragsteller verfüge überdies über starke familiäre Anknüpfungspunkte in XXXX , sodass davon ausgegangen werden könne, dass er dorthin zurückkehren könne. Dieser sei mit den sprachlichen und kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes vertraut. Bei objektiver Gesamtbetrachtung ergebe sich für den Antragsteller mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht das reale Risiko einer extremen Gefahrenlage, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würde. Weiters wären keine Gründe für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gegeben (Spruchpunkt III.). Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass der Antragsteller kein Familienleben in Österreich führe, da seine Verwandten in Afghanistan leben würde und er über keine solchen in Österreich verfügen würden. Es seien weiters keine Anhaltspunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration in Österreich rechtfertigen würden, da der Antragsteller sich nach wie vor in Grundversorgung befinde, nicht berufstätig sei und lediglich im Rahmen der bestehenden Schulpflicht eine Neue Mittelschule besucht habe und noch nicht ausreichend Deutsch sprechen würde. Bei Gesamtbetrachtung sämtlicher Interessen sei festzuhalten, dass die Ausweisung nicht unverhältnismäßig sei und daher eine Rückkehrentscheidung als zulässig zu betrachten sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde dargelegt, dass sich im vorliegenden Fall keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe und auch einer Abschiebung nach Afghanistan keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe, sodass eine solche als zulässig zu bezeichnen sei. Auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch XXXX als Vertreterin des gesetzlichen Jugendwohlfahrtsträgers, Beschwerde in vollem Umfang an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde insbesondere auf die mangelnde Schutzfähigkeit und -willigkeit des Staates und das Wiedererstarken der Taliban hingewiesen. Weiters wurde kritisiert, dass die Entscheidung nicht die konkrete und spezielle Gefährdung Minderjähriger berücksichtige, zudem berücksichtige die Behörde trotz seiner hohen Vulnerabilität als Minderjähriger diesen Umstand nicht hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes. Eine Ausweisung aus Österreich mit unerklärter Versorgungs- und prekärer Sicherheitslage in Afghanistan widerspreche dem Kindeswohl. Schließlich wurde nicht nur die Gewährung von Asyl in eventu subsidiären Schutzes, sondern auch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die belangte Behörde verzichtete bereits mit der Aktenvorlage auf die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung. Weiters wurde eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 15 iVm 75 StGB sowie eine Anklageerhebung nach § 84 und 107 StGB übermittelt und mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 10.01.2019 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.12.2018 verloren habe und zwar wegen Anklage wegen einer vorsätzlichen, gerichtlich strafbaren Handlung.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 12.03.2019 an. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten teilte mit, dass das Ermittlungsverfahren wegen §§ 15, 75 StGB eingestellt worden sei.

Von Seiten der gesetzlichen Vertretung wurden Integrationsunterlagen, nämlich ein ÖSD-Zertifikat A1, eine Schulbesuchsbestätigung der Neuen Mittelschule XXXX , eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs, ein Zertifikat über die Teilnahme eines Workshops für Gewaltprävention der XXXX sowie weitere Kursbestätigungen und Referenzschreiben vorgelegt. Zur Beschwerdeverhandlung erschien der Beschwerdeführer in Begleitung einer Vertreterin des gesetzlichen Jugendwohlfahrtsträgers sowie einer Vertrauensperson. Die Beschwerdeführervertreterin legte einen Befundbericht der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie XXXX vom 13.07.2017, ein Referenzschreiben samt Aufnahmeantrag an den Boxclub XXXX , eine Kursbestätigung der XXXX sowie einen Kurzarztbrief des Landesklinikums XXXX vom 21.02.2019 vor. Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er gab an, dass es Missverständnisse gegeben habe und zwar habe er das Alter seiner Angehörigen nicht gewusst, sondern lediglich geschätzt.

Er sei Staatsbürger von Afghanistan, Tadschike und Moslem. Er glaube, dass er Schiite sei, sei sich aber dabei nicht sicher. Er sei am XXXX in XXXX geboren, was er jedoch auf XXXX korrigierte. Über Vorhalt, dass im Reisepass das Geburtsdatum XXXX stehe, ob dies richtig sei, gab er an, dass er sich das nicht erklären könne. Bei der Erstbefragung sei er nach seinem Geburtsdatum gefragt worden. Er habe angegeben, dass er 14 Jahre alt sei. Über Vorhalt, dass im Rahmen der Dokumentenüberprüfung festgestellt worden sei, dass das Geburtsdatum im Reisepass offenbar nachträglich korrigiert worden sei, gab er an, dass er nicht wisse, wie das zustande gekommen sei. Er selbst könne kein genaues Geburtsdatum nennen. Er habe immer in XXXX und zwar im Stadtteil XXXX im Zentrum von XXXX gelebt. Seine Eltern würden noch leben, aber sie seien mittlerweile schon älter. Er habe sechs Geschwister. Mit Ausnahme eines jüngeren Bruders habe er nur ältere Geschwister und zwar drei Brüder und drei Schwestern. Die Schwestern seien alle verheiratet, zwei Brüder ebenso und würden alle in XXXX leben. Er habe bis ungefähr zur sechsten oder siebenten Schulstufe die Schule besucht. Dann habe er gearbeitet und zwar bei seinem Onkel mütterlicherseits in einem Bekleidungsgeschäft. Sein Vater sei schon alt und krank. Früher habe er Medikamente verkauft. Er habe schon seit dem Alter von 11 bis 12 Jahren gearbeitet. Sie hätten wirtschaftliche Probleme gehabt, aber er habe persönlich keine Probleme mit staatlichen Behördenorganen gehabt, ebenso wenig mit bewaffneten Gruppierungen, wie den Taliban oder dem IS. Auch mit Privatpersonen habe er keine Probleme gehabt. Sein Problem sei jenes gewesen, dass er die Schule nicht besuchen habe dürfen und dass es in ihrer Wohngegend immer wieder zu Selbstmordanschlägen gekommen sei und die Lebensumstände dort sehr schwierig gewesen wären, weil es keine Sicherheit gegeben habe. Er habe ständig furchtbare Angst gehabt. Auch enge Familienangehörige hätten aber keine persönlichen Probleme mit staatlichen Organen, bewaffneten Gruppierung oder Privatpersonen gehabt. Er sei wegen der allgemeinen Situation, und zwar wegen der Angst, bei Selbstmordanschlägen getötet zu werden, geflüchtet. "Vermutlich" habe er Ende 2015 die Heimat verlassen. Er sei über Pakistan in den Iran gegangen, von dort in die Türkei und über die Türkei nach Bulgarien. Seine verheirateten Geschwister seien nicht ausgereist. Sie müssten sich um ihre Familien kümmern. Er habe aber regelmäßigen Kontakt mit seinen Familienangehörigen. Sie hätten ihm erzählt, dass sich die Sicherheitslage tagtäglich verschlechtere. Die Brüder überlegten auch bereits, in den Iran zu flüchten.

Gefragt nach aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen gab er an, dass er an Schlafstörungen leide und mit psychischen Problemen kämpfe. Er möchte auf eigenen Beinen stehen und unabhängig sein. Derzeit besuche er einen Deutschkurs und zwar die " XXXX ". Er gehe ins Fitnesscenter und ins Boxtraining. Die Vertrauensperson ergänzte, dass der Beschwerdeführer den Vorbereitungskurs für den Pflichtschulabschluss besuche. Er habe schon ein A1-Zertifikat erlangt. Die A2-Prüfung habe er um einen Punkt nicht geschafft. Er möchte noch besser Deutsch lernen. Er habe schon unentgeltlich für ein Unternehmen gearbeitet, das benachteiligten Personen helfe. Die Vertrauensperson verweis in diesem Zusammenhang auf das Empfehlungsschreiben des XXXX . Er sei Mitglied im Boxklub XXXX und gehe ins Fitnesscenter und zwar in das XXXX auf der XXXX . Er habe bei Boxkämpfen auch schon Medaillen gewonnen. Er kämpfe im XXXX . Wenn er in Österreich bleiben dürfe, möchte er gerne Box- oder Fitnesstrainer werden. Er habe schon gute österreichische Freunde und auch eine österreichische Freundin. Zuletzt habe er auch eine Patenfamilie gehabt und er werde jetzt von der Vertrauensperson unterstützt. Über Vorhalt, dass im Strafregisterauszug wohl keine Verurteilung aufscheine, aber aber es eine Anklageerhebung wegen § 107 und § 84 StGB und die Einleitung eines Strafverfahrens wegen § 75 StGB gäbe, führte der Beschwerdeführer aus, dass er wegen des Mordes selbst erstaunt gewesen sei, er sei auch ein Monat lang in Untersuchungshaft gewesen. Es hätte eine andere Gruppe ihnen Unterstellungen gemacht, die gelogen gewesen seien. Deswegen sei das Verfahren eingestellt worden. Sie hätten die Schlägerei auch nicht angefangen, sondern sich lediglich verteidigt. Die gegnerische Gruppe seien Somalier gewesen und hätten behauptet, dass sie sie umbringen hätten wollen. In Wirklichkeit hätten sie sich aber nur verteidigt.

Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, gab er an, dass er dort niemanden habe, der ihm Unterstützung bieten könnte. Die Eltern seien schon älter und seine Geschwister würden sich um die eigene Familie kümmern. Sie könnten ihn auch nicht aufnehmen. Überleben sei dort eine schwierige Angelegenheit. Er wisse nicht, wie er dort zurechtkommen könne. Unter Hinweis, dass er nahezu bzw. bereits volljährig sei und über Schul- und Berufserfahrung verfüge, ob er nicht sich in anderen Teilen Afghanistans, zum Beispiel in Herat oder Mazar-e Sharif niederlassen könne, gab er an, dass man in den Großstädten viel Geld besitzen müsse, um die Miete zahlen zu können. Es sei schwierig dort eine Arbeit zu finden. Der Beschwerdeführer gab an, dass er aus Fehlern gelernt habe und seine Chancen hier in Österreich nützen möchte. Die Vertrauensperson verwies auf die positive Entwicklung des Beschwerdeführers in letzter Zeit.

Den Verfahrensparteien wurden die aktuellen Länderfeststellungen zu Afghanistan unter Einräumung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

Die gesetzliche Vertretung des Beschwerdeführers wiederholte im Wesentlichen das bisherige Vorbringen und verwies insbesondere auf die schlechte Sicherheitslage in XXXX . Die belangte Behörde legte das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 28.03.2019 vor, mit dem der Beschwerdeführer nach § 84 Abs. 4 StGB verurteilt wurde und der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten wurde. In dem Urteil ist weiters festgehalten, dass der Antragsteller seinem Kontrahenten durch Versetzen eines Faustschlages einen verschobenen Nasenbeinbruch, der eine operative Versorgung notwendig machte, zugezogen hatte. Als mildernd wurde das volle und reumütige Geständnis sowie der bisherige ordentliche Lebenswandel, als erschwerend kein Umstand festgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan und gehört der tadschikischen Volksgruppe sowie dem Islam an. Welcher Richtung des Islams der Beschwerdeführer angehört, kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Ebenso wenig kann das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde von einem Geburtsdatum XXXX ausgegangen, der Beschwerdeführer hat jedoch einen Reisepass mit dem Geburtsdatum XXXX vorgelegt (wonach er volljährig wäre!), wobei jedoch im Rahmen der Dokumentenüberprüfung eine Verfälschung des Geburtsdatums festgestellt wurde. Der Beschwerdeführer konnte dazu keine befriedigenden Auskünfte geben.

Der Beschwerdeführer hat sechs oder sieben Klassen die Schule besucht und bereits im Alter von elf bis zwölf Jahren begonnen, zu arbeiten, und zwar hat er seinem Onkel, der Textilhändler ist, geholfen. Sein Vater ist schon älter. Er arbeitet wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr, hat aber früher homöopathische Mittel und Medikamente verkauft. Er hat insgesamt sechs Geschwister, die mit einer Ausnahme alle älter und verheiratet sind. Die gesamte Familie lebt nach wie vor in XXXX , wo der Beschwerdeführer auch aufgewachsen ist und bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Der Beschwerdeführer hatte in Afghanistan weder Probleme mit staatlichen Behördenorganen noch mit bewaffneten Gruppierungen, wie den Taliban oder dem IS und auch keine Probleme mit Privatpersonen. Er hat Afghanistan wegen der schlechten Sicherheitslage (insbesondere in XXXX ) und der mangelnden Möglichkeiten zu weiterer Bildung verlassen, zumal die Familie auch wirtschaftliche Probleme hatte. Der Beschwerdeführer hat nach wie vor regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seinen Familienangehörigen in XXXX .

Der Beschwerdeführer gelangte spätestens am 16.04.2016 nach Österreich. Der Beschwerdeführer leidet unter Ein- und Durchschlafstörungen, ist jedoch aktuell weder in psychotherapeutischer noch in medikamentöser Behandlung. Es war jedenfalls auch keine akute Suizidalität festzustellen.

Er hat ein Sprachdiplom im Niveau A1 erworben und ist an der A2-Prüfung (knapp) gescheitert. Er besucht den Basisbildungskurs im XXXX als Vorbereitung für den Pflichtschulabschluss und ist Mitglied des Boxklubs Wien. Er führt kein Familienleben in Österreich, hat aber schon österreichische Freunde und eine österreichische Freundin. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 28.03.2019, XXXX wegen § 84 Abs. 4 StGB verurteilt. Der Ausspruch der Strafe wurde gemäß § 13 Abs. 3 JGG für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.

Zu Afghanistan wird Folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',

https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace-talks-doha-intl/index.html. Zugriff 31.1.2019

DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende, https://diepresse.com/

home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-dramatischer-Wende.

Zugriff 31.1.2019

FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,

https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be-known-as-the-manwho-lost-afghanistan-envoy-taliban/. Zugriff 31.1.2019

IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan. fonti Difesa: "Entro un anno via truppe italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/4930395/.

Zugriff 31.1.2019

Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,

https://www.internazionale.it/opinione/gwynne-dyer/2019/01/30/trattativa-afghanistan-ritardo. Zugriff 31.1.2019

NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to Peace Framework. Envoy Says.

https://www.nytimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html. Zugriff 31.1.2019

Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban.

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult-talks-taliban. Zugriff 31.1.2019

WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban.

https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-forafghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/2019/01/30/12229732-23ee-11e9-ad53-824486280311 story.html?noredirect=on&utm term=.b049b43b3c79. Zugriff 31.1.2019

Kommentar:

Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert.

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.- amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Katar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logar-kills-security-forces-190120093626695.html. Zugriff 22.1.2019

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/

edicola/afghanistan autobomba morti talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

NYT - The New York Times (21.1.2019): After Deadly Assault on Afghan Base, Taliban Sit for Talks With U.S. Diplomats, https://www.nytimes.com/2019/01/21/world/asia/afghanistan-talibanattack-intelligence-wardak.html. Zugriff 22.1.2019

Reuters (15.1.2019): Afghan Taliban claim lethal car bomb attack in Kabul.

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN1P909T. Zugriff 22.1.2019

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.1.2019): Four Killed, 90 Wounded In Kabul Car-Bomb Attack, https://www.rferl.org/a/huge-blast-rocks-foreign-compound-in-kabul/29709334.html. Zugriff 22.1.2019

TG - The Guardian (21.1.2019): Taliban kill 'more than 100 people' in attack on Afghan military base, https://www.theguardian.com/world/2019/jan/21/taliban-kill-more-than-100-in-attack-onafghan-military-base, Zugriff 22.1.2019

TN - The National (15.1.2019): Kabul attack: Taliban Claims truck bomb and warns of more to follow, https://www.thenational.ae/world/mena/kabul-attack-taliban-claims-truck-bomb-and-warns-of-more-to-follow-1.813516. Zugriff 22.1.2019

Tolonews (21.1.2019) US, Taliban Hold Talks In Qatar With Peace Still Distant,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-taliban-hold-talks-qatar-peace-still-distant. Zugriff 22.1.2019

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabu l

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https:// www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens,

https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html. Zugriff 8.1.2019

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019

Reuters (30.12.2018): Afghanistan to delay presidential election to July: election body,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-election/afghanistan-to-delay-presidential-election-to-july-election-body-idUSKCN1OT0FR.

Zugriff 8.1.2018

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election, https://www.rfer!.org/a/afghan-commission-invalidates-allkabul-votes-in-october-parliamentary-election/29640679.html. Zugriff 17.12.2018

TAZ - Die Tageszeitung (6.12.2018): Erste Wahl, dann das Chaos, https://www.taz.de/

Parlamentswahl-in-Afghanistan/!5553677/, Zugriff 17.12.2018

Telepolis (15.12.2018): Chaos nach Parlamentswahlen, https://www.heise.de/tp/features/

Chaos- nach-Parlamentswahlen-4248743.html, Zugriff 17.12.2018

Tolonews (7.1.2019) IEC Accused of Making 'Fake Result Sheets' For Polling Stations,

https://www.tolonews.com/elections-2018/%E2%80%98iec-make-fake-result-sheets-polling-stations%E2%80%99, Zugriff 8.1.2019

Tolonews (25.12.2018): Kabul Attack Death Toll Rises To 43, https://www.tolonews.com/afghanistan/kabul-attack%C2%A0death-toll-rises-43. Zugriff 8.1.2019

Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recounting-kabul-votes-under-new-method, Zugriff 17.12.2018

Tolonews (8.12.2018): IECC Conditions Decision To Review Kabul Votes,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iecc-conditions%C2%A0decision

%C2%A0%C2%A0review-kabul-votes. Zugriff 17.12.2018

WP - The Washington Post (30.12.2018): Afghanistan's presidential elections delayed until July,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistans-presidential-elections-delayed-until-julv/2018/12/30/038faea0-0c45-11e9-8f0c-6f878a26288a storv.html?noredirect=on&utm term=.07428f9afbb6, Zugriff 8.1.2019

ZO - Zeit Online (24.12.2018): Mindestens 32 Tote bei Angriff in Kabul,

https://www.zeit.de/news/2018-12/24/mindestens-32-tote-bei-angriff-in-kabul-181224-99-340827. Zugriff 8.1.2018

4. KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/

afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BvgjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ.

Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack. https:// www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html. Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291 .html. Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:

67 morti in 24 ore, http://

www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html. Zugriff 22.11.2018

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison. https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison. Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul. https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote.

Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni. Zugriff 12.11.2018

IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan. attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi.

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistanattacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/. Zugriff 22.11.2018

KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence.

https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabulover-recent-wave-of-violence-02722/?

fbclid=IwAR2cNvRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT 4vCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g. Zugriff

22.11.2018

LE - L'Express (21.11.2018): Attentat a Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue. raconte un blesse. https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-lalecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html. Zugriff 22.11.2018

NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering.

https://www.nvtimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html. Zugriff 22.11.2018

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead.

https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6- people-dead. Zugriff 22.11.2018

SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43. wounds 83.

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397.Zugriff 22.11.2018

TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack.

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365. Zugriff 22.11.2018

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast. Zugriff 22.11.2018

Tolonews (12.11.2018): Mol Confirms 6 Death In Kabul Explosion. https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul. Zugriff 22.11.2018

TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul.

https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html. Zugriff 22.11.2018

5. KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

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(UNAMA 10.10.2018)

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

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(UNAMA 10.10.2018)

Quellen:

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election Day

Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-threelooking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-oneevening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two:

A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One: A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaoticafghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week- 181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/index.html, Zugriff 29.10.2018

LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-inafghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-alvoto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

7. KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

2. Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah-Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).

Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

Bild kann nicht dargestellt werden

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen.

Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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